Simulation
Infobox
Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
„Wir sind Sarenien!“ ein Simulationsspiel
Zielsetzung
Im Bereich der Bildungsstandards „3.1 Politische Teilhabe und Demokratie“ lautet die Grundfrage, wie wir zusammenleben und Entscheidungen treffen sollen/ wollen. Um diese Frage fundiert zu beantworten, müssen in den Bereichen
- Angebot von Partizipationsmöglichkeiten,
- zugrundeliegendes Demokratiemodell und Ausgestaltung des Demokratiesystems,
- Bedeutung von Medien,
- Bedeutung von Parteien und
- Ausgestaltung des Wahlrechts und -systems Untersuchungen angestellt und Urteile gefällt werden (vgl. unser Bündelungsvorschlag).
Lerngegenstände des Politikunterrichts haben, Wolfgang Sander folgend*, drei Schichten: eine „Oberfläche“, die alltägliche Politikwahrnehmung, eine darunter liegende „mittlere Zone“, deren Freilegung die mittel- und längerfristigen politischen Problemlagen erkennen lässt, und den wiederum darunter befindlichen „Kern“, der politische Grundfragen beinhaltet. Sander spricht in diesem Zusammenhang von „Politik als dauernde[r] menschliche[r] Aufgabe“.
Der folgende Vorschlag versucht durch die Gestaltung einer fiktiven Situation zur Auseinandersetzung mit diesen politischen Grundfragen, dem „Kern“, aufzufordern.
Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler insbesondere Gelegenheit erhalten, ihre Urteilskompetenz zu schulen. Simulatives Handeln soll einen handlungsorientierten Politikunterricht ermöglichen, in dem Handlungskompetenz erworben und insgesamt Demokratie erlebbar wird.
Möglicher Unterrichtsverlauf
Insgesamt scheinen drei Arten der Unterrichtsgestaltung möglich:
Erstens kann die Konfrontation mit dem fiktiven Staat Sarenien als Einstiegsszenario zu den zentralen Fragestellungen der Unterrichtseinheit führen. Nach diesem Einstieg können in den folgenden Stunden der fiktive Staat in den Hintergrund, das Analysieren und Bewerten der wesentlichen Elemente der deutschen Demokratie in einer Art „Demokratielabor“ in den Vordergrund treten. In diesem Fall könnte ein die Situation Sareniens aufnehmendes Schlussszenario Wiederholungs- und Anwendungsmöglichkeiten bieten.
Zweitens können nach der gemeinsamen Erarbeitung der politischen Situation Sareniens und der sich daraus ergebenden Fragen Schüler als Experten für Partizipation, Demokratiemodelle, Parteien, Medien oder Wahlsysteme in einer Arbeitsgruppe die Analyse des jeweils gewählten Bereiches und die mit Blick auf Sarenien zu vollziehende Aushandlung und Urteilsbildung erarbeiten; um die Ergebnisse für alle nachvollziehbar zu machen und zu sichern, böte sich die Methode „Gruppenpuzzle“ an. Ein Rollenspiel, in dem die Schüler/- innen als den verfassungsgebenden Rat beratende Experten auftreten, könnte einen solchen Unterrichtsgang abschließen.
Drittens ist natürlich möglich, Sarenien als durchgängiges Leitthema in allen einzelnen Unterrichtssequenzen zu nutzen. Nach der Vorstellung des Landes und dem gemeinsamen ersten, allgemeinen Erarbeiten seiner politischen Situation sollen die Schüler durch die Bitte Alberts, auf der Grundlage fundierter Kenntnisse über die deutsche Demokratie den verfassungsgebenden Rat Sareniens in allen wichtigen Fragen zu beraten, in die Rolle dieser deutschen Experten gebracht werden. Dazu muss zunächst die politische Situation Sareniens im Hinblick auf die jeweils zu untersuchende Thematik analysiert werden („Was ist?“). Wie in den vorher skizzierten Möglichkeiten liegt dann der Schwerpunkt des Unterrichts in der Analyse der bundesdeutschen Gegebenheiten, wobei hier auch alternative politische Lösungen eine Rolle spielen können („Was ist möglich?“). In einem dritten Schritt muss dann mit Blick auf die politische Situation Sareniens jeweils ausgehandelt werden, was für die Gesellschaft Sareniens und für die verschiedenen Interessengruppen vorteilhaft bzw. problematisch wäre, was zu berücksichtigen ist, um ein weitgehende Partizipation ermöglichendes, stabiles, aber auch Wandel ermöglichendes, den politischen Herausforderungen gerecht werdendes Regierungssystem zu gestalten. Eine die Auseinandersetzung abschließende Empfehlung verlangt dann in den oben genannten Grundfragen eine Entscheidung bzw. ein Urteil der Schüler/-innen („Was soll geschehen?“). So ist also im Dreischritt des Politikzyklus‘ nach Petrik zum Beispiel zunächst zu untersuchen, über welche Partizipationsmöglichkeiten die Bürgerinnen und Bürger Sareniens bisher verfügten bzw. welche Partizipationsbereitschaft und -fähigkeit sie nach Einschätzung der Schüler/-innen haben. Was möglich ist, kann dann das Erarbeiten der Partizipationsmöglichkeiten in der Bundesrepublik und die Analyse der Partizipationsbereitschaft bzw. -notwendigkeit zeigen. Aus der bundesdeutschen Erfahrung heraus und mit Blick auf das zu gestaltende politische Systems Sareniens soll dann die Bedeutung dieser Teilhaberechte diskutiert und abschließend als Empfehlung für den verfassungsgebenden Rat bewertet werden.
Entsprechend können die weiteren Unterrichtsinhalte gegliedert werden, also zum Beispiel kann wiederum nach dem die Problemlage in Sarenien thematisierenden ersten Schritt dann zweitens die repräsentative und plebiszitäre Demokratiekonzeption vergleichend untersucht und mit Blick nach Deutschland und in die Schweiz konkretisiert werden, um dann drittens zu erörtern, was das Anwenden einer der beiden Konzeptionen für die Problemlage in Sarenien bedeuten kann. Dazu gehören dann wiederum abschließend die beurteilenden Schlussfolgerungen aus der Debatte, ggf. der Entwurf eines Mischsystems, ebenfalls als Empfehlung für den verfassungsgebenden Rat (genauer siehe bitte unten: Strukturierung des Themenfeldes und Impulsfragen).
Insgesamt schlagen wir vor, mittels Methoden eines handlungsorientierten Politikunterrichtes - hier Rollenspiel, Hearing, Debatte und Deliberation - intensive Schüleraktivität herbei- und im Lernprozess bzw. in der Performanz Wissen, Analysefähigkeit und Urteilskompetenz zusammenzuführen. Dieses „Probehandeln“ soll dazu dienen, vielfältige Kompetenzen zu erwerben und Erfahrungen zu machen, die das reale politische Handeln, die „Teilhabe und Mitwirkung am politischen Prozess“ (vgl. Bildungsplan, Leitgedanken zum Kompetenzerwerb für Gemeinschaftskunde) ermöglichen. Das gemeinsame Bemühen um Realisierung dieses Ziels scheint uns immer, in Anbetracht der Unterrichtsthematik „Politische Teilhabe und Demokratie“ noch einmal besonders wertvoll.
Je nach Möglichkeit und Bedürfnissen der Lerngruppe könnten die Schüler/-innen auf der Grundlage der neuen Verfassung Sareniens die erste Wahl des Landes in einem Planspiel durchführen. Dazu könnten die Schüler/-innen Parteien gründen, den Wahlkampf gestalten bzw. als Medienvertreter darüber berichten und anschließend die erste Wahl (Wählerprofile nach der Beschreibung der Bevölkerung, vgl. „Sarenien“) Sareniens durchführen.
* Vgl. Wolfgang Sander, Didaktische Prinzipien in der politischen Bildung. Download der Vortragsfolien unter
http://www.uni-giessen.de/fb03/didaktik/Online/behelf/Sitzun11.pdf
(letzter Zugriff am 12.11.2012)
Strukturierung des Themenfeldes und Impulsfragen
Welche Einflussmöglichkeiten sollen die Bürgerinnen und Bürger eines demokratischen Sareniens haben?
-
Was ist?
- Welche Partizipationsmöglichkeiten haben die Sarenier?
- Welche Bereitschaft zur Partizipation zeigen die Sarenier?
- Inwieweit lassen sich aus der bisher in Sarenien existierenden Situation Schlussfolgerungen zur Partizipationsfähigkeit der Sarenier ableiten?
-
Was ist möglich?
- Welche direkten und welche indirekten Partizipationsmöglichkeiten gibt es in Deutschland?
- Welche Bereitschaft zur Partizipation zeigen die deutschen Bürgerinnen und Bürger?
- Wie viel Partizipation der Bürgerinnen und Bürger braucht eine Demokratie?
-
Was soll geschehen?
Welche Partizipationsmöglichkeiten sollen die Sarenier haben?
Empfehlungen für den verfassungsgebenden Rat Sareniens
Methodenvorschlag: Hearing mit Rollenspielcharakter
Soll Sarenien eine repräsentative Demokratie nach deutschem oder eine plebiszitäre Demokratie nach schweizerischem Vorbild werden?
-
Was ist?
- Welches Konsens- und welches Konfliktpotential zeigt die Gesellschaft Sareniens?
- Welche Bereitschaft zu bürgerschaftlichem Engagement zeigt die Gesellschaft Sareniens?
-
Was ist möglich?
- Welche Demokratiemodelle gibt es?
- Wie ist das Demokratiesystem der Bundesrepublik ausgestaltet?
- Wie ist das Demokratiesystem der Schweiz ausgestaltet?
- Welchen Beitrag leisten Bürgerbeteiligung, Bürgerengagement bzw. Zivilcourage für das Demokratiesystem in Deutschland?
-
Was soll geschehen?
Wie soll das Demokratiesystem von Sarenien ausgestaltet sein?
Empfehlungen für den verfassungsgebenden Rat Sareniens:
Methodenempfehlung: Deliberation oder Debatte (Regeln: Jugend debattiert)
Welche Bedeutung sollen die Medien in Sarenien haben?
-
Was ist?
Wodurch ist die sarenische Medienlandschaft gekennzeichnet? -
Was ist möglich?
- Welche Aufgaben haben die Medien in Deutschland?
- Inwieweit ist die Kritik an den Medien (Macht politischer Journalisten, Einfluss der Politik auf die Medien, die Demokratie gefährdende Medienkonzentration) gerechtfertigt?
- Welche Möglichkeiten bietet Web 2.0 für die Demokratie?
-
Was soll geschehen?
Welche Bedeutung sollen die Medien in Sarenien haben?
Empfehlungen für den verfassungsgebenden Rat Sareniens
Methodenempfehlung: Gestaltung einer Rede, z. B. Eröffnungsrede für den 1. Medientag Sareniens, in der Möglichkeiten und Gefahren für die Demokratie dargestellt werden.
Welche Bedeutung sollen die Parteien in Sarenien haben?
-
Was ist?
- Welches Interessenspektrum zeigt sich in der sarenischen Gesellschaft?
- Welche Konfliktlinien sind in der sarenischen Gesellschaft erkennbar?
-
Was ist möglich?
- Welche Funktion haben die Parteien in Deutschland?
- Inwieweit ist die Kritik an den Parteien (z. B. zu großer Einfluss auf Politik und Gesellschaft) gerechtfertigt?
- Welche Konfliktlinien gibt es in der dt. Gesellschaft? Werden diese von den Parteien aufgegriffen?
-
Was soll geschehen?
Welche Bedeutung sollen die Parteien in Sarenien haben?
Empfehlungen für den verfassungsgebenden Rat Sareniens
Methodenvorschlag: Rollenspiel / Talkshow: Das Erste Freie Sarenische Fernsehen sendet eine Talkshow zum Thema „Parteien in Sarenien“.
Welches Wahlsystem (und Wahlrecht) soll Sarenien bekommen?
-
Was ist?
- Welche Parteienlandschaft ist in Sarenien zu erwarten?
- Welche Prognosen über ein mögliches Wählerverhalten lassen sich treffen?
-
Was ist möglich?
- Wie ist das Wahlrecht in Deutschland ausgestaltet?
- Wie ist das Wahlsystem in Deutschland ausgestaltet?
- Welches Wahlsystem haben die USA?
- Wie wird Wahlkampf (Wahlwerbung) in Deutschland gemacht?
- Welches Wählerverhalten weisen die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Deutschland auf?
-
Was soll geschehen?
Welches Wahlsystem soll Sarenien bekommen?
Empfehlungen für den verfassungsgebenden Rat Sareniens
Methodenvorschlag: Konferenzgespräch
Die deutsche Demokratie - Vorbild für Sarenien?
Abschlussempfehlung für den verfassungsgebenden Rat Sareniens
Methodenvorschlag: Placemate
Die erste Wahl Sareniens (fakultativer Unterrichtsschritt)
Wer wird in Sarenien regieren?
Methodenvorschlag: Planspiel
Die Schülerinnen und Schüler gründen Parteien und gestalten den Wahlkampf bzw. berichten darüber und führen anschließend die erste Wahl Sareniens durch.
Umsetzungsbeispiel "Wir sind Sarenien"
Umsetzungsbeispiel "Sarenien": Unterrichtsskizze:
Herunterladen
[pdf]
[106 KB]