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Didaktische Hinweise & Vernetzung

Didaktische Hinweise

Die „Augsburger Puppenkiste“ ist den meisten Kindern in Deutschland außerhalb der Region Augsburg - München kein Begriff mehr. Die Puppenadaptionen von Kinderbüchern, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur DNA des deutschen Fernsehens gehörten, spielen in der heutigen Fernsehlandschaft keine Rolle mehr. Schon Ende der 1990er Jahre wurden die Produktionen der Puppenkiste weitgehend aus dem TV-Programm genommen; inzwischen werden sie gar nicht mehr gezeigt. Zu sehr haben sich die Sehgewohnheiten der jungen Zuschauerinnen und Zuschauer, die mit schnellen Schnittfolgen, einer Tendenz zum inhaltlichen Spektakel und 3-D-Animationen sozialisiert werden, geändert. Wenn Schülerinnen und Schüler Figuren wie Li Si und Jim Knopf, zu deren Popularität die „Puppenkiste“ maßgeblich beigetragen hat, noch ein Begriff sind, dann eher durch neuere Adaptionen wie die – recht weit von Endes Vorlage entfernte ­– Zeichentrickserie (1999-2000), durch Hörspiele oder die wenig originellen Realverfilmungen der letzten Jahre (Jim Knopf Teil 1, 2018, Jim Knopf Teil 2, 2020). Manchen Kindern wurde auch noch Endes Roman im Original von Kindergärtner(innen) oder Eltern, die durch das Lesen nicht selten ihre eigene Kindheit wieder hochleben lassen, zu Gehör gebracht. Mit der Kunstgattung des Marionettentheaters bringen die Schüler(innen) Jim Knopf und andere Figuren der Kinderliteratur der 50er und 60er Jahre jedoch nicht mehr in Verbindung.

Auch wenn der Bekanntheitsgrad der „Puppenkiste“ in den letzten zwanzig Jahren rapide gesunken ist, birgt die Lektüre von Herzfaden großes didaktisches Potential. Wie erwähnt, sind den Schülerinnen und Schülern Figuren wie Jim Knopf noch bekannt und es kann für sie motivierend sein, sich mit den zeithistorischen Kontexten ihrer Entstehung auseinanderzusetzen, weil auf diese Weise auch Aspekte der eigenen Kindheit erhellt werden. Die meisten Lernenden haben sich bislang kaum auf einer abstrakten und reflektiven Ebene mit Kindergeschichten und deren Kontexten auseinandergesetzt und dies wohl auch nicht für notwendig gehalten. Ein Einblick in die Komplexität des historischen Zusammenhangs und die sozialen Konfigurationen von Kinderbüchern ermöglicht es, auch die eigene Sozialisations- und Familiengeschichte zu reflektieren.

Weitere lohnende didaktische Felder sind:

  • Vertiefungen mit einschlägigen Auszügen aus Kinderbüchern von Michael Ende (Unendliche Geschichte, Jim Knopf (Schule der NS-Zeit, Umgang mit Nazi-Tätern, Jim Knopf als Soldatenkind/ „Kind der Befreiung“)

  • Auseinandersetzung mit dem Puppentheater als Kunstform, eigene Inszenierungen mit Puppen

  • Thema der Marionette in der Literatur (Kleist, Storm); Zusammenspiel von „Mechanik“ und Einbildungskraft, Problem der Handlungsautonomie des Menschen („Gliedermann oder Gott“)

  • literarische Bewältigung der Kriegszeit und der ersten Jahrzehnt nach dem Krieg; Fernsehdokumentation „Wir die Kriegskinder - Wie die Angst in uns weiterlebt“; Vergleich mit Treichel Der Verlorene (1999), Traumaweitergabe, Bewältigung der Kriegserfahrungen

  • Geschichte des Fernsehens in Deutschland; Fernsehen und die Generation der Kriegsteilnehmer (Dokumentationsfilm „Kuhlenkampffs Schuhe“ (2018))

  • Intertextualität (Romantisches Erzählen, Unendliche Geschichte , ...)

  • Rezeption der Romans in der Presse, Vergleich der Kritiken, Zuordnung in das Feld der Erwachsenen- oder der Jugendliteratur

Vernetzung

  • Michael Ende Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer (1960), dazu: Julia Voss Darwins Jim Knopf (2018)

  • Theodor Storm Pole Poppenspäler (1874)

  • Heinrich von Kleist Über das Marionettentheater (1810)

  • Hans-Ulrich Treichel Der Verlorene (1998)

  • Josephine Siebe Kasperle auf Reisen (1921)

  • Dokumentarfilm Kulenkampffs Schuhe, 2018 (Regine Schilling)

Textausgaben:

Thomas Hettche: Herzfaden. Roman der Augsburger Puppenkiste. Taschenbuch. München 2022

Thomas Hettche: Herzfaden. Roman der Augsburger Puppenkiste. Köln 2020

Hettche: „Herzfaden“: Herunterladen [pdf][173 KB]