M 13 - M 15 Europäisches Semester?
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
M 13 Ausschuss für regionale Entwicklung im Europäischen Parlament: Kritik am Europäischen Semester
Der Ausschuss für regionale Entwicklung ersucht den federführenden Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:
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bringt seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass die Kommission wiederholte Aufforderungen des Parlaments ignoriert hat, für das Europäische Semester eine umfassende demokratische Legitimation herzustellen, beginnend mit der Umwandlung des Jahreswachstumsberichts in jährliche Leitlinien für nachhaltiges Wachstum, die in einem Format vorgelegt werden, das es dem Parlament ermöglicht, Änderungen vorzuschlagen, und mit dem gewährleistet wird, dass ein transparentes interinstitutionelles Beschlussfassungsverfahren zu gemeinsam abgestimmten politischen Leitlinien führt; fordert die Kommission auf, künftig ehrgeizigere Jahreswachstumsberichte vorzulegen und umfassendere Leitlinien für die einzelstaatlichen, regionalen und lokalen Behörden einzubinden;
- betont, dass die Kommission bestimmte regionale Tendenzen und mögliche Fehler in ihren Vorausschätzungen, die Grundlage für den Jahreswachstumsbericht sind, stärker berücksichtigen sollte; (...)
Quelle: Europäisches Parlament, Ausschuss für regionale Entwicklung: Entwurf einer Stellungnahme des Ausschusses für regionale Entwicklung für den Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, 07.11.2012. PDF Nr. PE500.413v01-00. © Europäische Union, 2013 – Quelle: Europäisches Parlament
M 14 Was leisten die neuen Instrumente?
Der Text ist unter der angegebenen Quelle zugänglich (APuZ 4/2012:
http://www.bpb.de/apuz/59762/economic-governance-in-der-eurozone
).
Quelle: Schwarzer 2012: 23.
M 15 Das „Europäische Semester“: Ein neoliberales Projekt?
Dort, wo die Europäische Union (EU) über keine eigene Gesetzgebungskompetenz verfügt, behilft sich die Staatengemeinschaft mit der Koordinierung verschiedener Politiken. Dies gilt für den Bereich der Fiskalpolitik ebenso wie für die Beschäftigungs- und Sozialpolitik. Die Konsequenzen der Wirtschaftskrise im Euroraum haben zusammen mit der ungenügenden Bilanz der Lissabon-Strategie zum Ruf nach mehr und besseren Koordinierungsprozessen in Europa geführt.
Im Frühjahr 2011 startet hierfür erstmals das sogenannte „Europäische Semester“. Hierdurch sollen die bislang weitgehend getrennt voneinander operierenden Koordinierungsprozesse der fiskalischen Überwachung im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) und die unter der Europa 2020-Strategie gebündelten Politikbereiche auf europäischer Ebene miteinander abgestimmt werden. (...)
Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass budgetäre Aspekte aus dem SWP nicht allein stehen, sondern mit dem »Europäischen Semester« erstmals ein ganzheitlicher Ansatz auf den Weg gebracht wird, der in Richtung eines umfassenden Policy Mix geht. Gerade in einem einheitlichen Währungsraum spielen die Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitiken bei der Etablierung makroökonomischer Steuerungsinstrumente eine wichtige Rolle.
Fraglich ist jedoch, ob diese neue Governance-Struktur nicht zu einseitig angebots- und marktorientierten Prinzipien folgt. Denn auch die positiven Elemente der Europa 2020-Strategie scheinen von der Forderung nach haushaltspolitischer Konsolidierung und mitgliedstaatlicher Wettbewerbssteigerung dominiert zu sein.
Mit dem fragwürdigen und letztlich wenig aussagekräftigen Konzept der „Wettbewerbsfähigkeit“ knüpft die neue Zehnjahresstrategie inhaltlich an die Lissabon-Strategie 1 an. Diese verfolgte spätestens seit ihrer Überarbeitung nach einer ernüchternden Halbzeitbilanz im Jahr 2005 prioritär die Ziele verstärkter Deregulierung und Dynamisierung der Wirtschaft durch Abbau von regulativen Eingriffen in das Marktgeschehen. Auch wenn die Europa 2020-Strategie „intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ als Zielbeschreibung nennt 2 (...) deutet die klare Benennung des Erfordernisses struktureller Reformen in den Beschäftigungs- und Sozialpolitiken auf eine Weiterführung eines marktbasierten Wachstumsverständnisses hin.
Die empfohlenen Politiken zur Zielerreichung basieren dabei mehrheitlich auf altbekannten Konzepten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Vermarktlichung: Die Ziele bleiben im Hinblick auf die Stärkung der sozialen Dimension der EU wenig ambitioniert und setzen die vor allem auf Strukturreformen, Flexibilisierungsinstrumente und wettbewerbserhöhende Maßnahmen abzielende Politik aus der bisherigen Lissabon-Strategie fort. So sollen Steuer- und Sozialleistungssysteme mit Blick auf verbesserte Anreize zur Arbeitsaufnahme reformiert werden. Altersbedingte öffentliche Ausgaben in den Bereichen Renten und Gesundheit sollen zur Sicherung finanzieller Systemnachhaltigkeit gekürzt sowie das effektive Rentenalter erhöht werden. Die empfohlene aktive Arbeitsmarktpolitik sucht in erster Linie eine Bringschuld bei den Erwerbslosen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Bildung wird vor allem als ökonomisch funktionales Mittel zur Qualifizierung für den Arbeitsmarkt im Sinne einer Investition in Humanressourcen verstanden (ECOFIN 2010; Europäische Kommission 2010e).
Für einen optimalen Policy Mix unabdingbar wichtige Aspekte wie eine stärkere lohnpolitische Koordinierung in Europa oder Mechanismen zum Ausgleich außenwirtschaftlicher Asymmetrien bleiben im „Europäischen Semester“ außen vor. Die Ziele einer stärkeren sozialen Kohärenz und die Beseitigung wirtschaftspolitischer Heterogenitäten werden nur am Rande verfolgt. In der Europa 2020-Strategie fehlen unter anderem die Ergänzung der quantitativen Beschäftigungsziele durch qualitative Aspekte im Sinne der „guten Arbeit“, das Zielkriterium der Vollbeschäftigung, die Beschreibung der Relevanz vereinbarter Ziele für andere Bereiche sozialer Sicherheit als allein für den Sektor der Armutsbekämpfung oder ambitionierte Klima- und Energieziele, die über das hinausgehen, was ohnehin schon europäisch vereinbart wurde.
Zudem wird der Ablauf des Koordinierungsprozesses gestrafft und die parallel erfolgende Berichterstattung zu wirtschafts-, beschäftigungs- und sozialpolitischen Themen könnte gegenüber der Lissabon-Strategie zu einer ungleich höheren öffentlichen Aufmerksamkeit für die Europa 2020-Strategie führen. Doch auch ein öffentlicher Diskurs auf dem Niveau der regelmäßigen Debatten um die Verletzung von Kriterien des SWP kann nicht die altbekannten Unzulänglichkeiten der Koordinierungsverfahren beseitigen. Diese bestehen etwa in mangelnder demokratischer Verankerung, Transparenz und Partizipation gesellschaftlicher und politischer Akteure weiter fort. Die Erfahrungen mit der OMK 3 haben darüber hinaus gezeigt, dass die Ausgestaltung von Unterzielen und Indikatoren erheblichen Einfluss auf die Evaluierung der einzelnen Politiken haben kann. So besteht die Gefahr einer einseitig auf finanzielle Inputs fokussierenden Ausrichtung, die zu Forderungen nach Flexibilisierung und Rekommodifizierung führt.
Quelle: Hacker/van Treeck (2010: 3, 7 f.)
Weiter: M 16 Was leistet der Bündelungsansatz in dieser Fallanalyse?
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1 Zur Lissabon-Strategie vgl. Hacker/van Treeck (2010: 3 ff.).
2 Schlussfolgerungen des Europäischen Rates auf der Tagung vom 17.06.2010, S. 2 (EUCO 13/10); vgl. auch Europäische Kommission: „Europa 2020-Ziele“ im Anhang.
3 OMK: Offene Methode der Koordinierung