Alfred Rethel: Auch ein Todtentanz
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
Aufgabenstellung (Einzelarbeit):
Arbeiten Sie heraus, wie die Revolution
von 1848/49 in Wort und Bild dargestellt wird. Erläutern Sie, welcher politischen
Richtung der Verfasser/Künstler Ihrer Meinung nach zuzuordnen ist. (08 VP)
Schülerarbeit 1:
Die kommentierte Bildfolge von Alfred Rethel „Auch ein Todtentanz“ schildert die gewaltsame Phase der Revolution vom März 1848, als von Frankreich inspiriert die ersten Aufstände losbrachen, bis hin zur Niederschlagung der letzten Erhebung im Mai 1949, die ausbrach, nachdem Friedrich Wilhelm IV. die Kaiserkrone abgelehnt hatte.
Das erste Bild zeigt die personifizierten „Untugenden“, die den „Tod“ mit Schwert, Waage, Pferd und Hut für seinen Feldzug gegen Justitia, die personifizierte Gerechtigkeit, ausrüsten. Bild und Text lassen sich auf folgende Aussage reduzieren: Der Wunsch nach Freiheit und Gerechtigkeit wird dem Menschen den Tod bringen. Die Motive der Menschen in ihrem Bestreben nach Gerechtigkeit und dem damit verbundenen Kampf werden in Frage gestellt: Eitelkeit, Tollheit und Blutgier sollen laut Rethel der Antrieb sein und werten so das aus Sicht der Revolutionäre „noble Vorhaben“ von vornherein ab.
Die tatsächlichen Motive liegen auch zur damaligen Zeit auf der Hand. Die niederen Stände sahen sich der Willkür der Obrigkeiten ausgesetzt und das monarchische Prinzip bedeutete soziale, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rückständigkeit, unter der das Volk litt. Die Maßnahmen der „Restauration“ hatten 30 Jahre Frieden in Europa gesichert, jedoch jeglichen Fortschritt gehemmt und nationale und liberale Bestrebungen ausgebremst. Rethels Darstellung blendet diese politischen Motive der Revolutionäre aus und lenkt den Blick auf das moralisch Verwerfliche.
In den zwei folgenden Bildern wird klar, dass sich die Bildfolge in seiner Aussage vor allem gegen die allzu forschen Forderungen nach einer Republik richtet. Während Rethel schon zu Beginn seiner Bildfolge das Versprechen abgibt, dass die Menschen Gleichheit erst im Tode erlangen, rückt dessen Personifizierung im dritten Bild näher an die Menschen heran. Rethel unterstellt dem Tod, der hier sicher auch sinnbildlich für die radikalen Demokraten steht, das Volk durch List aufzuwiegeln. Das Volk wird, begünstigt durch revolutionäre Feierstimmung, verblendet und manipuliert, so Rethel.
Man kann also davon ausgehen, dass – so Rethel – dem Volk der Wunsch nach einer Republik in den Mund gelegt wurde. Der Tod überlistet die Menschen: Mit einer Manipulation der Waage zeigt Rethel auch, wie töricht er den Gedanken einer Gleichstellung von Adel und Volk findet.
In Bild vier überreicht der Tod, auch hier vermutlich symbolisch für die radikalen Demokraten um Hecker und Struve, dem Volk das „Schwert der Gerechtigkeit“. Dass Rethel Gewalt als „Argumentationshilfe“ verurteilt, ist durchaus nachvollziehbar, jedoch zeigt er in seinem Werk auch keine alternativen Wege auf, die veralteten und volksfremden Strukturen aufzubrechen. Des Weiteren darf bezweifelt werden, dass das Paulskirchen-Parlament überhaupt zustande gekommen wäre, ohne die vorangegangenen Aufstände. Faktisch brachten diese Volkserhebungen Deutschland also tatsächlich an das demokratische Deutschland, wie wir es heute kennen, heran.
In Rethels letzten Bildern stellt er die Ergebnisse der Revolution und vor allem der Aufstände sehr einseitig dar. Das Volk hat die gewünschte Gleichheit tatsächlich nur durch den Tod im „unnützen Kampf“ erlangen können. Tatsächlich haben die Erhebungen in Deutschland einen liberalen Geist hinterlassen, der in den Köpfen der Menschen weiterlebte. So wie die Forderung nach einer Republik damals als unmöglich empfunden wurde, so selbstverständlich nehmen wir heute am demokratischen Leben Deutschlands teil.
Der Maler Alfred Rethel ist vermutlich den konservativen Rechten zuzuordnen. Er spricht sich indirekt für eine ständische Gesellschaft aus und „verteufelt“ die Forderungen der linken Demokraten nach einer Republik. Er ist vermutlich auch kein Liberaler gewesen, denn diese hatten zu großen Nutzen von den Aufständen, auch wenn sie sich schnell für die Eindämmung der Gewalt durch das Volk aussprachen. ( /08)
Schülerarbeit 2:
Der Verfasser stellt die Revolution von ihrem Beginn bis zu ihrem Ende dar. Er beginnt mit dem Vorspiel, in dem er darstellt, dass angeblich ein neuer Heiland auferstehe. Dieser verspreche Macht und Herrlichkeit für alle. Der Heiland ist hier als Verantwortlicher für die Revolution anzusehen.
Blatt 1: Verdammung von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, den Zielen der Französischen Revolution; dies fördert den Aufstieg des Sensenmanns, des Tods. Frauen „kleiden“ ihn ein; die Gerechtigkeit wird gefesselt und das Schwert der Gerechtigkeit wird „ihr“ entwendet. Die Frauen stellen die Lüge, die Eitelkeit, die Tollheit und die Blutgier dar; sie haben „Skelettfüße“, sind also Verbündete des Todes.
Blatt 2: Der Sensenmann macht sich auf den Weg in die Stadt. Er ist auf Gewalt aus, seine Sense blitzt im Sonnenschein, aber er bringt auch Sturm mit. Die Frauen am Wegesrand fliehen, sie spüren das kommende Unheil, selbst die Vögel fliehen. An der Sense hängt die Waage der Gerechtigkeit.
Blatt 3: Nachdem der Sensenmann in der Stadt angekommen ist, stachelt er das Volk gegen die Krone auf und wird selbst von den Stacheleien des Volks gegen die Krone in seinem Tun, in seiner Macht gestärkt. Zum Beweis, dass die Krone nicht mehr als ein Pfeifenstil wert ist, wendet er eine List an: Er hält die Waage am Zünglein statt am Ring. Alle, bis auf eine alte Frau, glauben dem Sensenmann.
Blatt 4: Das Hoch der Revolution. Das Volk strömt um das Rathaus, der Sensenmann wird als Held gesehen. Er gibt das Schwert der Gerechtigkeit dem Volk, das Blut sehen will, sich jedoch um das Schwert prügelt.
Blatt 5: Das Volk kämpft und stirbt gewaltsam. Der Sensenmann steht oben auf dem Rathaus und sagt, er löse jetzt sein Versprechen ein. Alle sollen so werden wie er. Er zeigt seinen Bauch, und das Volk erkennt, er ist der Tod. Er steht als Sieger da.
Blatt 6: Das Volk, das dem Sensenmann folgte, ist tot, nur er selbst sitzt als Sieger auf seinem Ross: „Der Held der roten Republik“ brachte Blutvergießen, Tod, Unglück.
Nachwort: Nur im Tod sind alle Menschen gleich. Freiheit ist nur durch wahre, von Gott gegebene Bruderliebe erreichbar.
Die Revolution ist hier in sechs Phasen eingeteilt, plus Vor- und Nachspiel. Personen werden nicht genannt, jedoch durch Personifizierungen und Metaphern versuchsweise „ersetzt“. Das Volk wird als leichtgläubig dargestellt, die bereitwillig in das Verderben der Revolution laufen. Die alten Werte wie Bruderliebe sind die einzig wahren und nur sie führen zur Freiheit.
Die Zeichnungen und der Text beziehen sich auf die Ablehnung der Revolution; der Zeichner und der Verfasser sind somit zu den ganz rechts außen stehenden Liberalen oder den Konservativen einzuordnen. ( /08)
Schülerarbeit 3:
Zu sehen sind das Volk, der Sensenmann, ein blindes Weib sowie mehrere Frauengestalten. In Phase 1 wird der Aufschrei nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit gezeigt, der durch das Volk geht, aufgrund von Armut. Danach verbreitet sich der Revolutionsgedanke im Volk. In Bild 3 wird das Volk vom Revolutionsgedanken „infiziert“, überzeugt. Die Revolution breitet sich gewalttätig aus (Bild 4) und das Volk wendet Gewalt an (Bild 5). Zum Schluss wird das Scheitern der Revolution ins Bild gesetzt, dessen Folge ist der Tod.
Der Sensenmann wird ausgerüstet mit Eitelkeit, Tollheit, Blutgier und Lüge; er ist der Mann, der alle frei und gleich machen kann – im Tod. Das Volk ist gutgläubig, leicht zu überzeugen und bezahlt ihre Begeisterung für die Revolution am Ende mit dem Tod; nur ein altes Weib wird als „ungläubig“ dargestellt.
Der Verfasser/Künstler gehört eher dem konservativen Flügel des Parteienspektrums an, da er
- den Sensenmann als Revolutionsführer und den Tod als Folge der Revolution darstellt;
- das Volk als „dumm“ und verführbar darstellt;
- die Revolution als vollkommen gescheitert darstellt. ( /08)