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Nach­hal­ti­ges Pro­du­zie­ren

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Bil­dungs­stan­dard 8.6.4, 2.​Teil "Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen … Bei­spie­le nach­hal­ti­gen Pro­du­zie­rens er­läu­tern."

Nach dem Bil­dungs­stan­dard 8.6.3 sol­len die Schü­le­rin­nen und Schü­ler u.a. die Aus­wir­kun­gen ihres Kon­sum­ver­hal­tens, ins­be­son­de­re unter dem As­pekt der Nach­hal­tig­keit, be­ur­tei­len kön­nen. Der Bil­dungs­stan­dard 8.6.4 ver­langt da­ge­gen, das Pro­blem der Nach­hal­tig­keit als Pro­duk­ti­ons­pro­blem zu be­grei­fen, d.h. einen Per­spek­tiv­wech­sel vor­zu­neh­men.

Der Be­griff der Nach­hal­tig­keit weist neben der öko­lo­gi­schen Di­men­si­on auch die der öko­no­mi­schen und der so­zia­len Di­men­si­on sowie die Zeit und glo­ba­le Di­men­si­on auf 1 . Nach­hal­ti­ges Pro­du­zie­ren be­rührt zu­nächst die ers­ten bei­den Di­men­sio­nen der Nach­hal­tig­keit und be­schreibt das in/out­put­Ver­hält­nis zwi­schen Wirt­schaft und Natur bzw.​Um­welt.

Die Um­welt­pro­ble­ma­tik re­sul­tiert zum einen aus ent­wick­lungs­be­ding­ten Ur­sa­chen (Be­völ­ke­rungs­wachs­tum, Ver­städ­te­rung, Wirt­schafts­wachs­tum, um­welt­be­las­ten­der tech­nisch­wirt­schaft­li­cher Wan­del) und aus um­welt­schäd­li­chem mensch­li­chen Ver­hal­ten. Zum an­de­ren be­steht aus öko­no­mi­scher Per­spek­ti­ve die Haupt­ur­sa­che der Um­welt­pro­ble­me darin, dass Um­welt ein öf­fent­li­ches Gut ist, das kei­nen Preis hat, wo­durch kein Nut­zungs­aus­schluss mög­lich ist. Wäh­rend der Cha­rak­ter der Um­welt als öf­fent­li­ches Gut es auch er­laubt, Be­reit­stel­lung und Leis­tung von Um­welt­leis­tun­gen in An­spruch zu neh­men, ohne sich an den Kos­ten zu be­tei­li­gen, führt um­welt­ver­träg­li­ches Han­deln zu hö­he­ren Kos­ten.

Hinzu kommt aus öko­no­mi­scher Per­spek­ti­ve das Ent­ste­hen po­si­ti­ver oder ne­ga­ti­ver ex­ter­ner Ef­fek­te. Bei po­si­ti­ven ex­ter­nen Ef­fek­ten ent­ste­hen Nut­zen, die nicht vom Ver­ur­sa­cher be­zahlt wer­den (Ein­rich­tung einer in­ner­städ­ti­schen Fuß­gän­ger­zo­ne er­höht den Wert der pri­va­ten Im­mo­bi­li­en), bei ne­ga­ti­ven ex­ter­nen Ef­fek­ten, z.B. der Um­welt­schmut­zung, wer­den die Kos­ten durch die Ge­mein­schaft ge­tra­gen, der Nut­zen da­ge­gen wird pri­va­ti­siert. Der Preis für ein Gut ver­liert da­durch seine Si­gnal­funk­ti­on, da nicht alle Kos­ten „ein­ge­preist“ sind. Der zu nied­ri­ge Markt­preis führt zu einem hö­he­ren Ver­brauch.

Zur Lö­sung der Um­welt­pro­ble­me bie­ten sich ver­schie­de­ne Wege an. Der Staat (bzw. in­ter­na­tio­na­le In­sti­tu­tio­nen) kann mit ord­nungs­recht­li­chen (Ge­bo­te, Ver­bo­te), markt­kon­for­men (Zer­ti­fi­ka­te, Ab­ga­ben) und in­for­mel­len (Selbst­ver­pflich­tun­gen) In­stru­men­ten re­agie­ren. Zudem gibt es den pri­va­ten Weg, bei dem Ver­ur­sa­cher mit den Be­trof­fe­nen Lö­sun­gen aus­han­deln (Coase­Theo­rem).

In un­se­rem Un­ter­richts­bei­spiel (Axel Sprin­ger AG) wird der pri­va­te Weg ein­ge­schla­gen, wobei die Ak­teu­re nicht Ver­ur­sa­cher und Be­trof­fe­ne sind, son­dern An­bie­ter und Käu­fer. Da in die­sem Fall der Käu­fer (Axel Sprin­ger AG) seine An­bie­ter (=Lie­fe­ran­ten) zu einem be­stimm­ten öko­lo­gi­schen Ver­hal­ten ver­pflich­ten kann, ist von einem asym­me­tri­schen Ver­hält­nis aus­zu­ge­hen. Ob auch der Käu­fer einen Teil der Mehr­kos­ten, die das öko­lo­gi­sche Ver­hal­ten ver­ur­sacht, mit­trägt, ist un­be­kannt.

Nach­hal­ti­ges Pro­du­zie­ren er­for­dert einen er­wei­ter­ter Pro­duk­ti­vi­täts­be­griff, der sämt­li­che Pro­duk­ti­ons­fak­to­ren (Ar­beit, Ka­pi­tal, Natur/Boden/Roh­stof­fe) be­rück­sich­tigt. Mit dem Be­griff der Res­sour­cen­pro­duk­ti­vi­tät er­fasst man ent­we­der die Pro­duk­ti­vi­tät jeder Res­sour­ce, gleich wel­chem Pro­duk­ti­ons­fak­tor sie zu­zu­rech­nen ist, oder man be­zeich­net damit im Un­ter­schied zu Ar­beits und Ka­pi­tal­pro­duk­ti­vi­tät die Pro­duk­ti­vi­tät der na­tür­li­chen Res­sour­cen, d.h. des Pro­duk­ti­ons­fak­tors Boden. Dabei be­inhal­tet der Res­sour­cen­be­griff so­wohl die na­tür­li­chen Roh­stof­fe als auch die Auf­nah­me­ka­pa­zi­tä­ten der na­tür­li­chen Um­welt für Ab­fall­stof­fe, die im Pro­duk­ti­ons­pro­zess an­fal­len.

Res­sour­cen­pro­duk­ti­vi­tät stellt somit die Schnitt­stel­le zwi­schen dem öko­no­mi­schen Prin­zip und dem der Nach­hal­tig­keit dar. Ein mög­lichst spar­sa­mer Um­gang mit Res­sour­cen dient bei­den Zie­len: der Kos­ten­sen­kung und der Scho­nung der Um­welt bzw. der na­tür­li­chen Res­sour­cen 2

Lange wurde in den Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten die Res­sour­cen­pro­duk­ti­vi­tät frei­lich als un­er­klär­ba­ren Be­stand­teil der Pro­duk­ti­vi­tät ge­se­hen, also als den Teil der Pro­duk­ti­vi­tät, der nicht aus dem Ein­satz der Pro­duk­ti­ons­fak­to­ren Ar­beit und Ka­pi­tal re­sul­tier­te. Die Stei­ge­rung der Bo­den­pro­duk­ti­vi­tät wird al­ler­dings zu­recht der Ent­wick­lung des tech­ni­schen Fort­schritts zu­ge­schrie­ben.

Im Zuge eines ge­stie­ge­nen Um­welt­be­wusst­seins wird die Be­deu­tung der Res­sour­cen­pro­duk­ti­vi­tät in der Ge­sell­schaft deut­li­cher ge­se­hen und die Ge­fahr des un­ge­hemm­ten Res­sour­cen­ver­brauchs sowie die Not­wen­dig­keit einer nach­hal­ti­gen Ent­wick­lung her­vor­ge­ho­ben (vgl. Die Gren­zen des Wachs­tums).

Das von der Axel Sprin­ger AG vor­lie­gen­de Ma­te­ri­al macht deut­lich, dass die Ver­ant­wort­li­chen der AG den Blick für den gan­zen Le­bens­zy­klus eines Pro­dukts (Öko­bi­lanz, Le­bens­zy­klus­Ana­ly­se /LCA = Life Cycle Ana­ly­sis) haben. Bei der Er­stel­lung einer Öko­bi­lanz hilft ein Pro­zess­baum, der die Etap­pen der Roh­stoff­be­reit­stel­lung, Fa­bri­ka­ti­on, Trans­port, Be­nüt­zung und Ent­sor­gung um­fasst und nach den in­puts (be­nö­tig­te En­er­gie und an­de­re Hilfs­mit­tel) und out­puts (Emis­sio­nen, Ab­ga­se und Ne­ben­pro­duk­te) fragt. Nach der Er­stel­lung einer Sach­bi­lanz, die die Emis­sio­nen an Luft, Was­ser und Boden sowie die Res­sour­cen­ver­bräu­che pro Nutz­ein­heit des Pro­dukts zu­sam­men­fasst, schätzt man die Wir­kung in Bezug auf die mensch­li­che Ge­sund­heit, die na­tür­li­chen Öko­sys­te­me, das Klima und die Res­sour­cen ab 3 .


1 Eine an­schau­li­che Dar­stel­lung fin­det sich unter: Schwei­zer Bun­des­amt für Raum­ent­wick­lung ARE: Drei-Di­men­sio­nen-Kon­zept der Nachhal­tigkeit http://​www.​are.​admin.​ch/​the­men/​nach­hal­tig/​00260/​02006/​index.​html?​lang=de

2 Vgl. M5 im Ma­te­ri­al­teil.

3 nach: Lüthi, Adri­an, Öko­bi­lanz von Pro­duk­ten – Das Wich­tigs­te in einer Lek­ti­on, Juni 2006, S. 8 ff, Pu­bli­ka­ti­on von www.​edu­ceth.​ch, dem Bil­dungspor­tal der ETH Zü­rich A.Lüthi stellt in sei­ner Ar­beit in­ter­es­san­te Bei­spie­le für öko­bi­lan­zie­ren­de Un­ter­su­chun­gen dar (Sty­ro­por oder Pop­corn als Füll­ma­te­ri­al ?, Mo­bil­te­le­fo­ne, Ge­trän­ke­ver­pa­ckun­gen, Lifte). V.a. in der Re­fle­xi­ons­pha­se des Um­set­zungs­bei­spiels (Rei­chen die bis­he­ri­gen Be­mü­hun­gen um nach­hal­ti­ge­res Pro­du­zie­ren aus ?) kann die Leh­re­rin/ der Leh­rer diese Ar­beit her­an­zie­hen..