Diskussion über den Nutzen von Virtualität
Die zunehmende Vermischung von Alltagsrealität und Virtualität, z.B. durch Apps und zukünftig auch durch einen flächendeckenderen Einsatz von 3-D-Brillen wirft die Frage auf, inwiefern sich Wahrnehmungsgewohnheiten und Identitätskonstruktionen verändern, sowie zu Diskussionen, welche Effekte wünschenswert sind und welche nicht.
Der Hirnforscher Manfred Spitzer hat als Kritiker einer übertriebenen Digitalisierung bereits im jungen Alter den Begriff der „digitalen Demenz“ geprägt, um die Suchtpotentiale ebenso wie die Risiken einer signifikanten Veränderung der Wahrnehmung bis hin zu den Hirnstrukturen zu beschreiben, und damit eine Kontroverse ausgelöst.1 Generell sind sich Medienexperten einig, dass der korrekte, reflektierte und wohldosierte Umgang mit den neuen Medien erlernt werden muss, um Suchtpotentiale zu minimieren. Gerade die Wirkung virtueller Medien, ihre Nutzer von der Außenwelt des bisherigen Alltagserlebens abzuschotten und direkte Wirkungen auf das reale Leben zu haben („Thomas-Theorem“), bergen einige Risiken, v.a. für Jugendliche.
Auch die Digitalisierung der Massenmedien, die die Deutungshoheit über die Welt forciert und zudem das Risiko von Fake News (v.a. durch Social Bots) und „Filterblasen“ bzw. „Echoräumen“ in der Öffentlichen Meinung fördert, zeichnet sich als Herausforderung für unsere Gesellschaft ab, die gezwungen ist, Gegenmaßnahmen zur Glaubwürdigkeits- und Echtheitsprüfung zu entwickeln. Nichtsdestotrotz wird der Nutzen virtueller Möglichkeiten für lebenslanges Lernen, Berufswelt (Industrie 4.0), Kunst und für eine individuelle Ausgestaltung einer persönlichen Umgebung (z.B. „Ambient World“2) als deutlicher höher angesehen als die Risiken.
Was allerdings weiterer Debatten – gerade mit den jungen Generationen - bedarf, ist die offene Frage, wie weit eine Gesellschaft mit Digitalisierung und Virtualisierung gehen sollte. Sind wir bereit, eine komplette Vernetzung trotz aller Datenschutzprobleme zu akzeptieren, wie sie bereits Nicholas Negroponte als Vordenker des MIT in seinem Buch „Total digital“ (1995) formuliert hat und wie sie offensichtlich mit Ideen wie dem selbstfahrenden Auto und dem Smart Home umgesetzt werden? Wollen wir zudem, wie bereits in Japan erprobt, Pflege- und Betreuungsroboter? Wie weit geht Künstliche Intelligenz (KI) mit der Rekonstruktion menschlicher Hirne und Emotionen – wird damit die von Steven Spielberg im Film „AI – Artificial Intelligence“ (2001) umgesetzte Idee Stanley Kubricks bezüglich einer menschenähnlichen emotionalen KI mit allem Für und Wider Realität?
Literatur zur Diskussion (Auswahl):
Entfremdung durch Medien? Medien – immer in der Diskussion, https://lehrerfortbildung-bw.de/st_digital/medienkompetenz/medienwelten/
Wirklichkeit: Eine (mediale) Konstruktion, https://lehrerfortbildung-bw.de/st_digital/medienkompetenz/medienwelten/, Stand August 2017
Editorial Künstliche Welten - dem Computer sei Dank ...; Autor/in: Holger Twele, 21.09.2006
Das Leben, ein Schein - Vielfalt und Gefahren virtueller Welten; Autor/in: Herbert Heinzelmann, 21.09.2006, https://www.kinofenster.de/film-des-monats/archiv-film-des-monats/kf0107_8/das_leben_ein_schein_vielfalt_und_gefahren_virtueller_welten/
https://www.sozialraum.de/zum-funktionswandel-des-sozialraums-durch-das-internet.php
https://oops.uni-oldenburg.de/621/1/654.pdf (philosophische Dimensionen, Mediengesellschaft)
http://www.bpb.de/apuz/30970/kinder-und-jugendliche-zwischen-virtualitaet-und-realitaet?p=all
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