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M4 – M6

Er­ar­bei­tung: Was ist Auf­klä­rung?

M 4: Was ist „Auf­klä­rung?“ (siehe AB „Was ist Auf­klä­rung?“)

  1. Ar­bei­te aus M 4a her­aus, wel­che Rech­te nach Di­de­rot allen Men­schen zu­kom­men soll­ten.
  2. Be­schrei­be M 4b und er­läu­te­re, warum das Bild den Titel „Auf­klä­rung“ trägt.
  3. Be­schrei­be M 4c und er­läu­te­re, was über das Fa­mi­li­en­le­ben hier deut­lich wird.

Er­geb­nis­si­che­rung 1/ Heft­ein­trag/ Ta­fel­an­schrieb:

Auf­klä­rung = Vor­ha­ben, durch Wis­sen und neue Er­kennt­nis­se Ant­wor­ten auf Fra­gen zu fin­den und alt­her­ge­brach­te bzw. fal­sche An­nah­men in Frage zu stel­len. Im Zeit­al­ter der Auf­klä­rung wurde die mensch­li­che Ver­nunft zum Maß­stab eines jeden Han­delns er­klärt.

Ver­tie­fung: Kon­kre­te Fol­gen der Auf­klä­rung für die Stän­de­ge­sell­schaft

M 5: Skan­dal im Thea­ter (siehe AB „1769 – Skan­dal im Thea­ter“)

  1. Lies den Be­richt auf­merk­sam durch und un­ter­strei­che in ver­schie­de­nen Far­ben die ge­nann­ten An­ge­hö­ri­gen des Drit­ten Stan­des sowie die der bei­den an­de­ren Stän­de.
  2. Fasse die ge­schil­der­te recht­li­che Si­tua­ti­on knapp zu­sam­men: Wel­che Vor­schrif­ten gab es und wer ver­stieß gegen wel­che?
  3. Er­klä­re, was am Ver­hal­ten der Ma­dame Bar­na­ve ty­pisch für das Bür­ger­tum in Frank­reich Mitte des 18. Jahr­hun­derts war.

    Zu­satz­auf­ga­ben für Schnel­le:
  4. Über­le­ge Dir wei­te­re Bei­spie­le, womit das Bür­ger­tum in Frank­reich um 1750 un­zu­frie­den ge­we­sen sein könn­te.
  5. Stell‘ Dir vor, Denis Di­de­rot (siehe M 4a) hätte in einer Zei­tung von die­sem Zwi­schen­fall ge­le­sen. Ver­fas­se aus sei­ner Per­spek­ti­ve einen Le­ser­brief dazu!

Er­geb­nis­si­che­rung/ Heft­ein­trag/ Ta­fel­an­schrieb:

Bür­ger­tum = ge­bil­de­te Ober­schicht (Ju­ris­ten, Pro­fes­so­ren, Ärzte, lei­ten­de Be­am­te, rei­che Kauf­leu­te):

  • waren ge­bil­det („be­le­sen“) und kann­ten die For­de­run­gen der „Auf­klä­rung“ nach Gleich­heit und Frei­heit
  • ge­hör­ten zum 3. Stand und be­sa­ßen damit wenig Rech­te, aber zahl­rei­chen Pflich­ten
  • pro­tes­tier­ten gegen ihre als will­kür­lich emp­fun­de­ne Un­ter­drü­ckung

Haus­auf­ga­be: Wei­te­re Be­schwer­den der fran­zö­si­schen Be­völ­ke­rung (M 6)

M 6: Be­schwer­de­brie­fe (siehe AB „Be­schwer­de­brie­fe“)

  1. Fasse die in den Be­schwer­de­brief for­mu­lier­ten For­de­run­gen zu­sam­men. Suche dabei nach Über­be­grif­fen.
  2. Schil­de­re in ei­ge­nen Wor­ten die Si­tua­ti­on in Frank­reich vor dem Aus­bruch der Re­vo­lu­ti­on, so wie sie durch den Be­schwer­de­brief deut­lich wird.
  3. Zeige auf, in­wie­fern die Be­völ­ke­rung in dem Be­schwer­de­brief durch die Ge­dan­ken der Auf­klä­rung be­ein­flusst wor­den sein könn­te.

M 4: Was ist Auf­klä­rung?

Mitte des 18. Jahr­hun­derts be­gan­nen immer mehr ge­bil­de­te Men­schen an der Stän­de­ord­nung zu zwei­feln. Ein Grund dafür war, dass sie in Bü­chern lasen, was die Phi­lo­so­phen ihrer Zeit nie­der­schrie­ben. Die Phi­lo­so­phen wie­der­um woll­ten die Men­schen auf­klä­ren, wel­chen hohen Stel­len­wert jeder ein­zel­ne Mensch hatte. Daher nennt man diese Zeit auch „Zeit­al­ter der Auf­klä­rung“.

Zu den Vor­den­kern der da­ma­li­gen Zeit ge­hör­te der fran­zö­si­sche Phi­lo­soph Denis Di­de­rot. Er wuss­te, dass Wis­sen Macht ver­spricht. So hatte er mit Freun­den eine rie­si­ge Wis­sens­samm­lung mit über 70.00 Ar­ti­keln und zahl­rei­chen Ab­bil­dun­gen zu­sam­men­ge­stellt, die sie auf­grund der un­ter­schied­lichs­ten dort wie­der­ge­ge­be­nen The­men „En­zy­klo­pä­die“ (deutsch: „Im-Kreis-Er­zie­hung“) nann­ten und mit der sie ihren Le­sern ein um­fas­sen­des Wis­sen der Welt ge­ge­ben woll­ten. Dass die­ses Wis­sen ge­fähr­lich seien konn­te, das war den Herr­schen­den im Ab­so­lu­tis­mus auch klar: sie lie­ßen Di­de­rot wegen sei­ner auf­klä­re­ri­schen Tä­tig­keit für kurze Zeit ver­haf­ten und ins Ge­fäng­nis ste­cken.

Da Bü­cher immer noch sehr teuer waren, tra­fen sich die ge­bil­de­ten Bür­ge­rin­nen und Bür­ger zum ge­mein­sa­men Lesen und an­schie­ßen­dem Ge­spräch über die Aus­sa­gen des Ge­le­se­nen. Gegen Ende des 18. Jahr­hun­derts gab es über­all in Eu­ro­pa sol­che „Le­se­ge­sell­schaf­ten“.

M 4a: Der fran­zö­si­sche Phi­lo­soph Denis Di­de­rot schreibt über die po­li­ti­sche Macht:

(in: Mo­sa­ik A 3, Mün­chen 2006, Ol­den­bourg, S. 13)

M 4b: „Auf­klä­rung“, Kup­fer­stich des pol­ni­schen Ma­lers Da­ni­el Ni­ko­laus Cho­do­wiecki

(in: Ge­schich­te und Ge­sche­hen Bd. 3, Leip­zig 2005, Klett, S. 40)

M 4c: Cho­do­wiecki und seine Fa­mi­lie (ori­gi­nal: Ca­bi­net d'un Peint­re), Ra­die­run­gen des pol­ni­schen Ma­lers Da­ni­el Ni­ko­laus Cho­do­wiecki

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Auf­ga­ben:

  1. Ar­bei­te aus M 4a her­aus, wel­che Rech­te nach Di­de­rot allen Men­schen zu­kom­men soll­ten.
  2. Be­schrei­be M 4b und er­läu­te­re, warum das Bild den Titel „Auf­klä­rung“ trägt.
  3. Be­schrei­be M 4c und er­läu­te­re, was über das Fa­mi­li­en­le­ben hier deut­lich wird.

M 5: 1769 - Skan­dal im Thea­ter

Im Thea­ter von Gre­no­ble er­eig­ne­te sich am Abend des 26. Ja­nu­ar 1769 ein Zwi­schen­fall, ein Skan­dal. Man spiel­te zum ers­ten Mal die Tra­gö­die „Be­ver­ley oder Der Spie­ler" von Jo­seph Sau­rin, ein Stück, das in Paris Be­geis­te­rungs­stür­me aus­ge­löst hatte. Und hatte nicht sogar der alte Vol­taire, der be­rühm­tes­te fran­zö­si­sche Autor des Jahr­hun­derts, sich lo­bend dar­über ge­äu­ßert? Wer in Gre­no­ble zur guten Ge­sell­schaft zäh­len woll­te, war an die­sem Abend im Thea­ter.

Der Zu­schau­er­raum war daher fast ge­füllt, als eine Dame aus dem ge­ho­be­nen Bür­ger­tum, Ma­dame Bar­na­ve, die Gat­tin eines be­kann­ten und ge­schätz­ten An­walts, mit ihrem sie­ben­jäh­ri­gen Sohn ein­trat. Lei­der gab es keine Platz­re­ser­vie­run­gen und Ma­dame Bar­na­ve hatte sich wohl zu lange mit ihrer Gar­de­ro­be be­schäf­tigt. Eine Loge [= klei­ner ei­ge­ner Zu­schau­er­raum in einem Thea­ter, s. Ab­bil­dung] war aber noch frei. Aber als sie die Loge be­tre­ten will, ist diese ver­schlos­sen. Ein kö­nig­li­cher Be­am­ter, ein ad­li­ger Kriegs­kom­mis­sar, hatte sie für ei­ni­ge Damen aus sei­nen Krei­sen re­ser­viert und sein Sie­gel an die Tür an­brin­gen las­sen. Mit wel­chem Recht? Es gibt doch keine re­ser­vier­ten Plät­ze! Ma­dame Bar­na­ve zö­gert nicht lange. Über die Nach­bar­lo­ge, an den ver­stei­ner­ten Mie­nen der dort sit­zen­den Damen und Her­ren vor­bei, steigt sie auf das Ge­län­der - ein Au­gen­zeu­ge im Par­terre ver­merkt spä­ter an­züg­lich, dass man ihr Bein von unten sehen konn­te - und nimmt in der lee­ren Loge Platz. Der Skan­dal ist da.

Der Thea­ter­di­rek­tor, vol­ler Angst vor den ver­sam­mel­ten Ob­rig­kei­ten und Au­to­ri­tä­ten, bet­telt, fleht, be­stürmt sie, die Loge zu räu­men. Er hat eben­so wenig Er­folg wie der dienst­tu­en­de Gen­dar­me­rie­of­fi­zier und vier Po­li­zis­ten. Die Frau ist nicht ein­zu­schüch­tern. Erst als der mi­li­tä­ri­sche Ober­be­fehls­ha­ber der Pro­vinz per­sön­lich er­scheint und ihr be­fiehlt, die Loge zu ver­las­sen, gibt sie nach. Die Loge ist wie­der frei.

Un­ter­des­sen wie­gelt Herr Bar­na­ve im Par­kett die Menge auf: „Meine Her­ren, meine Frau wird auf Be­fehl des Gou­ver­neurs ver­trie­ben - muss man sich das bie­ten las­sen?" Wäh­rend man im Par­kett pro­tes­tiert, klat­schen die Ad­li­gen in den Logen Bei­fall, als die Bür­ger­frau aus der Loge ge­trie­ben wird. Zwei Lager bil­den sich, hier Bür­ger, dort Adel, und die Lage wird be­droh­lich. Der In­ten­dant droht Herrn Bar­na­ve mit Ge­fäng­nis, aber der als mit allen Was­sern ge­wa­sche­ne Ju­rist kann dar­über nur la­chen. In­zwi­schen kom­men die ad­li­gen Damen, für die die Loge re­ser­viert wor­den ist. Man warnt sie, dort zu er­schei­nen - es könn­te ein Un­glück geben.

Ehe es zu Ge­walt­tä­tig­kei­ten kommt, siegt die Ver­nunft der Bür­ger. Aber man zeigt sich mit sei­nes­glei­chen so­li­da­risch: vol­ler Em­pö­rung über die Schmach, die einer der ihren an­ge­tan wurde, ver­las­sen alle Damen des Bür­ger­tums den Saal, ge­folgt von den Her­ren. Die Pre­mie­re fin­det vor halb­lee­rem Saal statt, der Pro­vinz­a­del ist unter sich.

Für die Bür­ger fängt der Abend jetzt erst rich­tig an. Ma­dame Bar­na­ve münzt ihre Nie­der­la­ge in einen mo­ra­li­schen Sieg um; von die­sem Abend wird man in Gre­no­ble noch lange spre­chen! In Eile lässt sie bei sämt­li­chen De­li­ka­tes­sen­händ­lern der Stadt die Be­stän­de auf­kau­fen und lädt alle Mit­strei­ter zum Essen ein. Drei­ßig Pis­to­len [= Gold­mün­zen] wird sie der Abend kos­ten, aber an Geld fehlt es ja nicht, und das kalte Buf­fet kann sich sehen las­sen. Der Cham­pa­gner fließt in Strö­men, mit Witz und Fröh­lich­keit trös­tet man sich über die ge­sell­schaft­li­che Be­nach­tei­li­gung und über die Ar­ro­ganz des Adels hin­weg.

Am nächs­ten Mor­gen ließ die Stadt­ver­wal­tung eine Po­li­zei­vor­schrift be­kannt­ma­chen, nach der Platz­re­ser­vie­run­gen im Thea­ter ver­bo­ten wur­den. Aber kein Bür­ger von Gre­no­ble ließ sich dort mehr sehen, so­lan­ge nicht auch Ma­dame Bar­na­ve wie­der er­schien. Es ist nicht über­lie­fert, wie lange dies dau­er­te.

Nach: Jean-Jac­ques Che­va­lier, Bar­na­ve ou les deux faces de la Révo­lu­ti­on, Gre­no­ble (Pres­ses uni­ver­si­taires) 1979, S. 14-22; zit. nach: His­to­ria, Bd. 3, Pa­der­born (Schö­ningh) 1995, S. 26 f.; übers. v. Her­bert Krau­me

Auf­ga­ben:

  1. Lies den Be­richt auf­merk­sam durch und un­ter­strei­che in ver­schie­de­nen Far­ben die ge­nann­ten An­ge­hö­ri­gen des Drit­ten Stan­des bzw. die der bei­den an­de­ren Stän­de.
  2. Fasse die recht­li­che Si­tua­ti­on knapp zu­sam­men: Wel­che Vor­schrif­ten gab es und wer ver­stieß gegen wel­che?
  3. Er­klä­re, was am Ver­hal­ten der Ma­dame Bar­na­ve ty­pisch für das Bür­ger­tum in Frank­reich Mitte des 18. Jahr­hun­derts war.


    Zu­satz­auf­ga­ben für Schnel­le:
  4. Über­le­ge Dir wei­te­re Bei­spie­le, womit das Bür­ger­tum in Frank­reich um 1750 un­zu­frie­den ge­we­sen sein könn­te.
  5. Stell‘ Dir vor, Denis Di­de­rot (siehe M 3) hätte in einer Zei­tung von die­sem Zwi­schen­fall ge­le­sen. Ver­fas­se aus ihrer Per­spek­ti­ve einen Le­ser­brief dazu!

M 6: Be­schwer­de­brie­fe

In vie­len Tau­sen­de von Be­schwer­de­brie­fen (frz. Ca­hiers de Doléances) schil­dern die An­ge­hö­ri­gen aller drei Stän­de ihre Sor­gen und Nöte. Sie sind eine wich­ti­ge Ge­schichts­quel­le für die Si­tua­ti­on in Frank­reich vor dem Aus­bruch der Re­vo­lu­ti­on.

Z.B. ein Aus­zug aus dem Be­schwer­de­brief des Dor­fes Gu­yan­court (in der Nähe von Ver­sailles) vom Früh­jahr 1789.

(in: Ge­schich­te und Ge­sche­hen, Bd. 3, Leip­zig 2005, Klett, S. 45)

Ar­beits­auf­trä­ge:

  1. Fasse die in den Be­schwer­de­brief for­mu­lier­ten For­de­run­gen zu­sam­men. Suche dabei nach Über­be­grif­fen.
  2. Schil­de­re in ei­ge­nen Wor­ten die Si­tua­ti­on in Frank­reich vor dem Aus­bruch der Re­vo­lu­ti­on, so wie sie durch den Be­schwer­de­brief deut­lich wird.
  3. Zeige auf, in­wie­fern die Be­völ­ke­rung in dem Be­schwer­de­brief durch die Ge­dan­ken der Auf­klä­rung be­ein­flusst war.

Wis­sen ist Macht:  Her­un­ter­la­den [pdf] [893 KB]

Wei­ter zu Men­schen­rech­te