Entwicklungsstand der SuS in der Klassenstufe 5/6
1.3 Kritik an den Stufentheorien und weiterführende Theorien
In der neueren psychologischen Diskussion wird das von Piaget begründete Stufenmodell modifiziert. Zum einen werden Piagets Schlüsse aus frühkindlichem Verhalten wie Animismus (Gegenstände verhalten sich wie Menschen) oder Egozentrismus (Kinder können nicht die Perspektive anderer einnehmen) relativiert und zum anderen werden frühkindliche Fehlleistungen auch mit mangelndem Wissen erklärt.
Hinzu kommt folgende Beobachtung: Kinder weisen oft in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Entwicklungsniveaus auf, die multifaktoriell abhängig sind, z.B. von Hintergrundwissen, Normen und Lebensstilen im Elternhaus. Sie befinden sich nicht notwendigerweise auf einer „Stufe“, hinter die sie nicht zurückfallen können. Aus diesem Grund stellt die moderne Kognitionsforschung die Universalität der Stufentheorien in Frage. 1
Es herrscht in der Kognitionsforschung ein weitgehender Konsens darüber, dass schon bei Kindern zwischen unterschiedlichen Wissensdomänen (etwa Biologie, Physik, Psychologie) zu differenzieren ist, innerhalb derer mehrere Entwicklungsschritte zu unterscheiden sind. So kann man als ersten Schritt von einer intuitiven Theorie ausgehen, die entweder angeboren oder im Babyalter erworben ist. Danach führen Beobachtungen und das Erfassen von Kausalzusammenhängen dazu, viele Phänomene befriedigend zu erklären. Hinzu kommen dann innerhalb jeder Wissensdomäne wissenschaftlich fundierte Theorien, die oft nicht anschaulich sind. Diese Einsichten führen zur gegenstandsbezogenen Entwicklungspsychologie.
Domänenspezifische Entwicklungspsychologie
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1 So können z.B. bereits Vorschulkinder recht sicher belebte von unbelebten Objekten unterscheiden. Zweijährige vermögen diese Unterscheidung bei Objekte weiter zu kategorisieren (berührbar-unberührbar …) und schon schon 3-4 Jährige können in einzelnen Bereichen ein „implizite Vorstellung von Kausalität“ besitzen. Vgl. Reusser, K.: Denkstrukturen, S. 134.