Beurteilung/Bewertung
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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
Analyse von Sach- und Werturteilen:
Historische Informationen sind
vorhanden (Freiheits- und Einheitsstreben der Deutschen, Angst vor der Radikalisierung
der Revolution, Bekenntnis zur konstitutionellen Monarchie, Kaiserwahl, Aufstand
in Baden und in der Pfalz, gewaltsame Niederschlagung), erscheinen häufig nur
in der Form der Aufzählung einzelner Ereignisse. Personen nur als Symbolgestalt
(Michel) oder anonyme Vertreter ihres Standes handelnd. Im Mittelpunkt steht
die Wahl des Kaisers (sein Name wird nicht genannt; nur in der Zeichnung ist
er als preußischer Monarch erkennbar), das Scheitern des ‚Kaiserprojekts‘
der Paulskirche (bemerkenswerterweise am Widerstand der Fürsten) und der Reichsverfassungskampagne. Völlige
Übertreibung der Rolle Russlands, was die Revolution im Deutschen Bund betrifft.
Auch die politischen (Macht-)Verhältnisse innerhalb des Deutschen Bundes bleiben
völlig außen vor (vgl. etwa die Situation im Königreich Bayern).
Die Figur des Michels ist von Anfang an ironisch/satirisch dargestellt und gezeichnet, dessen überraschende Courage ihn weiter fortreißt, als er eigentlich gehen möchte, und der schnell einen Ausgleich mit den alten Gewalten sucht; das Parlament wird nur negativ darstellt, seine feigen Mitglieder suchen sehr schnell den Kompromiss mit den traditionellen Ordnungshütern; ihre Ablehnung der Republik wird ebenso verurteilt wie ihr Kuschen vor den Fürsten; die Reichsverfassungskampagne erscheint nur als bloße Imitation eines vormals revolutionären Ritus; umso leichter kann sie – von Preußen und Russen – blutig niederkartätscht werden. Unverkennbar ist der bittere Galgenhumor des Verfassers.
All dies deutet daraufhin, dass der Verfasser dem republikanischen bzw. demokratischen Lager zuzuordnen ist; er mokiert sich über den inkonsequenten, feigen Michel, der die Republik als „Tand“, als Plunder, verurteilt und lieber die Schleppe des deutschen Kaisers trägt. Die Reichsverfassungskampagne in Baden und in der Pfalz erscheint eher als Reminiszenz an die revolutionäre Vergangenheit der Region(en), denn als revolutionäre Tat und das Volk kann deshalb sehr schnell von seinem ‚Freiheitswahn‘ kuriert werden.
Gesamtaussage: Der Einblattdruck attackiert die Halbherzigkeit, mit der der deutsche Michel sich aus seinem Gefängnis befreit und seine Märzforderungen durchzusetzen versucht; da er vor dem entscheidenden Schritt zur Realisierung der Republik zurückschreckt und sich lieber mit den Repräsentanten des alten Systems arrangiert, ist das Scheitern seiner Einheitspläne programmiert, zumal er die Rechte/Einkünfte/etc. der Fürsten nicht antastet.
Intention: DerVerfasser nimmt die Niederschlagung der Reichsverfassungskampagne in der Pfalz und in Baden zum Anlass, um die (in seinen Augen von Anfang an verfehlte) Politik der gemäßigt Liberalen zu attackieren; er verurteilt vor allem ihre Kompromissbereitschaft gegenüber den Vertretern der traditionellen Gesellschaft und ihre Genügsamkeit, nur die Schleppe eines neuen Kaisers tragen zu dürfen.
Quellenwert: Der Einblattdruck ist ein typisches Produkt der Resignation der demokratischen Revolutionäre; Galgenhumor und satirische Übertreibungen trüben den (Rück-)Blick auf die Ereignisse/Entscheidungen der zurückliegenden Monate, die z.T. grotesk verzeichnet erscheinen (Rolle der Fürsten bei der Ablehnung der Krone; Überbetonung der Summen der Zivillisten von Kaiser und Fürsten). Harsche Kritik am Parlament der Paulskircheganz in der Tradition der demokratischen Lyriker (Freiligrath, Herwegh etc.)