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Inhalt

Den Auftakt des Dramas bildet die Darstellung der Einöde, in der Parzival groß wird. Die Mutter trägt den Bauern auf, Parzival nichts von der Welt außerhalb der Einöde und insbesondere nichts über Ritter zu erzählen. Der Hintergrund ist, dass sie ihn davor bewahren will, dass er – wie sein Vater – Ritter wird und eines Tages im Kampf fällt. Sie geht in ihrem übersteigerten Beschützerinstinkt sogar soweit, die Vögel zu töten, da sie Parzivals Sehnsucht durch ihren Gesang erwecken. Parzival wird als vollkommen unwissend und naiv eingeführt; er hat keine Vorstellung von Begriffen wie Sehnsucht oder Gott. Als er zufällig auf die Ritter Segramors und Carnac trifft, hält er sie irrtümlicherweise sogleich für Götter. Wie die Bauern sind die Ritter von seiner großen „Blödheit“ überrascht, zumal Parzival ein schöner und einnehmender Junge ist. Als die Mutter erkennt, dass sie Parzival nach der Begegnung mit den Rittern nicht mehr davon abhalten kann, selbst Ritter werden zu wollen, steckt sie ihn in ein Narrenkleid und gibt ihm schweren Herzens gut gemeinte Ratschläge mit auf den Weg: Freundliche Grußformeln, den Rat, auf alte Herren zu hören, schöne Frauen zu küssen und ihnen ihren Ring abzunehmen. Vor Gram über Parzivals Weggang stirbt sie. Bevor Parzival an den Artushof kommt, trifft er zunächst auf verschiedene Frauen. Parzivals erste Begegnung mit Jeschute zeigt erneut seine große Unwissenheit und Unbeholfenheit. Dies wird im Gespräch mit ihr deutlich und als er die Ratschläge seiner Mutter unreflektiert umsetzt, indem er sie küsst und ihr den Ring abnimmt. Darüber verärgert bestraft ihr Gatte Orilius sie, als er von der Jagd zurückkehrt, mit einem blutigen Saufell als Bekleidung. Daraufhin trifft Parzival die um ihren erschlagenen Mann trauernde Sigune: Neben der Erzählung vom Tod ihres Mannes Schionatulander klärt sie ihn u.a. über seinen Vater Gahmuret und seine Herkunft auf. In der dritten Szene trifft Parzival sodann auf die Tafelrunde. Als Narr auftretend überrascht er die Tafelrunde mit der Aussage, ein König zu sein. Im Gespräch stellt er seine Ansichten über das Rittertum vor, die sich auf Äußerlichkeiten beschränken (Rüstung, Pferd, andere Ritter töten u.a.), woraufhin ihn Artus erstmals über das Wertverständnis der Ritter am Artushof unterrichtet („Fromm, edel, streng. Und heiter im Gemüt“) und ihr Bestreben (Verstehen lernen und Abenteuer bestehen). Cunnewares unerwartetes Lachen weist bereits auf die Erlösung der Welt durch Parzival hin, was zunächst mit Befremden am Artushof aufgenommen wie und Keye zu einer ungerechten Züchtigung der lachenden Frau verleitet. Den roten Ritter Ither tötet Parzival sodann wie ein Tier (wie die Hirsche in der Einöde), um seine Rüstung zu erobern. Entsetzt über Parzivals animalisches Töten ist nicht nur die Tafelrunde, sondern auch der Ritter Gurnemanz – Parzivals nächste Station –, der ihm die Werte des Rittertums (Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Milde gegen Feinde) und die innere Instanz des Gewissens erklärt. Im Besonderen lehrt Gurnemanz Parzival, wenig zu reden, zu beobachten und nachzudenken, was Parzival bekanntlich auf der Gralsburg zum Verhängnis wird. Bevor er weiterzieht, leistet er den Eid, Gurnemanz’ Tochter Liase zu ehelichen. Gleichsam als Intermezzo folgt daraufhin ein innerer Monolog Parzivals in Form eines Zwiegesprächs mit seiner inneren Stimme, seinem Gewissen (sein Zwiespalt entsteht aus seinem Schmerz über die Trennung von Liane und seinem Ritter-werden-Wollen). Daraufhin verschlägt es ihn auf das Schloss Beaurepaire, wo er auf Conduireamour trifft, in die er sich verliebt. Nach seinem Sieg über den Besatzer Klamide schickt er diesen zu Cunneware, um ihre Züchtigung durch Keye aufgrund ihres Lachens wiedergutzumachen. Im Vertrauen auf ihre Liebe lässt Conduireamour ihn ziehen, damit er zunächst seinen Weg finden kann. Auf der Gralsburg trifft Parzival auf den leidenden König Anfortas, „dessen Gesicht ein einziger Schrei ist“. Obwohl der König in drastischen Worten sein Leid schildert und seinen siechen Leib drastisch ausstellt, versäumt es Parzival, die Mitleidsfrage zu stellen und ihn damit zu erlösen. Als ein Knappe ihn daraufhin verflucht, weil er kein Mitgefühl hat, erklärt Parzival, dass er gelernt hat, als Ritter zu schweigen und keine Fragen zu stellen. Diese Erklärung bietet er auch Sigune beim zweiten Zusammentreffen an, die ebenfalls fassungslos angesichts seines fehlenden Mitleids ist, das Anfortas die Erlösung verwehrt. Beim Wiedersehen mit Jeschute erkennt er sein Fehlverhalten und bewegt ihren Mann Orilius dazu, seine Frau wiederzulieben. Von Taubenbluttropfen im Schnee an seine Geliebte Conduireamour erinnert, verfällt Parzival in einen Trancezustand und verprügelt Segramors und Keye. Daraufhin wird ihm vom Artushof verziehen, dass er Ither wie ein Tier getötet hat. Er wird in die Tafelrunde aufgenommen, zumal nach der Ansicht Arthus’ alle Menschen Sünder seien. Darüber ist die Hexe Kundrie zutiefst empört und verflucht Parzival als „Schande der Menschheit“, als Menschen mit einem steinernen Herzen. Eine Reflexion Parzivals über seinen Werdegang findet in Szene neun statt, wo er beteuert, nichts Böses gewollt zu haben und immer nur, lernen zu wollen. Er erkennt aber auch seinen Irrweg. Im neuerlichen Gespräch mit Sigune erzählt Parzival, dass er die Gralsburg seit neun Jahren nicht mehr finden kann. In einem Zwiegespräch mit seiner inneren Stimme wird deutlich, dass er wieder einmal vor sich flieht. Am Karfreitag trifft er auf den Einsiedler Trevrizient, der ihm die Umstände seines Bruders, Anfortas erläutert: Dieser kämpfte um Frauen und ihre Liebe und wandte sich so vom Gral ab. Er wurde in einem Turnier am Unterleib und seinen Genitalien so verwundet, dass sich seine Liebesfähigkeit in Leid verwandelt und er seitdem an seiner Wunde leidet. Von diesem Tag an wartet er darauf, dass jemand unwissend nach seinem Leiden fragt, damit er erlöst wird und sterben kann. Beim Einsiedler Trevrizient lernt Parzival schließlich, dass er Abstand von seinen Begierden und Gedanken nehmen und bereit sein muss, alles Gewünschte zu verlieren und sogar zu sterben, um gleichsam im Durchgang durch die Leere die Fülle zu erreichen. Als Parzival desillusioniert von seinen Abenteuern in die Einöde zurückkehrt, wird ihm der Tod der Mutter von den Bauern bestätigt. Da er sich als gescheitert ansieht, will Parzival seine Rüstung gegen das alte Narrenkleid tauschen. In dem Moment, als er seine Suche nach der Gralsburg einstellt, findet er in der letzten Szene unverhofft zu ihr zurück: Dieses Mal stellt er Anfortas die alles entscheidende Erlöserfrage: „Was wirret ihr“. Dieser Ausdruck von echter Empathie erhebt ihn zum Gralskönig.

Textausgabe:

Lukas Bärfuss: Parzival. In: Lukas Bärfuss: Malaga. Parzival. Zwanzigtausend Seiten. Göttingen 2012, 49-122.

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