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Didaktische Hinweise & Vernetzung

Didaktische Hinweise

Tiecks Novelle spielt trotz ihrer – schon von den Zeitgenossen bemerkten – herausragenden literaturgeschichtlichen und ästhetischen Bedeutung im Deutschunterricht bislang eine untergeordnete Rolle. Die seit den 1970er Jahren bis heute entwickelten didaktischen Modelle sind in ihrer Anzahl überschaubar. Sieht man vom wiedererwachten Interesse an Tieck anlässlich des 250. Geburtstags des Dichters im Jahr 2023 einmal ab, rechtfertigt sich die Beschäftigung mit dem Blonden Eckbert vor allem durch die verhandelten Themen. Im „Spiel auf der Schwelle“ zwischen Fiktionen von Identität und Spuren des Realen, zwischen dem Begehren des Anderen und narzisstischen Phantasien der Isolation, setzt sich Tiecks Kunstmärchen mit Kernfragen des Erwachsenwerdens auseinander. Er spart dabei auch schwierige Konfliktfelder, innerhalb derer sich Prozesse der Heranwachsens abspielen können, wie Misshandlungen und Missbrauch, die Rede vom ökonomischen Wert des eigenen Kindes oder den Inzest zwischen Bruder und Schwester nicht aus. Für die unterrichtlicher Erarbeitung solcher Aspekte ist es von Vorteil, dass Tiecks Erzählen sich auf die inneren Prozesse fokussiert und die Vorfälle und Handlungen nicht explizit macht. Dennoch stellen sie eine Zumutung für die Lerngruppe dar, auf die in sprachlicher wie thematischer Hinsicht im Unterricht besonders zu achten ist.

Eine Herausforderung ganz anderer Art an die Lesenden bilden die vermeintlich eingängige Sprache und der märchenhafte Duktus der Novelle. Jugendliche mit geringer Leseerfahrung überlesen schnell das komplexe Geflecht von intratextuellen Verweisen und Zeichen, aus denen sich die zirkuläre Struktur der Novelle und Widerstände gegen vorschnelle Schlussfolgerungen generieren. Dies macht ein Close Reading erforderlich. Die Anknüpfungspunkte zur Lektüre- und Filmrezeption der Jugendlichen sind dennoch zahlreich, vor allem im Bereich der Gothic Novels oder der Fantasy-Literatur. Tieck selbst war mit den Ursprüngen des Genres der Schauerliteratur im 18. und frühen 19. Jahrhundert durch seine Tätigkeit als Übersetzer vertraut.

Aus fachdidaktischer Sicht sind folgende Vertiefungen und Kontextualisierungen lohnend:

  • Gattungsvergleich Kunstmärchen – Volksmärchen – Novelle; Poetologie der Romantik

  • Vergleich mit weiteren Werken der Romantik, zum Beispiel: E.T.A. Hoffmann Das fremde Kind, 1819 (dort: Vergleich „fremdes Kind“ mit der Alten aus Eckbertauch als Textfigur;Sozialisationsgeschichten); Novalis: Märchen von Hyacinth und Rosenblütchen aus Die Lehrlinge zu Sais, 1798 (dort: Triadisches Geschichtsmodell; Topographie des Weges von Hyacinth; Isis-Figur)

  • romantisches Naturverständnis (Waldeinsamkeit); Verbindung Psychologie und Topographie (Werther); Vergleich mit Ludwig Tieck: Der Runenberg, 1804; Eichendorff: Das Marmorbild (Natur als Verführung, Venusberg vs. Waldidyll)

  • Aufklärungskritik; Subversion von vernunftbasierten Grenzziehungen in der Weltwahrnehmung; Betonung der Übergangszonen und Transgressionen

Vernetzung

  • Literatur um 1800, Aufklärung

  • Genre Gothic-Novels, Fantasy

  • Stummfilm: Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920

  • Goethe: Novelle, 1797

  • Ludwig Tieck Der Runenberg, 1804

  • Oper Der blonde Eckbert von Judith Weir nach Ludwig Tiecks Der blonde Eckbert (in englischer Sprache)

  • Novalis: Märchen von Hyacinth und Rosenblüthchen (1798), E.T.A. Hoffmann: Das fremde Kind, Atlantis-Märchen im Goldnen Topf (1813), Eichendorff: Das Marmorbild, 1819

  • Computerspiel „Der blonde Eckbert“ – https://digital-humanities.uni-tuebingen.de/eckbert/eckbert_de.zip (German)

Textausgaben:

Tieck, Ludwig: Der blonde Eckbert / Der Runenberg. Hamburger Leseheft Nr. 228. Hamburg 2011

Tieck, Ludwig: Der blonde Eckbert / Der Runenberg. Textausgabe mit Kommentar und Materialien: Reclam XL – Text und Kontext. Hg. v. Uwe Jansen, Stuttgart 2018

Tieck: „Der blonde Eckbert“: Herunterladen [pdf][228 KB]