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Wirt­schaft 10

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Ein­ord­nung der aus­ge­wähl­ten Stan­dards in das The­men­feld:

10.1 Wirt­schafts­ord­nung

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen

  • grund­le­gen­de Auf­ga­ben einer Wirt­schafts­ord­nung dar­le­gen und Wirt­schafts­ord­nun­gen un­ter­schei­den.
  • Mög­lich­kei­ten und Gren­zen der so­zia­len Markt­wirt­schaft er­ör­tern.

Schwer­punkt­set­zung durch Leit­fra­gen/öko­no­mi­sche Per­spek­ti­ve:

Schwer­punkt der Un­ter­richts­se­quenz bil­det die Frage, wie das Ver­hal­ten von Men­schen in öko­no­mi­schen Pro­zes­sen ge­steu­ert wer­den kann. Um das Ver­hal­ten von Men­schen in öko­no­mi­schen Pro­zes­sen zu steu­ern, gibt es zwei Mög­lich­kei­ten: zum einen über die Be­ein­flus­sung der Prä­fe­ren­zen (Wün­sche, Ziele, Werte, Vor­stel­lun­gen der Men­schen ...), zum an­de­ren über die Ver­än­de­rung der Re­strik­tio­nen (Mit­tel, die den Men­schen zur Ver­fü­gung ste­hen, ihr Bud­get, recht­li­che Ein­schrän­kun­gen ...).

Die ökonomische Perspektive - ein Überblick

Aus öko­no­mi­scher Sicht ist es ef­fek­ti­ver, die Re­strik­tio­nen zu ver­än­dern. Die Be­ein­flus­sung der Prä­fe­ren­zen ist schwie­rig und v.a. kurz­fris­tig schwer mög­lich. Zu den Prä­fe­ren­zen ge­hö­ren auch Werte, An­sich­ten und Über­zeu­gun­gen wie bspw. das Um­welt­be­wusst­sein, die sich nur lang­fris­tig än­dern. Eine Ver­hal­tens­ver­än­de­rung, die auf eine Ver­än­de­rung der Prä­fe­ren­zen zu­rück­zu­füh­ren ist, kann über einen Ap­pell oder mehr Bil­dung er­fol­gen: „Ver­hal­te dich um­welt­freund­lich!“; „Wirf keine Fla­schen weg!“; „Samm­le dei­nen Müll ein!“; „Halte dich an die Richt­ge­schwin­dig­keit und scho­ne so die Um­welt!“ usw.

Wie leicht das Ver­hal­ten der Men­schen im Ge­gen­satz dazu über die Re­strik­tio­nen zu ver­än­dern ist, zeigt das Pfand. Fla­schen wer­den ge­sam­melt und ab­ge­ge­ben. Das Pfand - eine Ver­än­de­rung der Re­strik­tio­nen - be­ein­flusst das Ver­hal­ten der Men­schen stark. Su­per­märk­te hat­ten frü­her das Pro­blem, dass ihre Ein­kaufs­wa­gen über den Park­platz ver­streut wur­den. Nach dem Ein­kauf brach­ten viele Kon­su­men­ten die Wagen nicht mehr zu­rück. Ge­löst wurde die­ses Pro­blem durch die Ver­än­de­rung der Si­tua­ti­on - eine klas­si­sche Ver­än­de­run­gen der An­reiz­struk­tur: Man muss nun einen Euro in den Wagen ste­cken, um ihn für den Ein­kauf nut­zen zu kön­nen. Das Er­geb­nis ist ein ver­än­der­tes Ver­hal­ten der Kon­su­men­ten. Sie stel­len den Wagen zu­rück, um ihren Euro zu­rück zu be­kom­men. Eine Ver­än­de­rung der Re­strik­tio­nen hat die Ver­hal­tens­ver­än­de­rung her­bei­ge­führt. In­ter­es­sant dabei ist, dass sich die Prä­fe­ren­zen der Men­schen - z.B. ihre Hilfs­be­reit­schaft und Höf­lich­keit - durch die Ein­füh­rung des Pfand­sys­tems nicht ge­än­dert haben, d.h. die Ver­hal­tens­ver­än­de­rung ist auch tat­säch­lich auf eine Ver­än­de­rung der Re­strik­tio­nen zu­rück­zu­füh­ren. (Die Men­schen sind nicht höf­li­cher ge­wor­den, son­dern wol­len ihren Euro zu­rück. Dies be­stimmt ihr Ver­hal­ten.)

Jede Si­tua­ti­on sen­det Si­gna­le aus, die unser Ver­hal­ten be­ein­flus­sen. Diese Si­gna­le wer­den als An­reiz­struk­tur be­zeich­net. Kurz ge­sagt: Der öko­no­mi­sche Er­klä­rungs­an­satz be­sagt, dass die („Spiel-“)Re­geln das Ver­hal­ten der Men­schen steu­ern. Zu­rück zum Ein­kaufs­wa­gen: Vor der Pfand­re­ge­lun­gen waren die Re­geln und Si­gna­le ein­deu­tig: „Lass den Wagen ste­hen, es kos­tet dich nur Zeit, ihn zu­rück zu brin­gen. Dei­nen Nut­zen er­höht sich nicht. Die An­ge­stell­ten des Su­per­mark­tes wer­den ihn schon holen, denn die nächs­ten Kun­den brau­chen ihn.“ Nach der Pfand­re­ge­lung gibt es neue An­rei­ze: „Bring den Wagen zu­rück, denn nur dann be­kommst du deine Euro wie­der.“ Öko­no­misch be­trach­tet stei­gen die Op­por­tu­ni­täts­kos­ten, wenn ich mei­nen Wagen ein­fach ste­hen lasse. Ich spare zwar Zeit und muss nicht so weit lau­fen, ver­lie­re aber einen Euro. Den al­ler­meis­ten Men­schen ist der Euro wich­ti­ger und des­halb brin­gen sie den Wagen zu­rück.

Die zen­tra­len Fra­gen der öko­no­mi­schen Be­trach­tung sind somit:

  • Wel­che Si­gna­le sen­det eine Si­tua­ti­on aus?
  • Wie wird da­durch das Ver­hal­ten der Men­schen ge­steu­ert?
  • Wie steu­ern Re­geln das wirt­schaft­li­che Ver­hal­ten in einer Volks­wirt­schaft?

Auf die­ser An­nah­me, dass das Ver­hal­ten der Men­schen nicht über die Be­ein­flus­sung der Prä­fe­ren­zen, son­dern über die Ver­än­de­rung der Re­strik­tio­nen bzw. der (äu­ße­ren) Hand­lungs­an­rei­ze (An­reiz­struk­tu­ren) ge­steu­ert wer­den kann, be­ruht die öko­no­mi­sche Ver­hal­tens­theo­rie. Des­we­gen un­ter­su­chen Öko­no­men auch die Si­tua­tio­nen, in denen Men­schen han­deln, und we­ni­ger die Per­so­nen, die han­deln. Immer unter der Fra­ge­stel­lung, wel­che Si­gna­le die Si­tua­ti­on aus­sen­det und wel­ches Ver­hal­ten wir er­war­ten kön­nen.

Anreizstruktur - Regel - Verhalten

Die Po­li­tik macht sich dies zu Nutze und greift über die Ver­än­de­rung der An­reiz­struk­tu­ren in den Markt ein, um po­li­tisch ge­woll­te Er­geb­nis­se zu er­zie­len. Auf die­ser Grund­la­ge kann die Steu­er auf Al­ko­pops als eine Be­ein­flus­sung der Re­strik­tio­nen ver­stan­den wer­den. Durch die Ver­teue­rung stei­gen die Op­por­tu­ni­täts­kos­ten des Kon­sums, d.h. ich muss auf mehr an­de­re Sa­chen ver­zich­ten, wenn ich wei­ter­hin Al­ko­pops kon­su­mie­re. Er­war­tet wer­den kann, dass ju­gend­li­che Kon­su­men­ten des­we­gen we­ni­ger Al­ko­pops kon­su­mie­ren.

Die Po­li­tik geht dem­nach von po­li­tisch ge­wünsch­ten Ver­hal­ten aus und fragt dann, wie die An­reiz­struk­tu­ren ver­än­dert wer­den müs­sen, damit das po­li­tisch ge­wünsch­te Ver­hal­ten er­reicht wer­den kann. So ver­folgt die Öko­steu­er das Ziel, über eine Er­hö­hung der En­er­gie­prei­se (Ver­än­de­rung der An­reiz­struk­tur) um­welt­freund­li­ches Ver­hal­ten und Tech­no­lo­gi­en zu för­dern.

Veränderung der Anreizstruktur - Neuer Regeln - gewünschtes Verhalten

Um das Verhalten von Menschen zu beeinflussen ...

Über­trägt man die­sen An­satz auf die ge­sam­ten Re­geln einer Volks­wirt­schaft, so be­fin­det man sich auf der Ebene der Wirt­schafts­ord­nung. Wel­che Si­gna­le sen­det diese Wirt­schafts­ord­nung aus und wie kann man die Er­geb­nis­se, die er­zielt wer­den, über die Ver­än­de­rung der An­reiz­struk­tu­ren ver­än­dern? Ein ein­fa­ches Bei­spiel stellt die Ei­gen­tums­ord­nung dar. Ist es er­laubt, Ei­gen­tum an Pro­duk­ti­ons­mit­tel zu er­wer­ben oder nicht? Kann ich da­durch von mei­nem per­sön­li­chen Ein­satz pro­fi­tie­ren oder wer­den die er­ziel­ten Ge­win­ne so­zia­li­siert? Wirt­schafts­ord­nun­gen, die die Pri­va­ti­sie­rung von Ge­win­nen nicht zu­ge­las­sen haben, waren we­ni­ger leis­tungs­fä­hig. Die Si­gna­le, die die Si­tua­ti­on aus­sen­det lau­ten: „Wes­halb soll ich mich über das er­for­der­li­che Maß an­stren­gen, wenn meine zu­sätz­li­chen Ge­win­ne nicht mir zu Gute kom­men, son­dern so­zia­li­siert wer­den?“.

In­ter­es­sant ist hier­bei, dass die Pro­duk­ti­vi­tät der Trans­for­ma­ti­ons­staa­ten (die ehe­ma­li­gen Ost­block­staa­ten) - nach an­fäng­lich gro­ßen Pro­ble­men - mit der Ein­füh­rung der Markt­wirt­schaft ge­stie­gen ist. Die glei­chen Men­schen mit den glei­chen Prä­fe­ren­zen ver­hal­ten sich un­ter­schied­lich, so­bald die An­reiz­struk­tu­ren ver­än­dert wer­den.

Zen­tra­le öko­no­mi­sche Ka­te­go­ri­en / öko­no­mi­sche Per­spek­ti­ve - Wirt­schafts­ord­nun­gen:

Zentrale Kategorien

Wei­ter: Ein­ord­nung und di­dak­ti­sche Per­spek­ti­ve