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An­mer­kun­gen und Lö­sungs­hin­wei­se zu Ka­pi­tel 1.4

Die­ses Ka­pi­tel ver­netzt durch den Trans­fer von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mo­del­len auf die Ana­ly­se prag­ma­ti­scher Texte fol­gen­de Kom­pe­ten­zen mit­ein­an­der:

Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

3. Lesen

23. [...] den in­halt­li­chen Zu­sam­men­hang und die Po­si­tio­nen in ar­gu­men­ta­ti­ven Tex­ten er­fas­sen

25. ziel­ge­rich­tet Zu­sam­men­hän­ge mit wei­te­ren ihnen be­kann­ten Tex­ten her­stel­len und hier­für ge­eig­ne­te Wis­sens­be­stän­de ak­ti­vie­ren

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen:

3.​3.​1.​2

(9) Sach­t­ex­te auf­grund ihrer in­for­mie­ren­den, in­stru­ie­ren­den, ap­pel­la­ti­ven, ar­gu­men­ta­ti­ven, re­gu­lie­ren­den Funk­ti­on be­stim­men und un­ter­schei­den (zum Bei­spiel Be­richt, Kom­men­tar, Le­ser­brief, Rede, Ge­set­zes­text)

(10) Sach- und Ge­brauchs­tex­te hin­sicht­lich der As­pek­te

  1. –Thema, zen­tra­le The­sen und Ar­gu­men­te
  2. –Auf­bau (auch ar­gu­men­ta­ti­ver Sta­tus von Text­tei­len)
  3. –Spra­che (Sti­le­be­ne, sprach­li­che Mit­tel)
  4. –Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zu­sam­men­hang (Adres­sat, In­ten­ti­on, Me­di­um)

in ihrem Wir­kungs­ge­fü­ge ana­ly­sie­ren und dabei Un­ter­su­chungs­schwer­punk­te bil­den

Leit­per­spek­ti­ven

Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (BNE)

In der Aus­ein­an­der­set­zung [...] mit Sach- und Ge­brauchs­tex­ten wird der Deutsch­un­ter­richt zu einem Forum, in dem ge­sell­schaft­lich re­le­van­te Fra­gen dis­ku­tiert wer­den. [...] [A]uch ein dif­fe­ren­zier­tes Text­ver­ständ­nis ist not­wen­dig, um die Fä­hig­keit zu de­mo­kra­ti­scher Teil­ha­be, Mit­wir­kung und Mit­be­stim­mung in einer kom­ple­xen Le­bens­welt [...] zu för­dern.

All­ge­mei­nes

Wie die In­ter­pre­ta­ti­on eines li­te­ra­ri­schen Tex­tes bleibt auch die Ana­ly­se prag­ma­ti­scher Texte ohne Be­nen­nung von Il­lo­ku­tio­nen (und in­ten­dier­ten Per­lo­ku­tio­nen) bei der Pa­ra­phra­se ste­hen. Nur auf ihrer Basis kann eine In­ten­ti­on / Hal­tung des Au­tors er­fasst wer­den, nur sie er­mög­li­chen aber auch eine kri­ti­sche Re­zep­ti­ons­ana­ly­se. Zu er­gän­zen sind hier die­je­ni­gen Il­lo­ku­tio­nen, die die Ge­dan­ken­füh­rung und Le­ser­len­kung be­tref­fen (ein­lei­ten, hin­füh­ren, über­lei­ten, ein Fazit zie­hen, ab­schlie­ßen usw.); diese sind in­so­fern von Be­deu­tung, als sie den Auf­bau des Tex­tes ver­deut­li­chen. Die An­ga­be des pro­po­si­tio­na­len Ge­halts (was kri­ti­siert wird, wor­über der Sen­der wü­tend ist usw.) ist immer wich­tig für das Re­sü­mee der Text­ge­dan­ken, bei den dar­stel­len­den Il­lo­ku­tio­nen er­hält sie aber be­son­de­re Be­deu­tung, weil hier nicht nur die In­hal­te, son­dern auch lo­gi­sche Ver­hält­nis­se (Ge­gen­sät­ze, Ein­räu­mun­gen, Kau­sa­li­tät usw.) un­ter­ge­bracht sind (...​ver­tritt die These[Illok.], das sei die Ur­sa­che für... [propos. Gehalt] usw.), für die es – ähn­lich wie bei den spre­cher­ori­en­tier­ten Il­lo­ku­tio­nen (s.o.) – nur sel­ten ei­ge­ne Il­lo­ku­ti­ons­ver­ben gibt (wie z.B. „etw. auf etw. zu­rück­füh­ren“ [Kau­sa­li­tät], „ge­gen­über­stel­len“, „ein­räu­men“).

Im Falle der Il­lo­ku­ti­on kriti­sie­ren“ (vgl. auch 4.3) ist nicht immer ganz leicht zu ent­schei­den, ob der Schwer­punkt auf der Ap­pell­funk­ti­on (näm­lich der­je­ni­gen, die Re­zi­pi­en­ten für die ei­ge­ne Po­si­ti­on zu ge­win­nen) oder der Aus­drucks­funk­ti­on (Aus­druck des ei­ge­nen Miss­fal­lens / der ei­ge­nen Em­pö­rung) liegt, weil der Adres­sat ein an­de­rer ist als der Ver­ur­sa­cher der als pro­ble­ma­tisch emp­fun­de­nen Zu­stän­de. (Die­sen zu kri­ti­sie­ren ist na­tür­lich immer do­mi­nant ap­pel­la­tiv, man möch­te ja bei ihm eine Ver­hal­tens­än­de­rung be­wir­ken.) Es kann durch­aus sein, dass beide Funk­tio­nen sich ein­mal die Waage hal­ten. Mit Hin­blick auf den Adres­sa­ten­be­zug prag­ma­ti­scher Texte wie des­je­ni­gen Grei­ners bzw. der Rede Köh­lers dürf­te aber die Ap­pell­sei­te über­wie­gen: Der Sen­der will mit sei­ner Kri­tik etwas bei den Le­sern/Hö­rern be­wir­ken (Per­lo­ku­ti­on, z.B. auf­rüt­teln, Wi­der­stand mo­bi­li­sie­ren usw.).

Aus ur­he­ber­recht­li­chen Grün­den sind die bei­den Texte nicht ab­ge­druckt. Daher war es auch nicht mög­lich, die Übun­gen / Lö­sun­gen mit Zei­len­an­ga­ben zu ver­se­hen. Da beide Texte aber unter den in den Übun­gen an­ge­ge­be­nen Links kos­ten­los als PDF her­un­ter­lad­bar sind, dürf­te es für die Lehr­kraft kei­nen nen­nens­wer­ten Auf­wand be­deu­ten, sie für die SuS be­reit­zu­stel­len.

Zu 1.4.1 (Grei­ner)1

Der Be­ginn ist durch Ap­pell (For­de­rung: „soll­te sich über­le­gen“, Ver­su­che, bei den Le­sern durch Ent­wer­tung der Kam­pa­gne [„Er­zie­hungs­maß­nah­me“, „Kin­der­gar­ten“] Wi­der­stand zu we­cken) und Selbst­aus­druck (Em­pö­rung) do­mi­niert, dann wird der Text über­wie­gend ar­gu­men­ta­tiv-dar­stel­lend (wenn­gleich z.B. die Be­haup­tung [Illok.], wir seien „auf dem bes­ten Weg in eine Dik­ta­tur der Für­sor­ge“ auch als in­di­rek­te War­nung [ap­pel­la­tiv] ge­le­sen wer­den kann usw.). Be­grün­den­den Cha­rak­ter (Do­mi­nanz der Dar­stel­lungs­funk­ti­on, vgl. 5.1) hat z.B. der his­to­ri­sche Rück­griff auf die Men­schen­rechts­er­klä­rung von 1789 oder der Ver­such, die „Logik“ der Be­ru­fung auf den So­li­dar­ge­dan­ken zu ent­kräf­ten. Hin­sicht­lich rein text­struk­tu­rie­ren­der Il­lo­ku­tio­nen dürf­te auf­fal­len, dass Über­lei­tun­gen nur sehr spar­sam zum Ein­satz kom­men.

Zu 1.4.2 (Köh­ler)2

1. und 4. (ex­em­pla­risch): Eine Mi­schung aus ap­pel­la­ti­ven (ein­dring­lich auf etwas hin­wei­sen) und dar­stel­len­den Sprech­ak­ten (Sta­tis­ti­ken zi­tie­ren...) fin­det sich gleich zu Be­ginn, na­tür­lich mit der Ab­sicht, die Hörer auf­zu­rüt­teln (Per­lo­ku­ti­on.) Der Be­ginn des Ab­schnit­tes II ist mit den Mo­dal­ver­ben „müs­sen“ und „dür­fen“ klar durch For­de­run­gen (ap­pel­la­ti­ve Funk­ti­on) do­mi­niert („...müs­sen wir hin­ar­bei­ten“, „dür­fen wir uns nicht län­ger zu­frie­den geben“ usw.). Ap­pel­la­ti­ven Cha­rak­ter hat in die­sem Ab­schnitt aber auch ein Satz wie „Und es gibt ja viel Gutes, an das wir an­knüp­fen kön­nen“, die be­ab­sich­ti­ge Per­lo­ku­ti­on wäre si­cher­lich eine Er­mu­ti­gung.

In Ab­schnitt III fin­den sich viele ar­gu­men­ta­ti­ve Il­lo­ku­tio­nen (be­grün­den usw.), die nach Büh­ler am ehes­ten der Dar­stel­lungs­funk­ti­on3 zu­zu­ord­nen sind (Be­grün­dung der Not­wen­dig­keit von Bil­dung, z.B.: „Bil­dung hilft, die Welt und sich selbst darin ken­nen zu ler­nen.“)

Do­mi­nant aus­drü­cken­de Sprech­ak­te4 sind z.B. die Zu­sa­ge / das Ver­spre­chen („Darum werde ich immer auf der Seite derer sein, die...“) am Ende von Ab­satz I und die wer­ten­de Kund­ga­be der ei­ge­nen Mei­nung am Ende von Ab­satz IV („Und es ist nicht gleich­gül­tig, ob Men­schen...“ und „viel zu we­ni­ge han­deln auch da­nach“) usw.

2. Ab­schnitt I: z.B. rhe­to­ri­sche Frage („Klingt Ihnen das zu abs­trakt?“), Wie­der­ho­lung („Nur einer von ihnen – ich wie­der­ho­le: EINER – ...); Ab­schnitt II: Par­al­le­lis­mus und Wie­der­ho­lung („Kon­zen­trie­ren wir uns also auf das We­sent­li­che. Kon­zen­trie­ren wir uns auf Bil­dung“) usw.

3. Köh­ler si­gna­li­siert, dass er eine Be­zie­hung ‚auf Au­gen­hö­he‘ mit den Hö­rern wünscht: Das Spre­chen in der 1. Pl. zielt auf Iden­ti­fi­ka­ti­on, er ver­zich­tet auf be­leh­ren­de Sprech­ak­te (dies wäre sonst eine asym­me­tri­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on i.S. Watz­la­wicks), zeigt, statt so­gleich eine For­de­rung zu stel­len, in Ab­schnitt I im­pli­zit ei­ge­ne Be­trof­fen­heit und sen­det eine ver­bind­li­che Ich-Bot­schaft („Darum werde ich immer auf der Seite derer sein“), ist be­müht, die Dring­lich­keit sei­nes Ap­pells nicht auf Au­to­ri­tät, son­dern auf die Kraft der Fak­ten zu stüt­zen.

1 Be­zugs­text und Quel­le aller hier ent­lehn­ten Zi­ta­te: http://​www.​zeit.​de/​2013/​01/​Rauch­ver­bot-​Dik­ta­tur-​der-​Fu­er­sor­ge

(letz­ter Zu­griff am 12.1.2018)

3 Vgl. 5.1

4 Na­tür­lich ist diese Klas­si­fi­ka­ti­on recht grob, aber im Sinne der di­dak­ti­schen Re­duk­ti­on zu recht­fer­ti­gen, vgl. Anm. 5.1.

 

Fach­di­dak­ti­sche An­mer­kun­gen und Lö­sungs­hin­wei­se: Her­un­ter­la­den [docx][38 KB]

Fach­di­dak­ti­sche An­mer­kun­gen und Lö­sungs­hin­wei­se: Her­un­ter­la­den [odt][61 KB]

 

Wei­ter zu Li­te­ra­tur