Integration
Religiöse Ökumene
Das Verbreitungsgebiet von Religionen war in der Regel viel größer als jeder politisch-militärische Verband, der sich in Verbindung mit der betreffenden Religion bildete. Christentum, Islam oder Buddhismus ließen sich in politischen Grenzen nicht einfangen.
Osterhammel/Petersson 2003, S. 28
Großräumige Integration:
Der erste Schub
Die wichtigste Entwicklung in der ersten Phase war die Entstehung und militärische Ausbreitung einer neuen monotheistischen Religion am Rande der arabischen Wüste. Um 800 … stand ein riesiges Gebiet von Andalusien im Westen bis Samarkand im heutigen Usbekistan unter der Herrschaft muslimischer Militäraristokratien. Trotz politischer Fragmentierung … war der Zusammenhalt der neuen religiösen Ökumene überaus stabil. Mit Ausnahme Spaniens sind alle damals islamisierten Gebiete bis zum heutigen Tage Teil der umma , der Gemeinschaft muslimischer Gläubiger, geblieben.
Osterhammel/Petersson 2003, S. 30f.
Großräumige Integration:
Der zweite Schub
Der zweite mittelalterliche Schub großräumiger Integration war keine bloße Wiederholung des ersten. … Durch Dschingis Khan … entstand nach 1259 immerhin so etwas wie ein lockerer imperialer Verbund, dessen langsamer Niedergang erst mit der Vertreibung der Mongolen aus China 1368 begann.
Osterhammel/Petersson 2003, S. 31f.
Burbank/Cooper 2012
Im 13. Jahrhundert schufen die Mongolen unter Dschingis Khan und seinen Nachfolgern das größte Landreich aller Zeiten, das auf einem grundlegend anderen Prinzip beruhte – einer pragmatischen Herangehensweise an religiöse und kulturelle Unterschiede. … Sie sicherten … Handelswege vom Schwarzen Meer bis zum Pazifischen Ozean und ermöglichten den Transfer von Wissen, Gütern und Ideen über die Kunst der Staatsführung.
Alfred Schlicht (2008)
Innerasien wurde zu einem Raum, in dem Frieden und geordnete Verhältnisse herrschten. Diese „Pax Mongolica“ schuf ein bisher ungekanntes Maß an Sicherheit auf den Karawanenstraßen zwischen Ostasien und Westeuropa. Sie führte dazu, dass der Landweg mehr und mehr an Attraktivität gewann.
Alfred Schlicht: Die Araber und Europa. 2000 Jahre gemeinsamer Geschichte. Stuttgart (Kohlhammer) 2008, S. 79-97
Robert Marks (2006)
Die Osmanen schnitten den Europäern den Weg ins östliche Mittelmeer ab – und damit zu den Handelswegen nach China und zum Indischen Ozean. Dadurch waren die Europäer gezwungen, nach alternativen Routen zu suchen, um Zugang zu den Reichtümern Asiens zu finden.
Robert B. Marks, Die Ursprünge der modernen Welt. Eine globale Weltgeschichte. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 2006, S. 67f.
Osterhammel/Petersson (2003)
In gewisser Hinsicht drängte die osmanische Übermacht um das Mittelmeer herum Europa nach Übersee. Sinnvoller, als von „europäischer Expansion“ zu sprechen, ist es, eine Häufung von Expansionsprozessen in ganz Eurasien anzusetzen, die überwiegend zur Entstehung größerer politischer Einheiten führten. Gemeinsam war ihnen die schnelle Verbreitung der neuen Artillerietechnik.
Osterhammel/Petersson 2003, S. 36f.
Robert Marks (2006)
Während der ersten beiden Perioden (zwischen 650 und 1500) scheint der Handel im Indischen Ozean selbstregulierend gewesen zu sein. … Arabische und indische Kaufleute gingen, ungehindert von den Chinesen und ohne Nachteile gegenüber den chinesischen Händlern in Kauf nehmen zu müssen, ihrer Tätigkeit weiter nach. Ein weiteres beachtenswertes Charakteristikum des Handels lag darin, dass er weitgehend ohne Anwendung von Waffengewalt geführt wurde. Afrikanische Daus (traditionelle Boote), chinesische Dschunken sowie indische und arabische Handelsschiffe verließen ohne Geleitschutz ihre Heimat. Keiner der großen Handelshäfen – Aden, Hormuz, Calicut, Puri, Aceh oder Malakka –über Mauern oder Befestigungen. …
Während der dritten Periode, von 1500 bis 1750, änderte sich all dies, als zunächst die Portugiesen, dann die Holländer und schließlich Engländer und Franzosen den „ bewaffneten Handel “ im Indischen Ozean einführten und damit die Einheimischen vor Ort zwangen, sich zum Selbstschutz zu bewaffnen oder den Eindringlingen Schutzgelder zu zahlen.
Robert B. Marks, Die Ursprünge der modernen Welt. Eine globale Weltgeschichte. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 2006, S. 61f.
Osterhammel/Petersson (2003)
Man misst der ersten Schiffspassage von … Vasco da Gama 1498 heute deswegen geringere Bedeutung zu als früher, weil man heute mehr über die älteren Wirtschaftskontakte im Indischen Ozean und zu Lande quer durch Eurasien weiß. Indien wurde keineswegs so plötzlich „entdeckt“ wie Amerika, und die Europäer waren nicht die ersten, die transozeanische Handelsrouten erschlossen.
Osterhammel/Petersson 2003, S. 36
Osterhammel/Petersson (2003)
Weitere kommerzielle Verbindungen von großer Reichweite waren der Import von Gewürzen, feinen Stoffen und Tee aus Ost-, Südost- und Südasien nach Europa… Die erste wahrhaft erdumspannende Handelsvernetzung erfolgte über das in Spanisch-Amerika gewonnene Silber. … Edelmetallströme waren die ersten „flows“, die den Globus umzirkelten.
Osterhammel/Petersson 2003, S. 41
Asien vs. Amerika
Während sich die Europäer in Asien in bestehende Handelsnetze hineinbegaben und zu Teilnehmern an Machtspielen wurden, die bereits vor ihnen gespielt worden waren, folgte ihre Ausdehnung in die westliche Hemisphäre einem ganz anderen Muster. Der übliche Sammelbegriff „europäische Expansion“ verdeckt leicht diese Unterschiede.
Osterhammel/Petersson 2003, S. 37
Großräumige Integration:
Der dritte Schub
Wir verstehen „einen neuerlichen Globalisierungsanlauf, der mit dem Aufbau der portugiesischen und spanischen Kolonialreiche seit der Zeit um 1500 begann, als den Anfang einer im Prinzip irreversiblen weltweiten Vernetzung.“
Osterhammel/Petersson 2003, S. 25