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Kognitive Aktivierung

Sportliche Handlungskompetenz beinhaltet explizit auch kognitive Anteile. Diese Anteile beziehen sich auf sportbezogenes Wissen, das für die Planung, Umsetzung und Auswertung sportlich-motorischen Handelns genutzt wird. Kognitive Aktivierung bezieht sich in erster Linie auf explizite kognitive Lernprozesse und damit auf bewusst und aktiv abrufbare, verbalisierbare Wissensbestände. Sie wird vor allem durch kognitiv orientierte Aufgabenstellungen (Lernaufgaben) erreicht.

Kognitive Aktivierung im Sport

Das übergeordnete Ziel des Schulsports ist der Erwerb sportlicher Handlungskompetenz. Sportliche Handlungskompetenz umfasst neben dem eigenen Bewegungskönnen, Wissensaspekte (z. B. Regelwissen, Taktikwissen, gesundheitsbezogenes Wissen, Wissen über Trainingsmethoden), motivationale Aspekte und den kompetenten Umgang mit der Vielfalt, Unterschiedlichkeit und Veränderbarkeit von Bewegungs­, Spiel- und Sportaktivitäten (vgl. Bildungsplan Sport 2016 S. 5). Sportliche Handlungskompetenz beinhaltet explizit auch kognitive Anteile. Diese Anteile beziehen sich auf sportbezogenes Wissen, das für die Planung, Umsetzung und Auswertung sportlich-motorischen Handelns genutzt wird. Kognitive Aktivierung bezieht sich in erster Linie auf explizite kognitive Lernprozesse und damit auf bewusst und aktiv abrufbare, verbalisierbare Wissensbestände.

Diese Wissensbestände können sehr vielfältige und sehr unterschiedliche Phänomene des Sports betreffen. Beispielhaft kann ein Vorschlag zu Kategorien von Wissensbeständen für den Sportunterricht von Größing dies verdeutlichen:

  • Handlungswissen – auch Bewegungs- und trainingswissenschaftliches Wissen.

    Beispiele: biomechanische Prinzipien, Spielregeln, Ausführungstechniken, Taktiken

  • Verfahrenswissen – auch organisatorische, inhaltliche und methodische Aspekte sportlichen Geschehens

    Beispiele: Regeln zur Nutzung von Sportgeräten, Trainingspläne, Übungsabfolgen, Spielleitung, Organisationsformen (z. B. Gruppenbildung)

  • Aufklärungswissen – Wissen über gesellschaftliche Abhängigkeiten und Einflussnahmen des Sports

    Beispiele: Werbung im Sport, Doping im Sport

  • Wirkungswissen – Wirkungen des Bewegungshandelns bzw. der Bewegungsarmut

    Beispiele: Trainingswirkungen – Gesundheit/Stressbewältigung, aktive Erholung

  • Wertwissen

    Beispiele: Fairness (z. B. auch mit Blick auf die Notwendigkeit von Regeln), Teamfähigkeit, Respekt, Körperideale, Sinnfragen des Sports

Quelle: Größing, S.: Einführung in die Sportdidaktik. Limpert 2007  S. 161

Kognitive Aktivierung wird vor allem durch kognitiv orientierte Aufgabenstellungen (Lernaufgaben) erreicht. Diese Aufgaben sind insbesondere dann kognitiv aktivierend, „wenn sie die Lernenden vor Handlungsprobleme stellen, die von ihnen nicht routiniert gelöst werden können, sondern eine vertiefte gedankliche Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand unter Einbezug bereits vorhandenen und zur Integration neuen Wissens erfordern“ (Hapke/Waigel, 2019).

[Vertiefend dazu]: Hapke, J., Waigel S. (2019): „Sporttreiben mit Köpfchen“ – Kognitive Aktivierung im Sportunterricht.

Fachdidaktischen Konzepte

In dieser Auflistung werden ausgewählte fachdidaktische Konzepte hinsichtlich ihrer Möglichkeiten zu einer gelingenden kognitiven Aktivierung erläutert. 

Mehrperspektivität:

Mit dem Konzept der Mehrperspektivität ist Sportunterricht so zu gestalten, dass die Schülerinnen und Schüler diesen aus verschiedenen pädagogischen Perspektiven erleben können (Wahrnehmungsfähigkeit verbessern und Bewegungserfahrungen erweitern, das Leisten erfahren und reflektieren etc.). Aus der Verknüpfung eines Inhalts (z. B. Volleyball, Fitness) mit einer Perspektive lassen sich Unterrichtsthemen sowie Anforderungssituationen konkret ableiten. Wenn der Inhalt Fitness z. B. mit der Leistungs- oder der Wahrnehmungsperspektive verknüpft wird, entsteht jeweils ein völlig anderer Unterricht mit unterschiedlichen Lernzielen.  Kognitive Aktivierung kann hinsichtlich der Ziele der Mehrperspektivität vor allem während reflexiver Prozesse erfolgen, sie ermöglichen den Schülerinnen und Schülern sich ein Urteil über eine passende Sinngebung ihres eigenen sportlichen Handelns zu bilden.

[Vertiefend dazu]:

  • Balz, E. (2021). Perspektivierung und Aktivierung im Sportunterricht. In J. Wibowo, C. Krieger, E. Gerlach & F. Bükers (Hrsg.), Aktivierung im Sportunterricht (S. 14-22). Hamburg: Universität Hamburg.
  • Töpfer, C., Hapke, J., Liebl, S. & Sygusch, R. (2022). Kompetenzorientierung im Sport: eine Taxonomie für den Sportunterricht. German Journal of Exercise and Sport Research.
  • doi.org

Praxis-Theorie-Verknüpfung:

„'Jede Praxis enthält Theorie' - geplant oder ungeplant, mehr oder weniger dem Lehrer (und seinen Schülern) bewußt – [daraus] folgt …, daß jede didaktische Konzeption entscheiden muß, wie sie mit diesen theoretischen Anteilen verfährt“ (Groth, 1998, S. 169). 

Praxis-Theorie-Verknüpfungen können in besonderem Maße zu einer gelungenen kognitiven Aktivierung beitragen. Eine Praxis-Theorie-Verknüpfung im Sportunterricht bedeutet, praktische Bewegungserfahrungen (Praxis) mit theoretischem Fachwissen (Theorie) zu verknüpfen. Ziel ist es z. B., dass Schülerinnen und Schüler nicht nur Bewegungsabläufe motorisch ausführen, sondern auch die dahinterliegenden Prinzipien und Konzepte verstehen (z. B. Gründe für die Notwendigkeit der Erwärmung kennen, Nutzung des Prinzips der Anfangskraft, Bedeutung des Timings beim Kreuzen im Handball). Entlang der Entwicklung der Schülerinnen und Schüler ist der Schulsport zunehmend als reflektierte Praxis zu inszenieren. So erfolgt z. B. In der Grundschule eine altersgerechte Einführung in einfache Bewegungs­prinzipien und der Erwerb der Grundregeln des sportlichen Miteinanders. Im Unterricht der Klasse 10 und der Kursstufe werden die Kennt­nis­se in verschiedenen Themenbereichen verpflichtend in ei­ner en­gen Pra­xis-Theo­rie-Ver­knüp­fung ver­mit­telt. Deren Planung und praktische Umsetzung werden durch Themenbereiche vorstrukturiert. Den Aufhänger bildet jeweils eine Leitfrage, z. B. „Wie kann man Bewegungen beschreiben und analysieren?“

Die Vermittlung kann dabei nach Trebels (1995, 98-100) integrativ, illustrativ oder additiv erfolgen: 

  • Das integrative Modell geht von der sportlichen Praxis aus. Diese Fragen werden unter Zuhilfenahme sportwissenschaftlicher Theoriebestände im Unterricht beantwortet.
  • Das illustrative Modell geht von sporttheoretischen Inhalten aus. Diese Themen werden mit sportpraktischen Inhalten vernetzt, in der Praxis veranschaulicht und (vorwissenschaftlich) überprüft.
  • Im additiven Modell stehen sporttheoretische und sportpraktische Inhalte quasi beziehungslos (additiv) nebeneinander. Sporttheoretische Themen werden unabhängig von Inhalten der Praxis vermittelt. 

Taktik-Spiel-Konzept

Die Sportspielvermittlung mittels Taktik-Spiel-Konzept kann in besonderem Maße von einer gelingenden kognitiven Aktivierung profitieren. Das Taktik-Spiel-Konzept fokussiert auf das Erlernen und Verstehen von Taktiken und Spielstrategien in verschiedenen Sportarten. Im Mittelpunkt stehen das spielerische Lernen, das Verständnis von Spielsituationen und die Entwicklung taktischer Fähigkeiten. Spielen und Üben stehen beim Taktik-Spiel-Konzept in einem funktionalen Zusammenhang: Die Analyse der Spielsituation und die damit verbundene Reflexion der taktischen Verhaltensweisen führt, gegebenenfalls über ein gezieltes Üben technischer Fertigkeiten, zu einer erweiterten Spielkompetenz. Ziel ist die Förderung des Spielverständnisses und der Fähigkeit, taktische Entscheidungen zu treffen. Die Lehrkraft unterstützt diesen Prozess durch geeignete Fragen, vorrangig zur Taktik.

Sportartenübergreifendes Lernen und integrative Sportspielvermittlung

Anstatt sich auf einzelne Sportarten zu konzentrieren, zielen diese Konzepte darauf ab, grundlegende Gemeinsamkeiten hinsichtlich motorischer Fähigkeiten und sportarten­übergreifender Bewegungsmuster zu vermitteln. Beim sportartenübergreifenden Lernen ist es das Ziel, allgemeine und grundlegende Bewegungs- sowie Spielkompetenzen zu fördern, die in verschiedenen Sportarten einsetzbar sind. Die integrative Sportspiel­vermittlung verfolgt das Ziel, auf der Grundlage allgemeiner technischer, koordinativer und taktischer Basiskompetenzen von einer sportspiel­übergreifenden zu einer speziellen (sportspiel­spezifischen) Spielfähigkeit zu gelangen. Im Hinblick auf die kognitive Aktivierung ist es entscheidend, dass die Gemeinsamkeiten immer wieder thematisiert und den Schülerinnen und Schülern bewusst gemacht werden.

Literatur

  • Balz, E. (2021): Perspektivierung und Aktivierung im Sportunterricht. In J. Wibowo, C. Krieger, E. Gerlach & F. Bükers (Hrsg.): Aktivierung im Sportunterricht S. 14-22. Hamburg: Universität Hamburg.
  • Groth, K. (1998): Wie wird Theorie in der Sportpraxis vermittelt? In Bielefelder Sportpädagogen (Hrsg.): Methoden im Sportunterricht S. 169-184. Schorndorf: Hofmann
  • Größing, S. (2007): Einführung in die Sportdidaktik. S. 161. Limpert
  • Hapke, J., Waigel S. (2019): „Sporttreiben mit Köpfchen“ – Kognitive Aktivierung im Sportunterricht. In Gawatz, A., Stürmer, K. (Hrsg.): Kognitive Aktivierung im Unterricht - Befunde der Bildungsforschung und fachspezifische Zugänge. S.148 – 161. Westermann Schulbuchverlag
  • Töpfer, C., Hapke, J., Liebl, S. & Sygusch, R. (2022): Kompetenzorientierung im Sport: eine Taxonomie für den Sportunterricht. German Journal of Exercise and Sport Research. doi.org
  • Trebels, A. H. (1994): Sportpraxis auf die Sporttheorie beziehen. Sportpädagogik 18 (1), S. 58-61.
  • Trebels, A. (1995): Sport handelnd und symbolisch begreifen. In H. Stegemann (Hrsg.), Leibeserziehung der 16- bis 20Jährigen S. 93-106. Zeist: Jan Luiting Fonds

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