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Konzeption

Vorbemerkung

Das lange 19. Jahrhundert und die Zwischenkriegszeit – politische Modernisierung in Europa zwischen Hoffnung und Enttäuschung

Zeitlich ist die politische Modernisierung im Europa des „langen 19. Jahrhunderts“ und der Zwischenkriegszeit 1 gegliedert durch drei „Durchbrüche“ 2 der Demokratie: 1789, 1848 und 1918/19. Die immer neuen Anläufe zur Demokratie waren in Europa getragen von zwei immer wiederkehrenden historischen Erfahrungen: von Hoffnung und Enttäuschung 3 gleichermaßen. Sie können im Sinne eines emotionsgeschichtlichen Zugangs 4 eine altersgemäße Perspektive für die Klasse 8 sein. Diese Perspektive passt zum Ansatz einer Kulturgeschichte des Politischen, die Wahrnehmungen, Deutungen und Erfahrungen von Menschen in politischen Prozessen in den Blick nimmt. 5

Will man nach politischer Modernisierung in Europa fragen, scheidet ein enzyklopädischer Zugang naturgemäß aus. Es muss vielmehr um typische Räume 6 gehen, in denen sich die unterschiedlichen Entwicklungsbedingungen der europäischen Nationalstaaten zeigen:

  1. Es gibt die alten Nationalstaaten in West- und Nordeuropa, die schon im 18. Jahrhundert bestehen und die sich – wenn auch mit Schwierigkeiten und Gefährdungen – doch recht rasch zu „gelernten Demokratien“ entwickeln. Für sie soll Frankreich als typisch ausgewählt werden, natürlich hätte man auch Großbritannien nehmen können.
  2. Die jungen Nationalstaaten in Mittel- und Südeuropa entstanden erst im 19. Jahrhundert durch die oft kriegerische Vereinigung bereits bestehender Einzelstaaten (unifizierende Nationalstaatsbildung) und sind durch diese Kriegserfahrung geprägt. Sie beginnen ihre Entwicklung zu einem modernen Nationalstaat oft als „improvisierte Demokratie“, die anfällig ist für autoritäre, zuweilen auch totalitäre Entgleisungen. Für sie soll Deutschland als typisch ausgewählt werden, man hätte auch Italien nehmen können.
  3. Die häufig noch jüngeren Nationalstaaten im östlichen Mitteleuropa und in Südosteuropa entstanden überwiegend aus einem Prozess der staatlichen Sezession (sezessionistische Nationalstaatsbildung). Sie entstehen also nicht, wie etwa Deutschland und Italien, aus bereits bestehenden Staatsgebilden, die zusammengefügt werden, sondern durch Abspaltung von einem Imperium (Österreich-Ungarn, Osmanisches Reich, Russland). Trotz dieser Unterschiede unterliegen sie ähnlichen Gefährdungen wie die zuvor genannten jungen Nationalstaaten. Für sie soll Ungarn als typisch gewählt werden.
  4. Einen Sonderfall stellt Polen dar, das seit 1795 geteilt ist und sich erst 1918 durch die Pariser Vorortverträge als demokratischer Nationalstaat bilden kann. Politisch ähnelt es in vielem den zuvor genannten jungen Nationalstaaten.

Diese vier geographischen Zonen in Europa, jeweils vertreten durch ein Land (Frankreich, Deutschland, Ungarn und Polen), sind die Räume, in denen die politische Modernisierung im Europa des langen 19. Jahrhunderts und der Zwischenkriegszeit verfolgt werden soll.


1   Zum Folgenden vgl. Andreas Wirsching, Verfassung und Verfassungskultur im Europa der Zwischenkriegszeit, in: Christoph Gusy (Hg.), Demokratie in der Krise: Europa in der Zwischenkriegszeit. Baden-Baden 2008, S. 371-389.

2   Hartmut Kaelble, Wege zur Demokratie. Stuttgart 2001, S. 8

3   Andreas Wirsching, „Zuhören, was andere sagen, oder lesen, was andere schreiben, und das, wenn möglich, rückkoppeln an die eigene Arbeit“, in: Zeitgeschichte-online, August 2011, URL: http://www.zeitgeschichte-online.de/interview/interview-mit-andreas-wirsching

4   Ute Frevert, Vergängliche Gefühle. Göttingen 2013.

5   Z.B. Barbara Stollberg-Rilinger (Hg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Berlin 2005, Wolfgang Hardtwig (Hg.), Politische Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit 1918-1939. Göttingen 2005.

6   Theodor Schieder, Typologie und Erscheinungsformen des Nationalstaats in Europa, in: ders., Nationalismus und Nationalstaat. Studien zum nationalen Problem im modernen Europa. Göttingen 1991, S. 65-86.

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