Historische Hintergründe
III. Historische Hintergründe für die didaktischen Schwerpunksetzungen
III.1. Dschingis-Khan und der Aufstieg des Mongolen-Reiches bis 1206
a) Unterwerfung bzw. Vereinigung der verschiedenen altaisch-mongolischen Stämme, darunter auch die Tataren, unter Temüdschin. Auf einem Reichstag (Kuriltai) wird dieser zum „ungestümen Weltenherrscher“ Dschingis-Khan gekürt.
Nachdem man so weit das Volk mit den Filz-Zeltwänden (i.e. alle nomadischen Steppenvölker) zur Gefolgschaft gebracht, im Tiger-Jahr (1206) sich an der Quelle des Onan gesammelt, und die weiße Standarte mit den neu Schweifen aufgestellt hatte, gab man dort dem Dschingis-Khan den Khan-Titel
Hintergrund: Das Leben in der Steppe: „barbarische Nomaden“?
Die nomadischen Stämme Zentralasiens unterschieden sich kaum in Sprache oder Ethnizität, ihre Kultur war geprägt von einem Nebeneinander verschiedener Religionen, vorherrschend war Schamanismus, verbreitet waren aber auch nestorianisches Christentum und Buddhismus.
Die Jagd (nerge) nahm einen zentralen Platz in der mongolischen Gesellschaft ein. Sie war ein Vorgang mit verschiedenen Bedeutungen: sie diente dem Nahrungserwerb, war aber immer auch militärisches Training im Verband, stärkte die Kohäsion des Stammes, inszenierte gleichsam die tribale Ordnung. Loyalität und Gefolgschaft erfolgten über persönliche Bindungen.
Außergewöhnlich war das Erbrecht mit Ultimogenitur: ordu und Land erhielt der jüngste Sohn, unterworfene Länder der älteste.
b) Es erfolgten erste Schritte zur Zentralisierung und Hierarchisierung der Macht: Die Stammesstrukturen wurden von Dschingis Khan aufgelöst, Männer eroberter Stämme in das mongolische Heer eingegliedert und bei Erfolg und Bewährung befördert. (Prinzip Loyalität gegen Fürsorge)
Hintergrund: Die Heeresreform des Dschingis Khan
- - Heeresordnung im Dezimalsystem
- - 10 000 Mann starke Leibwache (Elite)
- - strenge Disziplin
- - 95 Tausendschaften
- - Aufhebung des Gefolgsschaftsprinzips zu Gunsten des Leistungsprinzips.
Die Beute, die mongolisch als „Fundsache“ bezeichnet wurde, gehörte dem Herrscher allein, der sie nach Loyalität verteilte. Die Loyalität der Stämme war damit unmittelbar mit dem Erfolg und der Expansion der mongolischen Heere verbunden.
Mit neu unterworfenen Stämmen wurde skrupellos und funktional umgegangen: Kleine, für die Reiterei brauchbare Männer wurden in das Heer eingegliedert, größere (man maß am Achsenstift eines Wagens) wurden hingerichtet, Frauen und Kinder bisweilen verschont, bisweilen in die Sklaverei verkauft.
c) Dschingis Khan begann mit der Verkündung von mehreren Yasas (Rechtsverkündigungen) einheitliche Rechtsverhältnisse zu schaffen.
Religiös motiviertes Sendungsbewusstsein kann bei Eroberungen (Banner des Tengri, des Himmelsgottes) festgestellt werden, Erfolge wurden zunehmend mit göttlichem Willen erklärt.
III.2.Expansion und „Mongolensturm“
a) Das nördliche China (Chin-Dynastie)
ab 1207
Beginn der Kriegszüge der etwa 70 000 mongolischen Reiter v.a. gegen die bäuerlichen Gesellschaften in Nordchina und gegen uigurisch-türkische Kleinreiche in Zentralasien.
1215 konnte mit Hilfe gefangener chinesischer Ingenieure die große Mauer beim heutigen Peking durchbrochen werden, die nördliche Chin-Dynastie fiel. Große Teile der khitanisch-chinesischen Armee wurden in das Mongolenheer eingegliedert. Es begann die „Internationalisierung des Mongolenreiches“, welches „kosmopolitisch, reich an Perspektiven für alle die sich ihm ohne Widerstand anschlossen“ war. (Michael Weiers)
b) Vorderasien
1219 - 21 Eroberung des ostiranischen Choresmien (muslimisches, von Textilhandel und Textilgewerbe geprägtes Reich), nachdem dessen Schah eine wirtschaftliche und politische Allianz blutig abgelehnt hatte (Hinrichtung zweier muslimischer Gesandtschaften Dschingis Khans). Eroberung befestigter Städte wie Bukara oder Samarkand mit 200 000 Reitern und 10 000 Belagerungstechnikern.
Massenhinrichtungen bei der Eroberung der Stadt Merv, lediglich 400 Handwerker wurden verschont.
1225 Yasa zur Weltherrschaft der Mongolen
1227 Tod Dschingis Khans bei Aufständen in Nordchina an Fieber, der zweitgeborene Ögödei wird Nachfolger als Großkhan: Einsatz „fremder Mongolen“, d.h. Perser, nestorianischer Christen und Chinesen in der militärischen und zivilen Verwaltung (Kanzlei, Beamtenschaft).
c) Osteuropa
ab 1237
Westfeldzug des Batu, Enkel des Dschingis Khan, abgebrochen nach dem Tod des Ögödei, Rückkehr der Generäle zum Hoftag (Kuriltai) nach Karakorum.
Hintergrund: Der Mongolensturm über Osteuropa
Die Mongolen eroberten 1237 mit zwei Heeresflügeln zunächst das Reich der Wolgabulgaren und Moskau (grausames Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung); ab 1238 griffen sie die Fürstentümer der Kiewer Rus an und zerstörten 1240 unter anderem Kiew. An zwei aufeinander folgenden Tagen des Sommers 1241 schlugen sie zunächst ein deutsch-polnisches Heer in der (ersten) Schlacht bei Liegnitz und das Aufgebot des ungarischen Königs Béla IV. in der Schlacht bei Muhi. Danach erfolgte eine gezielte Entvölkerung Ungarns durch mongolische Truppen. (Zerstörung der Städte und der Fluren, Massenhinrichtungen). Ihr Einfall in Osteuropa verbreitete in ganz Europa Angst und Schrecken. Mongolische Vorausabteilungen erreichten Teile Brandenburgs, Mähren, Niederösterreich, die kroatische Adria und Thrakien.
1246 Brief des Großkhans Güyük an den Papst beginnt mit: „In der Kraft des Ewigen Himmels. Des mächtigen und großen Reiches und der Welt Herrscher. Unser Befehl.“
1247 Edikt des Großkhans Güyük: „Es gibt nur einen Gott, der über dem Himmel herrscht, und auf Erden nur einen Herrscher, nämlich den Großkhan der Mongolen“
1251 Kür des Großkhans Möngke (Sohn des Tolui)
d) Naher Osten
1253 Sieg über die Rum-Seldschuken, Besetzung Anatoliens und des Nahen Ostens
1258 Eroberung Bagdads, Fall des Abbasiden-Reiches (Ermordung von ca. 90 000 Einwohnern der Stadt, Hinrichtung des Kalifen)
1260 Niederlage der Mongolen gegen die ägyptischen Mamelucken, danach teilweise Zusammenarbeit der Kreuzfahrerstaaten mit den Mongolen gegen die Mamelucken, einzelne gemeinsame Schlachten.
e) Südliches China: Song-Dynastie
1271-1279 Eroberung des Song-Reiches, Verlagerung des mongolischen Schwerpunktes nach China; noch vor der Eroberung rief sich Kublai Khan als chinesischer Kaiser der Yuan-Dynastie aus, um seine Eroberung zu legitimieren.
1274 und 1281 Gescheiterte Invasion Japans
1278 – 1300 Feldzüge in die Gebiete des heutigen Vietnam und Kambodschas
1260 Selbstkür des Kublai Khan in Shang-du zum Großkhan, 1264 anerkannt
1264 Verlagerung der Hauptstadt von Karakorum nach Tschungtu, dem 1267 neu angelegten Dadu (heute Peking), später Residenzbau in Peking (Sinisierung der Mongolen, das mongolische Kernland wird bedeutungslos).
Unter Kublai Khan erreichte das mongolische Weltreich seinen Zenit, aber bereits unter seiner Herrschaft begannen die einzelnen Reichsteile sich ab zu spalten. Das Imperium überschritt seine “Augusteische Schwelle“ (Münkler) von der Expansion zur Konsolidierung unter weitgehender Adaption der kulturellen Fortschritte der sesshaften Bevölkerung:
- Technologie, Erfindungen und Baukunst der Chinesen
- Kenntnisse in Handel, Geographie und Textilproduktion von Arabern und Persern
III.3. Vergleich des römischen mit dem mongolischen Imperium
|
Mongolisches Reich |
Römisches Reich |
Fläche |
25 Millionen Quadratkilometer |
4 Millionen Quadratkilometer |
Einwohner |
> 140 Millionen, davon 1 Mio Mongolen |
Max. 60 Millionen |
Truppenstärke |
max. 1 Million, davon 100 000 monglische Reiter |
ca. 400 000 (Legionen und Hilfstruppen) im 2. Jhdt. |
Dauer |
ca. 150 Jahre |
ca. 400 Jahre |
Kulturelle Wirkung |
Adaption an Kultur des sesshaften Zivilisationen in Persien und China |
Ausbreitung des römischen Modells als Romanisierung |
Dynastie |
Nur agnatische Erbfolge innerhalb der Linien der Söhnen des Dschingis Khan |
Mehrere Familiendynastien und Adoptivkaisertum |
III.4. Handelsbeziehungen und pax mongolica – Wirtschaftliche Blüte und Zerfall der Reichseinheit
Nach dem Tod Möngkes bzw. des Kublai Khan beginnender Zerfall des Reiches in vier selbständige Khanate: Goldene Horde (Wolga), Tschagatai (Zentralasien), Ilkhanat (Vorderer Orient), Yuan-Dynastie (China) . Die Khane prägten nun stets ihr eigenes Bild auf die Münzen, das Papiergeld bleibt aber reichsweit anerkannt.
Obwohl die pax mongolica nicht als dauerhafter Frieden zu verstehen ist, da es über mehr als 100 Jahre beständige Konflikte und Erbstreitigkeiten zwischen und innerhalb der Teilreiche gab, blühten Handel und Wirtschaft in dieser Zeit nochmals auf.
a) Pax Mongolica und der Westen:
Die Hafenstädte Venedig, Genua und Pisa stellten dauerhaften Kontakte mit den Handelszentren im asiatischen Raum her. Von ihren Stützpunkten in Kaffa (Krim), Konstantinopel, Antiochia, Akkon und Alexandria wurden Waren, Informationen, Menschen und Krankheiten von und nach Europa im- bzw. exportiert. Alle drei Hafenstädte verfügten über ein präkapitalistisches Wirtschaftssystem aus Banken, Handelshäusern und Stützpunkten in ganz Europa.
b) Die Seidenstraße: Drei Handelsrouten und ihre Waren
Mit diesen Knotenpunkten ist der Anschluss an die drei wichtigsten Handelsrouten nach Osten erfolgt:
- Nordroute: von Konstantinopel über die Krim und Zentralasien und die nördliche Seidenstraße.
- die mittlere Route (Sindbahd-Route): von der Levante über Bagdad, Basra und den Indischen Ozean oder die südliche Seidenstraße.
- die Südroute von Alexandria zum Roten Meer und dem Indischen Ozean.
Hintergrund: Handel und Verkehr auf den Seidenstraßen
Ein Ergebnis der Kreuzzüge, des Mongolensturms und der Eroberungen der Mamelucken war es, dass alle drei Handelsrouten im 13. Jahrhundert funktionierten, zum ersten Mal seit dem Untergang Roms. Allerdings verlor die mittlere Route nach dem Fall von Akkon deutlich an Gewicht zu Gunsten der beiden anderen Routen.
Europäische Händler bewegten sich aber vor allem auf der Nordroute, v.a. Venezianer und Genuesen erreichen nicht nur die Städte des Ilkhanats, sondern auch China. Nach Wegfall der mittleren Route erfolgte der Handel über die Stützpunkte
Tana
(Don-Mündung) und von dort nördlich vom Kaspischen Meer, sowie über
Laias am Golf von Alexandretta
und Trapezunt, wo Waren aus Tabriz oder Hormus, und damit v.a. Indien, ankamen.
In Tana waren über die Nordroute und auch die Seeroute erhältlich: Pfeffer, Gewürze, Ingwer, Saffran, Muskatnuss und Seide, Baumwolle und Perlen. Neben der Seide, die vor allem über den Landweg transportiert wurde, war der Pfeffer wichtig, von dem Marco Polo riesige Mengen in Zaiton sah, die von Java kamen und auf Schiffe nach Indien verladen wurden.
Hatten zuvor vor allem muslimische Zwischenhändler die Waren gehandelt, drangen nun auch zahlreiche Europäer bis nach China vor und ließen sich dort nieder. Um 1320 dürfte die Reise vom Schwarzen Meer nach China als Kaufmann kein Abenteuer mehr gewesen sein, sondern eine gewisse Routine. Im Gegenzug lieferten die Europäer wertvolle Kleidung aus europäischen Märkten, Silber und Gold nach Osten, teilweise auch Zinn.
c) Genua und Venedig als zentrale Knotenpunkte der eurasischen Vernetzung
Genueser und Venezianer ließen sich zunächst im persischen Tabriz nieder, wo ab 1304 ein Consul bezeugt ist, der mehrere Handelsveträge zwischen der Stadt Genua und dem Ilkhan schloß. In den 1340er Jahren gab es eine eigene italienische Gemeinde in Tabriz sowie ein eigenes Warenhaus.
Von Tabriz kamen v.a. mit Gold und Silber bestickter Stoff, Edelsteine, Weihrauch, Leder, Korallen, Bernstein, Quecksilber, Zinn, Zinnober, Pelze und natürlich Rohseide aus dem Ilkhanat.
Genua, mehr noch als Venedig, war der Dirigent des „Welthandels“ im Mittelmeeraum, weil es die Textilzentren in Flandern, die Champagne Messen, die Knotenpunkte der Seidenstraße am Schwarzen Meer, die Küstenstädte an der Levante, die Mittelmeerinseln und die Küstenstädte Nordafrikas miteinander verbannt. Es kann als protokapitalistische Handelsmetropole modernen Zuschnitts gesehen werden. Genua vernetzte sich über ein System von Kolonien (z.B: Caffa), Hafenkolonien (Tana), Vertragshäfen mit Konzessionen und Faktoreien bis ins äußerste China. Als Vasco da Gama 200 Jahre später nach der Afrika-Umseglung in Calicut landete, wurde er dort von Genuesen empfangen.
In den genuesischen Handelskompanien waren nicht nur die reichen Kaufleute Eigner, sondern auch die mittleren und einfachen Bürger, die ihr Geld gewissermaßen in den Handelsbanken anlegten.
Genua unterhielt regelmäßige Linien im Mittelmeer, wo mehrere Galeeren bewacht von Kriegsgaleeren von Genua über das Schwarze Meer, die Levante, Ägypten und wieder Genua pendelten.
Hintergrund: Genuas wirtschaftliche und demographische Blüte durch den Asienhandel
Genua war um 1330 mit 100 000 Einwohnern größer als Paris oder London, auch Caffa und Tana dürften über 100 000 Einwohner gehabt haben.
1293 betrug das Steueraufkommen aus dem Seehandel in Genua 4 Mio genuesische Pfund, = 10 mal soviel wie das Steueraufkommen Frankreichs!
Genua konnte 165 Kriegsgaleeren mobilisieren.
Genua operierte nach kommerziellen Interessen, nicht nach christlichen oder abendländischen:
- - es schließt Bündnisse gegen Papst und Venedig, z.B. mit dem Kaiser von Byzanz
- - es schließt 1290, kurz vor dem Fall von Akkon, Bünsdnisse mit den Mamelucken, gegen die Weisungen des Papstes.
d) Die Seidenstraßen und die pax mongolica
Die Nordroute wurde von den Mongolen derart geschützt und ausgestattet, dass es sich für Genuesen und Venezianer lohnte, diese Route zu benutzen, die immerhin von Strachan am kaspischen Meer bis Peking mit dem Wagen etwa 250 Tage bis Peking brauchte und durch mehrere unbesiedelte und wüste Landschaften führte. (ca. 5000 Meilen). Durch die Truppenbewegungen und den Ausbau des Poststationenwesens dürften die Straßen in einem passablen Zustand auch für Lastkarren und Trampeltierkarawanen gewesen sein. Außerdem wurden längere Wege immer wieder auch von regionalen Zentralstädten unterbrochen, die an wichtigen Kreuzungen lagen, wie z.B. das berühmte Samarkand, wo die Händler dann weitere Ware tauschen und Proviant aufnehmen konnten. Diese Städte waren multiethnisch, es fanden sich arabische Händler genauso wie chinesische Handwerker und persische Textilweber.
Die mittlere und die Südroute waren für die europäischen Christen eher von Nachteil: Nach dem Fall Bagdads führte die Landroute über das persische Tabriz, das von den nun muslimischen Mongolen des Ilkhanats kontrolliert wurde. Auch die Mamelucken in Ägypten sperrten das Rote Meer für europäische Kaufleute, so dass der Gewürzhandel vor allem über arabische Zwischenhändler lief.
e) Europa trifft Asien: Erste Kontaktaufnahme, Handelsreisen und Handelsbeziehungen
1245-48 Johannes von Piano Carpini und Simon von St.Quentin als päpstliche Gesandte
1253-55 Wilhelm von Rubruk als Bote des frz. Königs
1260-69 bzw. 1271-95 Niccolo und Maffeo Polo mit Marco Polo als Handelsreisende
Marco Polo berichtet von blühenden Handelsstädten von Bagdad, Tabriz bis nach Taidu (Peking), wo Seide und Stoffe hergestellt und mit Gold verfeinert werden, wo ebenso Elfenbein, Perlen und Metalle bzw. Rüstungen produziert und gehandelt werden. Europäische Händler kommen bisher nur nach Damaskus, sind vom weiteren Handel im Grunde ausgeschlossen, dieser liegt ganz in muslimischer Hand.
Hintergrund: Auch das Christentum kommt nach Asien
1289 wurde Johannes vom ersten Franziskaner auf dem Heiligen Stuhl, Papst Nikolaus IV. (1288–1292), als Missionar zum Großen Khan Kubilai (Kublai Khan) nach Peking geschickt, mit dem Auftrag, die Mongolen zu bekehren und die nestorianischen Christen in Zentralasien und China zur Wiedervereinigung mit der katholischen Kirche aufzufordern. Bis 1306 gelang es ihm, 6400 Menschen zu taufen. 1299 erbaute er die erste Kirche in Peking nahe dem Palast und 1305 die zweite mit 200 Sitzen, wo mit päpstlicher Erlaubnis die Messe auf Mongolisch gelesen wurde. Ebenfalls errichtete er eine Schule, in der Lesen, Schreiben und Gregorianischer Gesang gelehrt wurde. Außerdem übersetzte er das Neue Testament und die Psalmen. Von seiner Arbeit berichtete er 1305 und 1306 in zwei Briefen an Papst Clemens V.
In den 34 Jahren seines Wirkens konnte er etwa 30.000 Chinesen und Mongolen für das Christentum gewinnen. 1318 kam der Franziskaner Odorico von Pordenone nach Peking, wo er bis 1321 blieb, 1342 Johannes von Marignolli. Als sich die Chinesen allerdings 1368 der mongolischen Fremdherrschaft entledigten, wandelte sich auch die Stimmung gegenüber den Christen.
f) Aus Kontakten werden Handelsnetze
1303 Ein erstes dreisprachiges Lexikon für Reisende auf lateinisch-persisch-komanisch entsteht.
Zwischen 1330 und 1345 dürfte der direkte Handel von Genueser Kaufleuten, also nicht nur über Mittelsmänner, mit China enorme Ausmaße angenommen haben, von zahlreichen Genuesen wissen wir, dass sie in China waren und dort mit dem Seidenhandel nach Europa ein Vermögen verdient haben. In manchen chinesischen Städten dürften sie auch eine eigenes Handelshaus (fondaco) nur für katholische Italiener unterhalten haben. Von den Genuesen in Persien, die mit den Ilkhanen handelten, ist bekannt, dass sie ihren Kindern italienisierte Namen der Ilkhane gaben. Der letzte italienische Kaufmann mit Namen Nikolas dürfte 1371 vom neuen Ming-Kaiser, so vermerken es zumindest die chinesischen Annalen, mit einem Brief an den Dogen von Venedig aus China verbannt worden sein. Direkter Kontakt mit China ist dann erst wieder durch Portugiesen im 16.Jhdt. belegt.
Umfang des Handels: Ein einziger Händler exportierte vom Schwarzen Meer chinesische Seide im Wert von 27 000 Pfund im Jahr 1288 nach Genua, um es von dort an die Höfe Europas zu verkaufen. Man geht davon aus, dass die Seide in China 30% des Verkaufspreises in Europa ausmachte, dazu kamen etwa 20% Kosten für die knapp 2-jährige Reise (Zölle, Schutz, Lebensmittel), so dass trotzdem eine Gewinnspanne von 100% für den Kaufmann übrig blieb.
Ab 1257 wird chinesische Seide, die billiger ist als persische, auf den europäischen Märkten der Champagne durch Genuesen verkauft.
An den Khan ist in der Regel eine 3%-Abgabe zu entrichten.
Drappi Tartari oder panni tartarici gelten in der Literatur des 14. Jhdts. als Topos für prächtigen, unerhörten Reichtum, (z.B: Dante Inf. XVII, 17) vor allem bei festlichen Anlässen, wie einer Krönung, treten die reichen Patrizier in tartarischer Seide auf.
Der Handel mit China und Persien dürfte wohl bis um das Jahr 1370 aufrechterhalten worden sein, bis die Ming die Kaufleute abwiesen bzw. die Zustände im Ilkhanat zu unsicher wurden.
Die mittelalterliche Weltsicht, insbesondere die Darstellung auf Karten veränderte sich: zwar bleibt Jerusalem im Zentrum, aber Indien, das seither den äußersten östl. Rand bebildet hatte, verschiebt sich nach Westen und Catai/China erhält eine eigene Landmasse.
III. 5. Das Reich der Mongolen – ein Imperium?
a) Zivile Verwaltung und Papiergeld
Bereits unter Khan Ögödei erfolgte ab 1230 der Ausbau einer zivilen Verwaltung des Großreiches:
(Steuerlisten und Steuerschätzung, mehrsprachige Hofkanzlei,1236 Druck von Papiergeld, Ausbau eines umfassenden Relais- und Postsystems für Handel und Information )
1260 initiierte Kublai Khan eine Währungsreform mit dem Ziel einer einheitlichen Währung in allen Khanaten, nicht nur in China (in Persien mit persischer Aufschrift, aber chinesischem Siegel), Reichsmünzstätte in Peking; Verbot des Gebrauchs von Metallmünzen, obligatorischer Umtausch von Gold und Silber in Papiergeld. Ab 1311-1368 Wiederzulassung von Gold und Silber im Handel.
Das China der mongolischen Yuan-Dyanstie war das bevölkerungsreichste, wissenschaftlich und wirtschaftlich fortschrittlichste Land der damaligen Welt mit ca. 100 Mio Einwohnern, reifer Eisenverarbeitung, Kohleabbau, Papiergeld, Buchdruck, Kompass.
b) Das Zusammenleben der Völker und Religionen
Die vorherrschende Religionsform der Mongolen vor und während der Reichsbildung war der Schamanismus. Der Schamane vollzog traditionelle Riten und stellte die Verbindung der Menschen zu Geistern und Göttern her.
Den Mongolen war die Dogmatik und der Absolutheitsanspruch der monotheistischen Religionen fremd, daher missionieren sie auch nicht, was z.B. von Carpini oder Rubruk als höchst seltsam vermerkt wird.
Die Khane duldeten in der Regel Vertreter aller Religionen am Hof, inszenierten Religionsgespräche und Debatten; die größeren Städte des Reiches verfügten über Tempel, Kirche und Moscheen verschiedener Religionen, die ethnisch-religiösen Gruppen scheinen aber eher segregiert gelebt zu haben.
III.6. Die Pest
Die bisher akzeptiert These von William McNeill besagt, dass der im Himmalaya endemische Pestbazillus über die mongolischen Eroberungen das zentral-asiatische Grasland erreichte. Die infizierten Flöhe konnten sich leicht an die Pferde und Menschen anheften und infizierten so vermutlich Rattenkolonien entlang der Handelszentren und Poststationen, zunächst in Richtung China ab 1331, dann aber auch entlang den Karawansereien bis 1346 die nördlichen Route nach Westen, wo die Pest 1346 vor Kaffa auftauchte.
Die Pest erreichte Italien über den Knotenpunkt Kaffa und hatte in den dicht bevölkerten Städten Oberitaliens verheerende Folgen. Venedig war von 80 000 Einwohner um 1200 auf etwa 160 000 um 1300 gewachsen, ebenso Genua von 50 000 auf 100 000. An der Pest starben etwa 3/5 der Einwohner Venedigs, also knapp 100 000, in Genau waren es 40 000.
Dass die Pest bereits 1346 in Kaffa war, aber erst 1347 in Damaskus, beweist, dass die Karawanen schneller waren als die Schiffsrouten durch den Indik.
„Das hohe Tempo der transkontinentalen Ausbreitung der Pest, sobald China verlassen war, ist nicht nur ein schlagender Beweis für diese frühe Form der Globalisierung, sie sagt auch einiges über die Dichte und das Umschlagstempo der Handelsbeziehungen Mitte des 14. Jhdt.s aus.“
Ulrich Menzel, Die Ordnung der Welt. Imperium oder Hegemonie in der Hierarchie der Staatenwelt , Berlin 2015, S. 140
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