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Basiswissen - WADI

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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Basis- oder Grundwissen in Mathematik

Lernen ist ein sehr komplexer Begriff. Heute wird in vielen Diskussionen sehr stark  der Aspekt der Vernetzung hervorgehoben. Dies zeigt z.B. auch ein Ausschnitt aus dem Lehrerhandbuch zum Schweizer Unterrichtswerk  „Das Zahlenbuch“ (1):

„Lange Zeit wurde Unterrichten gesehen wie das Aufbauen einer Mauer, das schrittweise, sozusagen Stein um Stein erfolgt. Dabei war man immer von der Angst begleitet, es könnte einmal ein Stein fehlen und die ganze Mauer würde dadurch zum Einsturz kommen. Lernen verläuft aber nicht so. … Lernen ist eher vergleichbar mit dem Knüpfen eines Netzes. Es wird einmal zwischen zwei Aufhängepunkten ein Faden gespannt, dann ein weiterer und noch einer und so fort. Dabei kann es durchaus geschehen, dass das Netz nicht überall gleich dicht gespannt ist, ja es können sogar während längerer Zeit Löcher vorhanden sein, die jedoch, einmal entdeckt, mit neuen Fäden überbrückt werden können.“

Es darf allerdings auch nicht außer Acht gelassen werden, dass das Bild von der Mauer ebenfalls seine Berechtigung besitzt, dabei allerdings stärker im Sinne von Grundmauer bzw. Fundament. Begriffe wie „Grund- oder Basiswissen“ oder „Wissensfundament“ drücken in diesem Sinne aus, dass grundlegendes Wissen für ein tieferes Verstehen, für das Problemlösen und weiterführendes Lernen als Voraussetzung nötig sind.

 

Der Begriff „Basiswissen“                    

Bevor man sich mit den Inhalten dieses grundlegenden Wissens auseinandersetzen kann, muss eine Klärung der verwendeten Begriffe erfolgen. Im Zusammenhang mit  dem Begriff „Basiswissen“ werden in unterschiedlichen Publikationen auch Begriffe wie „Grundwissen“ oder „mathematische Grundlagenkompetenz“ genannt.

Regina Bruder (2) verwendet den Begriff „mathematische Basiskompetenzen“ und verbindet damit mathematische Grundkenntnisse und grundlegende mathematische Fertigkeiten und Fähigkeiten.

Im Rahmen des Sinus-Projektes haben sich verschiedene Bundesländer dem Problem des Basiswissens zugewandt (Modul 4 – Sicherung von Basiswissen). In Sachsen  wird der Begriff „Basiswissen“ mit folgender Intention verwendet (3):

  • grundlegendes Wissen (im Sinne von Kenntnissen über Begriffe, Sätze, Regeln, Verfahren und Methoden, die in der Regel gedächtnismäßig sofort abrufbar und reproduzierbar sind)
  • Gesamtheit grundlegender Kompetenzen (im Sinne von sicher anwendbarem Können zur Lösung einfacher formaler und anwendungsbezogener Aufgaben, die elementare Anforderungen zur Reorganisation, zum Transfer und zur Lösung von Problemen stellen)

Im Rahmen des BLK-Projektes zur „Steigerung der Effizienz des mathematisch - naturwissenschaftlichen Unterrichts“ wird Basiswissen auch in seiner Funktion für das weitere Lernen charakterisiert:

Es geht um anwendbares und anschluss­fähiges Orientierungswissen, das die Grundlage für verständnisvolles Weiterlernen, verstehen­des Einordnen, Wiedererkennen und Problemlösen bildet. Man könnte auch von „kulturellen Basiswerkzeugen“ sprechen. Im Sinne der Expertise sind damit weder formale Schlüssel­qualifikationen noch „vereinzelte und mechanisch erworbene Kenntnisse gemeint, sondern ein intelligent geordnetes, in sich vernetztes, in verschieden Situationen erprobtes und flexibel anpassbares Wissen. Dazu gehören Fakten-, Konzept-, Theorie-, Methoden- und Prozesswissen gleichermaßen.”( (4) Seite 12)

Volker Ulm (5) führt auf die Frage „Was ist Grundwissen“ ein breites Meinungsspektrum an. Dieses reicht von

  • „Grundwissen ist das, was ein Normalbürger in seinem Leben braucht.“
    bis
  • „Grundwissen ist das, was die Schüler in der nächsten Jahrgangsstufe an Vorkenntnissen benötigen.“
    Auch hinsichtlich der Tiefe der Verankerung dieses Grundwissens reichen die Vorstellungen von
  • „Grundwissen ist ‚Mitternachtswissen‘. Jeder Schüler sollte es sofort parat haben, wenn er aus seinem nächtlichen Schlaf gerissen wird.“
    bis
  • „Grundwissen sollte schnell aktivierbar sein und nach einer kurzen Wiederholung für die aktuellen Tätigkeiten zur Verfügung stehen.“

Volker Ulm verwendet den Begriff „Grundwissen“ schließlich  in dem Sinn, dass er sich nicht nur auf Faktenwissen beschränkt, sondern auch Grundfertigkeiten sowie Grundverständnis in den Begriff einschließt.

Den Definitionen des Begriff „Basiswissen“ ist gemeinsam, dass sie sich nicht ausschließlich auf ‚Wissen‘ beschränken, sondern dass zusätzliche Kompetenzen, im Sinne von Können und Fertigkeiten, erwartet werden. Im Folgenden wird der Begriff Basiswissen immer in diesem weiter gefassten Zusammenhang verwendet.

 

Vergleich mit  Fremdsprachenunterricht

Ein Blick in das Vorgehen eines Fremdsprachenunterrichtes kann für den Mathematikunterricht interessante Parallelen aufzeigen.

Volker Ulm (5) führt u.a. aus:

  • Im Fremdsprachenunterricht ist es für Schüler eine Selbstverständlichkeit, dass es einen Grundwortschatz und grundlegende grammatikalische Strukturen gibt, die jederzeit verfügbar sein müssen und ohne die eine aktive Nutzung der Fremdsprache nicht möglich ist. Im Bewusstsein von Schülern, Lehrern und Eltern steht es außer Frage, dass in früheren Jahrgangsstufen gelernte Vokabeln und Grammatikstrukturen auch später in natürlicher Weise verwendet werden.          
  • Der Grundwortschatz und grundlegende Grammatikstrukturen werden durch die alltägliche Arbeit im Fremdsprachenunterricht präsent gehalten und so im Bewusstsein und Wissen der Schüler verankert.
  • Beim Übertragen dieser Charakteristika auf den Unterricht im Fach Mathematik stellen sich die Fragen:
    • Ist es im Bewusstsein der Schüler selbstverständlich, das grundlegende mathematische Inhalte jederzeit verfügbar sein sollten?
    • Wird durch die reguläre Arbeit im alltäglichen Mathematikunterricht ein Grundwissen der Schüler präsent gehalten?

Auch an weiteren Merkmalen des Fremdsprachenunterrichts (Führen eines Vokabelheftes, Nachschlagen in einem Wörterbuch) kann man erkennen, dass im Laufe der unterrichtlichen Entwicklungen sich in Mathematik andere Haltungen und Traditionen herausgebildet haben.

Leider muss man in Mathematik feststellen, dass es derzeit nur den wenigsten Schülern gelingt in den vielen Jahren Mathematikunterricht ein solides, gut organisiertes und flexibel nutzbares Fundament an mathematischem Wissen und Können aufzubauen. Stattdessen entstehen bei Schülern zeitweise Wissensinseln, die häufig kaum mehr als den Stoff der aktuellen Unterrichtseinheit umfassen.

 

Basiswissen – was gehört in Mathematik dazu

Da sich das Bildungsumfeld und auch die Bildungsziele mit den gesellschaftlichen Entwicklungen verändern werden, wird es wohl keine „ewig gültige“ Festschreibung von mathematischem Basiswissen geben. Dennoch ist notwendig, dass immer wieder aktuell konsensfähige normative Entscheidungen zu einem Kanon von Basiswissen herbeigeführt werden. Schließlich müssen die Lehrkräfte vor Ort in ihrem Unterricht und in den Lern- und Bewertungssituationen immer wieder die Frage nach dem, was „wesentlich und unverzichtbar“ ist, beantworten (nach (2), Seite 54f).

Was im Einzelnen zu diesem Basiswissen dazugehören soll und in welchem Umfang dies beherrscht und auch zentral oder dezentral abgeprüft werden sollte, ist allerdings keineswegs geklärt. Derzeit wird in vielen Bundesländern über zentrale Tests, Vergleichsarbeiten usw. pragmatisch definiert, was Basiswissen in Mathematik ist bzw. sein soll.

Regina Bruder führt in (2) im Abschnitt 3.1 (Basiswissen im Mathematikunterricht – was ist das, was gehört dazu?) aus, woran man sich orientieren kann, wenn an einer Beschreibung mathematischer Basiskompetenzen gearbeitet werden soll.

 

Literatur

  1. Affolter, Walter, et al. Das Zahlenbuch 5 - Begleitband. Zug : Klett und Balmer, 1999.
  2. Bruder, Regina, Leuders, Timo und Büchter, Andreas. Mathematikunterricht entwickeln. Berlin : Cornelsen Verlag Scriptor, 2008. ISBN 978-3-589-22569-9.
  3. [Online] [Zitat vom: 3. Juni 2009.] http://www.sn.schule.de/~sinus/dat_gym/bm_g_x15.pdf.
  4. Lehrke, Manfred und Häußler, Peter. BLK-Programm "Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts". Kiel : Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der Universität Kiel (IPN), 1999.
  5. Ulm, Volker. Mathematikunterricht für individuelle Lernwege öffnen. Seelze-Velber : Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung GmbH, 2004. ISBN 3-7800-4939-2.

 

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