15. Liebesgedichte als Teil oder im Kontext umfangreicherer literarischer Werke
Friedrich Schiller
Hektors Abschied von Andromache
Andromache
Hektor
Andromache
|
|
Kontext:
Faust I, Gretchentragödie,
Carmina Burana
(13. Jh.)
126
Nun wird alles offenbar,
Mutter schlägt mich täglich mehr,
Ganz allein sitz ich zuhaus,
Will ich auf die Straße gehn,
Sehn sie meinen dicken Bauch,
|
Wundern sich und stoßen
sich,
Es besagt ein jeder Wink:
Was erzähl ich weiter noch?
Bin um ihn in großer Not,
Dabei tut mirs doppelt leid,
Denn ob Vaters hartem Drohn
Ließ in Trübsal mich zurück,
(Liebesgedichte aus aller Welt, S. 344 f.)
|
Kontext: Theodor Fontane, Effi Briest, 17. Kapitel Heinrich Heine
Seegespenst
So tief, meertief also
|
Mich selbst ergreift des fernen Klangs
Jahrhundertelang,
Aber zur rechten Zeit noch
(Buch der Lieder. Die Nordsee. Gedichte, S. 186-188)
|
Ausschnitt aus Effi Briest, 17. Kapitel:
(Auf ihrem letzten Ausritt mit Crampas sagt Effi zu ihrem Begleiter, der sie
für sich zu gewinnen sucht:)
„[…] Aber sehen Sie da die Bojen, wie die schwimmen und tanzen.
Die kleinen roten Fahnen sind eingezogen. Immer, wenn ich diesen Sommer, die
paar Mal ,wo ich mich bis an den Strand hinauswagte, die roten Fahnen sah, sagt
ich mir: da liegt Vineta, da muss es liegen, das sind die Turmspitzen …“
„Das macht, weil Sie das Heinesche Gedicht kennen.“
„Welches?“
„Nun, das von Vineta.“
„Nein, das kenne ich nicht; ich kenne überhaupt nur wenig. Leider.“
„Und haben doch Gieshübler und den Journalzirkel! Übrigens hat
Heine dem Gedicht einen anderen Namen gegeben, ich glaube ‚Seegespenst‘
oder so ähnlich. Aber Vineta hat er gemeint. Und er selber – verzeihen
Sie, wenn ich Ihnen so ohne weiteres den Inhalt hier wiedergebe – der
Dichter also, während er die Stelle passiert, liegt auf einem Schiffsdeck
und sieht hinunter, und sieht da schmale, mittelalterliche Straßen und
trippelnde Frauen in Kapotthüten, und alle haben ein Gesangbuch in Händen
und wollen zur Kirche, und alle Glocken läuten. Und als er das hört,
da fasst ihn eine Sehnsucht, auch mit in die Kirche zu gehen, wenn auch bloß
um der Kapotthüte willen, und vor Verlangen schreit er auf und will sich
hinunterstürzen. Aber im selben Augenblicke packt ihn der Kapitän
am Bein und ruft ihm zu: 'Doktor' sind Sie des Teufels?‘
„Das ist ja allerliebst. Das möchte ich lesen. Ist es lang?“
„Nein, es ist eigentlich kurz, etwas länger als 'Du hast Diamanten
und Perlen‘ oder 'Deine weichen Lilienfinger‘ …“ und
er berührte leise ihre Hand. „Aber lang oder kurz, welche Schilderungskraft,
welche Anschaulichkeit! Er ist mein Lieblingsdichter, und ich kann ihn auswendig,
so wenig ich mir sonst, trotz gelegentlich eigener Versündigungen, aus
der Dichterei mache. Bei Heine liegt es aber anders: Alles ist Leben, und vor
allem versteht er sich auf die Liebe, die doch die Hauptsache bleibt. Er ist
übrigens nicht einseitig darin … “
„Wie meinen Sie das?“
„Ich meine, er ist nicht bloß für die Liebe … “
„Nun, wenn er diese Einseitigkeit auch hätte, das wäre am Ende
noch nicht das Schlimmste. Wofür ist er denn sonst noch?“
„Er ist auch sehr für das Romantische, was freilich gleich nach der
Liebe kommt und nach Meinung einiger sogar damit zusammenfällt. Was ich
aber nicht glaube. Denn in seinen späteren Gedichten, die man denn auch
die 'romantischen‘ genannt hat, oder eigentlich hat er es selber getan,
in diesen romantischen Dichtungen wird in einem fort hingerichtet, allerdings
vielfach aus Liebe. […]“
Anregungen:
Vergleich des Gedichts mir seiner Wiedergabe durch Crampas.
Begriff des „Romantischen“