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Glos­sar Fik­tio­na­li­tät

  • Als-Ob-Welt → vgl. Fik­tio­na­li­täts­pakt, Make Be­lie­ve, Se­mio­tik: Die Kon­struk­ti­on einer fik­tio­na­len Welt, die durch Re­zep­ti­on Teil der Ima­gi­na­ti­on des Re­zi­pi­en­ten wird, indem sie in sich stim­mig, plau­si­bel und sinn­voll scheint und damit nicht als Ima­gi­na­ti­on an­ge­foch­ten wird (=(wil­ling) sus­pen­si­on of dis­be­lief). Die Als-ob-Welt er­mög­licht Pro­be­han­deln der Re­zi­pi­en­ten durch Iden­ti­fi­ka­ti­on bzw. Em­pa­thie mit den han­deln­den Fi­gu­ren, ohne dass diese die Fol­gen des Han­delns tra­gen müs­sen (also Lern­ef­fek­te er­mög­licht). Nor­ma­ler­wei­se wird die Mach­art, die die Als-ob-Welt er­zeugt, nicht trans­pa­rent ge­macht bzw. im Werk selbst re­flek­tiert, um die Ima­gi­na­ti­on der Re­zi­pi­en­ten bei der Re­zep­ti­on nicht zu stö­ren. Wenn je­doch eine Selbst­re­fle­xi­on der Mach­art vor­liegt, dann spricht man von Me­ta­fik­tio­na­li­tät.

  • Al­te­ri­tät: An­ders­ar­tig­keit, z.B. des Men­schen­bil­des, der Iden­ti­täts­vor­stel­lun­gen und der Fik­tio­na­li­täts­auf­fas­sung in an­de­ren Epo­chen, wie z.B. Mit­tel­al­ter, oder an­de­ren Kul­tu­ren. Oft mo­del­liert mit dem Ge­gen­satz zwi­schen In­di­vi­dua­lis­mus (mo­der­nes, auf­ge­klär­tes Men­schen­bild) und So­zio­zen­tris­mus/Kol­lek­ti­vis­mus.

  • Ar­te­fakt → vgl. Äs­the­tik/ Äs­the­ti­zi­tät, Bel­le­tris­tik, Poe­ti­zi­tät: das „künst­li­che Her­ge­stell­te“, Kunst­werk – Zu­ord­nung eines Werks bzw. Pro­dukts zum Kunst­sys­tem. Ar­te­fak­te wer­den durch Re­geln der Äs­the­ti­zi­tät bzw. Poe­ti­zi­tät ge­steu­ert, die die Mach­art (→ u.a. ge­steu­ert über Kunst­auf­fas­sun­gen wie „Rea­lis­mus“, „Ex­pres­sio­nis­mus“ etc.) sowie die Text­sor­te oder Gat­tung eines Werks als künst­le­risch ge­stal­tet/ Teil des Kunst­sys­tems aus­weist. Im Re­gel­fall liegt neben der Äs­the­ti­zi­tät auch Fik­tio­na­li­tät vor.

  • Äs­the­tik/ Äs­the­ti­zi­tät → vgl. Ar­te­fakt, Bel­le­tris­tik, Poe­ti­zi­tät, Mach­art: ur­sprüng­lich bis zum 19. Jh. Lehre von der wahr­nehm­ba­ren Schön­heit, Ge­setz­mä­ßig­keit und Har­mo­nie in Kunst und Natur sowie von deren sinn­li­cher An­schau­ung – es gibt ob­jek­ti­ve und sub­jek­ti­ve Äs­the­ti­ken, je nach­dem, wie ob­jek­tiv das da­zu­ge­hö­ri­ge Re­gel­sys­tem auf­ge­fasst wird. Hier ge­meint: Die in neue­ren Theo­ri­en wie der Sys­tem­theo­rie N. Luh­manns for­mu­lier­ten Re­geln und Kon­ven­tio­nen des Kunst­sys­tems, ge­kop­pelt an Kunst­auf­fas­sun­gen/ li­te­ra­ri­sche Epo­chen (wie z.B. „Rea­lis­mus“, „Ex­pres­sio­nis­mus“) als Pro­gram­me sowie an Re­geln der Gat­tun­gen und Text­sor­ten.

Äs­the­ti­zi­tät bzw. Poe­ti­zi­tät legt den Kunst­werk­sta­tus über die Mach­art fest, Fik­tio­na­li­tät als Zu­satz­kri­te­ri­um be­stimmt den Sta­tus als kon­stru­ier­te, ge­mach­te Welt.

  • Aug­men­ted Rea­li­ty → Vir­tua­li­tät: Son­der­form der Vir­tua­li­tät bei dem sich reale All­tags­welt mit vir­tu­el­len Kon­struk­tio­nen über­la­gert, also All­tags­wahr­neh­mung/Rea­li­tät er­wei­tert.

  • Bel­le­tris­tik → vgl. Ar­te­fakt, Äs­the­tik/ Äs­the­ti­zi­tät, Poe­ti­zi­tät: Die „schö­ne“/ „schön­geis­ti­ge“ Li­te­ra­tur, also Kunst­wer­ke, die Fik­tio­nen sind; oft im en­ge­ren Sinne als Un­ter­hal­tungs­li­te­ra­tur auf­ge­fasst be­zieht sich der Be­griff vor­wie­gend auf die mo­der­ne­ren, markt­fä­hi­ge­ren epi­schen Text­sor­ten Roman und Er­zäh­lung.

  • fak­tu­al → Frem­d­re­fe­renz, Mo­no­va­lenz, Ho­mo­lo­gie, Spo­li­en: Auf (nach­weis­ba­re) Fak­ten be­zo­ge­ne Texte, damit Frem­d­re­fe­renz auf Daten au­ßer­halb eines Werks, die zur rea­len Welt (All­tags­welt) ge­hö­ren. Je ein­deu­ti­ger diese sind und je mehr sie nach­ge­wie­sen wer­den, desto mehr Ho­mo­lo­gie und Mo­no­va­lenz liegt vor, da ihre Glaub­wür­dig­keit, Wahr­heit, Ein­deu­tig­keit nach­ge­wie­sen wer­den. Fak­tua­le Texte sind Sach­t­ex­te, die sich auf die reale Welt (All­tags­welt) be­zie­hen, ggf. als wis­sen­schaft­li­che Texte mit Quel­len­nach­wei­sen ver­se­hen wer­den. Die Fak­ten sind hier nicht nur Spo­li­en, also Teil einer kon­stru­ier­ten Welt, son­dern kon­sti­tu­ti­ve Ele­men­te der dar­ge­stell­ten Welt, die An­spruch er­hebt, mög­lich ho­mo­log zur werk­ex­ter­nen Rea­li­tät zu sein, weil sie diese mög­lichst genau ab­bil­den und ggf. er­läu­tern und er­klä­ren will.

  • fik­tiv → vgl. Selbst­re­fe­renz, Mach­art: Ele­men­te des Tex­tes (tex­timma­nen­te Merk­ma­le), die den Sta­tus der Fik­ti­on na­he­le­gen, also Fik­ti­ons­si­gna­le sind. Sie sind Teil der Selbst­re­fe­renz einer Fik­ti­on, weil sie dazu die­nen, eine ei­gen­stän­di­ge, nicht in den All­tag zu über­tra­gen­de ima­gi­nä­re Welt mit Hilfe der Ge­stal­tungs­mit­tel zu er­zeu­gen. Dazu ge­hö­ren z.B. Verse, Me­trum, Reim bei Lyrik, di­rek­te Rede und Re­gie­an­wei­sun­gen bei Dra­ma­tik, be­stimm­te Er­zähl­tech­ni­ken, na­ment­lich zur Ge­stal­tung der In­nen­sicht einer Figur, bei der Epik (Prosa).

  • fik­tio­nal → vgl. Gat­tun­gen, (so­zia­le) Kon­ven­tio­nen, Kunst­auf­fas­sun­gen: kon­text­be­zo­ge­ne Fak­to­ren, die ein (Kunst-)Werk als Fik­ti­on aus­wei­sen – also Re­gel­sys­te­me, die Er­war­tun­gen und Wir­kun­gen eines Werks sowie den Um­gang damit steu­ern. Sie sind nicht wer­kim­ma­nen­te, son­dern werk­ex­ter­ne Ele­men­te, also nicht Teil der Mach­art bzw. der Ge­stal­tungs­mit­tel, be­zie­hen sich aber teil­wei­se auf diese, indem sie Kon­ven­tio­nen und Er­war­tun­gen für Gat­tun­gen bzw. Text­sor­ten steu­ern und diese ggf. mit äs­the­ti­schen Ge­stal­tungs­re­geln im Sinne der Kunst­auf­fas­sun­gen/ „li­te­ra­ri­schen Epo­chen“ ver­bin­den. So er­zeu­gen z.B. rea­lis­ti­sche Kunst­wer­ke an­de­re Er­war­tun­gen und rufen an­de­re Kon­ven­tio­nen ab als ex­pres­sio­nis­ti­sche, eben­so gilt das bei Dra­men ge­gen­über Lyrik oder Prosa.

  • Fik­ti­on(ali­tät)spakt/-ver­trag → vgl. fik­tio­nal, Als-Ob-Welt, Make Be­lie­ve, Se­mio­tik: Et­li­che Fik­tio­na­li­täts­theo­ri­en gehen davon aus, dass zwi­schen Autor, Werk und Re­zi­pi­en­ten (Leser, Zu­schau­er, Zu­hö­rer) ein still­schwei­gen­der, über er­lern­te so­zia­le Kon­ven­tio­nen ge­steu­er­ter Ver­trag be­steht, der ein Werk als Fik­ti­on aus­weist, des­sen In­hal­te nicht auf die reale, au­ßer­halb des Werks be­ste­hen­de All­tags­welt di­rekt und in vol­lem Um­fang über­tra­gen wer­den darf. Das be­deu­tet je­doch nicht, dass be­stimm­te Ele­men­te der Fik­ti­on nicht doch Teil eines so­zia­len oder mo­ra­li­schen Lern- und Re­fle­xi­ons­pro­zes­ses der Re­zi­pi­en­ten, z.B. in Form von Ge­sell­schafts­kri­tik, sein dür­fen (z.B. bei rea­lis­ti­schen Tex­ten wie „Effi Briest“, „Woyzeck“, „Die Weber“, in denen so­zia­le Me­cha­nis­men künst­le­risch ge­stal­tet, damit ex­trem poin­tiert dar­ge­stellt und einem kri­ti­schen Kom­men­tar zu­gäng­lich ge­macht wer­den). Der F. ist Be­zugs­punkt der De­fi­ni­ti­on von „fik­tio­nal“. Es han­delt sich also um eine mar­kier­te, „ent­au­to­ma­ti­sier­te“ (also nicht in den All­tag au­to­ma­tisch über­trag­ba­re) Form der Kom­mu­ni­ka­ti­on und Welt­kon­struk­ti­on als Fik­ti­on, die er­fun­de­ne und künst­le­risch ge­stal­te­te Ele­men­te ent­hält. Da die Welt­kon­struk­ti­on der Fik­ti­on gleich­zei­tig die Ima­gi­na­ti­on der Re­zi­pi­en­ten aus­löst (Vor­stel­lung der dar­ge­stell­ten Welt durch den Re­zi­pi­en­ten sowie Hin­ein­zie­hen in die Welt des Werks im Akt der Re­zep­ti­on), hat der F. im Akt der Re­zep­ti­on die Wir­kung, dass alles in der ima­gi­nier­ten Welt glaub­wür­dig er­scheint, auch Er­fun­de­nes und Phan­tas­tisch-Wun­der­ba­res (=sus­pen­si­on of dis­be­lief). Äs­the­ti­zi­tät bzw. Poe­ti­zi­tät legt den Kunst­werk­sta­tus über die Mach­art fest, Fik­tio­na­li­tät als Zu­satz­kri­te­ri­um be­stimmt den Sta­tus als kon­stru­ier­te, ge­mach­te Welt.

  • Frem­d­re­fe­renz → vgl. Fak­tua­li­tät, Ho­mo­lo­gie, Spo­li­en: Be­schrei­bung der Um­welt durch ein (Zei­chen-)Sys­tem, also Ele­men­te aus dem so­zia­len Kon­text eines Werks (z.B. All­tags­welt), die im Werk in Form von Fak­ten (→ Spo­li­en) in­te­griert wer­den. Je mehr Frem­d­re­fe­ren­zen ein Werk hat und je mehr die Mach­art den Re­geln der Mo­no­va­lenz sowie Kri­te­ri­en von Wahr­heit, Nach­weis­bar­keit etc. folgt, desto mehr liegt ein Sach­text vor. Je mehr ein Sach­text im Sinne der Wahr­heits­re­geln ge­naue Quel­len­nach­wei­se der Frem­d­re­fe­ren­zen führt und seine Fak­ten­ba­sis trans­pa­rent macht, desto mehr han­delt es sich um einen wis­sen­schaft­li­chen Text.

  • Gat­tun­gen (→ Kon­ven­tio­nen): In der neue­ren Li­te­ra­tur­for­schung wer­den Gat­tun­gen bzw. Text­sor­ten als Re­gel­sys­te­me bzw. „Pro­gram­me“ ge­se­hen, nach denen ein Kunst­werk (v.a. in sei­ner Struk­tur) kon­stru­iert wer­den kann und die daher für eine Gat­tung/Text­sor­te ty­pisch sind. Gleich­zei­tig steu­ern sie die Er­war­tun­gen der Re­zi­pi­en­ten und er­mög­li­chen eine Zu­ord­nung zum Kunst­sys­tem.

  • Hel­den­rei­se (Quest): Ein auf den Er­kennt­nis­sen des ame­ri­ka­ni­schen My­then- und Li­te­ra­tur­for­schers J. Camp­bell ba­sie­ren­des Hand­lungs­mus­ter (→Plot) in meh­re­ren Sta­tio­nen (auch Mo­no­my­thos ge­nannt), das so­wohl in Epen, Mär­chen, Sagen, aber auch im mo­der­nen Roman, Film (v.a. Hol­ly­wood-Filme wie „Star Wars“) und Im­pro­vi­sa­ti­ons­thea­ter An­wen­dung fin­det.

  • Ho­mo­lo­gie, ho­mo­log → vgl. Frem­d­re­fe­renz, Spo­li­en: Struk­turähn­lich­keit der äs­the­tisch ge­stal­te­ten, selbst­re­fe­ren­zi­el­len fik­tio­na­len Welt mit au­ßer­tex­tu­el­ler Rea­li­tät (z.B. All­tags­welt der Re­zi­pi­en­ten); oft in Bezug auf Mach­ar­ten im Sinne des Rea­lis­mus oder Na­tu­ra­lis­mus ver­wen­det.

  • Hy­bri­di­tät: Dop­pel­te Zu­rech­nung bzw. Co­die­rung eines Werks, weil es ei­ner­seits als äs­the­ti­sches, selbst­e­re­fe­ren­zi­el­les Kunst­werk gilt, aber den­noch viele Frem­d­re­fe­ren­zen/ Spo­li­en und Ho­mo­lo­gie ent­hält. Klas­si­scher Fall nach Ans­gar Nün­ning ist der his­to­ri­sche Roman, weil er ge­schicht­li­che Fak­ten auf­nimmt und teil­wei­se auch auf his­to­rio­gra­fi­sche Strö­mun­gen wie Fe­mi­nis­mus re­agiert, an­de­rer­seits aber die Mach­art und den Sta­tus eines fik­tio­na­len Kunst­werks hat.

  • In­ter­textua­li­tät: Nach Gérard Ge­net­te gibt es ver­schie­de­ne For­men der In­ter­textua­li­tät (Trans­textua­li­tät), die als En­sem­ble der ver­schie­de­nen For­men poin­tier­ter Be­zü­ge zwi­schen li­te­ra­ri­schen Tex­ten auf­tre­ten kön­nen, wobei die ers­ten zwei For­men am häu­figs­ten sind: 1. In­ter­textua­li­tät (greif­ba­re An­we­sen­heit eines Tex­tes in einem an­de­ren, z.B. durch Her­bei­zi­tie­ren), 2. Pa­ra­textua­li­tät (Be­zü­ge zwi­schen einem Text und sei­nem Titel, Vor­wort, Motto etc.), 3. Me­ta­textua­li­tät (Kom­men­tie­rung eines Prä­tex­tes), 4. Hy­per­textua­li­tät (ein Text macht einen an­de­ren zur Folie), 5. Ar­chi­textua­li­tät (Gat­tungs­be­zü­ge eines Tex­tes).

  • Kon­ven­tio­nen (so­zia­le): Er­lern­te, so­zi­al ver­mit­tel­te Re­gel­sys­te­me, die unter an­de­rem Er­war­tun­gen, Wir­kung, Um­gang mit (Kunst-)Wer­ken steu­ern und die Basis des Be­griffs „fik­tio­nal“ sind. Sie sind z.B. ver­bun­den mit dem Kunst­sys­tem, mit Text­sor­ten/Gat­tun­gen und Kunst­auf­fas­sun­gen.

  • Kunst­auf­fas­sun­gen – auch: Kunst­kon­zep­te, li­te­ra­ri­sche/künst­le­ri­sche Epo­chen: Re­gel­sys­te­me, die so­wohl die Mach­ar­ten von Kunst­wer­ken als auch Er­war­tun­gen von Re­zi­pi­en­ten steu­ern (N. Luh­mann spricht daher von „Pro­gram­men“). So sind an­de­re Ge­stal­tungs­mit­tel und Er­war­tun­gen an ein rea­lis­ti­sches Kunst­werk ge­bun­den im Ge­gen­satz zu einem ex­pres­sio­nis­ti­schen Kunst­werk. Text­sor­ten und Gat­tun­gen va­ri­ie­ren die Kunst­auf­fas­sun­gen, denn ein ex­pres­sio­nis­ti­sches Ge­dicht funk­tio­niert an­ders ein ex­pres­sio­nis­ti­sches Drama oder Kurz­pro­sa. Nach G. Plum­pe sind die Kunst­auf­fas­sun­gen mit den gän­gi­gen „ li­te­ra­ri­schen“ Epo­chen gleich­zu­set­zen.

  • Kunst­sys­tem (funk­tio­na­le Aus­dif­fe­ren­zie­rung im 18.​Jh.): In neue­ren so­zio­lo­gi­schen Kunst- und Li­te­ra­tur­theo­ri­en, v.a. ba­sie­rend auf der Sys­tem­theo­rie N.​Luh­manns, geht man davon aus, dass sich das Kunst­sys­tem von Po­li­tik, Wis­sen­schaft und Re­li­gi­on au­to­nom ge­macht hat und auch ver­sucht, sich von di­dak­ti­schen und wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen zu au­to­no­mi­sie­ren. Kunst­wer­ke sind Welt­dar­stel­lun­gen ei­ge­nen Rechts und müs­sen, wenn sie be­ur­teilt wer­den, al­lein an künst­le­ri­schen Re­geln und an­de­ren Kunst­wer­ken ge­mes­sen wer­den.

  • Mach­art: ty­pi­sche (äs­the­ti­sche) Ge­stal­tungs­mit­tel eines Tex­tes (z.B. Vers, be­stimm­te Er­zähl­tech­ni­ken, Re­gie­an­wei­sun­gen), oft auch Merk­ma­le und Si­gna­le für des­sen Sta­tus als Fik­ti­on – damit Grund­la­ge für die De­fi­ni­ti­on von „fik­tiv“ als tex­timma­nen­te Merk­ma­le für Fik­ti­on. Die Mach­art hängt eng zu­sam­men mit Text­sor­te/ Gat­tung sowie Kunst­auf­fas­sun­gen/ „li­te­ra­ri­schen Epo­chen“, die ty­pi­sche Mach­ar­ten ge­ne­rie­ren.

  • Make Be­lie­ve → vgl. Als-Ob-Welt, Fik­tio­na­li­täts­pakt, Se­mio­tik: Die Kon­struk­ti­on einer ima­gi­nä­ren fik­tio­na­len Welt im Sinne des Fik­tio­na­li­täts­pakts, die für die Re­zi­pi­en­ten wäh­rend des Aktes der Re­zep­ti­on sinn­voll und glaub­wür­dig wirkt (=sus­pen­si­on of dis­be­lief) – die Ge­stal­tung bzw. Mach­art trägt zu die­sem Ef­fekt bei.

  • Me­ta­fik­tio­na­li­tät: Nach P. Waugh und A. Nün­ning Texte bzw. Werke, die hoch­gra­dig selbst­re­fle­xiv sind, so dass sie die Auf­merk­sam­keit der Re­zi­pi­en­ten ge­zielt und ex­pli­zit auf ihren Sta­tus als Ar­te­fak­te und als Fik­ti­on len­ken, um damit die Be­zie­hung zwi­schen Fik­ti­on und Wirk­lich­keit zu pro­ble­ma­ti­sie­ren. Oft ist das damit ver­bun­den, dass die Mach­art eines Werks trans­pa­rent ge­macht und re­fle­xiv als Kon­struk­ti­ons­vor­gang hin­ter­fragt wird. Das Werk zeigt also seine ei­ge­ne Künst­lich­keit, Ge­macht-sein, Er­fun­den-sein (z.B. J. Bar­nes „Ge­schich­te der Welt in 10 ½ Ka­pi­teln“).

  • Mo­no­va­lenz → vgl. auch Frem­d­re­fe­renz: Ein­deu­tig­keit und ein­deu­ti­ge Les­art eines Werks, v.a. durch Frem­d­re­fe­ren­zen/ Fak­ten er­zeugt.

  • Pa­ra­tex­te: Nach G. Ge­net­te Zu­satz­tex­te, die den Sta­tus des Haupt­texts als Kunst­werk und Fik­ti­on be­stim­men hel­fen, z.B. Cover, Klap­pen­tex­te, Vor- und Nach­wor­te.

  • Phan­tas­tik: Im wei­te­ren Sinne alle fik­tio­na­len Kunst­wer­ke, die phan­tas­ti­sche bzw. wun­der­ba­re Ele­men­te ent­hal­ten, v.a. die Son­der­form der Fan­ta­sy-Li­te­ra­tur (als meist um­fas­send wun­der­ba­re Text­sor­te). Im en­ge­ren, struk­tu­ra­lis­ti­schen Sinne (vgl. Uwe Durst) wird zwi­schen der Phan­tas­tik im en­ge­ren Sinne als un­ent­schie­de­nes Pen­deln eines Tex­tes zwi­schen Wun­der­ba­rem und Rea­lis­ti­schem und dem Wun­der­ba­ren, also Tex­ten, die wie „Herr der Ringe“ in rein wun­der­ba­ren Wel­ten spie­len, un­ter­schie­den. Im Fol­gen­den wird daher pau­schal vom Phan­tas­tisch-Wun­der­ba­ren ge­spro­chen, um Kom­pli­ka­tio­nen zu ver­mei­den.

  • Poe­ti­zi­tät → vgl. Ar­te­fakt, Äs­the­tik/ Äs­the­ti­zi­tät, Mach­art: Hier ge­meint als qua­li­ta­ti­ve Merk­ma­le, wie Spra­che und Ge­stal­tung, also Mach­art, die einen li­te­ra­ri­schen (künst­le­risch wert­vol­len) Text von einem nicht-li­te­ra­ri­schen (Sach-)Text un­ter­schei­den. Im en­ge­ren Sinne auf die Dicht­kunst be­zo­gen, teil­wei­se aber auch syn­onym mit Äs­the­ti­zi­tät be­nutzt, um den Sta­tus als Kunst­werk/ Ar­te­fakt zu be­stim­men.

  • Po­ly­va­lenz → vgl. auch Äs­the­tik/Äs­the­ti­zi­tät: Mehr­deu­tig­keit eines Werks, v.a. durch sym­bo­li­sche Ebe­nen; Er­zeu­gung al­ter­na­ti­ver Les­ar­ten v.a. bei fik­tio­na­len Kunst­wer­ken.

  • redemp­ti­on arc (Er­lö­sungs­ge­schich­te): Hel­den­ge­schich­te, in der ein auf Ab­we­ge ge­ra­te­ner „böser Held“ wie­der er­löst wird bzw. durch Süh­neleis­tun­gen die Er­lö­sung her­bei­führt.

  • Selbst­re­fe­renz → vgl. auch fik­tiv, fik­tio­nal, Me­ta­fik­tio­na­li­tät, Po­ly­va­lenz, Se­mio­tik, Sym­bo­lik: Selbst­be­züg­lich­keit eines (Zei­chen-)Sys­tems (→Kunst­werks), das zu des­sen „Au­to­no­mie“ führt – im Falle der Fik­tio­na­li­tät geht es darum, dass das ihr zu­grun­de ge­leg­te Zei­chen­sys­tem auf sich selbst re­fe­riert und nicht auf eine Au­ßen­welt, also eine „Welt ei­ge­ner Ord­nung“ und „ei­ge­nen Rechts“ er­zeugt. Damit ein­her geht die „Ent­au­to­ma­ti­sie­rung“, was die Ent­kop­pe­lung von einer Über­trag­bar­keit auf Rea­li­tä­ten au­ßer­halb des Kunst­werks (z.B. All­tags­welt) be­deu­tet. Das führt zu Ge­stal­tungs­frei­hei­ten, die von rea­lis­ti­schen Dar­stel­lungs­wei­sen ab­wei­chend auch ex­pe­ri­men­tel­le Mach­ar­ten sowie Phan­tas­tisch-Wun­der­ba­res um­fas­sen.

  • Se­mio­tik → Fik­ti­on als Zei­chen­sys­tem und se­kun­dä­re Welt: Texte, dar­stel­len­de Kunst­wer­ke, Filme etc. sind Zei­chen­sys­te­me, die im Re­gel­fall kom­mu­ni­ka­ti­ve Funk­ti­on haben, egal, ob sie fik­tio­nal sind oder nicht. Ihre Zu­ord­nung zum Be­reich „Fik­ti­on“ und „Kunst“ funk­tio­nie­ren über Re­gel­sys­te­me, die als so­zia­le Kon­ven­tio­nen er­lernt wer­den. Die Art der Re­gel­sys­te­me bzw. Kon­ven­tio­nen ent­schei­det auch über das Ver­hält­nis von Fremd- und Selbst­re­fe­renz sowie über die Re­fle­xi­vi­tät des Zei­chen­sys­tems.

  • Spo­li­en → vgl. Fak­tua­li­tät, Frem­d­re­fe­renz: Von Uwe Durst ein­ge­führ­ter Be­griff, der in Fik­tio­nen, also in kon­stru­ier­te, ima­gi­nä­re Wel­ten ein­ge­bau­te Fak­ten meint. Diese haben zwar Frem­d­re­fe­ren­zen (z.B. auf his­to­risch nach­weis­ba­re Per­so­nen, Ort, Er­eig­nis­se), sind aber Teil einer neuen, fik­tio­na­len Welt­kon­struk­ti­on und deren äs­the­ti­scher Ge­stal­tung.

  • Quest → vgl. Hel­den­rei­se

  • Vir­tua­li­tät: Im Ge­gen­satz zur Fik­tio­na­li­tät künst­lich kon­stru­ier­te Wel­ten, die drei­di­men­sio­nal sind und in Echt­zeit (rea­lis­ti­sches Raum-Zeit-Kon­ti­nu­um) fle­xi­bel mit Re­zi­pi­en­ten in­ter­agie­ren, also sich an die Re­zi­pi­en­ten an­pas­sen. Sie kön­nen, müs­sen aber nicht rea­lis­tisch (ho­mo­log) sein, da es neben Re­kon­struk­tio­nen rea­ler Wel­ten (z.B. in der Me­di­zin oder In­dus­trie) auch wun­der­ba­re Wel­ten, z.B. im Com­pu­ter­spiel, gibt. Wenn sich Rea­li­tät mit Vir­tua­li­tät über­la­gert, nennt man das ge­mein­hin „Aug­men­ted Rea­li­ty“. Fik­tio­nen hin­ge­gen sind in ihrer Struk­tur und damit in ihrer Chro­no­lo­gie fest­ge­legt, das gilt auch für Kino- und TV-Filme. Hy­per­tex­te hin­ge­gen sind schon Vor­for­men des Vir­tu­el­len, weil sie vom Re­zi­pi­en­ten in­ter­ak­tiv ge­stalt­bar sind.

 

Glos­sar Fik­tio­na­li­tät: Her­un­ter­la­den [docx][22 KB]

 

Wei­ter zu Li­te­ra­tur­lis­te „Das Par­fum“