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M 20 - 23 Spa­ren in der Euro-Zone – der Weg zum Wachs­tum und Be­schäf­ti­gung?

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

M 20 An­ge­la Mer­kel: Vor­rang für den Abbau der Staatsver­schuldung und Struktur­re­formen

Bun­des­kanz­le­rin An­ge­la Mer­kel auf der Pres­se­kon­fe­renz vom 17.09.2012:

Ich bin der tie­fen Über­zeu­gung, dass wir un­se­re Pro­ble­me – die Ver­bes­se­rung der Wett­be­werbs­fä­hig­keit, die Frage, wohin wir un­se­re Waren ex­por­tie­ren kön­nen; dar­aus ent­ste­hen ja dann die Ar­beits­plät­ze – nur po­li­tisch lösen kön­nen. Das ist offensicht­lich auch die Mo­ti­va­ti­on der Eu­ro­päi­schen Zen­tral­bank, die ge­sagt hat: Wir agie­ren geld­po­li­tisch nur, wenn gleich­zei­tig die Re­form­an­stren­gun­gen in den einzel­nen Län­dern nicht zum Er­lie­gen kom­men, wenn sie nicht nach­las­sen. Die­ses Nicht-Nach­las­sen von Re­for­men halte ich für ab­so­lut wich­tig. (...)

Wenn man we­ni­ger Schul­den macht, dann hat man na­tür­lich eine Phase, in der man be­stimm­te ne­ga­ti­ve Wachs­tums­im­pul­se oder Schrump­fun­gen hat, ge­ra­de wenn man auch im öf­fent­li­chen Be­reich Struk­tur­re­for­men durch­führt. Gleich­zei­tig muss man aber eine Po­li­tik ma­chen, die wie­der auf Wachs­tum aus­ge­rich­tet ist. Die­ses in einer Zeit zu ma­chen, in der wir we­ni­ge Spiel­räu­me haben, führt ei­gent­lich dazu, dass wir vor allen Din­gen Struk­tur­re­for­men ma­chen müs­sen, weil diese Struk­tur­re­for­men kein Geld kos­ten, aber trotz­dem wirt­schaft­li­che Po­ten­zia­le frei­le­gen.

Deutsch­land ist Sta­bi­li­täts­an­ker. Wir haben die nied­rigs­te Ar­beits­lo­sig­keit seit der Wie­der­ver­ei­ni­gung. Wir konn­ten die Ju­gend­ar­beits­lo­sig­keit mehr als hal­bie­ren. Wir haben einen Abbau der Lang­zeit­ar­beits­lo­sig­keit. All das zeigt: Re­for­men zah­len sich nach ei­ni­gen Jah­ren aus. Es zeigt aber auch: Wir müs­sen immer wie­der die­sen Pfad gehen. (...)

Quel­le: Pres­se- und In­for­ma­ti­ons­amt der Bun­des­re­gie­rung, 17.09.2012
http://​www.​bun​desr​egie​rung.​de

M 21 Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um: Fis­kal­dis­zi­plin stärkt das Wirt­schafts­wachs­tum

Auch für die po­si­ti­ven Wir­kun­gen strik­ter Fis­kal­dis­zi­plin gibt es zahl­rei­che Be­le­ge. Als etwa Finn­land und Ka­na­da in den 90er Jah­ren ihre Haus­hal­te kon­se­quent konsolidier­ten, wur­den sie mit an­hal­ten­dem Wirt­schafts­wachs­tum dafür be­lohnt. Auch in Deutsch­land wur­den die staat­li­chen De­fi­zi­te wachs­tums­freund­lich ver­rin­gert. Be­trug das Fi­nan­zie­rungs­de­fi­zit des Staa­tes im Jahr 2005 noch rund 74 Mil­li­ar­den Euro, konn­te Deutsch­land im Ge­samt­haus­halt im ers­ten Halb­jahr 2012 sogar einen Über­schuss von über acht Mil­li­ar­den er­zie­len, bei gleich­zei­tig re­spek­ta­blem Wachs­tum. Die Ver­an­ke­rung einer na­tio­na­len Schul­den­brem­se im deut­schen Grund­ge­setz hat sich dabei als rich­ti­ger Schritt er­wie­sen; die an­de­ren Mit­glied­staa­ten des Eu­roraums haben im Rah­men des Fis­kal­pakts ver­ein­bart, die­sem Bei­spiel zu fol­gen. Wich­ti­ge An­rei­ze für eine so­li­de Haus­halts­po­li­tik er­ge­ben sich aber nicht nur durch neue in­sti­tu­tio­nel­le Re­ge­lun­gen, son­dern vor allem auch durch un­ter­schied­li­che, marktge­rechte Re­fi­nan­zie­rungs­kos­ten für Schul­den. Die über­mä­ßi­ge Ver­schul­dung in vie­len eu­ro­päi­schen Län­dern macht deut­lich, was pas­siert, wenn Prei­se ver­zerrt sind und ihre Si­gnal­funk­ti­on nicht er­fül­len kön­nen – dies be­stä­tigt ein­drucks­voll die For­de­rung eines funk­ti­ons­fä­hi­gen Preis­sys­tems als zen­tra­len Grund­stein für das Gedan­kengebäude der ordo­li­be­ra­len Tra­di­ti­on.

Aus­zug aus: Prin­zi­pi­en leben, Ver­trau­en und Wachs­tum stär­ken. Ord­nungs­po­li­tik in Zei­ten wirt­schaft­li­cher Ri­si­ken (Autor: Flo­ri­an Zins­meis­ter)
Quel­le: Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Tech­no­lo­gie: Schlag­lich­ter der Wirt­schaftspolitik. Mo­nats­be­richt No­vem­ber 2012 (PDF-Fas­sung), Ber­lin 2012, Seite 16.

Zur ordo­li­be­ra­len Tra­di­ti­on, auf die sich der Autor be­ruft, vgl. Eu­cken (1990: 254 ff.): XVI. Ka­pi­tel: “Die Po­li­tik der Wett­be­werbs­ord­nung – Die kon­sti­tu­ie­ren­den Prin­zi­pi­en“

M 22 Peter Bo­fin­ger: Die Über­win­dung des „in­fer­na­li­schen Drei­ecks“

Teufelskreis
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(C) Schau­bild: Teu­fels­kreis der Ban­ken-, Staats­schul­den- und ma­kro­öko­no­mi­schen Krise, in: Sach­ver­stän­di­gen­rat zur Be­gut­ach­tung der ge­samt­wirt­schaflli­chen Ent­wick­lung (2012): Nach dem EU-Gip­fel: Zeit für lang­fris­ti­ge Lö­sun­gen nut­zen. Son­der­gut­ach­ten. Wies­ba­den 05.07.2012. S. 1.
Mit freund­li­cher Ge­neh­mi­gung des Ver­lags.

Wenn man die wech­sel­sei­ti­ge Es­ka­la­ti­on von Staats­schul­den­kri­se, Ban­ken­kri­se und ma­kro­öko­no­mi­scher Krise stop­pen wiII, müss­te man mit der  ma­kro­öko­no­mi­schen Krise be­gin­nen, Ein Ende der Re­zes­si­on, die Wie­der­ge­win­nung von Wirtschaftswachs­tum, ist die wich­tigs­te Vor­aus­set­zung für  eine Sta­bi­li­sie­rung so­wohl der Staats­schul­den als auch des Ban­ken­sys­tems.  Oder an­ders for­mu­liert: Je mehr Staa­ten in die Re­zes­si­on ge­ra­ten, desto  un­güns­ti­ger ent­wi­ckelt sich die Schulden­standsquote und desto in­sta­bi­ler  wird die Si­tua­ti­on der Ban­ken, da mit steigen­der Ar­beits­lo­sig­keit und zu­neh­men­den Un­ter­neh­mens­in­sol­ven­zen immer mehr Kre­di­te not­lei­dend wer­den. 

In einer idea­len WeIt würde man in An­be­tracht der aus­ge­präg­ten Re­zes­si­on in die­sen Län­dern nach um­fang­rei­chen Kon­junk­tur­pro­gram­men rufen,  Da dies ak­tu­ell na­hezu aus­ge­schlos­sen ist, wäre schon viel er­reicht, wenn  die Re­gie­run­gen dar­auf ver­zich­ten wür­den, in die­sem und im nächs­ten Jahr  noch wei­te­re ein­schnei­den­de Spar­maß­nah­men um­zu­set­zen. Im­mer­hin wür­den so die Feh­ler Hein­rich Brü­nings nicht wie­der­holt. Kurz­fris­tig kann es  dabei zwar zu hö­he­ren De­fi­zi­ten kom­men, aber wenn man damit ver­mei­den könn­te, dass lta­li­en und Spa­ni­en in eine ähn­lich de­so­la­te Si­tuation wie  Grie­chen­land ge­ra­ten, wäre viel ge­won­nen. Das Bei­spiel Griechen­lands  zeigt dabei zu­gleich, dass über­zo­ge­nes Spa­ren zu einem be­son­ders star­ken   An­stieg der Schul­den­stand­quo­te füh­ren kann, Das heißt nicht, dass man  auf die Konsoli­dierung grund­sätz­lich ver­zich­ten soll, aber man soll­te damit  war­ten, bis die Volks­wirt­schaf­ten der Pe­ri­phe­rie­län­der wie­der Tritt ge­fasst  haben. 

Quel­le: Bo­fin­ger (2012a: 58 f.). Schau­bild in: Sach­ver­stän­di­gen­rat (2012: 1).

M 23 „Die ma­kro­öko­no­mi­sche Krise oder: Brü­ning lässt grü­ßen“

Diese ma­kro­öko­no­mi­sche Krise ist somit in ers­ter Linie ein Re­flex der durch die Staats­schuldenkrise er­zwun­ge­nen Kon­so­li­die­rung. Be­son­ders gra­vie­rend sind die Aus­wir­kun­gen in Grie­chen­land, dem die Spar­pro­gram­me von außen dik­tiert wur­den. Zum Scha­den des Lan­des wur­den die re­strik­ti­ven Wir­kun­gen der Kon­so­li­die­rung von der Troi­ka er­heb­lich un­ter­schätzt. So hat­ten die Ex­per­ten noch im Juli 2011 damit ge­rech­net, dass es in Grie­chen­land nach einem vor­über­ge­hen­den Rück­gang des Brut­to­in­lands­pro­dukts um 3,9 Pro­zent be­reits 2012 wie­der zu einem leich­ten Wachs­tum von 0,6 Pro­zent kom­men würde. Tat­säch­lich brach die Wirt­schaft 2011 um 6,9 Pro­zent ein, für 2012 ist ein wei­te­rer dras­ti­scher Rück­gang um min­des­tens 5 Pro­zent zu er­war­ten.

Die gra­vie­ren­den ma­kro­öko­no­mi­schen Aus­wir­kun­gen der Spar­pro­gram­me sind.​vor allem damit zu er­klä­ren, dass an ihnen auch dann noch fest­ge­hal­ten wurde, als längst of­fen­sicht­lich war, dass das be­tref­fen­de Land in die Re­zes­si­on ge­ra­ten war. WeiI es da­durch zu mas­si­ven Ein­nah­me­aus­fäl­len kam und gleich­zei­tig Mehrausga­ben für die Ar­beits­lo­sen er­for­der­lich waren, muss­ten die Län­der sogar noch mehr spa­ren. Man spricht dabei auch von einer pro­zy­kli­schen Po­li­tik, da sie den Ab­schwung noch ver­stärkt. Im Jahr 2012 lässt sich eine sol­che de­sta­bi­li­sie­ren­de Ausrich­tung der Fis­kal­po­li­tik in allen Pro­blem­län­dern be­ob­ach­ten. Es ist dabei schon er­staun­lich, dass sich kaum je­mand daran stört, wenn damit genau das Ge­gen­teil des­sen be­trie­ben wird, was in allen gän­gi­gen Lehr­bü­chern der Ma­kro­öko­no­mie ge­lehrt wird, Und es ist noch er­staun­li­cher, dass ge­ra­de in Deutsch­land die Ge­fah­ren einer pro­zy­kli­schen Po­li­tik so wenig prä­sent sind. An­fang der 1930er Jahre hatte der da­ma­li­ge Reichs­kanz­ler Hein­rich Brü­ning mit genau die­ser Po­li­tik den öko­no­mi­schen und spä­ter po­li­ti­schen Zu­sam­men­bruch Deutsch­lands her­bei­ge­führt.

Quel­le: Bo­fin­ger (2012a: 53 f.)


Wei­ter: M 24 Ka­ri­ka­tur (Tho­mas Plass­mann)


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Prä­sen­ta­ti­on: Her­un­ter­la­den [3,7 MB] als pdf [0,7 MB]