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Dar­stel­lung der Un­ter­richts­idee

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Dar­stel­lung des Un­ter­richts­vor­schlags Knig­ge für Klas­se 7
Vor­über­le­gun­gen

1.   Kom­pe­ten­zen und Ziele

Kom­pe­tenz Han­deln

In die­ser Un­ter­richts­ein­heit soll der Schwer­punkt auf der Teil­kom­pe­tenz Han­deln lie­gen – also dar­auf, was u. a. durch den Ethik­un­ter­richt be­ein­flusst wer­den soll, aber in der Regel erst au­ßer­halb des Un­ter­richts und des Klas­sen­zim­mers, folg­lich auch ohne Ein­fluss der Lehr­per­son, statt­fin­det. Der dar­aus re­sul­tie­ren­den Schwie­rig­keit zollt unser Bil­dungs­plan Rech­nung, indem er den ethi­schen An­spruch in den Be­reich der Theo­rie ver­weist: „Vor­stel­lun­gen davon, was kon­kret als gut und als böse zu be­trach­ten und wie in be­stimm­ten Si­tua­tio­nen je­weils zu han­deln sei, kon­sti­tu­ie­ren Moral. […] Ethik ist die theo­re­ti­sche Be­schäf­ti­gung mit Moral .“ [1]

Den­noch scheint es nicht ver­kehrt, wenn kom­pe­tenz­ori­en­tier­ter Ethik­un­ter­richt auch das kon­kre­te Han­deln in den Blick nimmt. Han­deln ist ja nicht nur „das für den Men­schen ei­gen­tüm­li­che Tun und Las­sen“ [2] , son­dern schon bei Aris­to­te­les ei­gent­li­ches Ziel des ethi­schen Trei­bens: „[…] denn wir be­trach­ten die Tu­gend nicht, um zu wis­sen, was sie ist, son­dern um tu­gend­haft zu wer­den; sonst wäre un­se­re Ar­beit zu nichts nütze […].“ [3] Die Lücke zwi­schen dem „Wis­sen von“  und dem tat­säch­li­chen Tun ver­sucht Ot­fried Höffe mit dem Feh­len von „prak­ti­schem Wis­sen“, dem „Wis­sen wie“ oder „Know How“, zu er­klä­ren. Es ent­ste­he aus der Ver­bin­dung des „Wis­sens von“, des ko­gni­ti­ven Ele­ments, mit dem Wol­len, dem vo­li­ti­ven Ele­ment: „Nur wenn sich das Mo­ment des Wis­sent­li­chen mit dem un­ver­zicht­bar zwei­ten Mo­ment des Wil­lent­li­chen ver­bin­det, wird aus dem »Wis­sen von« Pra­xis ein die Pra­xis zu­stan­de brin­gen­des, kurz »prak­ti­sches Wis­sen«“. [4]

Damit scheint aus phi­lo­so­phi­scher Sicht das den Vor­schlä­gen zum kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Un­ter­rich­ten im Fach Ethik zu­grund­lie­gen­de Kon­zept ge­stützt zu wer­den, und es bleibt die Frage, wie das prak­ti­sche Wis­sen - in Höf­fes Dik­ti­on - bzw. die Hand­lungs­kom­pe­tenz - als di­dak­ti­sche Be­schrei­bung - im Ethik­un­ter­richt er­reicht wer­den kann.

Eine Mög­lich­keit bie­tet die Be­schäf­ti­gung mit Han­deln, das in der Schu­le so­wie­so statt­fin­det, bei­spiels­wei­se beim Schwer­punkt An­thro­po­lo­gie, bei den As­pek­ten So­zia­li­tät oder Kon­flik­te, oder aber bei der Me­ta­kom­mu­ni­ka­ti­on über den Un­ter­richt, etwa in einer Phase der Eva­lua­ti­on.

Zum an­de­ren – und das soll der Weg in die­sem Un­ter­richts­ver­such sein - kön­nen durch learning by doing in ver­schie­de­nen For­men von Pro­be­han­deln un­ter­schied­li­che Ver­hal­tens­wei­sen er­lebt und an­schlie­ßend be­spro­chen wer­den. Unter Pro­be­han­deln fal­len zum Bei­spiel Spie­le, ins­be­son­de­re Si­mu­la­ti­ons­spie­le, Plan­spie­le, aber auch Pro­jek­te, die im Rah­men des Un­ter­richts ge­mein­sam durch­ge­führt wer­den. Beide For­men des Pro­be­han­delns wer­den in die­ser Un­ter­richts­ein­heit ein­ge­setzt.

Damit aus Han­deln Hand­lungs­kom­pe­tenz er­wächst, muss am ex­em­pla­ri­schen Pro­jekt er­lernt wer­den, wie mit „Wis­sen von“ eine gut be­grün­de­te Ent­schei­dung ge­fällt und diese dann (ge­mein­sam) um­ge­setzt wird. Aber ge­nau­er noch: Was kön­nen Schü­le­rin­nen und Schü­ler, wenn sie Hand­lungs­kom­pe­tenz er­wor­ben haben und woran er­kennt man das?

„Wis­sen was“

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler stel­len sich eine be­grenz­te Auf­ga­be. Sie haben ge­lernt, wel­che und wie viele In­for­ma­tio­nen man braucht, um in die­ser Auf­ga­be gut be­grün­de­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen.

„Wis­sen wie“

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen den Ab­lauf eines Pro­jekts in un­ter­schied­li­che Pha­sen mit ver­schie­de­nen Funk­tio­nen glie­dern. Sie ken­nen Ver­fah­ren, wie man Ent­schei­dun­gen fällt …

so­zia­le
Kom­pe­ten­zen

… und wie man damit um­geht, seine Mei­nung nicht durch­ge­setzt zu haben.

per­so­na­le
Kom­pe­tenz

Durch­hal­te­ver­mö­gen und Mut etwas an­zu­pa­cken und um­zu­set­zen, sind eben­falls Teil von Hand­lungs­kom­pe­tenz, die wäh­rend des Pro­jekts er­lebt und be­wusst wer­den und so Selbst­be­wusst­sein schaf­fen.

Be­ob­ach­ten
Be­schrei­ben
Be­wer­ten

Das Pro­jekts wird do­ku­men­tiert und schließ­lich eva­lu­iert – auch hier er­ge­ben sich viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler das Know-How für ähn­li­che Pro­jek­te zu er­ler­nen.

Für die Ge­stal­tung des Un­ter­richts er­ge­ben sich dar­aus fol­gen­de Ziele und Kom­pe­ten­zen, die an­ge­strebt wer­den: [5]

Die Schü­ler/innen kön­nen ein zeit­lich be­fris­te­tes und räum­lich über­schau­ba­res Pro­jekt

  • ge­mein­sam pla­nen
  • zu­sam­men durch­füh­ren
  • ob­jek­tiv do­ku­men­tie­ren
  • selbst­kri­tisch eva­lu­ie­ren

und be­zie­hen dar­aus Selbst­be­wusst­sein und die Mo­ti­va­ti­on, wei­te­re ähn­li­che Pro­jek­te zu ge­stal­ten.


Thema Höf­lich­keit

Im Bil­dungs­plan (s.u.) wird Höf­lich­keit als eine al­tru­is­ti­sche Grund­hal­tung cha­rak­te­ri­siert. An­ge­sichts des „Knig­ge-Booms“, der für jede Si­tua­ti­on und für Jeden das „rich­ti­ge“ Be­neh­men kennt, emp­fiehlt sich für den Un­ter­richt eine deut­li­che Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen Nor­men (mo­ra­li­sche Nor­men vs. Kon­ven­tio­nen) und zwi­schen Tu­gen­den (Pri­mär- vs. Se­kun­där­tu­gen­den). Es wäre scha­de, wenn sich der Knig­ge für Klas­se 7 auf eine Zu­sam­men­stel­lung von ober­fläch­li­chen Be­nimm­re­geln re­du­zier­te. Aus die­sen Über­le­gun­gen er­ge­ben sich fol­gen­de Ziele und Kom­pe­ten­zen:

Die Schü­ler/innen kön­nen

  • er­läu­tern, wel­che Funk­ti­on Höf­lich­keit hat.
  • Si­tua­tio­nen cha­rak­te­ri­sie­ren, in denen Höf­lich­keit fehl am Plat­ze ist.
  • Ver­hal­tens­wei­sen in einer vor­ge­ge­be­nen Si­tua­ti­on be­grün­det als höf­lich – nicht höf­lich – un­höf­lich be­wer­ten.
  • Kon­ven­ti­on, Nor­men und Re­geln von­ein­an­der ab­gren­zen.
  • Höf­lich­keit als eine uni­ver­sel­le Er­schei­nung im mensch­li­chen Mit­ein­an­der mit un­ter­schied­li­chen kul­tu­rel­len Aus­prä­gun­gen ein­ord­nen.
  • in einer be­kann­ten Si­tua­ti­on höf­lich sein.
  • in einer un­be­kann­ten Si­tua­ti­on Un­höf­lich­keit ver­mei­den.


Ver­an­ke­rung im Bil­dungs­plan
Mit dem Un­ter­richts­vor­schlag sol­len die fol­gen­den Stan­dards des Bil­dungs­pla­nes 2004 er­reicht wer­den kön­nen:

1. An­thro­po­lo­gie

In­di­vi­dua­li­tät

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen

  • mensch­li­che Grund­be­find­lich­kei­ten und Grund­be­dürf­nis­se be­nen­nen

So­zia­li­tät

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen

  • das Span­nungs­feld zwi­schen den ei­ge­nen Be­dürf­nis­sen und den An­sprü­chen der Ge­sell­schaft ana­ly­sie­ren
  • al­tru­is­ti­sche Grund­hal­tun­gen wie Ach­tung vor dem an­de­ren, Rück­sicht­nah­me, Höf­lich­keit, Ge­duld und To­le­ranz ein­üben

2. Mo­ral­phi­lo­so­phie

Werte und Nor­men

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen

  • un­ter­schied­li­che Wert- und Norm­vor­stel­lun­gen wahr­neh­men, be­schrei­ben und deren Ent­ste­hung er­klä­ren
  • un­ter­schied­li­che Be­grün­dun­gen von Wer­ten und Nor­men an­hand von al­ters­an­ge­mes­se­nen an­schau­li­chen Bei­spie­len dar­le­gen
  • Frei­heit und Ver­ant­wort­lich­keit als Be­din­gun­gen des Mo­ra­li­schen im An­satz er­klä­ren

5. Mo­ra­lisch-ethi­sches Ar­gu­men­tie­ren

her­me­neu­ti­sche und kom­mu­ni­ka­ti­ve Di­men­si­on

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen

  • ihr Selbst­ver­ständ­nis ar­ti­ku­lie­ren und ei­ge­ne Er­fah­run­gen und Vor­stel­lun­gen ver­ständ­lich ma­chen
  • ar­gu­men­ta­tiv einen ei­ge­nen Stand­punkt ar­ti­ku­lie­ren und ver­tre­ten
  • sich in an­de­re ein­füh­len und ihre Per­spek­ti­ven ein­neh­men
  • ein­fa­che ethisch re­le­van­te Texte sach­ge­recht wie­der­ge­ben
  • me­tho­di­sche Fer­tig­kei­ten in le­bens­welt­li­chen Be­zü­gen an­wen­den


[1] Leit­ge­dan­ken zum Kom­pe­ten­z­er­werb im Fach Ethik, Gym­na­si­um, Bil­dungs­plan 2004, S. 62

[2]  Ot­fried Höffe, Le­bens­kunst und Moral oder macht Tu­gend glück­lich?, C.​H.​Beck, 2009, S.56

[3] N.E. II 2,An­fang, Über­set­zung: Eugen Rol­fes

[4] Höffe, a.a.O, S.56

[5] Eine sehr viel aus­führ­li­che­re und klein­schrit­ti­ge­re Dar­stel­lung fin­det sich auf dem Leh­rer­fort­bil­dungs­ser­ver zum Thema Pro­jekt­kom­pe­tenz [/kom­pe­ten­zen/pro­jekt­kom­pe­tenz].


Dar­stel­lung der Un­ter­richts­idee: Her­un­ter­la­den [doc][749 KB]
Dar­stel­lung der Un­ter­richts­idee: Her­un­ter­la­den [pdf][383 KB]