Was leistet ein Beweis?
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
Was ist Wahrheit in der Geometrie ?
Stellen wir uns vor, ein Mathematiker vermutet aufgrund anschaulicher Untersuchungen, dass die Winkelsumme in jedem Dreieck 180° beträgt. Jetzt will er diese Vermutung beweisen.
Beweisen heißt: Den zu beweisenden Satz ausnahmslos nach logischen Regeln auf schon bewiesene Sätze oder Axiome zurückzuführen. Ein Beweis besteht somit in dem Aufzeigen von logischen Abhängigkeiten. Er weist nicht die faktische Richtigkeit eines Sachverhaltes in der Anschauungswelt nach. Die Geometrie ist jetzt sozusagen zweigeteilt, in eine empirische und in eine axiomatische Geometrie.
Beispiel
Satz: Die Winkelsumme im Dreieck beträgt 180°.
Diesen Satz kann man mit vielen Axiomensystemen beweisen (dem Euklid´schen, dem Hilbert´schen, jedem schulischen Begründungssystem). Zum Beweis dieses Satzes benötigt man neben anderen Axiomen das Parallelenaxiom. Ohne dieses Axiom kann man den Satz nicht beweisen. Mit dem Beweis der Winkelsumme im Dreieck hat man also bewiesen: Wenn das Parallelenaxiom (und einige andere Axiome wahr sind), dann ist auch der Satz von der Winkelsumme im Dreieck wahr. Man hat nicht bewiesen, dass in jedem Dreieck des Anschauungsraumes die Winkelsumme 180° beträgt.
Man kann jetzt fragen: Ist das Parallelenaxiom im Anschauungsraum wahr ?
Antwort: Das weiß man nicht.
Begründung: Wir können zwar bestätigen, dass das Parallelenaxiom im uns zugänglichen Anschauungsraum im Rahmen der Messgenauigkeit gültig ist. Wir können uns aber auch vorstellen, dass es nicht gültig ist, weil es Modelle (Modell bedeutet hier: Veranschaulichung) gibt, in denen es nicht wahr ist.
Da man also nicht weiß, ob das Parallelenaxiom zu einer richtigen Beschreibung des Anschauungsraumes gehört, weiß man auch nicht, ob der Satz von der Winkelsumme im Dreieck die richtige Beschreibung für den Anschauungsraum ist (wahr im Anschauungsraum ist).
Allerdings könnte man sagen: Wenn sich durch genaue Messungen herausstellen sollte, dass die Winkelsumme im Dreieck nicht 180° beträgt, dann kann auch das Parallelenaxiom im Anschauungsraum nicht wahr sein. Gauß hat solche Messungen durchgeführt und hat im Rahmen der Messgenauigkeit 180° erhalten.
Die Konsequenz dieser Erkenntnis über die Wahrheit von mathematischen Sätzen hat Einstein pointiert erfasst: "Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit."
Logisch-deduktiv strukturieren – Eine kognitive Herausforderung:
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