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Filmsprache und Textualität des Films

Filmsprache

Der Einstieg zur Beschreibung einer individuellen Filmsprache ist die Mise-en-scène, die Inszenierung einer Filmhandlung in Bildern. Raumeindruck, Bauten, Kameraführung und Beleuchtung, Kleidung und Requisiten kommen hier zusammen und schaffen ein Bild. Wenn ein Bild richtig „gelesen“ wird, sagt es oft mehr als Sprache, da es offenere semantische Strukturen hat. Zudem zwingt die „Grammatik“ dieses Mediums es nicht, eindeutige Bezüge zwischen den einzelnen Elementen herzustellen, weshalb es mehr der Subjektivität des Betrachters überlässt. Es fordert ihn auf, die symbolische Aufladung von Körperhaltungen, Gesten, Farben und Gegenständen wahrzunehmen und zu deuten.

Dabei haben bewegte Bilder wie die natürliche Sprache eine Art Syntax, eine Sequenzierung. Was beispielsweise zuerst zu sehen ist, wird als Ursache angenommen. Diskontinuitäten zwischen Sequenzen werden als Ort- oder Zeitsprünge verstanden. Das Medium kann auf eine Weise die Linearisierung verlassen, wie sie sprachlich nicht möglich ist, z.B. durch Bildteilung, durch Rückblenden oder durch schnelle Montage, wenn zwei Vorgänge simultan ablaufen.

Dennoch ist „Filmsprache“ als Begriff problematisch, weil er suggeriert, dass Filme wie sprachliche Texte analysiert und begriffen werden können. Dies ist aber nicht der Fall – in keinem Roman gibt es eine amerikanische Einstellung, eine Wischblende oder einen Soundtrack (Frederking, 2012, S. 186). Filmsprache basiert nicht auf linguistischen Strukturen, sondern entsteht aus technischen Mitteln, die eigene Stiltraditionen herausgebildet haben. Filme sind daher nicht an printmedialen Standards zu messen, sondern als eigenständige Medien aufzufassen. Der Begriff ist dennoch insoweit sinnvoll, als er verdeutlicht, dass Filme eine eigene Sprache haben, die auf den spezifischen Darstellungsmitteln des Mediums beruhen.

Der didaktische Wert der Filmanalyse liegt somit darin, SuS entdecken zu lassen, dass sich mit Hilfe des analytisches Sehens neben der Inhaltsebene eine zweite Ebene auftut, dass Sinn auch in der Form steckt und Regisseure auch im Detail bewusst arbeiten. Wenn SuS diese Erfahrung machen, werden sie auch Freude an komplexeren Filmen haben und die eigene Filmrezeption sinnvoll reflektieren können.

 

Der Film als Text?

  • Texte bestehen aus einer Kombination sprachlicher Zeichen.

  • Texte besitzen einen strukturellen und inhaltlichen Zusammenhang (Kohäsion, Kohärenz).

  • Texte haben (zumindest) ein erkennbares Thema.

  • Texte haben (mindestens) einen Verfasser und einen Rezipienten.

  • Texte haben eine kommunikative Funktion und einen sozialen Sinn.1

Der Film stellt eine Medienform dar, die Parallelen zu anderen Medientexten aufweist, aber auch über spezifische Eigenschaften abgegrenzt werden kann. Seine Medialität zeichnet sich aus durch seine (audio-) visuelle Beschaffenheit. Bewegte Bilder werden von Musik, Geräuschen, Ton und gesprochener Sprache begleitet. Die multimodalen Einstellungen sind durch Schnitt und Montage chronologisch und linear aneinandergereiht und ergeben so eine sukzessive Abfolge.

Die Textualität des Films zeigt sich in seiner:

  • Semiotizität: Ton, Musik, Kameraeinstellungen, Montage etc. spielen eine ebenso wichtige Rolle wie das sprachliche Zeichensystem. Die Zeichenhaftigkeit des Films charakterisiert ihn als ein vom Zeichenbenutzer intendiertes Gesamtprodukt, das eine Vielzahl von Zeichen und Zeichenmodalitäten vereint.

  • Linearität: Besonders Kinofilme sind eindeutig gegliedert und stellen eine geordnete Abfolge dar, die meist mit einem Vorspann beginnt und mit dem Abspann endet. Zwar kann die Erzählstruktur Analepsen und Prolepsen beinhalten, das Medium selbst folgt aber einer strengen Abspielfolge und –zeit, die nicht unterbrochen wird.

  • Intertextualität: Der Film ist zwar ein in sich geschlossener und auch inhaltlich zusammenhängender Text, er kann jedoch Parallelen und Verweise auf andere Filmtext und Texttypen aufweisen.2

 

2 Janina Wildfeuer: Der Film als Text? Ein Definitionsversuch aus linguistischer Sicht. In: Film-Text-Kultur. Beiträge zur Textualität des Films. Hg. Kepser/Bateman/Kuhn. Marburg 2013. S. 32-57.

 

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