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9. So­net­te

Dante Ali­ghie­ri (1265-1321) / Ri­chard Deh­mel (1863-1920)

Der Herr der Liebe

An Jeden, der mit edlem Geist dem Bunde
der Him­mels­mäch­te dient in Er­den­ta­len
und wil­lig dar­tut, was sie an­be­fah­len,
er­geht vom Geist der Liebe meine Kunde.

Es war zur Nacht und schon die vier­te Stun­de,
da sah ich plötz­lich Alles um mich strah­len
und vor mir stand der Herr der Lie­bes­qua­len,
sein Blick ent­setz­te mich bis tief zum Grun­de.

Erst schien er fröh­lich. In der Hand, der einen,
hielt er mein Herz; auf sei­nem Arm in­des­sen
schlief meine Her­rin, blass, in rotem Lei­nen.

Er weck­te sie, und ließ sie von dem klei­nen
und völ­lig glü­hen­den Her­zen schüch­tern essen.
Dar­auf ent­wich er mir mit lau­tem Wei­nen.

(Lie­bes­ge­dich­te aus aller Welt, S. 290)

Wil­li­am Shake­speare (1564-1616)

130. So­nett

In ihrem aug ist nichts von son­nen­strahl
Ko­rall ist röter als ihr lip­pen­paar
Wenn schnee weiss ist so ist ihr busen fahl
Sind lo­cken draht ist schwar­zer draht ihr haar.

Ich schau­te rosen zwie­farb weiss und rot
Doch sol­che rosen trägt nicht ihr ge­sicht –
Und ich fand duft der mehr an rei­zen bot
Als jener hauch der aus dem mund ihr bricht.

Ihr reden hör ich gern doch muss ge­stehn:
Musik hat einen an­ge­neh­mern klang.
Ich sah noch nie­mals eine göt­tin gehn:
SIE schrei­tet auf dem grund bei ihrem gang.

Und doch ist meine liebe mir so reich
Als jede die man fälscht mit lug-ver­gleich.

Ste­fan Ge­or­ge (1868 - 1933)
(The Son­nets/Die So­net­te, S. 133)


Edu­ard Mö­ri­ke (1804-1875)

Zu viel

Der Him­mel glänzt vom reins­ten Früh­lings­lich­te,
Ihm schwillt der Hügel sehn­suchts­voll ent­ge­gen,
Die star­re Welt zer­fließt in Lie­bes­se­gen,
Und schmiegt sich rund zum zärt­lichs­ten Ge­dich­te.

Am Dor­fes­hang, dort bei der luft­gen Fich­te,
Ist mei­ner Liebs­ten klei­nes Haus ge­le­gen –
O Herz, was hilft dein Wie­gen und dein Wägen,
Dass all der Won­nestreit in dir sich schlich­te!

Du, Liebe, hilf den süßen Zau­ber lösen,
Womit Natur in mei­nem In­nern wüh­let!
Und du, oh Früh­ling, hilf die Liebe beu­gen!

Lisch aus, o Tag! Lass mich in Nacht ge­ne­sen!
Indes ihr sanf­ten Ster­ne gött­lich küh­let,
Will ich zum Ab­grund der Be­trach­tung stei­gen.

(Deut­sche Lie­bes­ly­rik, S. 210)

Edu­ard Mö­ri­ke

An die Ge­lieb­te

Wenn ich, von dei­nem An­schaun tief ge­stillt,
Mich stumm an dei­nem heil­gen Wert ver­gnü­ge,
Dann hör ich recht die lei­sen Atem­zü­ge
Des En­gels, wel­cher sich in dir ver­hüllt.

Und ein er­staunt, ein fra­gend Lä­cheln quillt
Auf mei­nem Mund, ob mich kein Traum be­trü­ge,
Dass nun in dir, zu ewi­ger Ge­nü­ge,
Mein kühns­ter Wunsch, mein einz­ger, sich er­füllt?

Von Tiefe dann zu Tie­fen stürzt mein Sinn,
Ich höre aus der Gott­heit nächt­ger Ferne
Die Quel­len des Ge­schicks me­lo­disch rau­schen.

Be­täubt kehr ich den Blick nach oben hin,
Zum Him­mel auf – da lä­cheln alle Ster­ne;
Ich kniee, ihrem Licht­ge­sang zu lau­schen.

(Deut­sche Lie­bes­ly­rik, S. 210 f.)


Ber­tolt Brecht (1898-1956)

Ent­de­ckung an einer jun­gen Frau

(Deut­sche Lie­bes­ly­rik, S. 264)

Marie Luise Ka­schnitz (1901-1974)

Maß der Liebe

(Über­all­nie, S. 42)