M1. Europa in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
– Worum geht's?
Die Französische Revolution und das ihr Werk teils abwandelnde, in wichtigen Bereichen jedoch fortsetzende und stabilisierende napoleonische Empire ermöglichten nicht nur in Frankreich selbst, sondern auch in seinen Nachbarländern den entscheidenden Durchbruch des Bürgertums gegenüber dem Feudalwesen und der ständischen Ordnung [1] , die aus dem Mittelalter stammten. Das Bauerntum und der Boden wurden von den Fesseln der Grundherrschaft [2] in West- und Mitteleuropa […] befreit, das Handwerk kam frei von der bis dahin vorherrschenden Zunftverfassung [3] . Solche und andere Maßnahmen, darunter die Schaffung größerer Wirtschaftsräume, ebneten die Bahn für die Entwicklung der modernen Industriegesellschaft. Die persönliche Freiheit und die Gleichheit vor dem Gesetz, die Sicherheit des Einzelnen und das Eigentum wurden garantiert. Nach England und den USA verwirklichte die Französische Revolution erstmals auf dem Kontinent die Idee einer nach allerdings noch verbesserungsbedürftigem Wahlrecht gewählten Volksvertretung, zunächst im Rahmen der konstitutionellen Monarchie, dann der Republik. Beides scheiterte vorerst, doch im Zeitraum von 1814 bis 1848/49 wurden überall in Europa außerhalb Russlands und des Osmanischen Reiches Verfassungen eingeführt.
Die Amerikanische Revolution von 1776 und die folgenden Erhebungen in England, Irland, den Niederlanden, Belgien und der Schweiz bildeten aus europäischer Sicht das Vorspiel zu den dramatischen Umwälzungen, die sich zwischen 1789 und 1815 in Europa abspielten und die zu Ergebnissen führten, welche durch die Restauration [4] nicht mehr rückgängig gemacht werden konnten.
Während es den maßgebenden Staatsmännern des Wiener Kongresses gelang, außenpolitisch eine lang andauernde Friedensordnung zu schaffen und das Gleichgewicht in Europa zu sichern, unterschätzten sie das Streben der Völker nach Verfassungen auf der Grundlage der Volkssouveränität. Sie trugen dem Wunsch weiter Kreise in Deutschland, Italien, Polen und Südosteuropa nach nationaler Einheit nicht Rechnung. Hieraus vor allem erwuchsen die Konflikte der Restaurationszeit und des Vormärz [5] sowie die Revolutionen von 1848/49.
Weis, Eberhard: Der Durchbruch des Bürgertums: 1776-1847, Propyläen Geschichte Europas Bd. 4, Frankfurt/Main, Berlin 2. Auflg. 1981, Klappentext . ((c) 1981 Propyläen Verlag in der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin)
M2 gibt einen Überblick über Veränderungen in Europa in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Lesen Sie als Einführung den Text. Erstellen Sie dann eine Zustandsbeschreibung des "alten Europas um 1800" und setzen sie dieser eine Vision gegenüber, was das "Europa des 20. Jahrhunderts" an die Stelle des Alten setzen könnte. Fassen Sie Ihre Charakterisierungen unter Oberbegriffen (z.B. Politik, Wirtschaft…) zusammen. Benutzen Sie dazu das "Begriffscurriculums“. Markieren Sie Begriffe, die für das „alte“ und für „neue“ Europa stehen können.
[1] Gesellschaftsordnung, in der die gesellschaftliche Stellung des Einzelnen im Wesentlichen durch Geburt festgelegt war. Der geistliche Stand, der Adelsstand und die Bauern hatten jeweils unterschiedliche Rechte.
[2] Die Bauern waren in der Regel unfrei, d.h. einem adeligen Grundherren unterworfen, an den sie Abgaben leisten mussten und der über sie Recht sprach. Die Bauern waren persönlich und wirtschaftlich unfrei. Sie konnten weder Land kaufen oder verkaufen noch konnten sie frei ihren Wohnort wechseln („Bindung an die Scholle“).
[3] Zünfte entschieden in einer Stadt darüber, ob, wie und was ein Handwerker produzieren konnte. Der Markt war nicht frei.
[4] Versuch der Wiederherstellung des alten Zustands, meist mit Gewalt.
[5] Zeit vor den Revolutionen 1848/49, die ab März 1848 sich in ganz Europa verbreiteten.