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Begriffsklärung


Begriff Verwendung

Individualisierung

 

 

systematisch-methodische Unterstützung der individuellen Lernprozesse

 

systematisch-methodisches Bemühen, der Unterschiedlichkeit von SuS im Fachunterricht gerecht zu werden
von der Groeben, 57

exakt adressatenbezogene Aufbereitung eines Lernvorgangs für den einzelnen Schüler, d.h. die totale Differenzierung des Lernangebots auf den Einzelschü-ler hin
Glesemann/Porsch, 44

Fokussierung auf die Entwicklung jedes einzelnen Schülers
Bohl (Friedrich Jahresheft 2014), 41

Die SuS sind frei, sich eine Sache auf ihre eigene Weise zu erschließen
von der Groeben/Kaiser, 20

  • Autoren bewerten Selbständigkeit von SuS unterschiedlich
  • wird im Folgenden noch betrachtet
 
Begriff Verwendung

individualisiertes Lernen

 

Abstimmung von Inhalten, Zielen und Methoden auf den einzelnen Schüler; individualisiertes Lernen muss nicht zwingend auf Selbständigkeit ausgelegt sein.
Glesemann/Porsch, 44

individualisierter Unterricht

 

Ermöglichung des individualisierten Lernens durch passende Aufgaben und Settings
Glesemann/Porsch, 45

Glesemann / Porsch. In: Beutel, Silvia-Iris / Bos, Wilfried / Porsch, Raphaela: Lernen in Vielfalt. Chance und Herausforderung für Schul- und Unterrichtsentwicklung. Münster 2013.

Unterscheidung Lernen-Unterricht betont Perspektive des Lerners, Lehrers
ansonsten kein Erkenntniszugewinn

 
Begriff Verwendung
individuelle Förderung
Handlungen von Lehrern und Schülern, die das Lernen von Einzelnen gemäß ihrer spezifischen Lernbedingungen unterstützen
Kunze/Solzbacher, 19

individuelle Förderung muss nicht ausschließlich in unterrichtlichen Kontexten stattfinden
Glesemann/Porsch, 44

adaptiver Unterricht

Handlungen von Lehrern und Schülern, die das Lernen von Einzelnen gemäß ihrer spezifischen Lernbedingungen unterstützen
Kunze/Solzbacher, 19

individuelle Förderung muss nicht ausschließlich in unterrichtlichen Kontexten stattfinden
Glesemann/Porsch, 44

 
Begriff Verwendung

Differenzierung / Binnendifferenzierung

in der Regel gruppenspezifische Passung der Unterrichtsinhalte
Helmke (Pädagogik 2/13), 34

äußere Differenzierung
organisatorische Auflösung einer größeren heterogenen Gruppe zugunsten kleinerer, homogener Gruppen
Glesemann / Porsch, 44
innere Differenzierung / Binnendifferenzierung
didaktisch-methodische Differenzierung
Glesemann / Porsch, 44
Differenzierung:
gruppenspezifische Passung des Lernangebots
gruppenadaptiver Unterricht innerhalb einer heterogenen Lerngruppe
Wischer (Friedrich Jahresheft 2014), 7

Glesemann/Porsch sprechen bei Binnendifferenzierung auch von individueller Differenzierung.

 
Begriff Verwendung

Passung

 

 

Individualisierung:
Passung Lernangebot-individueller Lerner auf der Basis diagnostizierter Lernstände
systematisches Vorgehen

zentrale Grundlage für Differenzierung und Individualisierung;
„Aus bildungspolitischer Sicht stellt das Gebot der Passung – nichts anderes meint der Umgang mit Heterogenität – die zentrale Herausforderung dieses Jahrzehnts dar.“
Helmke (Pädagogik 2/2006), 45, (Pädagigk 2/13), 34

Auswählen und Bereitstellen indivi-duell passender Lernangebote; Voraussetzung ist die systematische Erfassung der individuellen Entwick-lung durch geeignete diagnostische Verfahren
Bohl, 41

Was unterscheidet Individualisierung von offenen Lernformen?
  • Erhebung des je individuellen Lernstands
  • Systematik des Angebots – wie immer wir das verstehen wollen / Thema für morgen
Unterschied zu individueller Förderung?
  • Individualisierung ist eine Unterrichtsstrategie.
  • keine Auslagerung von Lernprozessen in Nachhilfe, Schüler helfen Schülern
Aber individuelle Förderung (für schlechte wie für begabte Schüler) kann ihren Ausgang im Unterricht nehmen

 

Selbständigkeit

Für uns heißt Individualisierung also nicht , dass SuS Aufgaben bearbeiten, die nach Methoden und Schwierigkeitsgrad aufbereitet sind und denen sie entsprechend ihrem Lernstand zugewiesen werden, sondern: Sie sind frei, sich eine Sache auf ihre eigene Weise zu erschließen, (dem dienen die vielfältigen Angebote), erproben dabei unterschiedliche Methoden (=Wege im Wortsinn) und erfahren am eigenen Lernen und dem der anderen, was diese zum Verständnis der Sache leisten und wie sie einander ergänzen können.
von der Groeben / Kaiser, 20

Bleibt die Frage nach der Selbständigkeit: Ist sie notwendiger Bestandteil individualisierten Lernens

These: Müssen Wissenserwerb der Menschheit rekonstruierend erleben, um sich mit diesem Wissen zu verbinden.

Individualisierung ist hingegen etwas vollkommen anderes. Individualisierung beinhaltet nicht nur die möglichst stimmige Passung zwischen Lernstoff und Kind, sondern vor allem auch die Wertschätzung seiner Individualität, seiner Person. Der Lerninhalt muss für das Kind eine Bedeutung haben. Das Kind hat im Unterricht Raum als Person. Es befindet sich in einem beeinflussbaren sozialen Raum mit anderen Kindern, kann seinem Bedürfnis zur Klärung seiner eigenen Lebenswelt nachkommen und erlebt sein Tun als selbstbestimmten Prozess. Methodisch gesehen geht es also nicht um eine möglichst feinabgestimmte Vorgabe von Unterrichtsinhalten für jedes Kind als „Differenzierung von oben“ durch den Lehrer, sondern es geht um die Demokratisierung von Lernwegen, um „Individualisierung von unten“ durch das einzelne Kind.
Peschel, 5

 

Ist Lehrersteuerung ein Widerspruch zur Individualisierung?

Ist Klärung der eigenen Lebenswelt / Aneignung der Welt nur möglich, wenn ich Gegenstand und Methode frei wählen kann?

Ist jeder Lerner kompetent, diese Wahl durchzuführen?

Ist es überhaupt eine freie Wahl, wenn dennoch fertige Aufgaben vorliegen – wenn auch eine Vielzahl?

 

Basierend auf der kognitionspsychologischen Erkenntnis, dass Lernen ein individueller Konstruktionsprozess ist, der nicht erzwungen werden kann, entwickelt die konstruktivistische Didaktik Möglichkeiten und Methoden eines veränderten Lernbegriffs und Unterrichts.
von der Groeben, 67f.

Noch ein Aspekt wird für die Notwendigkeit eines selbständigen Vorgehens angeführt.

Bedingt der Konstruktionsprozess von Wissen ein selbständiges, entdeckendes Lernen?

 

Selbständigkeit?

Ist Selbständigkeit ein zwingender Teil eines erfolgreichen Lernprozesses?
Ist Lehrersteuerung oder rezeptives Lernen grundsätzlich lernfeindlich?

je Individuum verschieden

  • auch ein rezeptiver Lernprozess erfordert Selbstverantwortung, -organisation
  • auch die Zusammenarbeit mit einem Lehrer und ein Einlassen auf seinen Unterricht kann selbstbestimmt erfolgen
  • man kann diese Lernwege auch ganz freiwillig wählen → freie Wahl, wie gefordert
  • was passiert mit Lernern, die nicht in ausreichendem Maß über Selbstkompetenz verfügen?

Verhindert lehrergesteuertes Lernen den Aufbau von Wissen? (Konstruktion)

  • nein, s.o.

Selbständigkeit ist nicht Teil der Definition von Individualisierung,

eine wachsende Selbständigkeit ist das Ziel = Fähigkeit zu lebenslangem Lernen
Individualisierung ist für uns leichter einlösbar bei höherer Selbständigkeit

  • jeder S ordnet sich individuell zu
  • für uns eine schwere Aufgabe, allen individuell ein Lernarrangement zuzuweisen
  • eigentlich können wir – wenn wir alles steuern wollen - nur differenzierend vorgehen

Aber, es gilt wieder:

→ auf die Passung kommt es an

→ da Lerngruppen immer Unterschiede aufweisen werden

→ müssen die Formen gemischt werden – auch Formen selbständigen und gesteuerten Lernens müssen gemischt werden, damit für alle etwas dabei ist

 

Zusammenfassung

Arbeitsbegriff:

Individualisierung:

  • Passung Lernangebot-individueller Lerner auf der Basis diagnostizierter Lernstände
  • systematisches Vorgehen

Differenzierung:

  • gruppenspezifische Passung des Lernangebots auf der Basis diagnostizierter Lernstände
  • systematisches Vorgehen
  • Unterrichtsarrangements / Aufgaben müssen das Gebot der Passung erfüllen.
  • Selbständigkeit des Lerners ist das Ziel, muss aber nicht zwingend immer die passende Lernform sein.
  • Aufgaben können, müssen aber nicht zwingend differenzierte Niveaus, Lernwege etc. ausweisen, sondern
  • können so formuliert sein, dass jeder Lerner sie nach seinen Bedürfnissen und seinem Lernstand bearbeiten kann.
  • Lehrer muss auf unterschiedliche Lerntempi vorbereitet sein.
  • Lehrer muss den Lernstand der SuS kennen und Unterrichtsarrangement und Aufgaben darauf abstimmen.
  • Aufgaben müssen immer den Lernfortschritt unterstützen.

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