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Dorothea Schlegel: Florentin (1801)

Empfehlung für das Leistungsfach

Kurzinformation

Portrait von Dorothea Friederike Schlegel, ca. aus dem Jahr 1790

Dorothea Schlegel.jpg von dem Künstler Anton Graff aus unbekannter Quelle (Sammlung Alte Nationalgalerie, A II 386) [PD-US] via Wikimedia

Der aristokratische Reisende Florentin befindet sich auf dem Weg zum nächsten Hafen, um als Soldat in Amerika für die Freiheit der englischen Kolonien zu kämpfen. Noch vor Erreichen des Hafens rettet er den Grafen Schwarzenberg vor dem Angriff eines Wildschweins und wird aus Dankbarkeit auf dessen Anwesen eingeladen, wo er freundlich aufgenommen wird. Er schließt Freundschaft mit Juliane, der Tochter des Hauses, und deren Verlobtem Eduard; seine Weiterreise verschiebt er bis zu deren Hochzeit. Während eines Ausflugs erzählt er den beiden seine Lebensgeschichte: Als elternloses Kind ist er von seiner Pflegemutter streng katholisch zu einem Leben im Kloster erzogen worden; Florentin entflieht seinem Schicksal mithilfe des Nachbarssohnes Manfredi und findet in dessen Vater, einem einflussreichen Marchese, einen dauerhaften Fürsprecher. Nach zwei Jahren auf der Militärakademie macht sich Florentin auf Reisen, gerät in Venedig nach einigen Liebesaffären unverschuldet in Bedrängnis und flieht nach Rom, wo er unter deutschen Künstlern lebt und selbst künstlerisch tätig wird. Er heiratet eine junge Römerin, verlässt sie aber wieder, als diese ihr gemeinsames Kind abtreibt. Daraufhin flieht er nach Frankreich, wo er sich in Paris als Maler durchschlägt, reist dann nach London, dann wieder nach Frankreich; zuletzt verbringt er eine kurze Zeit in Basel und reist dann durch Deutschland. Die Dreierbeziehung zwischen Florentin, Juliane und Eduard entwickelt sich im weiteren Verlauf konflikthaft und Florentin spürt, dass seine weitere Anwesenheit Unruhe in die Paarbeziehung bringen würde. Fasziniert von einem Portraitgemälde, das Julianes Tante, die Gräfin Clementina, zeigt, verlässt Florentin die Hochzeitsfeier frühzeitig und begibt sich zu ihr. Dort wird ihm von Betty, dem Dienstmädchen, mitgeteilt, die kränkliche Gräfin könne ihn nicht empfangen. Erst bei einem Chorkonzert sehen sich beide erstmals. Clementina wird bei seinem Anblick ohnmächtig und auf ihr Zimmer gebracht. Nach einem Streit mit Bettys künftigem Ehemann verschwindet Florentin spurlos, noch bevor die gräfliche Familie, die Clementina besuchen kommt, eintrifft.

Der 1801 erschienene Roman umfasst 18 Kapitel und weist zahlreiche Merkmale romantischer Erzählpoetik auf. In die handlungsarme Ereignisebene der Erzählgegenwart sind Schilderungen, Briefe, Gespräche, Reflexionen, Binnengeschichten und Gedichte eingebettet, die ein komplexes Bedeutungsgewebe konstituieren und die gedankliche Substanz des Romans ausmachen. Die Gegenwartsebene wird von der Dreiecksbeziehung zwischen Florentin, Juliane und Eduard dominiert, die jedoch in ihrer Konflikthaftigkeit unaufgeklärt bleibt und im Laufe der Geschichte von Florentins Lebensproblematik überlagert wird. V.a. in der Darstellung des sozialen Miteinanders im Hause Schwarzenberg, aber auch im philanthropischen Wirken Clementinas sowie in den Ausführungen zu religiösen und sozialreformerischen Fragen zeigen sich Einflüsse des aufgeklärten Denkens von Moses Mendelssohn, Philosoph und Vater Dorothea Schlegels. Andererseits lassen Florentins Suche nach seiner Herkunft und Bestimmung, seine Affinität zu Freiheit und Unabhängigkeit, seine Sehnsucht nach einem Lebensziel sowie sein leicht aktivierbarer Enthusiasmus einen romantischen Helden erkennen, dessen verzweigter Lebenslauf sich im Spannungsfeld von Künstlertum, Liebesaffären, Abenteuern und empfindsamen bis kritischen Selbstreflexionen bewegt. Bezüge zum Bildungsroman, v.a. ‚Wilhelm Meisters Lehrjahre‘, sind unverkennbar. Thematisch-motivisch liegen weitere Parallelen zu Werken der Frühromantik vor (Tieck, Schlegel, Novalis): die Ungewissheit über die eigene Herkunft; romantische Vorstellungen von Liebe und Freiheit, Ehe und Freundschaft; die eingebettete Lebensgeschichte. Weitere thematische Aspekte des Romans sind: Philanthropie, Religions- und Herrschaftskritik, Geschlechterrollen, Empfindsamkeit, Kunst und Musik.

Textausgaben:

Florentin. Erstdruck. Hrsg. von Friedrich Schlegel. Lübeck und Leipzig 1801. Online verfügbar unter: books.google.de

Dorothea Schlegel: Florentin. Roman, Fragmente, Varianten. Hrsg. von Liliane Weissberg Frankfurt/M. 1986

Dorothea Schlegel: Florentin. Ein Roman. Hrsg. von Wolfgang Nehring, inkl. Anmerkungen, Dokumente zur Entstehung und zur Rezeption, Literaturhinweise, Nachwort. Stuttgart 1993, Neuauflage: 2012

Schlegel: „Florentin“: Herunterladen [pdf][226 KB]

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