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Anmerkungen und Lösungshinweise zu Kapitel 2 und 3

Dieses Kapitel vernetzt folgende Kompetenzen miteinander:

Prozessbezogene Kompetenzen

2. Schreiben

2.2. sich standardsprachlich ausdrücken und den Unterschied zwischen mündlichem und schriftlichem Sprachgebrauch sowie Merkmale umgangssprachlichen Sprechens erkennen und zielgerichtet einsetzen (→ VI.2)

2.25. die formale und sprachlich-stilistische Gestaltungsweise von Texten und deren Wirkung an Beispielen erläutern (zum Beispiel sprachliche Bilder deuten, Dialoge analysieren)

2.26. die Ergebnisse einer Textanalyse selbstständig fachgerecht und aspektorientiert darstellen

Inhaltsbezogene Kompetenzen

3.3.1.1

(11) sprachliche Gestaltungsmittel beschreiben und auf ihre Funktion hin untersuchen

3.3.1.2

(10) Sach- und Gebrauchstexte hinsichtlich der Aspekte

[...]

– Sprache (Stilebene, sprachliche Mittel)

[...]

in ihrem Wirkungsgefüge analysieren und dabei Untersuchungsschwerpunkte bilden

3.3.2.1

(4) die Struktur auch von komplexen Sätzen und Satzgefügen analysieren, im Feldermodell beschreiben und die Analyse für ihr Verständnis nutzen

(8) Gleich- und Unterordnung von Sätzen unterscheiden und differenziert in ihrer Funktion erläutern (Parataxe und Hypotaxe)

Leitperspektiven

Medienbildung (MB)

[...] Medienbildung bedeutet im Deutschunterricht darüber hinaus immer auch, dass die Medien und ihre spezifischen [...] ästhetischen Qualitäten zu einem Gegenstand des Unterrichts werden.

 

Von besonderem Interesse ist die Frage, wie weit und wie gut sich das topologische Modell für die funktionale Analyse pragmatischer und literarischer Texte anwenden lässt. Die Übungen der Kapitel 2 und 3 liefern Beispiele für solche Anwendungen, und zwar insbesondere solche, wo das topologische Modell gegenüber herkömmlichen, an der lateinischen Grammatik orientierten Modellen aus Sicht d. Verf. Vorteile mit Hinblick auf seine heuristische Funktion und auf die Darstellbarkeit syntaktischer Auffälligkeiten hat.

Zu 4.2.1: Das behandelte Phänomen wird in der Literatur als Ausklammerung, Extraposition oder Rechtsversetzung bezeichnet. Während es in den Fremdsprachen E,F, Sp, It, die allesamt keine ‚Klammersprachen‘ sind, bei komplexen Prädikaten gar keine Alternative zur Besetzung des ‚Nachfelds‘ gibt, existiert im Deutschen eine Tendenz, schwere Nominalphrasen (Wöllstein 2010, S. 51, Averintseva-Klisch in Wöllstein 2015, S.113u., S. 118 ) auszulagern, um die semantische Information des komplexen Prädikats kohärenter zu vergeben (statt sie durch eine gespreizte Klammer auseinanderzureißen) oder aber das ausgelagerte Element zu betonen (vgl. Granzow-Emden 2014, S.77). „Schwere Nominalphrasen“ sind dabei in aller Regel Präpositionalgruppen – adverbiale Bestimmungen ebenso wie Präpositionalattribute. Gerne verwendet man die Extraposition im Deutschen für das Zustandspassiv und bei Prädikativ-Konstruktionen.

Die Stilübungen können dazu verhelfen, SuS für solche Phänomene zu sensibilisieren, was sich auch auf die eigene schriftsprachliche Produktion auswirken kann, sei es im Aufsatz oder in journalistischen Schreibversuchen.

3. Verf. schlägt Variante b als die eleganteste Version vor, da sie weder durch eine weit gespreizte Klammer die Verständlichkeit beeinträchtigt (Variante a) noch eine an sich unnötige Ausklammerung (Variante c) vornimmt. Allerdings steht zu erwarten, dass Variante c sich im journalistischen, politischen und wissenschaftssprachlichen Diskurs als dominantes Paradigma durchsetzen wird (sofern sie dies nicht schon getan hat).

Zu 4.2.2: Ein Kennzeichen mündlicher Texte oder schriftlicher Texte mit beabsichtigter Affinität zur Mündlichkeit ist ein gewisses Maß an (notwendiger) Redundanz. In diesem Zusammenhang ist syntaktisch die Tendenz zu beobachten, durch anaphorische Demonstrativa („..., die sind…“ „..., da hat es…“) das Thema wiederaufzugreifen, was aber häufig weniger einem Bedürfnis nach Erhöhung der Textkohärenz als vielmehr einem stilistischen Automatismus geschuldet zu sein scheint. So ist das Wiederaufgreifen des Subjekts bzw. der adverbialen Bestimmung in den Beispielen aus 1. natürlich völlig überflüssig, weil die Satzglieder denkbar kurz sind und der Satz ohne Unterbrechung weitergeht. Anders verhält es sich im Beispiel 3. Hier könnte man zumindest beim Zuhören ‚den Anschluss verlieren‘.

Feldergrammatisch ist das Phänomen von Interesse, weil in der Regel im VF genau eine Ergänzung stehen kann (vgl. Granzow-Emden 2014, S.73, Wöllstein 2010, S.54, Dürscheid 2007, 101), durch das anaphorische Demonstrativpronomen aber ein zweites Element dort auftritt (vgl. Wöllstein 2010, S.54):

VF

LSK

MF

RSK

NF

Die Aktienkurse in Frankfurt

sind

natürlich in den Keller

gerutscht.

 

Die Aktienkurse in Frankfurt, die

sind

natürlich in den Keller

gerutscht

 

Man spricht hier von einer Linksversetzung (LV) bzw. der Schaffung eines Vor-Vorfeldes (VVF) (Wöllstein 2010, S.54f., 69; vgl. hierzu auch Averintseva-Klisch in Wöllstein 2015, S.107ff.), sofern das Pronomen dieselbe Satzgliedfunktion (und bei Aktanten entsprechend denselben Kasus) hat wie die Nominalgruppe (vgl. Wöllstein 2010, S.54). Das Feld LV/VVF sollte nicht mit dem Außenfeld verwechselt werden (Wöllstein 2010, S.69f.), allerdings sind solche terminologischen Unterscheidungen für die SuS nicht notwendig. Wichtiger ist es, dass diese feststellen, „dass die Positionen vor dem finiten (LSK) bzw. hinter dem infiniten Prädikatsteil (RSK), die Satzränder, im Deutschen ein gewisses „Ausklapp-Potenzial“ haben“ (Averintseva-Klisch, S.122).

Zu 4.3.1.: Es handelt sich hier um eine Textlupe mit Fokus auf einem Aspekt, die nicht isoliert verwendet werden soll, sondern z.B. im Rahmen einer Unterrichtssequenz zur Lyrik des Sturm und Drang eingesetzt werden kann.

  • Es empfiehlt sich zunächst anhand der W-Fragen und einer Bestimmung der Illokutionen (Sprechakte) und der Gefühle des lyrischen Ich zu klären, was in dieser Hymne die innere und die äußere Handlung ist. Dabei fallen möglicherweise von selbst schon einige der syntaktischen Anomalien auf.

  • Diese können in einem zweiten Schritt anhand der folgenden Fragen untersucht und funktional gedeutet werden, nachdem zuvor die relevanten topologischen Regeln aus Kl.5-8 wiederholt und die Ergebnisse gesichert worden sind.

  • In einem dritten Schritt werden dann Figuren und Tropen in den Blick genommen und funktional gedeutet, indem sie auf den zuvor geklärten Inhalt bezogen werden.

Zu 4.3.1.1 (J. W. Goethe: Ganymed)1

1. jemand jemandem etwas/jemanden (S, Dat, Akk) → dreiwertiges Verb

2. In der Regel steht im VF genau eine Ergänzung (vgl. Granzow-Emden 2014, S.73, Wöllstein 2010, S.54). Mehrfachbesetzungen sind nur selten möglich (Morgens am Frühstückstisch teilte er seine Entscheidung mit. Dort endlich gab er ihm den Brief), in Verbindung mit Aktanten gar ungrammatisch (*Ihm den Brief gab er. *Abends seine Absicht teilte er mit.) In Wendungen wie „Gegen 20 Uhr abends kam er...“ handelt es sich um eine adverbiale Bestimmung mit temporalem Attribut. Umso auffälliger sind solche mehrfach besetzten Vorfelder in der Lyrik.

3. Im NF stehen Attributsätze und andere Nebensätze (auch entspr. Infinitivgruppen) sowie Vergleiche: Man hatte den Mann gefunden, | der das Foto gemacht hatte[NF]. Sie hatte befohlen, | dass man sie wecken sollte[NF]. Er hatte versucht, sich zu erinnern. Ich habe viel öfters beim Abwaschen geholfen | als du[NF].

4. Subjekt und Objekt stehen im MF oder VF.

5.

VF

LSK

MF

RSK

NF

Ich

glaube

nicht,

 

dass du Recht hast.

Obwohl … kam,

verlief

alles reibungslos.

   

Zu 4.3.1.2

1. Das Nachfeld erfüllt in der Literatur häufig die Funktion der Hervorhebung (vgl. Granzow-Emden 2014, S.77), so auch hier in V.3. In V.9f. wird allerdings weniger (oder nicht nur) der Arm betont, sondern auch das Verb „fassen“, und zwar dadurch, dass normalerweise die adverbiale Bestimmung im MF und damit noch vor der RSK stehen müsste (...in diesem Arm fassen möchte), durch ihre Extraposition ins NF aber das Prädikat in den Vordergrund tritt.

2. Es handelt sich um Wunschsätze wie „Wenn er doch nur käme“, „O dass er doch nie gekommen wäre“ usw.

3./4. Drei Satzglieder im Vorfeld (zwei adverbiale Bestimmungen [modal und lokal] und ein Akkusativobjekt [sich]), was der Regel aus 3.1.1, Aufg. 2 zuwiderläuft. Die im Vorfeld vergebenen Informationen werden beim Lesen zuerst aufgenommen und entsprechen der Reihenfolge, in der das lyr. Ich die Außenwelt erlebend wahrnimmt. Mögliche Deutung: Das Gefühl des Geliebtseins und die Wahrnehmung der eigenen Erregung (Herz) sind das, was sich zuerst einstellt und die Suche nach dem Urheber (Du) anstößt; damit haben sie in dieser ichbezogenen Perspektive auch zunächst den Vorrang vor dem Urheber („deiner“), der sodann aber als Zielpunkt durch die betonte Endstellung und den markanten Neologismus („Schöne“) hervorgehoben wird.

5. Vorübung: S. 3.1.1.1. „Rufen“ kommt mit zwei verschiedenen Valenzen vor: jemand ruft etwas oder jemanden (Akkusativobjekt) und jemand ruft nach jemandem (Präpositionalobjekt), aber natürlich niemals gleichzeitig mit Akkusativ- und Präpositionalobjekt wie hier. Die Deutung, dass das lyrische Ich im ekstatischen Zustand eines Verschmelzungserlebnisses auch zwei Gedanken verschmelzen lässt, liegt nahe.

6. Natürlich bleiben beide Satzklammern frei, sodass gar kein Satz entsteht, was durch die topologische Darstellung besonders augenfällig wird. Mögliche Deutung: Richtung, Ziel und die Umstände der Bewegung (umfangend umfangen) halten das lyrische Ich so in ihrem Bann, dass die Art der Fortbewegung (schweben? fliegen?) und damit die Frage nach der realen Umsetzbarkeit dieses Wunders völlig irrelevant wird.

Zu 4.3.2 (Georg Heym)2: Es handelt sich hier um eine Untersuchung mit Fokus auf der funktionalen Deutung sprachlicher Mittel, die sinnvollerweise durchgeführt wird, nachdem der Inhalt, dessen Ausdruck die sprachlichen Mittel schließlich dienen, geklärt ist.

  • Es empfiehlt sich zunächst anhand der W-Fragen das inhaltliche Geschehen des Gedichts zu klären und festzustellen, dass der Sprecher, recht typisch für die Epoche, nicht explizit in Form eines lyrischen Ichs auftaucht, sondern als – auf den ersten Blick – distanziert wirkender Beschreibender.

  • Sodann ist bei der Frage nach den Illokutionen (Sprechakten) darauf hinzuweisen, dass das ganze Gedicht nur die Illokutionen „beschreiben“ und „vergleichen“ enthält. Unter Einbeziehung der vier Seiten der sprachlichen Botschaft (bzw. der drei Sprachfunktionen nach Bühler) kann allerdings geklärt werden, dass trotz Abwesenheit eines lyr. Ich indirekt ein hohes Maß an „Selbstoffenbarung“ des Sprechers stattfindet, nämlich seiner Assoziationen, seines Erlebens des Gewitters – sowohl durch die Semantik der Vergleiche (V.3, 7, 10) als auch durch diejenige der Adjektive und Substantive („Pracht“, „seltsam“, „Traurigkeit“).

  • Figuren und Tropen: Sodann sollten die Assoziationen, die durch die Bildspender der Vergleiche / Personifikationen hervorgerufen werden (Nacht, Tod, Maske, drohen usw.), ebenso einbezogen werden wie die Wirkung der auffälligen Klangfiguren (z.B. in der 4. Strophe).

  • Nicht zuletzt wird bei diesem Gedicht eine syntaktische Analyse fruchtbar sein, die nach Maßgabe des Bildungsplans mit Hilfe des topologischen Modells erfolgen sollte. Lösungsvorschläge finden sich unten angegeben. Eine weitere syntaktische Auffälligkeit sind die vorangestellten Genitivattribute (V.11, 13, 16).

7.

KO

VF

LSK

MF

RSK

NF

 

Der Himmel

wird

so schwarz,*

 

als würd es Nacht.

 

Der bleiche Schein der fernen Blitze

loht,

   

Wie Todes Aug aus gelber Maske droht.

 

Das Wetter

zieht

 

herauf

in dunkler Pracht.

 

Die Raben

wirbeln

 

auf

wie schwarzes Laub.

und

 

zieht

zur See

hinaus

wie Wolken grau.

 

Im Wind und Regen

friert

der Uferwald

 

Wie in Novemberabends Traurigkeit.

* In der hier gewählten Darstellungsweise wird das Prädikativ im MF analysiert (vgl. z.B. Wöllstein 2010). Andere Autoren setzen es in die RSK (vgl. z.B. Weinreich 1993). Auch Granzow-Emden (2014) weist auf die Problematik der Zuordnung zu einem der Felder hin (S.71).

Auffällig ist die ungewöhnlich häufige Besetzung des Nachfeldes. Sie ist bis auf V.4 durch die vielen Vergleiche zu erklären. Im Nachfeld stehen – wenn auch nicht ausschließlich – durchgängig zentrale Assoziationen des Sprechers, welche für die düstere Atmosphäre des Gedichts verantwortlich sind. Durch ihre Ausklammerung werden sie automatisch betont (eine häufige stilist. Funktion in der Literatur [vgl. Granzow-Emden 2014, S.77]), was die atmosphärische Wirkung natürlich erhöht.

Ebenfalls auffällig: asyndetische Reihung (außer V.8) von V2-Sätzen (asyndetisch bedeutet im topologischen Modell, dass das Koordinationsfeld [KO] nicht besetzt ist) mit Subjekt im Vorfeld; VE-Sätze lediglich mit Vergleichsfunktion). Dadurch entsteht der Eindruck eines sukzessiven Protokolls von Eindrücken ohne logische Verbindung.

8. Subjekt im Vorfeld außer in V.7, 14 und 15. Mögliche Deutung der Wirkung – in V.14 besonders deutlich zu sehen – : Im Sinne des protokollarischen Festhaltens von Eindrücken wird von Eindruck zu Eindruck gesprungen, wobei zunächst jeweils „objektiv“ der konkrete Gegenstand genannt und dann mit „subjektiven Assoziationen“ verknüpft wird. Im Falle der vorangestellten adv. Bestimmungen (V.14f.) bereitet Heym beim Leser das eigentliche Geschehen („Vordergrund“) vor, indem er zunächst den Hintergrund (Strand, Wolken, Wind/Regen) entstehen lässt.

9.

V.10

VF

LSK

MF

RSK

NF

Ihr Fittich

ist

wie Frauenschultern rein.

   

statt:

VF

LSK

MF

RSK

NF

Ihr Fittich

ist

[so] rein (wie Frauenschultern)

  (wie Frauenschultern).

Wirkung: Das Adjektiv „rein“ erhält durch die Endstellung eine besondere Betonung. Dies ist in Zusammenhang mit Aufg. 10. wichtig. Heym erreicht diese Hervorhebung dadurch, dass er einen Vergleich ins Mittelfeld integriert, statt ihn, wie man erwarten würde, ins Nachfeld auszulagern (oder zumindest ans Ende des MF zu stellen; beide Darstellungen sind bei Perfektprobe möglich: ist so rein gewesen wie F. / ist so rein wie F. gewesen).

V.14

VVF

VF

LSK

MF

RSK

NF

Fern in den Wolken noch

der Donner

hallt

     

statt

 

Fern in den Wolken

hallt

noch der Donner

   

Sog. Linksversetzung, d.h. das Vorfeld, in dem in der Regel nur ein Satzglied steht (vgl. Anmerkung zu 2.2), wird ausgedehnt. Kreative SuS könnten auch auf die Bezeichnung „VE-Satz mit leerer LSK“ kommen, aber diese Konstruktion existiert terminologisch nicht.

10. Die Endstellung der Adjektive (rau, grau, rein, weiß) hebt diese natürlich hervor und unterstreicht dadurch den Kontrast von Str. 2 zu 3 (vgl. auch die dunklen / hellen Diphthonge der Reime). (Endstellung und Vokalfärbung gelten auch für die ausdrucksstarken Verben in V.2-3.)

Zu 4.3.33: Das Arbeitsblatt versteht sich als integrative grammatische Sequenz bei der Behandlung des Briefromans. Erstmals in Kl. 9/10 werden im BP nun die Begriffe „Hypotaxe“ und „Parataxe“ verwendet. Nach einer griffigen, für den Unterricht sehr brauchbaren Definition von Granzow-Emden (2014, S.68) liegt Hypotaxe vor, sobald ein Satz mindestens einen abhängigen Teilsatz enthält, Parataxe hingegen bei Abfolge gleichwertiger Sätze.

Brief vom 10. Mai

KO

AF

VF

LSK

MF

RSK

NF

Wenn*

das … um mich

dampft

und

[wenn]

die … Waldes

ruht

und

[wenn]

nur …Heiligtum

stehlen

[wenn]

ich …Bache

liege

und

[wenn]

näher … merkwürdig**

werden

wenn

ich … Herzen

fühle

und

fühle

die …Allmächtigen,

der

uns…Bilde

schuf

das Wehen … Allliebenden,

der

uns…

trägt und erhält;

Mein Freund!

wenn

‘ s dann

dämmert

und

[wenn]

die Welt … Seele

ruhn

wie…Geliebten

dann

sehne

ich mich oft

* Die hier gewählte Darstellungsweise unterscheidet, wie bei den meisten Theoretikern, Pronominalsatz (Einleitungswort im VF) und Subjunktionalsatz (Einleitungswort in der LSK), statt beiden ein kontrahiertes Einleitungsfeld (VF+LSK; vgl. Anm. zu 1.4) voranzustellen. Die letztgenannte Darstellungsweise ist aber natürlich ebenso möglich.

** In der hier gewählten Darstellungsweise wird das Prädikativ im MF analysiert (vgl. z.B. Wöllstein 2010). Andere Autoren setzen es in die RSK (vgl. z.B. Weinreich 1993). Auch Granzow-Emden (2014) weist auf die Problematik der Zuordnung zu einem der Felder hin (S.71).

Der berühmte Werther-Satz einmal topologisch gefasst. Dies hat didaktisch den Vorteil, dass dreierlei optisch sehr augenfällig wird: Zunächst natürlich der Parallelismus von VE-Sätzen, sodann aber auch der syntaktische Bruch in Z.5: Hier steht ein elliptischer V2-Satz („und [ich] fühle die Gegenwart des Allmächtigen“) statt eines zu erwartenden VE-Satzes („und [wenn ich] die Gegenwart … fühle“), die LSK ist nicht mehr durch eine Subjunktion, sondern durch ein Finitum besetzt. Schließlich der Folgesatz als korrekt gebauter V2-Satz: Das VF ist durch ein Adverb besetzt, die LSK durch das finite Verb. Durch die lange, durch syntaktischen Bruch verkomplizierte Hypotaxe hängt dieser vom Leser erwartete Folgesatz in der Luft bzw. kann ein kohärenter Rückbezug von den ersten VE-Sätzen zu ihm kaum noch hergestellt werden.

Dieses freie Flottieren von Information (in den VE-Sätzen) passt zum assoziativen Duktus der Stelle, es stellt radikal das subjektive Erleben des Senders über das Kohärenzbedürfnis des Empfängers und die Grammatikalität des Satzbaus (syntaktischer Bruch): Was sich Werthers Seele aufdrängt, muss zuerst und in Gänze ausgedrückt werden, koste es auch die Verständlichkeit einer überschaubaren Hypotaxe!

Brief vom 18. August

KO

VF

LSK

MF

RSK

NF

Wenn

ich sonst ...

überschaute

usw.

[Z.9] wie

faßte

ich … Herz

[wie]

fühlte

[ich] mich ... vergöttert

und

die … Welt

bewegten

sich … Seele.

Ungeheure Berge

umgaben

mich

Abgründe

lagen

vor mir

und

Wetterbäche

stürzten

herunter

die Flüsse

strömten

unter mir

und

Wald und Gebirge

erklang;

Deutlich wird durch die topologische Darstellung der Kontrast zwischen dem assoziativen Schweifen der VE-Sätze bis Z.10 und der prägnanten Aufzählung in parallel gebauten, parataktischen, teilweise asyndetisch gereihten kurzen V2-Sätzen ab Z.11 (Ungeheure…). Der Übergang zwischen beiden vollzieht sich fließend: Auf einen ersten V2-Ausrufesatz (Wie faßte…) folgt ein weiterer, allerdings durch Ellipse grammatischer Ausrufezeichen (das Subjekt fehlt), bevor das Gefüge mit einem syndetisch angeschlossenen V2-Aussagesatz mit Subjekt im VF endet, also dem syntaktischen Modell, das die folgende Parataxe (Ungeheure Berge…) prägt. Mögliche funktionale Deutung: Die oben erwähnte Parataxe tritt bei der ‚objektiven‘ Beschreibung der Außenwelt auf, bei der kein Bezug mehr zum „Herzen“ hergestellt wird.

Zu 4.3.44: Das Arbeitsblatt versteht sich als integrative grammatische Sequenz bei der Behandlung der Novelle.

Höhepunkt der Novelle

1. / 2. Die gewählte Darstellung in einer Zeile ist didaktisch sinnvoll, weil sie die Auffälligkeiten deutlicher macht:

KO

VF

LSK

MF

RSK

NF

und

(1) knurrend und bellend,

(2) grad als ob … käme,

(3) rückwärts gegen den Ofen

weicht

er

aus.

 

Das Vorfeld ist in diesem Satzgefüge völlig überladen. 2. Es stehen dort lauter adverbiale Bestimmungen, die sich auf die Art und Weise des Geschehens beziehen (Partizipien, Vergleichssatz, lokale adverbiale Bestimmung). Solche adv. Best. sind normalerweise im MF platziert (anders als etwa temporale adv. Best.) und rutschen nur zur Hervorhebung ins VF. 3. Der Satzbau wird dadurch ungrammatisch: Die klassische V2-Konstruktion mit adv. Best. im VF würde erfordern, nach dem ersten Adverbial unmittelbar das Finitum anzuschließen (vgl. Aufg. 2): Knurrend und bellend weicht er rückwärts … aus, gerade so, als ob…

Wirkung: Was dem wahrnehmenden personalen Erzähler ins Auge springt oder assoziativ in den Kopf kommt, wird „unvertraut“ und ungeordnet in derselben linearen Abfolge reproduziert, was beim identifikatorischen Lesen maximale Unmittelbarkeit erzeugt. Die Elemente im VF erhalten damit gleiches Gewicht wie das eigentliche ‚Hauptgeschehen‘ des Ausweichens.

3. Die Darstellungsweise in der Feldertabelle ist didaktisch Gewinn bringend, um den Zusammenhang von Form und Inhalt darzustellen: In bekannter Kleist‘scher Manier rückt das dramatische Hauptgeschehen um den Marchese („während der … durchhaut“) im Satzgefüge in die Nebensätze, während die demgegenüber sekundäre Handlung der Marquise dieses Geschehen in Hauptsätzen flankiert. Somit wird der tödliche Wahnsinn des Marchese syntaktisch von der ‚gesunden‘, lebensrettenden Fluchthandlung der Marquise getrennt, und Letztere bildet gleichsam einen festen, Halt gebenden Rahmen um das tödlich-verwirrte Geschehen der VE-Sätze.

KO

VF

LSK

MF

RSK

 
 

Bei … Anblick

stürzt

die Marquise … Zimmer

   

und

 

während

der Marchese … „Wer da?“

ruft

 

und

 

da

ihm …

antwortet

 
   

gleich … Luft

durchhaut

 
   

lässt

sie

anspannen, ...

 

 

1 Die hier entlehnten Zitate beziehen sich auf: J.W. Goethe: Prometheus. In: K. O. Conrady (Hg.): Das große deutsche Gedichtbuch. Lizenzausgabe 1997 für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 5. Aufl. Zürich/Düsseldorf (Artemis & Winkler Verlag) 1997, S.145.

2 Bezugstext und Quelle der hier entlehnten Zitate: Georg Heym (1887 – 1912): Der Himmel wird so schwarz ...

3 Bezugstext und Quelle aller hier entlehnten Zitate: http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Romane/Die+Leiden+des+jungen+Werther/Erstes+Buch, letzter Aufruf: 21.3.2018

4 Bezugstext und Quelle der hier entlehnten Zitate: http://www.zeno.org/Literatur/M/Kleist,+Heinrich+von/Erzählprosa/Erzählungen/Das+Bettelweib+von+Locarno, letzter Abruf: 21.3.2018

 

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