Lösungshinweise
In der vorgegebenen Sequenz spielt der Zeitbegriff eine wichtige Rolle. Max kommt an unterschiedlichen Tagen in die Videothek, um Hannah für ein Date zu gewinnen. Ob dies an aufeinander folgenden Tagen passiert oder ob mehrere Tage dazwischen liegen, lässt sich nicht feststellen. Der Film bietet hier durch die Montage aber eine Form der Zeitraffung und Rhythmisierung der Handlung, die so im literarischen Text nicht möglich ist bzw. in ihrer Bedeutung nicht so augenfällig wird. Zu erkennen ist die Zeitraffung lediglich dadurch, dass sich die Kleidung der Figuren ändert. Auf der Handlungsebene spielt sich fünf Mal das Gleiche ab: Max kommt zu Hannah an die Ladentheke der Videothek mit einer immer wieder neuen Idee für einen Überredungsversuch. Die Einstellungen sind immer die gleichen, die Kamera zeigt im Schuss-Gegenschuss-Verfahren abwechselnd die Sprecher, einmal Max und einmal Hannah in Nahaufnahme. Die Szenen sind so montiert, dass der Eindruck entstehen kann, Max würde gehen und im nächsten Moment wiederkommen. Die formale Ebene lässt sich mit der inhaltlichen verknüpfen: Die Montage lässt Max´ Vorhaben und seine Versuche dringlich und hartnäckig wirken. Gleichzeitig weiß der Zuschauer aufgrund des beschleunigten Geschehens, dass Max irgendwann erfolgreich sein wird. Die Montage erzeugt also Spannung und lenkt die Erwartungshaltung des Zuschauers.
Die erzählte Zeit im Film umfasst einen Monat und ein paar Tage, je nachdem, wie lange man Max` Überredungsversuche ansetzt und welche Zeitspanne man zwischen dem Bruch zwischen Max und Hannah und Hannahs Abreise nach Berlin annimmt. Zeitliche Sprünge werden durch Schnitte erzeugt, der Vorspann stellt in einer Rückblende die Vorgeschichte dar; in welchen zeitlichen Abständen Max die Frauen, die darin vorkommen, kennen gelernt hat, erfährt der Zuschauer nicht. Die wechselnde Besetzung der einzelnen Einstellungen macht aber deutlich, dass Max auf der Suche nach einer Partnerin ist und die Richtige noch nicht gefunden hat. Unterlegt ist der Vorspann mit Max` Stimme aus dem Off, er stellt sich selbst vor und schildert seine Situation. Der Zeitsprung von 28 Tagen am Ende des Films wird durch die Einblendung von Text deutlich gemacht, ein gängige Möglichkeit beim Film generell. Zeitdeckungen finden sich bei den zahlreichen Dialogen im Film. Eine besonders auffällige Szene, in der Zeitdehnung vorliegt, stellt die Aufnahme der Funktionsweise des Pinsetters beim Bowling dar. Hier begibt sich die Kamera hinter die Kulissen, die Handlung wird verzögert. Im Bowling-Center gibt es auch eine Zeitraffer-Szene, die der Verdeutlichung einer längeren Zeitdauer dient, ohne dass diese Zeit mit relevantem Geschehen gefüllt wird. Max und Hannah verbringen mehr Zeit beim Bowlen als die Dialogszenen zeigen. Der Zeitraffer zeigt die Bowlingbahn, Menschen, die an der Kamera vorbeilaufen, geschobene Kugeln und umfallende Pins.
Der deutsche Film „Victoria“ von Sebastian Schipper aus dem Jahr 2015 besteht aus einer einzigen, 140-minütigen Kameraeinstellung. Dadurch entsteht eine so radikal dynamische Erzählweise, dass der Zuschauer wie in einem Strudel förmlich in den Film hineingezogen wird und die Nähe zu den Charakteren und zum Geschehen kaum größer sein könnte.
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