Sport
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Die Drei Basisdimensionen von Unterrichtsqualität spielen auf der Ebene der Tiefenstrukturen eine zentrale Rolle
Die Tiefenstrukturen erhalten im Sportunterricht eine eigenständige Interpretation.
Kognitive Aktivierung muss im Sportunterricht stets motorische und kognitive Aktivitäten einbeziehen.
Konstruktive Unterstützung umfasst einerseits Feedback und Fehlerkorrektur auch bei motorischen Lernprozessen, andererseits emotionale und motivationale Unterstützung, um eine angstfreie Lernatmosphäre zu schaffen.
Die strukturierte Klassenführung stellt aufgrund der Besonderheiten von Sportstätten als Unterrichtsraum oft eine besondere Herausforderung für die Sportlehrkraft dar.
Leitgedanken zum Sportunterricht
Der Bildungsplan definiert als Ziel des Sportunterrichts den Erwerb sportlicher Handlungskompetenz: „Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, ihr gegenwärtiges und zukünftiges Bewegungshandeln auf der Grundlage reflexiv erworbener Handlungsfähigkeit selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu gestalten.“ (Bildungsplan Gymnasium Baden-Württemberg 2016). Einerseits soll der Sportunterricht individuelle sportliche Leistungsfähigkeit und ein vielseitiges Bewegungskönnen (Erziehung zum Sport) fördern. Andererseits soll er zur allgemeinen Bildung im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung beitragen (Erziehung im und durch Sport). Schülerinnen und Schüler sollen vielfältige, unmittelbare Erfahrungen sammeln, die neben motorischen Kompetenzen auch kognitive, reflexive, personale und soziale Kompetenzen fördern.
„Ein mehrperspektivischer, kompetenzorientierter Sportunterricht, dessen Ausgangspunkt und Zentrum stets das Bewegungshandeln ist, bedarf einer kognitiv-reflexiven Durchdringung, um einerseits die motorischen Lernprozesse und damit die Entwicklung des Bewegungskönnens der Schülerinnen und Schüler sowie andererseits deren Persönlichkeitsentwicklung im Sinne von Reflexions- und Urteilskompetenz, Personalkompetenz und Sozialkompetenz zu fördern.“ (Bildungsplan Gymnasium Baden-Württemberg 2016).
Das Zentrum des Sportunterrichts stellen motorische Aktivitäten und der Erwerb bzw. die Festigung bewegungsbezogener Kompetenzen dar. Für die Bewältigung sport- und bewegungsbezogenen Handlungssituationen ist aber auch Handlungswissen erforderlich. Der Erwerb und die Anwendung von Fachwissen bzw. fachwissenschaftlichem Wissen ist zentral, um sich die Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur zu erschließen. Dabei spielt die Reflexion der Handlungen, auch im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung, eine zentrale Rolle. Durch sie können eigene Positionen zu den Sinnrichtungen sportlichen Handelns gefunden werden und personale Kompetenzen, wie die Entwicklung eines realistischen Selbstbilds, entwickelt werden. Wenn Schülerinnen und Schüler in sportlichen Handlungssituationen eigenständig Lösungen finden, können sie dabei grundlegende soziale Kompetenzen wie wertschätzenden und verantwortungsvollen Umgang miteinander entwickeln.
Tiefenstrukturen im Sportunterricht
Für die kognitive Aktivierung ist es entscheidend, in welchem Maß die Lernenden angeregt werden, sich aktiv mit den Lerngegenständen auseinanderzusetzen und sich dabei vertieft mit den Inhalten zu beschäftigen. Für den Sportunterricht, der bei der Aktivierung der Schülerinnen und Schüler immer motorische und kognitive Aktivitäten berücksichtigen muss, bedeutet das im Hinblick auf den Erwerb von Fachwissen, den Blick auf explizite kognitive Lernprozesse und damit auf die Konstruktion bewusst und aktiv abrufbarer, verbalisierbarer Wissensbestände zu lenken.
Konstruktive Unterstützung erfordert einerseits ein vielfältiges Feedback, um den Lernprozess zu fördern. Dies verlangt von der Lehrkraft ein hohes Maß an fachlichem Wissen, um z. B. Bewegungskorrekturen gezielt an den Knotenpunkten einer Bewegung vorzunehmen. Formatives Assessment und positive Fehlerkorrektur sind notwendig, ebenso wie differenzierte Unterstützungsangebote. Unterstützende Maßnahmen und Hilfestellungen müssen individuell an den Lernstand der Schülerinnen und Schüler angepasst werden und können durch Aufgaben, Material, Gerätehilfen etc. variiert werden.
Konstruktive Unterstützung bezieht sich andererseits auf eine emotional-motivationale Unterstützung, die vor allem einen positiven Einfluss auf die Schüler-Lehrer-Beziehung hat (Sliwka et al., 2019). Hier bedarf es sozialer Kompetenzen seitens der Lehrkräfte, um z. B. die körperliche Exponiertheit der Schülerinnen und Schüler zu beachten, einen wertschätzenden und respektvollen Umgang untereinander zu gewährleisten sowie eine angstfreie Lernatmosphäre zu schaffen.
Eine strukturierte Klassenführung stellt für die Sportlehrkraft eine besondere Herausforderung dar. Regelklarheit, d. h. klar formulierte und verbindliche Regeln (Verhaltensregeln, Sicherheit), ist zur Vermeidung von Störungen und zur Gewährleistung der Sicherheit unabdingbar. Die Unübersichtlichkeit der Sporthalle bzw. des Sportgeländes erfordern eine gute Positionierung der Lehrkraft, um den Überblick zu behalten. Organisatorisches Geschick ist für den Lernerfolg essenziell: Geeignete Raumnutzung und Gruppenbildung maximieren Lern- und Bewegungszeiten; gut angeleitete Aufbau-, Abbau- und Umbauphasen vermeiden unnötige Warte- oder Leerzeiten zwischen einzelnen Unterrichtsphasen oder Arbeitsaufträgen; sinnvoller und ökonomischer Einsatz von Materialien und Medien unterstützen zielgerichtetes Üben, indem z. B. ein Beobachtungsfokus gesetzt wird und gezielt und kognitiv bewusst auf ein Ziel hin geübt wird Schülerinnen und Schüler, die, z. B. wegen einer Verletzung, nicht sportpraktisch aktiv am Unterricht teilnehmen können, sollen durch entsprechende Aufgaben (z. B. Beobachtung, Feedback, Coaching, Schiedsrichtern, Hilfestellung, Analyse) sinnvoll in den Unterricht eingebunden werden.
Professionelle Kompetenz der Lehrkraft
Die besonderen Anforderungen des Sportunterrichts spiegeln sich in den benötigten Kompetenzen der Lehrkraft wider. Zusätzlich zu den fachdidaktischen und pädagogischen Kompetenzen, über die alle Lehrkräfte verfügen müssen, sollte eine erfolgreiche Sportlehrkraft einen fundierten Überblick über die gesamte Sportkultur haben, z. B. was Trend ist und was bezogen auf den Sport gesellschaftlich relevant ist. Außerdem sind ausgeprägte sportpraktische und sporttheoretische Fachkompetenzen (eigenes Können, Bewegungssehen, Kenntnisse biomechanischer Aspekte etc.) erforderlich. Nur auf dieser Grundlage können kognitiv herausfordernde Aufgaben gestellt und Lernprozesse konstruktiv und lernwirksam begleitet werden.
Literatur:
- Hermann, C. (2023). Qualität des Lehrens und Lernens im Sportunterricht (QUALLIS): ein lerngegenstandsspezifisches Modell der Unterrichtsqualität.
- doi.org
- Herrmann, C., Seiler, S., & Niederkofler, B. (2016). „Was ist guter Sportunterricht?“– Dimensionen der Unterrichtsqualität. Sportunterricht, 65 (3), 7-12.
- Herrmann, C., Gogoll, A. & Gerlach, E. (2020). Unterrichtsqualität im Fach Sport. In E. Balz, C. Krieger, W.-D. Miethling & P. Wolters (Hrsg.), Empirie des Schulsports (2.0). Meyer & Meyer.
- Sliwka, A., Klopsch, B., & Dumont, H. (2019). Konstruktive Unterstützung im Unterricht. Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg.
- bbw.kultus-bw.de
- Töpfer, C., Hapke, J., Liebl, S. & Sygusch, R. (2022). Kompetenzorientierung im Sport: eine Taxonomie für den Sportunterricht. German Journal of Exercise and Sport Research. doi.org ; 02.10.2024
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