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Rückmeldungen zu Schülerarbeiten

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

 

Der nachfolgende Text ist ein Ausschnitt aus der Novelle Der Schimmelreiter von Theodor Storm.(Siehe auch „Unterrichtsversuch in Klasse 9“ ) Er enthält die recht sparsame Beschreibung der Wohnstube im Hause des alten Deichgrafen. Die erste Aufgabe im beschriebenen Unterrichtsversuch war nun, nach einer gemeinsamen Vorstellungsübung eine Ortsbeschreibung vorzunehmen und diese frei zu gestalten. Zwei der daraufhin entstandenen Schülerarbeiten finden sich im Anschluss an den Stormschen Text. Sie sind zeichengetreu wiedergegeben.

"Elke setzte sich Hauke gegenüber auf einen grobgeschnitzten Holzstuhl, wie sie noch derzeit hier an Winterabenden im Hause selbst gemacht wurden. Sie hatte aus einem Schubkasten einen weißen Strumpf mit rotem Vogelmuster genommen, an dem sie nun weiterstrickte; die langbeinigen Kreaturen darauf mochten Reiher oder Störche bedeuten sollen. Hauke saß ihr gegenüber in seine Rechnerei vertieft, der Deichgraf selbst ruhte in seinem Lehnstuhl und blinzelte schläfrig nach Haukes Feder; auf dem Tisch brannten, wie immer im Deichgrafenhause, zwei Unschlittkerzen, und vor den beiden in Blei gefassten Fenstern waren von außen die Läden vorgeschlagen und von innen zugeschroben; mochte der Wind nun poltern, wie er wollte. Mitunter hob Hauke seinen Kopf von der Arbeit und blickte einen Augenblick nach den Vogelstrümpfen oder nach dem schmalen ruhigen Gesicht des Mädchens.

Da tat es aus dem Lehnstuhl plötzlich einen lauten Schnarcher, und ein Blick und ein Lächeln flog zwischen den beiden jungen Menschen hin und wider; dann folgte allmählich ein ruhigeres Atmen; man konnte wohl ein wenig plaudern; Hauke wusste nur nicht, was."

Theodor Storm: Sämtliche Werke , Frankfurt 1999, Bd.4, pp.657/8

(I,1)

Beschreibung

Das Zimmer des Deichgrafen

Es ist Abend und beginnt zu dämmern. Der Wind heult lauwarm um das Haus, es ist einer der letzten Sommerwinde in diesem Jahr. Die Eichen wiegen ihre gelb-braunen Blätter im Wind. Es wird Herbst. In der Stube sitzt der Deichgraf in seinem alten, rotbraunen Sessel. Das Pendel der Uhr in der Ecke schwingt langsam hin und her. Das Feuer im Kamin flackert und verbreitet angenehme Wärme und Licht im Raum. Hauke sitzt in der Ecke an einem billig aussehenden Tisch aus hellem Holz. Dieser Tisch will nicht recht zu den restlichen Möbeln im Raum passen. 3 Bücherregale aus dunklem Holz stehen in einer Ecke neben dem Kamin. Gegenüber des Kamins steht eine Kommode aus dem selben Holz. Sie ist mit schönen Schnitzereien verziert. Auf dem Boden vor der ebenfalls schön verzierten Türe liegt ein Bodenläufer, ein schöner bordeauroter Teppich mit orientalischen Verzierungen. Ein ähnlicher Teppich liegt vor dem Kamin.

Die Möbel sind schon seit Generationen im Besitz der Familie und deshalb abgeschabt und alt.

Allein der Schreibtisch ist für die Rechenarbeiten neu angeschafft worden. Er steht in der Nähe von einem der beiden Fenster, um gutes Licht zu gewährleisten. Trotzdem steht eine Öllampe auf dem Tisch und fuzelt vor sich hin.

Neben der Kommode liegt ein Korb mit Elkes Näh- und Strickzeug. Ein kleiner Hocker steht daneben. Elke ist momentan aber in der Küche, man hört leise das Geschirr klappern.

(I,2)

Beschreibung des Raumes

In dem Raum des Deichgrafen gibt es drei Türen. Eine Tür führt in das Zimmer von Elke, die Andere in eine Abstellkammer und die letzte Tür in ein Zimmer, dass nicht gebraucht wird und ganz dunkel und verlassen ist. Man kann 3 kleinere Fenster erkennen, die ein wenig Licht in das Zimmer lassen, dennoch nicht viel. Der Raum ist ziemlich düster und es gibt nur Kerzen zur Beleuchtung. Zwei Tische stehen in dem Raum, an einem sitzt Hauke und rechnet und an dem anderen sitzen Elke und der Deichgraf. Sie trinken Tee und unterhalten sich. Auf Haukes Tisch stehen mehrere Kerzen. Draußen regnet und windet es. Es ist Herbst und gegen Abend. Der Regen klatscht gegen die Fenster. In der Ecke steht ein heruntergekommener Schaukelstuhl, auf dem der Deichgraf immer ein Buch liest. Der Boden ist dunkel und besteht aus braunem Holz. Es gibt keine Teppiche. An der Wand hängen zwei Gemälde, auf dem einen kann man ein Wald mit vielen Bäumen erkennen und einzelnen Blumen, und auf dem Anderen ist eine Kuh die auf der Wiese grast. Die Fensterläden von außen schlagen immer wieder auf und zu, durch den Wind, der draußen herrscht. In dem Zimmer ist es sehr warm, da ein Kamin das Zimmer beheizt. Die Stimmung untereinander ist sehr harmonisch und ruhig. Der Stil des Deichgrafen ist eher schlicht und alt.

In beiden Schülerarbeiten finden sich Anlässe zu Rückmeldungen auf verschiedenen Ebenen, die natürlich Rücksicht auf die Aufgabenstellung zu nehmen haben. Beide Texte weisen gelungene Aspekte auf, die betont werden sollten, um sie in der Überarbeitung zu stärken. Details, die hinzugekommen sind und die Atmosphäre verstärken, fallen auf, so zum Beispiel die Farben in I,1 und die Bilder und Fensterläden in I,2. Auch entsteht eine je spezifische Atmosphäre, die in ihrer Wirkung beschrieben werden kann. Ein besonderer Clou in I,1 besteht darin, dass der Neuling an diesem Ort, Hauke Haien, als einziger an einem neuen, zudem „billig aussehenden“ Tisch sitzt. Diese Engführung zwischen handelnder Person und ihrer räumlichen Umgebung stellt schon eine besondere Leistung dar. In I,2 dagegen wird eine mögliche soziale Unterscheidung dadurch betont, dass Hauke arbeitet, während der Deichgraf und seine Tochter Tee trinken. Diese Charakterisierung durch Handlungsdetails lohnt die Bestärkung und Einladung zur weiteren Ausarbeitung, oder aber, wie im zweiten Falle, zur gestalterischen Klärung. Schließlich steht hier gegen die Markierung des Deichgrafs und seiner Tochter als Mitglieder der höheren Gesellschaft die recht bescheidene Ausstattung ihres Heims („es gibt nur Kerzen“, ein „heruntergekommener Schaukelstuhl“ wird erwähnt usw.). Insgesamt gilt, dass beide Arbeiten ein hohes Potential bieten, ihren Wert als Gestaltung zu steigern, durchaus über das Maß des ursprünglich Geplanten hinaus.

Andere Aspekte in den Texten laden zur korrigierenden Überarbeitung ein. Der letzte Satz in I,2 zum Beispiel bedarf der Erläuterung oder der klärenden Überarbeitung. Hier können beim Lesen entstandene Verständnisschwierigkeiten rückgemeldet werden. In I,1 wiederum könnte irritieren, dass die Möbel einerseits kostbar erscheinen („mit schönen Schnitzereien“), andererseits aber „abgeschabt“ sind. Auch auf unglückliche Formulierungen sollte hingewiesen werden („Die Stimmung untereinander“(I,2)).

Kommentare zum Bereich der Sprachrichtigkeit bieten sich zwar schnell an, sollten aber im Zusammenhang der Rückmeldungen erst später geäußert werden. Fehler müssen im Sinne der Schreibförderung auch hier korrigiert werden, sollten aber in ihrer Bedeutung nicht überbetont werden.

Allgemeinere Vorschläge zur Überarbeitung könnten dahin gehen, die Texte durch Streichen von Überflüssigem zu konzentrieren, bzw. Details, deren Bedeutung bisher nicht deutlich wurde, auszuarbeiten.

Wie weit am Ende die Vorschläge gehen, hängt von Zielen und Skrupeln des Rückmeldenden ab. Der Respekt vor dem Schülertext ist wichtig, das Ziel der entwickelten Schreibkompetenz allerdings auch.

 

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