Zur Haupt­na­vi­ga­ti­on sprin­gen [Alt]+[0] Zum Sei­ten­in­halt sprin­gen [Alt]+[1]

Block­bil­dung

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Grie­chi­scher Bür­ger­krieg (1.​Phase): 12/1944 – 2/1945

Kon­flikt­ge­gen­stand und -ziele:

Die EAM/ELAS (Eth­ni­kon Ape­left­he­ro­ti­kon Me­to­pou / Eth­ni­kos Lai­kos Ape­left­he­ro­ti­kos Stra­tos; eine Ko­ali­ti­on aus ver­schie­de­nen so­zia­lis­ti­schen Grup­pen) und die EDES (Eth­ni­kos Dio­kra­ti­kos El­li­ni­kos Stra­to­sin; re­pu­bli­ka­ni­sche Be­frei­ungs­ar­mee) hat­ten sich als grö­ße­re Wi­der­stands­or­ga­ni­sa­tio­nen gegen die deut­sche Be­sat­zung for­miert. Bei den ge­gen­sei­ti­gen Kämp­fen nach Abzug der Deut­schen - in den be­frei­ten Ge­bie­ten waren ein neuer Staat und eine Résis­tan­ce-Re­gie­rung ge­bil­det wor­den - ging es um die künf­ti­ge po­li­ti­sche Struk­tur Grie­chen­lands.

Die EAM/ELAS er­streb­te die Er­rich­tung eines neuen po­li­ti­schen Sys­tems mit so­zia­lis­ti­scher Aus­rich­tung und woll­te die Wie­der­her­stel­lung der bür­ger­li­chen, kon­sti­tu­tio­nel­len Mon­ar­chie […] ver­hin­dern. Die EDES kämpf­te für ein bür­ger­lich-li­be­ra­les Sys­tem. Die Bri­ten hat­ten im Zuge des Zwei­ten Welt­kriegs Trup­pen in Grie­chen­land - schwer­punkt­mä­ßig in Athen - sta­tio­niert. Als roya­lis­ti­sche grie­chi­sche Bri­ga­den - die "Ri­mi­nib­ri­ga­de" und die "Hei­li­ge Schar" - trotz der For­de­rung der EAM/ELAS nicht ent­waff­net wur­den, ent­zog sich auch die ELAS der De­mo­bi­li­sie­rung und ver­ließ am 1. De­zem­ber 1944 die Re­gie­rung. Über die Ur­sa­chen des Krie­ges und in ihm ver­folg­te In­ter­es­sen gibt es ver­schie­de­ne The­sen:

1. Als die von der KKE (Kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Grie­chen­land) do­mi­nier­te EAM/ELAS fest­stell­te, dass weder die rest­li­chen Mit­glie­der der Résis­tan­ce-Re­gie­rung noch die Bri­ten ge­neigt waren, die Macht aus den Hän­den zu geben, wähl­te sie be­wusst den Weg der Kon­fron­ta­ti­on, nicht zu­letzt mit der Hoff­nung auf die Hilfe der UdSSR, die in­zwi­schen in Bul­ga­ri­en stand.

2. Die Bri­ten be­trie­ben die Kon­fron­ta­ti­on, da sie die EAM/ELAS fürch­te­ten, die die stärks­te po­li­ti­sche und mi­li­tä­ri­sche Macht in Grie­chen­land dar­stell­te. Auf­grund des Mos­kau­er Ge­heim­ab­kom­mens (9. April 1944) zwi­schen den Re­gie­run­gen Chur­chills und Sta­lins war Grie­chen­land zur bri­ti­schen Ein­fluss­sphä­re er­klärt wor­den.

Er­geb­nis­se des Krie­ges

Das zwi­schen den Bür­ger­kriegs­par­tei­en aus­ge­han­del­te Ab­kom­men von Var­zi­ka (12. Fe­bru­ar 1945) um­fass­te die Ent­waff­nung und Auf­lö­sung der Kampf­grup­pen, die Zu­si­che­rung von Straf­frei­heit, bal­di­ge Wah­len und die Zu­si­che­rung eines Ple­bis­zits über die Rück­kehr des Kö­nigs. Ein er­heb­li­cher Teil der ELAS-Kämp­fer zog sich nach Ju­go­sla­wi­en zu­rück, hoch­wer­ti­ges Kriegs­ma­te­ri­al wurde in Grie­chen­land ver­steckt.

Die EAM/ELAS hatte wäh­rend des Krie­ges ca. 15.000 Bür­ger als Gei­seln ins Hin­ter­land ver­schleppt, um einen Faust­pfand gegen die von der Re­gie­rungs­sei­te durch­ge­führ­ten Mas­sen­ver­haf­tun­gen zu haben. Nach dem Krieg wurde an EAM-An­ge­hö­ri­gen Rache ge­nom­men, die EAM/ELAS hatte sich po­li­tisch dis­kre­di­tiert, die auf dem Pa­pier gel­ten­de Straf­frei­heit für po­li­ti­sche Ver­ge­hen galt de facto nicht


Grie­chi­scher Bür­ger­krieg (2. Phase): 6/1946 – 10/1949

Kon­flikt­ge­gen­stand und -ziele :

Unter Füh­rung der KKE (Kom­mu­nis­ti­schen Par­tei Grie­chen­lands) hat­ten sich im De­zem­ber 1945 die ver­streu­ten ELAS-Grup­pen wie­der ver­eint, ab De­zem­ber 1946 tra­ten sie unter dem Namen DSE (Di­mo­kra­ti­kos Stra­tos El­la­dos) auf. Gegen die Kon­ser­va­ti­ven und die an­ti­so­zia­lis­ti­schen Ten­den­zen woll­te die DSE neue Aus­gangs­punk­te für die De­mo­kra­ti­sie­rung Grie­chen­lands schaf­fen. Ihre pro­kla­mier­ten Ziele waren freie Par­la­ments­wah­len und Abzug aller aus­län­di­schen Trup­pen. Zu­nächst un­ter­nahm sie Gue­ril­la-Ak­tio­nen, be­son­ders in grenz­na­hen Ge­bie­ten gegen Mi­li­tär- und Po­li­zei­pos­ten, Ver­sor­gungs- und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen, wäh­rend in Athen eine po­li­ti­sche Lö­sung mit der Re­gie­rung ge­sucht wurde ("Dop­pel­stra­te­gie" der KKE). Die DSE ge­wann schnell an Größe und er­rich­te­te schwer ein­nehm­ba­re, be­fes­tig­te Zonen in den Grenz­ge­bie­ten zu Al­ba­ni­en und Ju­go­sla­wi­en, die sie immer wei­ter aus­dehn­te. In die­sem zu­sam­men­hän­gen­den Ge­biet wurde das "be­frei­te Grie­chen­land" aus­ge­ru­fen und eine Re­gie­rung (PDK) ge­bil­det, die in­ter­na­tio­nal al­ler­dings keine An­er­ken­nung fand. Die DSE ging zur Stra­te­gie der Of­fen­si­ven und Feld­schlach­ten über; die Er­obe­rung grö­ße­rer Städ­te schei­ter­te je­doch. Nach­dem ein Ein­grei­fen der UNO mehr­mals am so­wje­ti­schen Veto schei­ter­te, und Groß­bri­tan­ni­en aus wirt­schaft­li­chen Grün­den seine Un­ter­stüt­zung für die grie­chi­sche Re­gie­rung auf­ge­ben muss­te, er­such­te und er­hielt diese von den USA nach Ver­kün­dung der Trum­an-Dok­trin am 12. März 1947 um­fang­rei­che Fi­nanz- und Rüs­tungs­hil­fe sowie Mi­li­tär­be­ra­ter. Nach der Bil­dung eines grie­chisch-ame­ri­ka­ni­schen Ge­ne­ral­sta­bes (No­vem­ber 1947), der Re­or­ga­ni­sa­ti­on und dem schnel­len Aus­bau der grie­chi­schen Armee (be­son­ders 1949) er­rang diese zu­neh­mend mi­li­tä­ri­sche Er­fol­ge.

Er­geb­nis­se des Krie­ges

Die DSE wurde voll­stän­dig be­siegt, die Füh­rung der KKE setz­te sich über Al­ba­ni­en und Un­garn nach Mos­kau ab. Die DSE war be­son­ders im of­fe­nen Kampf un­ter­le­gen […]. Die grie­chi­sche Rech­te blieb bis 1963 z.T. durch Wahl­ma­ni­pu­la­tio­nen an der Macht, Zehn­tau­sen­de Linke muss­ten ins Exil oder in Um­er­zie­hungs­la­ger. Die KKE hatte auf Jahre hin­aus in Grie­chen­land keine Be­deu­tung mehr.

Laut AdG (Ar­chiv der Ge­gen­wart) wur­den im Ver­lauf des Krie­ges 28.000 Kin­der ent­führt. Zah­len über Tote und Ver­letz­te schwan­ken er­heb­lich, zwi­schen ca. 44.000 (AdG) und 158.000 (Ko­si­ris 1980) Men­schen kamen in den bei­den Grie­chi­schen Bür­ger­krie­gen ums Leben. Eben­so un­ter­schied­lich sind die An­ga­ben zur Zahl der Flücht­lin­ge aus und in Grie­chen­land: zwi­schen 80.000 (Esche 1982:342) und 703.000 (AdG). Grie­chen­land war nach drei Krie­gen  voll­kom­men ver­wüs­tet.
Peter Taut­kus

(C) Mit freund­li­cher Ge­neh­mi­gung des Ver­lags

http://​www.​so­zi­al­wiss.​uni-​ham­burg.​de/​on­TEAM/​pre­view/​Ipw/​Akuf/​krie­ge/​001_​gri​eche​nlan​d.​htm
http://​www.​so­zi­al­wiss.​uni-​ham­burg.​de/​on­TEAM/​pre­view/​Ipw/​Akuf/​krie­ge/​006_​gri​eche​nlan​d.​htm

Titelbild Spiegel DER SPIE­GEL 9/1948 (28.02.1948)
Der Vor­hang fiel - Tra­gi­sche Chöre in Prag

Das Trau­er­spiel in Prag ist vor­über. Der Vor­hang ist ge­fal­len. Der ei­ser­ne. Die Welt sah ein meis­ter­lich an­ge­leg­tes Drama. Die tra­gi­schen Kon­flik­te, die re­tar­die­ren­den Mo­men­te, alles war da, und das Pu­bli­kum war er­grif­fen und er­schüt­tert.

Es hatte damit be­gon­nen, dass die zwölf an­ti­kom­mu­nis­ti­schen Mi­nis­ter des seit 19 Mo­na­ten be­ste­hen­den Sechs-Par­tei­en-Ka­bi­netts des Kom­mu­nis­ten Gott­wald zu­rück­ge­tre­ten waren. Sie hat­ten die Alarm­glo­cken läu­ten hören, als Gott­walds kom­mu­nis­ti­scher In­nen­mi­nis­ter Va­clav Nosek die Schlüs­sel­stel­lun­gen der tsche­chi­schen Po­li­zei mit sei­nen Leu­ten be­set­zen ließ.

Das war der Be­ginn der Krise. Tags dar­auf sprach die so­wje­ti­sche Pres­se von einer "west­li­chen Ver­schwö­rung". Haupt­ver­schwö­rer war nach Mei­nung der Tass der ame­ri­ka­ni­sche Bot­schaf­ter in Prag, La­wrence Stein­hardt, der nach län­ge­rem Krank­heits­ur­laub in den USA plötz­lich auf sei­nen Pos­ten zu­rück­ge­kehrt war.[…]

Einen Tag, nach­dem die ame­ri­ka­ni­sche Dou­glas Sky­mas­ter mit dem USA-Bot­schaf­ter auf dem Pra­ger Flug­platz auf­ge­setzt hatte, lan­de­te an der glei­chen Stel­le ein von Mos­kau kom­men­des rus­si­sches Son­der­flug­zeug. Ihm ent­stieg Va­le­ri­an A. Sorin, einer der stell­ver­tre­ten­den Au­ßen­mi­nis­ter der So­wjet­uni­on. Es hieß, er wolle in Prag über rus­si­sche Wei­zen­lie­fe­run­gen an die CSR ver­han­deln.

Im bri­ti­schen For­eign Of­fice wurde eine an­de­re Les­art aus­ge­ge­ben: Sorin soll bei der Bil­dung eines neuen tsche­cho­slo­wa­ki­schen Ka­bi­netts mit aus­ge­spro­chen kom­mu­nis­ti­scher Ori­en­tie­rung mit­wir­ken, hieß es da. […]

Die vom kom­mu­nis­ti­schen In­nen­mi­nis­ter ab­hän­gi­ge Po­li­zei hatte dabei einen wich­ti­gen So­lo­part inne. Haus­su­chun­gen und Ver­haf­tun­gen am lau­fen­den Band för­der­ten "re­ak­tio­nä­re Staats­streich­plä­ne" der Op­po­si­ti­ons­par­tei­en zu­ta­ge. Neben Ge­heim­po­li­zis­ten, die erst­ma­lig ein rotes Band im Knopf­loch als Er­ken­nungs­zei­chen tru­gen, tauch­ten auch neu­ge­bil­de­te Ar­bei­ter­mi­li­zen mit roten Arm­bin­den auf, "um den sou­ve­rä­nen Wil­len des Vol­kes zu si­chern".

Den kom­mu­nis­tisch be­ein­fluss­ten Ge­werk­schaf­ten war bei dem Kes­sel­trei­ben eine wich­ti­ge Rolle zu­ge­fal­len. Set­zer und Dru­cker ver­hin­der­ten das Er­schei­nen rechts­ge­rich­te­ter Op­po­si­ti­ons­zei­tun­gen. Meh­re­re Male wurde un­miss­ver­ständ­lich mit dem Da­mo­kles­schwert des Ge­ne­ral­streiks ge­winkt.

Über­all über­nah­men kom­mu­nis­tisch ge­führ­te Ak­ti­ons­aus­schüs­se die wirt­schaft­li­che und po­li­ti­sche Exe­ku­ti­ve. Über die Dä­cher der schö­nen Stadt Prag drang der Lärm der von Gott­wald mo­bi­li­sier­ten tra­gi­schen Chöre kom­mu­nis­ti­scher Mas­sen­de­mons­tra­tio­nen bis auf den Hr­adschin [Pra­ger Burg, Sitz des Prä­si­den­ten], wo Staats­prä­si­dent Dr. Edu­ard Be­nesch in un­un­ter­bro­che­nen Ver­hand­lun­gen die Über­res­te der letz­ten ost­eu­ro­päi­schen De­mo­kra­tie zu ret­ten such­te.[…]

18 Stun­den am Tag saß Dr. Be­nesch an sei­nem Schreib­tisch. Vier­mal in drei Tagen be­müh­te sich Gott­wald auf die Burg, um eine An­nah­me der kom­mu­nis­ti­schen For­de­run­gen zu er­zwin­gen. Drei Tage lang wei­ger­te sich Be­nesch.

"Das ist eine his­to­ri­sche Geste", schrieb die "Wa­shing­ton Post". "Aber es wird wohl eine Geste blei­ben." Die ame­ri­ka­ni­sche Zei­tung be­hielt recht. Am Mitt­woch ka­pi­tu­lier­te Be­nesch vor dem pau­sen­lo­sen Trom­mel­feu­er von links. […]

Be­nesch er­kann­te die De­mis­si­on der zwölf Mi­nis­ter und die neue Re­gie­rung Gott­walds an. Die­ser hatte alle ent­schei­den­den Pos­ten mit Par­tei­ge­nos­sen oder pro­kom­mu­nis­ti­schen So­zi­al­de­mo­kra­ten be­setzt. In den Op­po­si­ti­ons­par­tei­en fand er vier Mi­nis­ter, die ihm hal­fen, den An­schein der na­tio­na­len Front auf­recht­zu­er­hal­ten. Sie wur­den post­wen­dend aus ihren Par­tei­en aus­ge­schlos­sen.

Von einem Last­wa­gen aus gab Mi­nis­ter­prä­si­dent Gott­wald auf dem Wen­zel­platz 60000 De­mons­tran­ten sei­nen Sieg be­kannt. "Es war nicht leicht für Prä­si­dent Be­nesch", sagte der kom­mu­nis­ti­sche Pre­mier viel­deu­tig, wäh­rend der Schnee in dich­ten Flo­cken auf seine Pelz­müt­ze rie­sel­te. "Es dau­er­te ei­ni­ge Zeit, bis er die An­ge­le­gen­heit ver­daut hatte und sich im Sinne des Vol­kes ent­schied." […]

http://​www.​spie­gel.​de/​spie­gel/​print/​d-​44415769.​html
(C) Mit freund­li­cher Ge­neh­mi­gung des Ver­lags

Ori­gi­nal­ar­ti­kel als pdf:
http://​wis­sen.​spie­gel.​de/​wis­sen/​image/​show.​html?​did=444​1576​9&​are​f=ima​ge03​6/​2005/​12/​13/​sp19480908-​T2P-​009.​pdf&​thumb=false

Block­bil­dung: Her­un­ter­la­den [doc][66 KB]