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Ge­wich­te

Der Bil­dungs­plan ver­langt den phy­si­ka­li­schen Fach­be­griff „Masse“. Im All­tag spre­chen wir je­doch häu­fi­ger vom „Ge­wicht“ oder davon, wie „schwer“ etwas ist. Ist das alles das glei­che oder muss man das un­ter­schei­den? Der fol­gen­de Text [1] ist nicht für den Un­ter­richt in Klas­se 5/6 ge­dacht, son­dern als Hin­ter­grund­wis­sen für die Lehr­kraft. Er ver­sucht zu er­klä­ren, warum Phy­si­ke­rin­nen und Phy­si­ker diese Be­grif­fe sorg­sam von­ein­an­der tren­nen, und warum diese Tren­nung im All­tag so schwer­fällt.

Warum ist das mit dem Ge­wicht so schwer?

  • Schulranzen „Das Ge­wicht des Kof­fers ist 2 Ki­lo­gramm höher als für den Flug er­laubt ist.“
  • „Das Ge­wicht des Kof­fers ist auf dem Mond klei­ner als auf der Erde.“
  • „Lisa legt ein Ge­wicht in die Waag­scha­le.“
  • „Je län­ger Lisa den Kof­fer an einer Hand trägt, desto schwe­rer wird er.“

Im All­tag ver­steht man diese vier Sätze ohne Schwie­rig­kei­ten. In ein Phy­sik­buch würde man sie aber den­noch nicht schrei­ben. Wo steckt das Pro­blem?

Ge­wicht

Das Ge­wicht ist ein Be­griff der All­tags­spra­che, mit dem jeder gut um­ge­hen kann. Pro­ble­me er­ge­ben sich aber immer dann, wenn Ge­wicht im Sinne einer phy­si­ka­li­schen Größe ver­wen­det wird. Der All­tags­be­griff Ge­wicht wird in man­chen Si­tua­tio­nen wie die phy­si­ka­li­sche Größe Masse ver­wen­det, wäh­rend es in an­de­ren Si­tua­tio­nen für das be­nutzt wird, was die Phy­sik durch die Größe Ge­wichts­kraft be­schreibt. Da­durch ver­eint der All­tags­be­griff Ge­wicht Ei­gen­schaf­ten, die in der Phy­sik durch zwei un­ter­schied­li­che Grö­ßen be­schrie­ben wer­den, die Masse und die Ge­wichts­kraft .

Masse

Jeder Kör­per hat eine Masse . Diese Masse ist der Grund dafür, dass sich ein Kör­per nicht so­fort be­lie­big be­schleu­ni­gen oder ab­brem­sen lässt: der Kör­per ist träge . Je grö­ßer die Masse eines Kör­pers ist, desto grö­ßer ist seine Träg­heit und desto schwie­ri­ger kann er be­schleu­nigt wer­den. Die Masse gibt man in der Regel in Ki­lo­gramm an.

Lisa muss an einem Roll­kof­fer mit gro­ßer Masse kräf­tig zie­hen, um ihn zum Los­rol­len zu be­we­gen. Würde sie an einem gan­zen Wagen vol­ler Kof­fer zie­hen, wäre es umso schwie­ri­ger, den Wagen in Be­we­gung zu ver­set­zen. Um­ge­kehrt kann sie einen Roll­kof­fer mit klei­ner Masse sehr leicht top­pen. Würde der ganze Kof­fer-Wagen auf sie zu­rol­len, könn­te sie die­sen kaum auf­hal­ten; viel­leicht würde sie sogar zwi­schen dem Wagen und einer Wand ein­ge­quetscht wer­den.

Man hat her­aus­ge­fun­den, dass sich die Masse nie [2] än­dert. Und wenn sich die Masse nie än­dert, bleibt auch die Träg­heit immer gleich. Dies kann man an einem klei­nen Ex­pe­ri­ment ver­deut­li­chen: Ein Tisch­ten­nis­ball auf einer Tisch­plat­te kann durch leich­tes Pus­ten in Be­we­gung ver­setzt wer­den. Bei einer gleich gro­ßen Mes­sing­ku­gel muss man hin­ge­gen sehr lange bzw. sehr stark pus­ten, um sie auf die glei­che Ge­schwin­dig­keit zu brin­gen. Würde man den Ver­such mit dem Tisch­ten­nis­ball und der Mes­sing­ku­gel auf dem Mond oder in einer Raum­sta­ti­on ma­chen, dürf­te sich also nichts än­dern: Je­des­mal wäre der Tisch­ten­nis­ball viel ein­fa­cher zu be­schleu­ni­gen als die Stahl­ku­gel, denn die Masse än­dert sich nie.
Das Ex­pe­ri­ment auf der Erde kann man selbst durch­füh­ren. Das Ex­pe­ri­ment auf der Raum­sta­ti­on haben As­tro­nau­ten der eu­ro­päi­schen aum­fahrt­agen­tur ESA durch­ge­führt und ge­filmt. Es fin­det sich im Film Mis­si­on 1: New­ton in Space : http://​www.​esa.​int/​Our_​Ac­tivi­ties/​Hu­man_​Space­f­light/​Edu­ca­ti­on/​ISS_​DVD_​Les­son_​se­ries

Mi­nu­te In­halt
08:27–08:39 Ku­geln wer­den auf der Erde be­schleu­nigt;
07:17–07:50 Ku­geln wer­den auf der Raum­sta­ti­on ISS be­schleu­nigt;

In bei­den Fäl­len ver­hal­ten sich die Ku­geln gleich. Die Masse und die Träg­heit haben sich in der Raum­sta­ti­on nicht ver­än­dert. Auch das Ex­pe­ri­ment mit Lisas Kof­fer-Wagen ist so ähn­lich im Film zu sehen:

Mi­nu­te In­halt
11:27–11:24 Eine große Bat­te­rie wird auf der ISS be­wegt.

Die Bat­te­rie hat eine große Masse . Sie ist sehr träge , kann also nur mit Mühe be­schleu­nigt bzw. ab­ge­bremst wer­den. Wenn sie gegen den lin­ken As­tro­nau­ten prallt, hat die­ser Pro­ble­me, sie ab­zu­brem­sen. Er wird zwi­schen Bat­te­rie und Wand ein­ge­klemmt.

Kom­men wir zu­rück zu den Sät­zen vom An­fang. Wenn wir mit dem All­tags­be­griff Ge­wicht die phy­si­ka­li­sche Größe Masse mei­nen, müss­ten wir die Sätze fol­gen­der­ma­ßen for­mu­lie­ren:

  • „Das Ge­wicht des Kof­fers ist 2 Ki­lo­gramm höher als für den Flug er­laubt ist.“
    „Die Masse des Kof­fers ist 2 Ki­lo­gramm höher als für den Flug er­laubt ist.“
  • „Das Ge­wicht des Kof­fers ist auf dem Mond klei­ner als auf der Erde.“
    „Die Masse des Kof­fers ist auf dem Mond ge­nau­so groß wie auf der Erde.“

 


[1] Vie­len Dank an Peter Schmälz­le für die An­re­gung zu die­sem Text und für die hilf­rei­chen Rück­mel­dun­gen

[2] Das „nie“ muss man ei­gent­lich gleich wie­der zu­rück­neh­men: Ein tech­ni­scher Ex­per­te III. Klas­se beim Eid­ge­nös­si­schen Amt für geis­ti­ges Ei­gen­tum in Bern hatte zu Be­ginn des 20. Jahr­hun­derts er­kannt, dass sich z.B. bei sehr hohen Ge­schwin­dig­kei­ten die Masse deut­lich än­dert. Bei den Ge­schwin­dig­kei­ten, mit denen wir es im All­tag und in die­sem Text zu tun haben, spielt diese Än­de­rung je­doch keine Rolle.

 

Ge­wich­te: Her­un­ter­la­den [docx] [234 KB]

Ge­wich­te: Her­un­ter­la­den [pdf] [222 KB]


Wei­ter zu Ge­wichts­kraft