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7. Lie­bes­ly­rik als Dia­log und als Rol­len­spiel

Kai­ser Hein­rich VI. von Ho­hen­stau­fen (1165-1197)

Kaiser

»Ri­test du nu hin­nen, der aller liebs­te man
der beste in minen sin­nen für al deich ie gewan.
ku­mest du mir niht schie­re, so vli­use ich minen lip:
den möhte in al der welte
got nie­mer mir ver­gel­ten« sprach daz minne­cli­che wip.

Wol dir, ge­sel­le guote, deich ie bi dir gelac.
du wo­nest mir in dem muote die naht und ouch den tac.
du zie­rest mine sinne und bist mir dar zuo holt:
nu merke et wiech daz meine:
als ede­lez ge­stei­ne, swa man daz leit in daz golt.

»Rei­test du nun von hin­nen, du von allen liebs­ter Mann?
Du bist in mei­nen Sin­nen vor allem, was ich je ge­wann.
Kommst du mir nicht bald, so ver­lier ich mein Leben:
das möch­te mir in aller Welt
Gott nicht mehr zu­rück­ge­ben«, so sprach die lieb­li­che Frau.

Dank sei dir, Ge­fähr­tin, gute, dass ich je bei dir lag.
Du wohnst in mei­nem Mute Nacht und Tag.
Du ver­schönst meine Sinne und bist mir hold dazu:
nun seht, wie ich das meine:
wie edles Ge­stein, wo man's in Gold fasst.

(Deut­sche Lie­bes­ly­rik, S. 9)

 

 

J.W. Goe­the:
Aus dem Buch Su­lei­ka des West-öst­li­chen Di­vans

Hatem

Lo­cken! hal­tet mich ge­fan­gen
In den Krei­se des Ge­sichts!
Euch ge­lieb­ten brau­nen Schlan­gen
Zu er­wi­dern hab’ ich nichts.

Nur dies Herz es ist von Dauer,
Schwillt in ju­gend­lichs­tem Flor;
Unter Schnee und Ne­bel­schau­er
Rast ein Ätna dir her­vor.

Du be­schämst wie Mor­gen­rö­te
Jener Gip­fel erns­te Wand,
Und noch ein­mal füh­let Hatem
Früh­lings­hauch und Som­mer­brand.

Schen­ke her! Noch eine Fla­sche!
Die­sen Be­cher bring ich Ihr!
Fin­det sie ein Häuf­chen Asche,
Sagt sie: der ver­brann­te mir.

Su­leik

Nim­mer will ich dich ver­lie­ren!
Liebe gibt der Liebe Kraft.
Magst du meine Ju­gend zie­ren
Mit ge­wal­ti­ger Lei­den­schaft
Ach! wie schmei­chelt’s mei­nem Trie­be,
Wenn man mei­nen Dich­ter preist:
Denn das Leben ist die Liebe,
Und des Le­bens Leben Geist.

(Goe­the: Poe­ti­sche Werke. Ber­li­ner Aus­ga­be.
Bd. 3. 3. Aufl., Ber­lin und Wei­mar: Auf­bau-Ver­lag, 1979, S. 99)

 

Kurt Tuchol­s­ky (1890-1935)

Lie­bes­paar am Fens­ter

(Lie­bes­ge­dich­te aus aller Welt, S. 330 f.)

 

An­schluss­mög­lich­keit:

Ge­fühls­re­duk­ti­on in mo­der­nen Lie­bes­be­zie­hun­gen, z.B. Sach­li­che Ro­man­ze (Erich Käst­ner, Groß­stadt­lie­be (Ma­scha Kaléko)