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Drama – Brecht: Mutter Courage

Textauszüge: I. Bild: Ankunft der Mutter Courage auf ihrem Planwagen. In: Bertolt Brecht: Mutter Courage und ihre Kinder, 1. Aufl. Berlin (Suhrkamp Verlag) 1963, S.9-10, 12-13, 14-15.

  • S.9-10 („DER FELDWEBEL Halt, wohin gehört ihr, Bagage?“ bis „DER FELDWEBEL Name. / MUTTER COURAGE Anna Fierling.“)
  • S.12-13 („Du bis aus Bamberg in Bayern ...“ bis „MUTTER COURAGE Das müssen nicht meine sein.“)
  1. Wähle aus den folgenden Sprechaktverben (meist sind es Illokutionsverben) passende aus, um zu bestimmen, was die Figuren in dieser Textstelle durch ihre Worte tun. Du kannst weitere Verben ergänzen.

    ablenken / ausweichen – argumentieren – beschimpfen – drohen – erklären – locken – lügen – protestieren – herausfordern / provozieren – schmeicheln – sich dumm stellen – sich weigern – verbieten – verhören – Wortspiele machen – zeigen, dass man etwas durchschaut hat

  1. Welche Perlokution vollzieht der Feldwebel, wenn er Mutter Courage entgegnet: DER FELDWEBEL Das sieht man an deinem Messer, wie friedlich ihr seid. (S.13)?
  2. Warum hat Anna Fierling aufgrund ihre Fahrt mit dem Planwagen bei Riga (vgl. S.9) von anderen wohl den Namen „Mutter Courage“ erhalten? Welche Erklärung bietet sie selbst für diese Tat an („Courage heiß ich, weil ...“ [S.9])? Was sagt das über Brechts Einstellung zum Heldentum aus und welche Illokution vollzieht der Autor Bertolt Brecht also indirekt, wenn er Mutter Courage so sprechen lässt?
  3. Nach K. Bühler drückt jedes Sprechen auch etwas über den Sprecher aus, selbst wenn dieser es nicht weiß1. In diesem Fall dient die Sprache als „Symptom“ z.B. für Charaktereigenschaften.

    Untersuche, was das Gesprochene und die Art des Sprechens über Mutter Courage, den Werber und den Feldwebel verraten. (Man nennt dies auch indirekte Selbstcharakterisierung).

  1. Welche der drei Sprachfunktionen (Ausdruck, Appell, Darstellung) überwiegen in diesem Gespräch? Begründe!
  2. Was signalisiert Mutter Courage dem Werber und dem Feldwebel auf der Beziehungsebene der sprachlichen Botschaft (Schulz von Thun)?
  3. Ziehe nun noch einen dritten Auszug aus dem ersten Bild hinzu:

    S.14f. (MUTTER COURAGE Du bist noch nicht siebzig.“ bis „DER FELDWEBEL Hölle und Teufel … der wird uns Soldat.“)

    Untersuche, wo die Kommunikation zwischen Mutter Courage und dem Werber / dem Feldwebel in den drei Auszügen symmetrisch und wo sie komplementär verläuft.

    INFO: Symmetrische und komplementäre Kommunikation

    P. Watzlawick nennt eine Kommunikation symmetrisch, wenn beide Partner die gleichen Rollen einnehmen, auf gleicher Augenhöhe miteinander sprechen, z.B. beide eigene Vorschläge einbringen, einander widersprechen, einander ergänzen usw. Hier finden sich zwei gleich starke Partner, die ein „spiegelhaftes Verhalten“ zeigen.2 Hingegen ist sie komplementär, wenn die Rolle des einen durch die des anderen ergänzt wird, wobei der eine in der überlegenen, der andere in der unterlegenen Rolle ist. A macht die Vorschläge, B stimmt zu oder lehnt ab, A stellt die Fragen, B antwortet (wie im Verhör und manchmal in der Schule), A klagt an, B verteidigt sich, A spricht für alle, B nickt nur stumm usw.

  1. Betrachte wiederum die drei Textauszüge (S.9-10, S.12-13, S.14-15). Untersuche, inwieweit hier irreversible Sprechakte verwendet werden und wie dies zu deinen Ergebnissen aus 7. passt.

    INFO: Irreversible Sprechakte

    Wenn es ein Gefälle zwischen den Positionen der Gesprächspartner gibt, darf häufig der Sender nicht „in einer Weise [sprechen], wie der Empfänger auch umgekehrt zum Sender sprechen dürfte, ohne die Beziehung zu gefährden.“3 Der Richter darf den Angeklagten verurteilen, aber nicht umgekehrt. Der Schüler darf mit dem Lehrer kein mündliches Prüfungsgespräch veranstalten. Das Kind kann seine Eltern zwar kritisieren, aber nicht „ausschimpfen“ und es kann ihnen nichts verbieten, sie ihm aber sehr wohl. In einem solchen Fall nennt man den Sprechakt, den nur der eine vollziehen kann, irreversibel (unumkehrbar). Können beide Gesprächspartner ihn vollziehen, ist er reversibel.

     

1 Vgl. Karl Bühler: Sprachtheorie: Die Darstellungsfunktion der Sprache. Stuttgart/New York (Fischer) 1982, S.28, S.32.)

3 Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden 1: Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Reinbek (Rowohlt) 1997 [1981], S. 162.

 

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