Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

Wie sehen Aufgaben aus, die Lerngelegenheiten bieten?

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Je nach Intention können Lehrer über entsprechende Aufgaben Schüler in eine Lern- oder aber in eine Leistungssituation bringen. In einer Leistungssituation muss/ will der Schüler zeigen, was er (auf welcher Stufe) kann, also über welche Kompetenzen er verfügt bzw. welche Kompetenzen er entwickelt hat; in einer Lernsituation will er lernen, bzw. Gelerntes üben und anwenden.

Lerngelegenheiten und Leistungssituationen sind für Weinert (1999, S. 33) entscheidende Komponenten. „Erfolgreicher Unterricht braucht beides, und zwar im Bewusstsein der Schüler möglichst separiert: Viele entspannte Gelegenheiten zum intensiven Lernen und genügend anspruchsvolle Leistungssituationen.“ Klingen (2005, S. 104) plädiert dafür, dass „den Schülern der Unterschied zwischen Lernen und Leisten deutlich und erfahrbar gemacht werden muss. Während es beim Leisten zuvorderst um die möglichst fehlerfreie und optimale Bewältigung von Aufgaben, um das beharrliche Üben, um das Feilen und Ein­schleifen geht, stehen beim Lernen mehr das Verändern, Hinzugewinnen, Entdecken, variable Üben und das erste Stabilisieren im Vordergrund.“

Leisen (2010, S. 9) hingegen möchte den Lernprozess, in dem Neues gelernt, Defizite angegangen und behoben werden sowie Wissen und Können erweitert werden, komplett frei von Leistungssituationen wissen, da diese stets die Aspekte „Erfolg/Misserfolg“ beinhalten, was sich ungünstig auf eine entspannte Lern­atmosphäre auswirkt. Er listet folgende Merkmale für gelungene Lernaufgaben auf:

  • Gute Lernaufgaben sind eingebettet in eine Atmosphäre des Lernens und nicht des Prüfens
  • orientieren sich am Kompetenzmodell der Bildungsstandards
  • sind möglichst in einen Kontext eingebettet
  • knüpfen am Vorwissen der Lernenden an
  • behandeln Problemstellungen, die Lernende anhand von Arbeitsaufträgen selbstständig bearbeiten
  • unterstützen die eigenständige Bearbeitung differenzierend durch abgestufte Lernhilfen
  • führen zu einem auswertbaren Lernprodukt
  • fördern das Könnensbewusstsein und zeigen den Lernzuwachs
  • verankern das neu Gelernte im Wissensnetz und dekontextualisieren das Gelernte
  • wenden das neu Gelernte auf andere Beispiele an

 

„Eine Lernaufgabe ist somit eine Lernumgebung zur Kompetenzentwicklung, die den Lernprozess durch eine Folge von gestuften Aufgabenstellungen mit entsprechenden Lernmaterialien steuert. (...) In einer Lernaufgabe steuert die Lehrkraft indirekt den Lernprozess in der Phase der Planung und Aufbereitung. Im Unterricht selbst tritt sie zurück und überlässt die Steuerung des Lernprozesses der Lernaufgabe“ (Leisen 2010, S. 9).

Die Lehrkraft sollte sich über Folgendes im Klaren sein:

  • Der individuelle Lernprozess wird über die Förderspirale „Beobachten - Beschreiben - Bewerten – Begleiten“ gewährleistet (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport & LS (2009): Lernen im Fokus der Kompetenz­orientierung. /allgschulen/bbbb/2_fokus/buch_bbbb.pdf
  • Nicht alle Themen und Inhalte des Sportunterrichts eignen sich für Lernaufgaben, z.B. wenn der Sicherheitsaspekt dominant ist oder wenn es sich um Schlüsselstellen im Bewegungsablauf handelt, die der Erklärung des Lehrers unbedingt bedürfen.
  • Wenn möglich, werden die Unterrichtsformen wie auch die methodischen Maß­nahmen und Mittel durch ein Unterrichtsthema mit entsprechend pädagogischer Zielsetzung und Kompetenzorientierung bestimmt, weniger über einen einzelnen Inhalt. Ein Unter­richtsthema ist mehr als ein Inhalt. Ein Inhalt kann zum Thema gemacht werden, indem er z.B. durch ein Ziel, eine Absicht oder eine Erklärung in einen Kontext einge­bettet wird. Inhalte des Sports werden demzufolge nach Möglichkeit mit einer intendierten Kompetenzentwicklung verknüpft.
    Beispiel: Entwicklung der Selbst- und Körperwahrnehmung auf der Basis von Rollbewegungen in angstinduzierten Situationen im Gerätturnen (Lipinski 2011).
  • Offenere Unterrichtsformen wie z.B. Lernaufgaben verlangen häufig von Schülern Kompetenzen, über die sie noch gar nicht verfügen. Damit kompetenzorientierter Unterricht gelingen kann, müssen Lernende im Vorfeld auf die entsprechenden Unterrichts- und Lernformen vorbereitet werden.

Der Lehrer sollte sich folgende Fragen stellen:

  • Verpacke (formuliere) ich Lerninhalte so, dass sie Interesse wecken, Motivation auslösen und damit Lernen initiieren?
  • Habe ich Unterrichtsformen gewählt, die möglichst vielen Schülern genügend  Zeit zum Lernen und Üben geben?
  • Berücksichtige ich das individuelle Lerntempo der Schüler?
  • Werden die zu entwickelten Kompetenzen durch Wiederholungen und kumulatives Lernen gefestigt?
  • Verfügen meine Schüler über die entsprechenden Voraussetzungen, die gestellten Aufgaben zu lösen?
  • Sind die Aufgaben dementsprechend gestuft und individualisiert?

 

Gissel, N. (2010): Leitidee „Sportive Bewegungskompetenz“. In: Sportunterricht, Schorndorf Heft 5.

Klingen, P. (2005): Schüler motivieren - Selbststeuerung fördern. In: Sportunterricht, Schorndorf, Heft 4.

Leisen, J . (2010): Lernaufgaben als Lernumgebung zur Steuerung von Lernprozessen
http://www.leisen.studienseminar-koblenz.de/uploads2/02%20Der%20Kompetenzfermenter%20-%20Ein%20Lehr-Lern-Modell/4%20Lernaufgaben%20als%20Lernum
gebung%20zur%20Steuerung%20von%20Lernprozessen.pdf
Zugriff 14.09.2010.

Lipinski, K. (2011): Lehrerfortbildung Sport: Theorie trifft Praxis in einem kompetenzorientierten Sportunterricht. Rheinstetten.

Weinert, F. (1999). Die fünf Irrtümer der Schulreformer.
In: Psychologie heute, 26 (Heft 7).

siehe auch Lernarrangements / -gelegenheiten

Handreichung Prozesshaftigkeit: Herunterladen [docx][102 KB]