Unterrichtsentwurf
Bezug zum Bildungsplan (Schwerpunkte)
- Texten, auch zu abstrakten Themen, explizite und implizite Hauptaussagen und gegebenenfalls die Intention entnehmen (zum Beispiel Zeitungsartikel, Kommentar, Roman, Romanauszug, Rede, Redeauszug
- Texten explizite und implizite Detailinformationen entnehmen und diese selbstständig im Zusammenhang verstehen (zum Beispiel Zeitungsartikel, Kommentar, Roman, Romanauszug, Rede, Redeauszug)
- die Struktur eines komplexeren Textes und die Sinnzusammenhänge zwischen Textteilen (additive, temporale, kausale, kontrastive, konditionale, konsekutive, finale, modale, konzessive und exemplifizierende) selbstständig erkennen (zum Beispiel Kommentar, Rede, literarischer Text, Sach- und Fachtext)
- die Haltungen von und Beziehungen zwischen Personen oder Charakteren erschließen und interpretieren (zum Beispiel Roman(-auszug), Drama/Dramenauszug, Kurzgeschichte, Filmskript)
- Texte analysieren und interpretieren (zum Beispiel Argumentation, Struktur, Textsorte, Gestaltungsmittel, Charaktere, Leserlenkung, Erzählhaltung, cinematic devices)
Unterrichtsschritte, Lösungen
Schritt 1 - Reading / personal response
Die S. erhalten die Kurzgeschichte (M 1) und sollen den Text still und in Einzelarbeit lesen. Sobald die S. die Geschichte gelesen haben, sollen sie mit ein oder zwei weiteren S. über die Geschichte sprechen (eventuell Lerntempoduett / bus stop). Dabei sollen sie sich leiten lassen von den folgenden Fragen:
What do I like about the story?
What were my expectations after the first few paragraphs?
What are my thoughts about the ending?
What are the aspects that I haven’t understood?
Option
Die S. erhalten den Text ohne Überschrift und ohne die letzten Absätze (bis Zeile 32 einschließlich). Dann spekulieren sie über den Ausgang der Geschichte.
Schritt 2 - Auswertung im Plenum
Die L. bespricht ausgewählte Aspekte, eventuell auch Schwierigkeiten, die sich in den Schülergesprächen gezeigt haben. Diese Phase mündet in eine Erörterung der Frage, welchen Effekt die Geschichte beim Leser erzeugt, welche Reaktion sich beim Leser am Ende einstellt.
Lösung
Die S. sollen erkennen:
The expectations the reader has are not fulfilled at all. On the contrary, the ending comes as a total surprise and the reader may be deeply disappointed, possibly shocked. This is because the reader is forced to identify with the protagonist, is forced into the protagonist’s position and thus shares his painful experience. That way the reader may arrive at a better understanding of what it means to suffer from dementia.Schritt 3 - Überleitung
In the course of this lesson we want to find out why we as readers do not expect this ending and how the author achieves this effect. First we need to look at the story’s plot.
Die S. erhalten Arbeitsblatt M 2 und sollen es in Einzelarbeit bearbeiten. Die untenstehenden Vokabeln können als sprachliche Hilfe für das Ausfüllen der rechten Spalte nützlich sein. Der Hinweis, Partizipien zu verwenden kann auch zu einer höheren sprachlichen Qualität der Schülerbeschreibungen führen (siehe auch Lösung).
to think of someone as …, to be convinced that …, to look forward to doing sth., to wonder why …, to be in a good mood, to be aware of sth., to realize sth., to recall sth.
Lösung für die erste Spalte
The protagonist sits on a park bench on a sunny afternoon at the beginning of spring. He falls asleep for a short while, then wakes up. After getting up from the park bench he walks to the house of his fianceé’s parents. He climbs the steps and knocks on the door. A young woman opens the door. He bows and introduces himself. After informing him that Susan is not here the young woman tells him to wait in the parlour. While waiting he overhears a conversation between the young woman and someone on the phone. Then he starts weeping.
mögliche Überschriften: plot / what the protagonist does / his actions
Lösung für die zweite Spalte
He wonders how long he slept. / He realizes how beautiful the park is. / He is very much aware that he is in love. / He recalls the previous day when he proposed to Susan and she accepted. / He thinks of Susan. / He becomes aware that it’s time to walk to Susan’s house in order to get to know her parents. / He is surprised/irritated that Susan is not at home. / He is curious to learn what the girl says to the person at the other end of the phone. / He realizes/becomes aware that Susan is dead and that he is an old man suffering from amnesia/dementia.
mögliche Überschriften: his thoughts / what he thinks / subjective reality
Verhältnis von linker Spalte und rechter Spalte:
The protagonist is aware of nature/natural phenomena such as the colours, the sun, the movement of the sun. But they don’t make him question his thoughts, quite the opposite: The weather contributes to his good mood. His thoughts and “reality” only clash when he hears his granddaughter talking on the phone.Schritt 4 – Auswertung
Die Auswertung kann zunächst in Partnerarbeit erfolgen. Eine Auswertung im Plenum sollte sich anschließen. Vermutlich stimmen die Ergebnisse der S. in Bezug auf die linke und rechte Spalte weitgehend überein und müssen nicht im Detail besprochen werden. Ziel dieser Phase ist, dass die S. erkennen, dass eine reine Beschreibung der Handlung nicht aufschlussreich ist in Bezug auf die Frage, warum wir so überrascht sind. Die Einträge der S. in der linken Spalte lesen sich vermutlich wie ein Rätsel, eine bloße Beschreibung der Handlung erscheint ohne Zusammenhang. Zur Verdeutlichung kann die L. auch die Frage stellen: If someone who doesn’t know the story read your notes in the left box, what would this person think about the story?
Im Verlauf der Auswertung könnten die S. auch die Frage nach der Beziehung zwischen der linken und der rechten Spalte besprechen. Die L. könnte dabei den Begriff “reality” als Leitbegriff nennen – falls er nicht schon von den S. genannt wurde. Die L. könnte im Verlauf der Auswertung den Satz “Nightmare in Gray is mainly a story about reality” an die Tafel schreiben, die S. sollen diesen Satz (mündlich) kommentieren. Auch eine Definition von reality könnte hilfreich sein (die L. könnte sie VOR der Auswertung auf die Rückseite einer Klapptafel schreiben) – z.B. the state of things as they actually exist as opposed to an idealized version of them; something which can be experienced or seen; something that exists in fact - oder die S. könnten den Begriff in einem dictionary nachschlagen).
Die S. sollen erkennen, dass die Geschichte zwei Dimensionen oder Ebenen von Realität thematisiert und dahingehend interpretiert werden kann, dass neben der unmittelbar oder auch mittelbar erfahrbaren und begreifbaren Realität eine weitere Realität – abstrakt, bestehend aus Gedanken, Stimmungen, Erinnerungen, Emotionen – bestimmend ist für das Leben. Bemerkenswert erscheinen in diesem Zusammenhang zwei Dinge:
- der Protagonist leidet an Demenz
- er wird sich seiner Krankheit bewusst in dem Moment, als er mit seiner Enkelin interagiert bzw. als er der Interaktion seiner Enkelin mit seinem Sohn oder Schwiegersohn beiwohnt
Die Geschichte lässt verschiedene Lesarten zu / kann in verschiedene Richtungen interpretiert werden:
- als typische Kurzgeschichte, an deren Ende ein twist oder surprise effect steht
- als Versuch, Demenz für nicht Demenzkranke erfahrbar zu machen (für diese Lesart hat der Titel der Geschichte – Nightmare in Gray – eine besondere Relevanz)
- als Auseinandersetzung mit Fragen von Wahrnehmung und Realität, insbesondere die Frage in welchem Verhältnis die dingliche Realität zur gedanklichen oder inneren Realität steht, die Frage nach der Bedeutung von Erinnerungen sowie die Frage nach der Rolle von sozialer Interaktion bei der Konstruktion von Realität
In einem auswertenden Gespräch kann die L. diese Fragen aufwerfen und eine Diskussion anregen. Die Anregungen könnten wie folgt lauten:
- The old man’s “reality” consists of memories/recollections of his past. He becomes aware of the fact that his “reality” is not compatible with the reality of others when he talks to his granddaughter and when his granddaughter talks on the phone. Thus one could argue that reality is created through interaction and communication. Would you agree?
- Can you think of examples when your own reality and someone else’s reality were different?
Material
a definition of reality
the state of things as they actually exist as opposed to an idealized version of them; something which can be experienced or seen; something that exists in fact
Schritt 5 - Übergang / narrative perspective
The reader of “Nightmare in Gray” is mainly confronted with the subjective reality of the protagonist and therefore the ending is surprising. How does the author achieve the reader’s identification with the protagonist’s reality? How does he manipulate the reader?
Die L. erklärt verschiedene Erzählperspektiven und Techniken, z.B mit Hilfe von M 3. Dabei verwendete sprachliche Mittel (siehe rechte Spalte) sollten den S. für weitere Phasen zur Verfügung stehen, z.B. an der Tafel. Die S. werden das Thema bereits im Deutschunterricht behandelt haben und deutsche Begrifflichkeiten kennen (z.B. personale Erzählsituation). Die Integration dieser Begriffe in die Erläuterungen kann sinnvoll sein.
Hinweis
Bild 1 verdeutlicht eine auktoriale Erzählsituation (third-person authorial narration) mit einem Erzähler, der sich außerhalb des Geschehens befindet (external focalization). Er liefert zunächst einen Überblick der Situation, wendet sich dann der Figur Michael Edwards zu und liefert Hintergrundinformationen.
Der Text von Bild 2 verdeutlicht einen Perspektivwechsel von einer auktorialen Erzählsituation (third-person authorial narration) zu einer personalen Erzählsituation (third-person narration with a limited point of view). Der Erzähler liefert
zunächst Informationen zum Geschehen, wendet sich dann aber rasch der Figur Michael Edwards zu und schildert dessen Gefühle im Moment des Wartens, er erklärt also nicht wie in Bild 1 sondern präsentiert lediglich die Gedanken der Figur.
Der vorletzte Satz (Would he be able to meet the expectations?) ist in Form der erlebten Rede (auch freie indirekte Rede oder Gedankenrede; free indirect speech/thought) verfasst während der letzte Satz wieder klar dem Erzähler zugeordnet werden
kann. Figurenrede und Erzählerrede werden hier ineinander verwoben mit dem Ergebnis, dass der Leser ganz nahe an die Figur herangeführt wird. Der Erzähler steht auf dem Bild direkt hinter der Figur. Dies soll verdeutlichen, dass er die Dinge aus
ihrer Perspektive wiedergibt.
Im Text von Bild 3 zeigt sich eine weitergehende Annäherung des Erzählers an die Figur Michael Edwards. Dies wird neben der Verwendung der erlebten Rede (free indirect speech/thought) auch dadurch erreicht, dass der Erzähler die Wortwahl der Figur Michael Edwards imitiert (Debbie, Debbie oder My God – how would she react if …). Die letzten Sätze im Text weisen eine große Nähe zum inneren Monolog auf, unterscheiden sich von diesem jedoch durch die Verwendung des Pronomens “he” durch den Erzähler, wodurch deutlich wird, dass immer noch der Erzähler spricht, wenn auch mit den Worten der Figur. Die Äußerungen von Michael Edwards auf Bild 3 könnten jedoch münden in einen interior monologue/stream of consciousness. Bild 4 dient als Beispiel für eine Ich-Erzählsituation (first-person narration). Auf diesem Bild kommt die Figur Michael Edwards selbst zu Wort.
Material
narrative perspectives
- to utter a sentence
- … sentence is uttered by …
- to communicate sb’s thoughts/feelings
- to be directly confronted with sb’s thoughts
- the distance between character and reader
- the distance between narrator and character
- the character’s wording
Hinweis
Weitere Schritte finden Sie im Download.
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