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Pan­nen­berg

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Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.


Wolf­hart Pan­nen­berg: Was ist der Mensch? Die An­thro­po­lo­gie der Ge­gen­wart im Lich­te der Theo­lo­gie. Göt­tin­gen 1972, S. 34f.

„Der grie­chi­sche Un­sterb­lich­keits­ge­dan­ke be­ruht auf der Un­ter­schei­dung von Leib und Seele. Wäh­rend der Leib im Tode ver­geht, soll die Seele fort­dau­ern. Man kann hier nicht ganz im ei­gent­li­chen Sinne von einer Hoff­nung reden; denn wer an die Un­sterb­lich­keit der Seele glaubt, schaut nicht nach einem zu­künf­tig Neuen aus, son­dern meint einen Kern des ge­gen­wär­ti­gen Mensch­seins als un­ver­gäng­lich fest­hal­ten zu kön­nen.

Die Hoff­nung über den Tod hin­aus konn­te sich im grie­chi­schen Den­ken nur in die­ser ei­gen­ar­ti­gen Ver­klei­dung in das Ver­trau­en auf einen un­zer­stör­ba­ren Kern des ge­gen­wär­ti­gen Da­seins­be­stan­des äu­ßern, weil es als tö­richt galt, ein über­schweng­li­ches Neues von der Zu­kunft zu er­hof­fen. Es be­deu­tet daher schon eine Kri­tik am grie­chi­schen Un­sterb­lich­keits­ge­dan­ken, wenn man ihn als Aus­druck einer Hoff­nung ver­steht.

Es be­deu­tet, dass man den Be­weis­an­spruch der Ar­gu­men­te für die Un­sterb­lich­keit der Seele nicht an­er­kennt und sie nur als Aus­druck einer tie­fe­ren Sehn­sucht gel­ten läßt. In die­ser Lage sind wir heute al­ler­dings ge­gen­über dem Ge­dan­ken der Un­sterb­lich­keit, der der Phi­lo­so­phie bis ins vo­ri­ge [19.] Jahr­hun­dert hin­ein als un­er­schüt­tert galt und der noch heute in man­cher­lei For­men ver­brei­tet ist.

Die klas­si­sche Be­weis­füh­rung für die Un­sterb­lich­keit der Seele hat Pla­ton in sei­nem Dia­log Phai­don ge­ge­ben. Für Pla­ton be­deu­te­te das Wort Seele nicht mehr wie für die äl­te­ren Grie­chen nur den be­le­ben­den Atem, den Le­bens­o­dem, der mit dem letz­ten Atem­zug des Ster­ben­den aus­ge­haucht wird. Das ei­gent­li­che Wesen die­ser Seele war für Pla­ton der er­ken­nen­de Geist des Men­schen.

Des­sen Un­sterb­lich­keit ergab sich ihm dar­aus, daß der Mensch durch seine geis­ti­ge Er­kennt­nis an den ewi­gen Ur­bil­dern der Dinge teil­hat. Die Kör­per­din­ge er­in­nern näm­lich an Ur­bil­der (wir nen­nen sie heute All­ge­mein­be­grif­fe), die kein ei­ge­nes kör­per­li­ches Da­sein haben, also – nach Pla­ton – auch nicht ver­gäng­lich sind. Sie müs­sen der Seele aus einem frü­he­ren Leben, bevor sie an einen Kör­per und an sinn­li­che Wahr­neh­mung ge­ket­tet wurde, be­kannt sein.

Die Teil­ha­be an die­sen ewi­gen Ur­bil­dern muß aber be­deu­ten, daß auch die Seele selbst un­ver­gäng­lich ist. Zum glei­chen Er­geb­nis sah Pla­ton sich durch eine Reihe wei­te­rer Er­wä­gun­gen ge­führt, vor allem durch die, daß die Seele als etwas Geis­ti­ges nicht – wie die Kör­per­din­ge – zu­sam­men­ge­setzt sein könne und also auch nicht in ihre Be­stand­tei­le wie­der auf­ge­löst wer­den kann.“

Die­ser Text stellt einen nicht ge­rin­gen Ver­ste­hens­an­spruch. Die Her­aus­for­de­rung liegt nicht so sehr auf Wort- und Satz­ebe­ne, son­dern auf der Ebene der Ko­hä­renz­bil­dung. Das gilt zum Teil für die Ver­bin­dung zwei­er auf­ein­an­der­fol­gen­der Sätze, vor allem aber für die Si­che­rung des ge­sam­ten in­halt­li­chen Zu­sam­men­hangs.

Die Si­che­rung des ge­sam­ten in­halt­li­chen Zu­sam­men­hangs ist für Ab­itu­ri­en­ten kei­nes­wegs selbst­ver­ständ­lich und recht­fer­tigt eine Auf­ga­ben­se­quenz, die das Text­ver­ste­hen weit­ge­hend un­ab­hän­gig von der Schreib­kom­pe­tenz der Prüf­lin­ge er­hebt. Das Pro­blem be­steht je­doch darin, ge­schlos­se­ne Auf­ga­ben zu ge­ne­rie­ren, die die Eta­blie­rung glo­ba­ler Ko­hä­renz über­prü­fen – ob die Aus­sa­gen in ihrem tex­tu­el­len Zu­sam­men­hang ver­stan­den wur­den.


Wort- und Sat­zi­den­ti­fi­ka­ti­on


Vor­trag: Her­un­ter­la­den [pdf] [916 KB]