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Zum Inhalt und zur Thematik des Films

Der Film ist zunächst eine Liebeskomödie, wenn man die Handlung betrachtet. Der 30-jährige Max ist Filmliebhaber und auf der Suche nach der richtigen Partnerin. In der Videothek, die er häufig besucht, arbeitet Hannah, die durch ihre natürliche Art, ihre Schlagfertigkeit und ihre Filmkenntnisse Max´ Aufmerksamkeit auf sich zieht und sein Interesse weckt. Sie aber lehnt seine Avancen zunächst ab, weil sie um Max´ Ansprüche an eine Partnerin und seine zahlreichen gescheiterten Anbahnungsversuche bei Frauen weiß.

Nach mehreren vergeblichen Überredungsversuchen zu einem Date willigt sie schließlich spontan ein, mit Max auszugehen, und sie gehen zum Bowlen. Nach dem Bowling gelingt es Max, dass Hannah noch mit zu ihm kommt. In der Wohnung kommen sich die beiden näher, sie schlafen miteinander. Aber Max verärgert Hannah und sie verlässt enttäuscht und gekränkt seine Wohnung. Nach einem Schlüsselerlebnis, durch das Max seinen Fehler erkennt, will er sich mit ihr versöhnen, aber sie ist bereits nach Berlin gezogen, um dort Regie zu studieren. Einen Monat später bekommt Max Hannahs Telefonnummer von ihrem ehemaligen Kollegen in der Videothek. Der Film endet offen. Ob Max zu Hannah Kontakt aufnimmt und wie es mit den beiden weitergehen könnte, bleibt den Gedanken des Zuschauers überlassen.

Dass der Film weit mehr ist als eine Liebeskomödie, offenbart sich selbst dem Filmlaien nach kurzer Zeit. Der Film verarbeitet eine Vielzahl von Filmzitaten und Anspielungen auf Spielfilme und Serien aller Art, zentraler Ort der Handlung ist eine Videothek und die Figuren bewegen sich bis in die Dialoge hinein in der Welt des Films. Darüber hinaus problematisiert der Film den Umgang mit Fiktion und die Gefahr ihrer Projektion auf die eigene Lebenswirklichkeit. Max sagt über sich selbst, dass Hollywood ihn im Bezug auf seine Vorstellungen von Liebe und Beziehung verdorben habe. Seine Vorstellungen von der perfekten Partnerin, die äußerlich mindestens so „makellos“ sein muss wie Rose alias Kate Winslet in dem Film „Titanic“ und die „Dänische Delikatessen“ nicht für eine kulinarische Spezialität halten darf, also sein Interesse und seine Kenntnisse bezüglich des Films teilen soll, sieht er immer wieder enttäuscht und flüchtet sich in die Filmrezeption, wo er seine Sehnsüchte und Ideale erfüllt sieht. Letztlich zeigt sich, dass Max und auch Hannah sich in einer künstlichen, konstruierten Welt bewegen, die sie sich selbst erschaffen.

Der Film ist eine Hommage an den Film, mit Lust und viel Liebe zum Detail spielt er mit den filmischen Möglichkeiten und Inhalten, gleichzeitig wirft er durch die Konzeption seiner Figuren Fragen nach dem Verhältnis von Wirklichkeit und Fiktion und der Sinnsuche des Einzelnen in einer medialisierten Welt auf.

Zudem kann der Film als Beispiel für postmodernes Erzählen gesehen werden. Auffällig sind die Parallelen zu Stephen Frears Komödie „High Fidelity“ aus dem Jahr 2000, die Stefan Munaretto als Fallbeispiel in seinem Standardwerk zur Filmanalyse heranzieht.1 Auch „Halbnah“ zieht seinen Reiz aus ungewöhnlichen Möglichkeiten, die er einem herkömmlichen Plot abgewinnt. „High Fidelity“ zählt zu den Wegbereitern, die das Erzählen selbst als Thema im Film und in Fernsehserien wie „How I Met Your Mother“ etabliert haben.

Max entspricht dem Typus sowohl des „Boyish Man“ als auch des „Hipsters“, „zwei Persönlichkeitsmuster[n], die in den Nullerjahren ins Rampenlicht der Popkultur traten“ (Munaretto, 2014, S. 39). Dieser Typus ist um die 30 Jahre alt, sympathisch und intelligent, hat aber Angst vor Verantwortung und Verpflichtung und damit auch vor dem Erwachsenwerden. Gleichzeitig hat er eine Vorliebe für Indie-Musik und Filme, die außer ihm kaum jemand kennt, und einen verschrobenen Chic, das Outfit soll unkonventionell und zufällig wirken, ist aber sehr bewusst ausgewählt (vgl. Max´ Vorliebe für individuelle T-Shirts). Wo dieser Typus früher ein Außenseiterdasein fristete und als Schwächling galt, ist das Unreif- und Altklug-Sein heute kultig und Basis für das gesamte Genre der romantischen Komödie. Die Figur entzieht sich der eindeutigen Wertung und dieses In-der-Schwebe-Halten wiederum ist ein Kriterium des postmodernen Erzählens. Urbaner Individualismus, unsichere Identitäten, Ironie, Anspielungsreichtum und Metafiktionalität sind weitere Kennzeichen dafür.

Die Postmoderne ist zwar als Epoche im Bildungsplan für die Standardstufe 10 nicht vorgesehen, trotzdem kann aber mit den SuS thematisiert werden, inwieweit es sich bei Max um eine typisierte Figur handelt.

 

1 Stefan Munaretto: Wie analysiere ich einen Film? Hollfeld, 2014. S. 37-41.

 

Der Kurzspielfilm „Halbnah“ von Manuel Mohnke: Herunterladen [docx][19 KB]

 

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