Zur Haupt­na­vi­ga­ti­on sprin­gen [Alt]+[0] Zum Sei­ten­in­halt sprin­gen [Alt]+[1]

In­ter­kul­tu­rel­le Kom­mu­ni­ka­ti­on (Stol­per­fal­le)

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Von: http://​www.​do­ri­son.​net

Ste­reo­ty­pen, Kli­schees und Vor­ur­tei­le. Deutsch­land und Frank­reich sind eng be­freun­de­te Part­ner­län­der, doch die Selbst- und Fremd­wahr­neh­mung klafft teils stark aus­ein­an­der. Wenn in­ter­kul­tu­rel­le Kom­mu­ni­ka­ti­on zur span­nen­den Her­aus­for­de­rung in All­tag und Beruf wird. Im Ge­spräch mit Dr. Françoise Do­ri­son, Sprach­kurs­ko­or­di­na­to­rin im Deutsch-Fran­zö­si­schen Kul­tur­in­sti­tut Tü­bin­gen.

Françoise Do­ri­son hat ihren Le­bens­mit­tel­punkt vor Jahr­zehn­ten ins Schwä­bi­sche ver­la­gert, wo sie heute als in­ter­kul­tu­rel­le Trai­ne­rin Un­ter­neh­men zum Schwer­punkt Deutsch­land-Frank­reich coacht. Doch jetzt mal ehr­lich, sind wir als Nach­barn wirk­lich so un­ter­schied­lich, dass man Be­ra­ter wie Sie braucht? „Die Un­ter­schie­de sind grö­ßer und tief­ge­hen­der als man ge­mein­hin denkt“, stellt sie fest und nimmt Bezug auf eine ak­tu­el­le Stu­die der Wirt­schafts­wo­che, wo­nach Ge­schäfts­be­zie­hun­gen mit China am al­ler­häu­figs­ten zu Miss­ver­ständ­nis­sen füh­ren, di­rekt ge­folgt von Frank­reich an zwei­ter Stel­le. Wer hätte das ge­dacht!?

Den Kli­schee-Fran­zo­sen ka­ri­kiert man gern mit Ba­guette und Bas­ken­müt­ze, den Deut­schen in Le­der­ho­se mit Bier­krug. Wie cha­rak­te­ri­sie­ren Sie als Fran­zö­sin den deut­schen Pro­to­typ, ein­mal ab­ge­se­hen von rei­nen Äu­ßer­lich­kei­ten? „Ich schät­ze die Be­re­chen­bar­keit der Deut­schen, sie sagen, was sie mei­nen und reden nicht um den hei­ßen Brei herum.“ In die­sem Zu­sam­men­hang merkt sie an, dass deut­sche Un­ter­schrif­ten ohne Schnör­kel aus­kom­men, gut le­ser­lich sind, wäh­rend der Fran­zo­se sich hier gern in­di­vi­dua­lis­ti­scher gibt, und das nicht nur beim Schrei­ben. Zwei Län­der, zwei Kon­zep­te. Ein deut­scher Fuß­gän­ger ver­harrt auch ge­dul­dig an der roten Ampel bis zur Grün­schal­tung, wäh­rend ein Fran­zo­se schon mal die Aus­nah­me macht.

Ge­ra­de im Ge­schäfts­be­reich wird nach Do­ri­sons Mei­nung viel Por­zel­lan zer­bro­chen. „Die meis­ten Kun­den su­chen mei­nen Rat erst, nach­dem das Kind schon in den Brun­nen ge­fal­len ist.“ Die Nach­fra­ge ist da und es gibt mitt­ler­wei­le zahl­rei­che in­ter­kul­tu­rel­le Stu­di­en­gän­ge, die für Ver­hand­lungs­füh­rung und Ge­sprächs­be­glei­tung fit ma­chen.

Be­fragt nach Tipps, wie man sich mög­lichst di­plo­ma­tisch im Nach­bar­land be­we­gen kann und wel­chen Faux­pas es ab­so­lut zu ver­mei­den gilt, emp­fiehlt Do­ri­son: „Die Fran­zo­sen, die sich gern in Szene set­zen, freu­en sich wenn man sie ganz offen lobt, etwa für ihre tech­ni­schen In­no­va­tio­nen. Das kommt gut an. Auf­pas­sen muss ein Fran­zo­se an­de­rer­seits bei der his­to­ri­schen Wunde der Deut­schen, die immer noch tief sitzt. Das Aus­maß der Ver­letz­lich­keit ahnen die meis­ten nicht im Ge­rings­ten.“ Dies um nur zwei Bei­spie­le zu nen­nen, aber wer mit of­fe­nen Augen durch die Welt geht, wird oh­ne­hin gut zu­recht­kom­men bzw. in die ein oder an­de­re wit­zi­ge Si­tua­ti­on hin­ein­ge­ra­ten.

Eine in­ter­kul­tu­rel­le An­ek­do­te zum Schluss: nach jah­re­lan­ger deut­scher Prä­gung in Frank­reich auf Be­such, streck­te Françoise Do­ri­son einer guten Freun­din die Hand zum Gruß ent­ge­gen, die diese Geste als hoch­nä­sig in­ter­pre­tier­te. Zur Wie­der­gut­ma­chung gab es beim nächs­ten Mal be­son­ders viele „Bi­sous“. Es lebe die An­ders­heit und deutsch-fran­zö­si­sche Syn­er­gi­en!


Stol­per­fal­le In­ter­kul­tu­rel­le Kom­mu­ni­ka­ti­on: Her­un­ter­la­den [doc] [31 KB]