Filmprotokoll und Sequenzprotokoll
Bildungsplan 2016, Standardstufe 10, IBK, Medien verstehen: Die Schülerinnen und Schüler können Kriterien einer Filmanalyse erarbeiten und anwenden; ein Filmprotokoll zu einer kurzen Szene erstellen.
Das Problem besteht darin, dass der Film nicht „greifbar“ ist, er muss sichtbar und hörbar gemacht werden. Der Film ist transitorisch und muss fixiert werden, um eine Analyse möglich zu machen.
Der Zugang erfolgt zunächst über eine unreflektierte, emotionale und spontane Rezeption, jeder Film ist zuerst ein privates Erlebnis. Dabei sollte man die Rezeptionssituation in Rechnung stellen. Ein Film wird in einer großen Gruppe im Kino ganz anders erlebt als alleine vor dem Fernseher oder dem Computer. Das Festhalten persönlicher Eindrücke, sozusagen ein individuelles Filmprotokoll, erlaubt Vergleiche mit der Spontanrezeption anderer Rezipienten und regt zu Problem- und Fragestellungen an.
Die Objektivierung erfolgt durch die Frage nach dem Ablauf des Geschehens, der erzählerischen Kontextuierung der bewegten Bilder und der Rekonstruktion des Nacheinanders von Ereignissen.
Printliterarische Vorlagen (Roman, Kurzgeschichte, Theaterstück, Comic), Drehbuch und Storyboard sind für die Filmanalyse verzichtbar.
Die Übertragung des Transitorischen in Lineares gelingt am besten durch das Filmprotokoll (Shooting Transscript, Filmscript) als Hilfsinstrument für die Analyse, eine möglichst exakte, detaillierte Transkription des Films in Sprache bzw. Text. Objektivität ist dabei oberstes Gebot.
Die Schwierigkeit besteht darin, das richtige Maß an Detailgenauigkeit zu finden. Adjektive als Kommentar oder Einfügung in Klammern spiegeln z.B. die persönlichen Eindrücke des Protokollanten und sind subjektive, interpretierende Bestandteile, können aber objektiver sein als der gesprochene Dialog als solcher, wenn sie präzise die Atmosphäre der Szene wiedergeben.
Beispiel: Ilsa (nachdenklich, fast melancholisch): Hallo Sam.
Entscheidend ist, ob ein Detail eine Funktion im gesamten Film hat, beispielsweise als Symbol.
Filmprotokolle sind mittlerweile zahlreich veröffentlicht, aber es gibt keinen verbindlichen Standard.
In der Regel besteht das Protokoll aus sechs Spalten (Faulstich, 2013, S. 72 ff.):
Nummer der Einstellung – Handlung – Dialog – Geräusche – Kamera – Zeit.
Die Bestandteile des Films: Einstellung, Szene, Sequenz
Als kleinste filmische Einheit wird in der Regel nicht das fotografische Einzelbild gesehen, sondern die Einstellung, also der Filmabschnitt, der zwischen einem Ein- und Ausschalten der Kamera entsteht, oder anders gesagt, zwischen zwei Schnitten liegt. Die Einstellung besitzt eine Einstellungslänge und zeigt dem Filmformat/Bildschirmformat entsprechend einen bestimmten Bildausschnitt, die Einstellungsgröße.
Der Begriff Szene bezeichnet einen Teil des Films, der durch Einheit von Ort und Zeit charakterisiert werden kann. Eine Szene kann so aus mehreren Einstellungen bestehen.
Als Syntagma oder Sequenz bezeichnet man den inhaltlich geschlossenen Abschnitt einer Filmhandlung. Der Unterschied zur Szene besteht darin, dass eine Sequenz auch aus einer Verknüpfung mehrerer Handlungsorte bestehen kann.
Das Sequenzprotokoll:
„Pflichtaufgabe und unverzichtbarer Ausgangspunkt einer jeden Filmanalyse“ (Faulstich, 2013, S. 78) ist das Sequenzprotokoll. Das Sequenzprotokoll bedeutet die Segmentierung der Filmhandlung in Szenen oder Sequenzen (relative Einheit, deren Festlegung umstritten sein kann), wobei sich die Einteilung nach folgenden Kriterien richtet:
Einheit/Wechsel von Ort, Zeit, beteiligten Figuren, Handlungsstrang, im Stil/Ton (z.B. statisch vs. dramatisch, Handlung vs. Dialog).
Aus Einstellungen entstehen Szenen, aus mehreren Szenen Sequenzen. Der Schnitt bedeutet das Aneinanderfügen von Einstellungen, also die praktische Ausführung, während die Montage sich mit theoretischen Überlegungen zur Abfolge und Konjunktion der Einstellungen beschäftigt.
Die Abfolge der Sequenzen (Filmkapitel) entspricht der Story.
Das Sequenzprotokoll erlaubt einen ersten Zugriff auf das Organisationsprinzip der Filmhandlung, und zwar sowohl für die genauere Analyse einer Einzelsequenz als auch für den gesamten Film.
Das Sequenzprotokoll lässt sich komplettieren, indem es nicht nur das Nacheinander von Sequenzen gliedert, sondern die Abfolge gruppiert und Zäsuren der Handlungsentwicklung markiert. Man nennt dies den Plot. Das chronologisch lineare Prinzip wird durch ein kausales Verknüpfungsprinzip abgelöst, das einen Sinnzusammenhang deutlich macht.
Beispiel:
Der König stirbt und dann stirbt auch die Königin (Story).
Der König stirbt und dann stirbt auch die Königin aus Gram über den Tod ihres Gemahls (Plot).
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