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Zur Ge­schich­te der Groß­com­burg - vom Klos­ter zur Aka­de­mie

Von der Burg zum Klos­ter

Vom Klos­ter zum Chor­her­ren­stift

Ein klei­nes Re­si­den­zin­ter­mez­zo

Die Eh­ren­in­va­li­den zie­hen auf die Com­burg

Theo­dor Bäu­er­le grün­det eine Heim­volks­hoch­schu­le

Die Fort­bil­dungs­aka­de­mie

Kunst­his­to­ri­sche Schät­ze aus der Ro­ma­nik

Von der Ro­ma­nik zum Ro­ko­ko

Tod­sün­den im Ba­rock

Li­te­ra­tur

Schon die Kel­ten wuss­ten um be­son­de­re Orte, an denen sie sie­del­ten oder ihre Hei­lig­tü­mer an­leg­ten. Solch ein be­son­de­rer Ort war auch die Com­burg – und ist es heute noch, wenn man den zahl­rei­chen Gäs­ten der heu­ti­gen Fort­bil­dungs­aka­de­mie, im­mer­hin über 7.000 im Jahr, Glau­ben schen­ken mag.

Der Name Com­burg hat sei­nen Ur­sprung im kel­ti­schen ca­hen­berc, was so­viel wie Fels oder Stein be­deu­tet. Ob dort oben auf dem Um­lauf­berg eine Sied­lung der Kel­ten be­stand, ist gra­bungs­tech­nisch nicht er­wie­sen. Wich­tig war die Um­ge­bung wegen der dort mög­li­chen Salz­ge­win­nung durch die So­le­quel­len auf dem heu­ti­gen Schwä­bisch Hal­ler Stadt­ge­biet.

Luftbild Comburg

Luft­bild Com­burg

Ma­jes­tä­tisch liegt die Com­burg über dem Ko­cher­tal. Diese Lage hatte es auch den Gra­fen von Com­burg-Ro­then­burg an­ge­tan, die im 10. Jahr­hun­dert dort eine Burg er­rich­te­ten, die im 11. Jahr­hun­dert im ge­mein­sa­men Be­sitz der vier Brü­der Eme­hard (1089 zum Bi­schof von Würz­burg er­nannt), Burk­hard, Rug­ger und Hein­rich lag. Bur­gen dien­ten zu die­ser Zeit pri­mär dem Geld­er­werb, konn­te man doch von ihnen aus Wege kon­trol­lie­ren und dabei Zölle er­he­ben. Einer der vier Brü­der - Burk­hard - hatte je­doch ein Ge­bre­chen, ver­mut­lich Os­teo­po­ro­se (Kno­chen­schwund), das ihm schon in jun­gen Jah­ren zu schaf­fen mach­te. Mit die­ser Krank­heit war das an und für sich schon be­schwer­li­che Leben auf einer Burg noch müh­sa­mer. Auch war es ihm be­dingt durch seine Krank­heit nicht mög­lich, das All­tags­le­ben eines mit­tel­al­ter­li­chen Burg­her­ren zu füh­ren.

Von der Burg zum Klos­ter

Des­halb nimmt es kaum Wun­der, dass Burk­hard, ge­bo­ren um 1040 herum, den Blick durch­aus zeit­ty­pisch schon bald auf das Jen­seits rich­te­te. Un­ter­stützt und wohl auch mit be­ein­flusst durch den Main­zer Kauf­mann Wi­gnand be­schloss er, sei­nen Teil der Burg als Grund­la­ge für ein Be­ne­dik­ti­ner­klos­ter zu stif­ten, ver­mut­lich nicht ge­ra­de zur Freu­de sei­ner zwei an­de­ren Brü­der Rug­ger und Hein­rich. Und warum eine Klos­ter­grün­dung? Die Mön­che be­te­ten für das See­len­heil der Stif­ter, für mit­tel­al­ter­li­che Men­schen ein wich­ti­ger Be­weg­grund zur Un­ter­stüt­zung oder Grün­dung eines Klos­ters.

Der Main­zer Wi­gnand, ein Freund Burk­hards, stif­te­te Ende des 11. Jahr­hun­derts dem ent­ste­hen­den Klos­ter eben­falls so gro­ßen Be­sitz zu, dass er als wei­te­rer Be­grün­der des Klos­ters ge­se­hen wird. Auch er wurde gegen Ende sei­nes Le­bens Mönch auf der Com­burg, wo er um die Jahr­hun­dert­wen­de zum 12. Jahr­hun­dert ver­starb. Die Ge­bei­ne der bei­den „Haupt­stif­ter“ lie­gen auch heute noch im ro­ma­ni­schen Sar­ko­phag im Chor der ehe­ma­li­gen Klos­ter­kir­che.

Stiftertumba

Stif­ter­tum­ba

Die Burg wurde 1078 in ein Be­ne­dik­ti­ner­klos­ter um­ge­wan­delt, die zwei üb­ri­gen Brü­der brach­ten eben­falls ihre An­tei­le an der Burg­an­la­ge für das neue Klos­ter ein, Rug­ger wurde der erste Vogt des neu ge­grün­de­ten Klos­ters, zu­stän­dig für den welt­li­chen Schutz und die Ge­richts­bar­keit des Klos­ters.

Die ers­ten Mön­che kamen aus der Abtei Brau­wei­ler, nicht weit von Köln ge­le­gen, und be­sie­del­ten das neue Klos­ter, in das auch Burk­hard als Mönch ein­trat. Schon zehn Jahre spä­ter konn­te die Weihe der dop­pel­chö­ri­gen Ba­si­li­ka St. Ni­ko­laus der Abtei durch den Würz­bur­ger Bi­schof Adal­be­ro ge­fei­ert wer­den. Mitt­ler­wei­le hat­ten Mön­che aus dem Re­form­klos­ter Hir­sau das Re­gi­ment über­nom­men und be­ein­fluss­ten den wei­te­ren Aus­bau der Com­burg theo­lo­gisch - Hir­sau war ein so­ge­nann­tes Re­form­klos­ter - als auch ar­che­tek­to­nisch durch den be­son­de­ren Hir­sau­er Bau­stil. Zu sehen ist das heute noch am ro­ma­ni­schen Tor­turm, im Ka­pi­tel- und Kai­ser­saal an den Zwerg­ga­le­ri­en mit den ty­pi­schen Hir­sau­er Wür­fel­ka­pi­tel­len sowie am West­turm der ehe­ma­li­gen Ba­si­li­ka.

Es folg­te eine Zeit der Blüte des jun­gen Klos­ters. Der drit­te Abt - Hert­wig - ließ zwi­schen 1130 und 1140 auf der Com­burg Kunst­wer­ke schaf­fen, die auch heute noch Be­su­cher in Stau­nen ver­set­zen. Er­hal­ten ge­blie­ben sind aus die­ser Zeit zwei be­deu­ten­de Kunst­wer­ke - das ro­ma­ni­sche An­te­pen­di­um und der ro­ma­ni­sche Rad­leuch­ter, beide Stif­tun­gen des Abtes an das Klos­ter. Ent­stan­den sind die Kunst­wer­ke ver­mut­lich auf der Com­burg selbst in Klost­erwerk­stät­ten, die Hert­wig ge­grün­det hatte. Im 12. Jahr­hun­dert ent­steht auch der Vi­ka­ri­en­bau. Ur­sprüng­lich waren dort im Un­ter­ge­schoss das Par­la­to­ri­um (Sprech­saal), im Ober­ge­schoss mit di­rek­tem Zu­gang zur Kir­che das Dor­mi­to­ri­um (Schlaf­saal) der Mön­che un­ter­ge­bracht. Lai­en­brü­dertrakt und Klos­ter­kü­che, Kreuz­gang und Mönchs­re­fek­to­ri­um sind heute nur noch an­satz­wei­se zu er­ken­nen, zu häu­fig wurde die Klos­ter­an­la­ge in den ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten um­ge­baut. Noch er­hal­ten und im Rah­men einer Füh­rung zu­gäng­lich ist da­ge­gen der Ka­pi­tel­saal mit dem ro­ma­ni­schen Le­se­pult. In die­sem Saal wurde täg­lich ein Ka­pi­tel der Or­dens­re­gel ver­le­sen, wich­ti­ge Ent­schei­dun­gen wur­den hier von den Klos­ter­mön­chen ge­trof­fen.

Hat­ten ur­sprüng­lich die Gra­fen von Ro­then­burg-Com­burg die Schutz­herr­schaft für das Klos­ter inne, so ging diese im 12. Jahr­hun­dert ver­mut­lich über einen Erb­fall auf die Stau­fer über, die den Klos­ter­be­sitz durch ver­ein­zel­te Schen­kun­gen wei­ter ver­mehr­ten und die Schutz­vog­tei bis zu ihrem Herr­schafts­en­de Mitte des 13. Jahr­hun­derts aus­üb­ten. In diese Zeit fällt der Bau der ge­heim­nis­vol­len Sechs­eck­ka­pel­le, deren ur­sprüng­li­cher Zweck bis heute noch nicht schlüs­sig er­forscht wer­den konn­te. Das Pa­tro­zi­ni­um (Hlg. Er­hart) ge­hört eher in das El­sass als nach Ho­hen­lo­he. Un­klar ist auch, warum die Ka­pel­le un­ter­tun­nelt wurde.

Erhartskapelle

Er­harts­ka­pel­le

Vom Klos­ter zum Chor­her­ren­stift

Das Ende der stau­fi­schen Schutz­herr­schaft lei­tet auch den Nie­der­gang des Klos­ters ein. Der Be­sitz wurde nicht mehr or­dent­lich ver­wal­tet, um 1318 herum muss­te sogar der Kir­chen­schatz ver­pfän­det wer­den, weil das Klos­ter zah­lungs­un­fä­hig ge­wor­den war. Zu­neh­mend hat­ten auch die Mön­che Pro­ble­me damit, die stren­ge Klos­ter­zucht und die Ge­lüb­de auf Be­sitz­lo­sig­keit, Keusch­heit und Ge­hor­sam ein­zu­hal­ten. Nicht we­ni­ge wur­den auf Tanz­ver­gnü­gen der Um­ge­bung ge­se­hen, sogar in Prü­ge­lei­en waren sie ver­wi­ckelt. Das Klos­ter wurde mehr­fach durch päpst­li­che Ab­ord­nun­gen be­sucht und stand kurz vor der Schlie­ßung, bis es schließ­lich 1488 nach Zu­stim­mung von Papst In­no­zenz VIII. in ein Chor­her­ren­stift, ge­führt nach der Aa­che­ner Ka­no­ni­ker­re­gel als Sä­ku­lar­ka­no­ni­ker­stift, um­ge­wan­delt wurde.

Das ent­spann­te die Si­tua­ti­on. Die acht Chor­her­ren muss­ten nicht stän­dig vor Ort sein, konn­ten sich durch Vi­ka­re für ihren Chor­dienst ver­tre­ten las­sen, muss­ten nicht auf welt­li­chen Be­sitz ver­zich­ten und waren auch we­sent­lich frei­er ge­gen­über dem Propst oder Dekan des Stif­tes ge­stellt. Sie hat­ten die Pflicht, sich min­des­tens vier­zehn Tage im Jahr auf der Com­burg auf­zu­hal­ten. Das war über­schau­bar. Zwar muss­ten auch die Chor­her­ren ehe­los sein - aber sie waren nicht ver­pflich­tet, eine Pries­ter­wei­he ab­zu­le­gen, um ihren Sta­tus zu er­hal­ten. Und sie konn­ten sich auf Wunsch ihrer Chor­her­ren­wür­de ent­le­di­gen und hei­ra­ten - durch­aus at­trak­ti­ve Aus­sich­ten für die ad­li­gen Chor­her­ren, die zum über­wie­gen­den Teil aus dem Ell­wan­ger und Würz­bur­ger Raum stamm­ten.

In die Zeit der Chor­her­ren fällt wie­der eine Blü­te­zeit für das ehe­ma­li­ge Klos­ter, neue Bau­ten wie der Geb­sat­tel-, Wam­bold- und der Rei­schach­bau ent­ste­hen. Probst Eras­mus Neu­stet­ter lässt die Klos­ter­an­la­ge durch eine um­lau­fen­de 460 Meter lange Mauer ein­fas­sen - und stei­gert da­durch den im­po­san­ten An­blick des alten Klos­ters er­heb­lich.

Der Wehrgang

Der Wehr­gang

Der Wehr­gang ist heute ganz­jäh­rig tags­über ge­öff­net und er­mög­licht damit eine Um­run­dung der Groß­com­burg. Die Bau­ten aus die­ser Zeit tra­gen noch heute die Namen da­ma­li­ger Chor­her­ren. Die Alte De­kanei wird er­wei­tert, die Neue De­kanei im 18. Jahr­hun­dert er­rich­tet. We­ni­ger schön aus heu­ti­ger Sicht ist, dass in diese Zeit auch der Ab­riss der alten Ba­si­li­ka fällt, die dem Neu­bau der ba­ro­cken Stifts­kir­che wei­chen muss­te. Der Re­nais­sance-Probst Neu­stet­ter be­grün­det auf der Com­burg eine über 400 Bände um­fas­sen­de Bi­blio­thek, deren Ruhm weit über die Gren­zen Ho­hen­lo­hes hin­aus dringt.

Neustetter

Neu­stet­ter

Heute be­fin­det sich diese zum größ­ten Teil in der Würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­bi­blio­thek in Stutt­gart. Eras­mus Neu­stet­ter ist in der Stifts­kir­che Groß­com­burg sogar mit einem Grab­mal aus dem Jahr 1570 prä­sent -ob­wohl er nicht dort, son­dern in Würz­burg seine letz­te Ruhe fand. Schon zu Leb­zei­ten ließ er sie­ben Grab­plat­ten mit sei­nem Kon­ter­fei und einen In­for­ma­ti­ons­text schaf­fen, die dem Be­trach­ter un­miss­ver­ständ­lich klar mach­te, wie be­deu­tend der "Stür­mer", so einer sei­ner Bei­na­men, ge­we­sen war. Be­las­sen wurde das Grab­mal in der Kir­che nur, weil Eras­mus Neu­stet­ter für die Com­bur­ger Chor­her­ren als aus­ge­spro­chen wich­ti­ger Dekan der An­la­ge galt.

Durch die Sä­ku­la­ri­sie­rung be­dingt wurde das Chor­her­ren­stift mit dem Über­gang des Be­sit­zes an das Haus Würt­tem­berg 1803 auf­ge­löst. Die mitt­ler­wei­le über 3500 Bände um­fas­sen­de Stifts­bi­blio­thek wurde nach Stutt­gart ver­bracht.

Ein klei­nes Re­si­den­zin­ter­mez­zo

Was macht man mit einem alten Klos­ter? In Würt­tem­berg gab es nach der Sä­ku­la­ri­sie­rung einen ge­wis­sen Über­fluss an sol­chen Lie­gen­schaf­ten (Zwie­fal­ten, Och­sen­hau­sen, Wei­ßenau, Schus­sen­ried usw.).

Für die Com­burg gab es als Zwi­schen­nut­zung die Un­ter­brin­gung ver­schie­de­ner Ver­wal­tungs­äm­ter in der An­la­ge. Zu­gleich war die Com­burg von 1807 bis 1810 auch die Re­si­denz des würt­tem­ber­gi­schen Prin­zen Paul (1785-1852) und sei­ner Fa­mi­lie, der es aber bald zu ein­sam in die­ser von Stutt­gart weit ent­fern­ten ho­hen­lo­her Re­si­denz wurde. Im­mer­hin wurde auf der Com­burg in der Neuen De­kanei 1808 Prinz Fried­rich, Vater des spä­te­ren Kö­nigs Wil­helm II. ge­bo­ren.

Die Nach­nut­zung der weit­läu­fi­gen rund 14.000 Qua­drat­me­ter gro­ßen An­la­ge ge­stal­te­te sich nicht ein­fach. Schließ­lich kam der würt­tem­ber­gi­sche König Wil­helm I. auf die Idee, hier sei­nen Eh­ren­in­va­li­den eine Art Al­ters­heim ein­zu­rich­ten.

Die Eh­ren­in­va­li­den zie­hen auf die Com­burg

Im Jahr 1817 ent­steht ein Mi­ni­staat auf der Com­burg, re­giert von einem Oberst als Kom­man­deur der An­la­ge. König Wil­helm I. hatte ver­fügt, das alte Klos­ter dem 1810 ge­bil­de­ten Eh­ren­in­va­li­den­corps als Sitz zu­zu­wei­sen. Die In­va­li­den, die sich um den Schutz des würt­tem­ber­gi­schen Staa­tes ver­dient ge­macht und ihre Haut zu Mark­te ge­tra­gen hat­ten, durf­ten samt ihren Fa­mi­li­en ihren Le­bens­abend auf der Com­burg bis zum se­li­gen Ende ver­brin­gen - in­klu­si­ve ei­ge­nem La­za­rett, ei­ge­ner Schu­le für die Kin­der, ei­ge­nem Fried­hof beim To­des­fall.

Die Com­burg bot bis zu 200 Men­schen Platz. Und die woll­ten ver­sorgt sein. Im Zwin­ger ent­stan­den Stäl­le für Hüh­ner und Ka­nin­chen, der Kreuz­gang wurde 1829 samt einer Ka­pel­le nie­der ge­ris­sen, die Frau­en der In­va­li­den woll­ten ja auch Ge­mü­se und Sa­la­te für ihre Fa­mi­li­en an­bau­en. Nach dem Krieg 1870/71 re­du­zier­te sich die Be­völ­ke­rung der Com­burg auf etwas über 40 Per­so­nen, schließ­lich wurde der Eh­ren­in­va­li­den­sitz 1909 auf­ge­ho­ben, die letz­ten Über­le­ben­den durf­ten bis zur Ihrem Tod auf der Com­burg woh­nen blei­ben. Die frei wer­den­den Häu­ser wur­den wie­der für un­ter­schied­li­che Zwe­cke ge­nutzt. Aus der Kost­hal­te­rei wurde ein forst­amt­li­ches Ge­fäng­nis, eine Näh­schu­le 1868 ge­grün­det und 1879 in der Neuen De­kanei das Land­wehr­be­zirks­kom­man­do un­ter­ge­bracht. Im Jahr 1925 starb der letz­te Eh­ren­in­va­li­de auf der Com­burg und es stell­te sich wie­der die Frage nach einer An­schluss­ver­wen­dung, die die ganze An­la­ge ein­be­zie­hen soll­te.

Theo­dor Bäu­er­le grün­det eine Heim­volks­hoch­schu­le

Mitte der 20er Jahre in Deutsch­land: die Ar­beits­lo­sig­keit ist hoch und steigt an. Im Jahr 1926 hat sich die Zahl der Er­werbs­lo­sen in Deutsch­land ge­gen­über dem Vor­jahr mehr als ver­drei­facht und liegt bei gut 2 Mil­lio­nen Men­schen. Gleich­zei­tig macht sich die Firma Bosch in Feu­er­bach daran, eine Er­fin­dung in die Se­ri­en­rei­fe zu brin­gen, die das Trans­port­we­sen güns­ti­ger ma­chen soll - die ers­ten Die­sel­ein­spritz­pum­pen für Last­kraft­wa­gen wer­den ent­wi­ckelt. Ro­bert Bosch un­ter­stützt al­ler­dings nicht nur die tech­ni­sche Wei­ter­ent­wick­lung sei­ner Firma, son­dern hat auch mit einem jun­gen Päd­ago­gen Be­zie­hun­gen ge­knüpft, die unter an­de­rem zur Grün­dung der ers­ten Heim­volks­hoch­schu­len in Deutsch­land (in Den­ken­dorf und auf der Com­burg) füh­ren wer­den.

Theo­dor Bäu­er­le (1882-1956), spä­ter Kult­mi­nis­ter in Stutt­gart von 1947 bis 1951,

war schon 1917 auf den In­dus­tri­el­len Bosch ge­sto­ßen. Bäu­er­le stamm­te aus einer rem­stä­ler Hand­wer­ker­fa­mi­lie und hatte den auch schon für da­ma­li­ge Zei­ten ty­pi­schen Auf­stei­ger­be­ruf "Leh­rer" er­grif­fen. Von Haus aus pie­tis­tisch ge­prägt be­such­te er die evan­ge­li­sche Leh­rer­bil­dungs­an­stalt mit Er­folg in Ess­lin­gen, un­ter­nahm ne­ben­her et­li­che Stu­di­en­rei­sen zu Re­form­päd­ago­gen und wurde 1908 vom Kul­tus­mi­nis­te­ri­um als jüngs­tes Mit­glied in die Lehr­plan­kom­mis­si­on der Leh­rer­bil­dungs­an­stal­ten (heute Se­mi­na­re für Schul­päd­ago­gik) be­ru­fen.

Theo­dor Bäu­er­le war nach sei­ner Tä­tig­keit in der Lehr­plan­kom­mis­si­on 1912 Lei­ter der Se­mi­n­ar­übungs­schu­le Backnang ge­wor­den. Dort konn­te er seine re­form­päd­ago­gi­schen Ein­stel­lun­gen ein­brin­gen. Der 1. Welt­krieg un­ter­brach seine Ar­beit. Nach einer schwe­ren Kopf­ver­let­zung 1915 wurde er zu­rück in die Hei­mat ver­setzt und nahm sich der Er­wach­se­nen­bil­dung an. In diese Zeit fällt auch seine Be­kannt­schaft mit Ro­bert Bosch, der ihn 1917 auf­for­der­te, seine ganze Kraft auf die Volks­bil­dung zu kon­zen­trie­ren. Am meis­ten lie­gen Bäu­er­le zwei sei­ner Pro­jek­te am Her­zen: die bei­den ers­ten Heim­volks­hoch­schu­len in Den­ken­dorf (für Frau­en) und auf der Com­burg (für Ar­bei­ter). Im Ge­gen­satz zu den Volks­hoch­schu­len bie­ten die Heim­volks­hoch­schu­len auch Un­ter­kunft und Ver­pfle­gung zu­sätz­lich zu den mehr­wö­chi­gen Kurs­an­ge­bo­ten an. Am 16. Ok­to­ber 1926 wird die Heim­volks­hoch­schu­le Com­burg nach einer re­la­tiv kur­zen Vor­pla­nungs­zeit er­öff­net, im Ein­ver­neh­men mit der Kul­tus­ver­wal­tung, die die­ses neue Bil­dungs­an­ge­bot be­grüßt.

Was ist das Be­son­de­re an die­sem Volk­hoch­schul­heim? Die Kurse wen­den sich vor allem an Ar­beits­lo­se und dau­ern in der Regel vier Wo­chen. Un­ter­richts­ge­gen­stand sind neben be­rufs­spe­zi­fi­schen In­hal­ten Staats­kun­de, ak­tu­el­le Fra­gen, Re­de­übun­gen, Sport, bil­den­de Kunst, Dich­tung, Musik und thea­ter­päd­ago­gi­sche Übun­gen.

Heimvolkshochschule

Heim­volks­hoch­schu­le

Der Un­ter­richts­plan wird mit der Kurs­grup­pe ab­ge­stimmt, das, was die Kurs­teil­neh­mer in­ter­es­siert, wird zum Un­ter­richts­ge­gen­stand. Die Bil­dungs­wün­sche der Ziel­grup­pe ste­hen also im Mit­tel­punkt, es wird pro­zess­ori­en­tiert ge­ar­bei­tet. Und es gibt neben Vor­trä­gen im Fest­saal Ar­beits­grup­pen, in denen wich­ti­ge Fra­gen dis­ku­tiert und Pro­blem­stel­lun­gen ge­löst wer­den. Diese Ori­en­tie­rung an den In­ter­es­sen der Se­mi­nar­teil­neh­mer ist grund­sätz­lich neu und wird be­geis­tert auf­ge­nom­men. End­lich darf über alle Dinge ge­re­det wer­den - von Welt­an­schau­ungs­fra­gen bis hin zur Se­xu­al­kun­de. Dass dies nicht von allen Sei­ten gern ge­se­hen wird, zei­gen spä­te­re De­nun­zia­tio­nen auf - in den stil­len Win­keln auf der Com­burg komme es nicht nur zum Ge­spräch, des­halb sei die Ge­bur­ten­ra­te in Stein­bach und Um­ge­bung be­son­ders hoch. Dass diese Vor­wür­fe völ­lig bar jeden In­halts sind, er­gibt sich zwar bald aus der Sta­tis­tik, dient aber schon 10 Jahre nach der Er­öff­nung dazu, die Heim­volk­hoch­schu­le zu dis­kre­di­tie­ren.

Die mehr­wö­chi­gen Kurse wer­den über Teil- und Voll­s­ti­pen­di­en durch ins­ge­samt 40 würt­tem­ber­gi­schen Städ­ten und Ge­mein­den fi­nan­ziert, da die Ar­bei­ter die Kurs­ge­büh­ren meis­tens nicht selbst auf­brin­gen kön­nen. Fast alle Teil­neh­mer sind ar­beits­los, ei­ni­ge we­ni­ge Aus­län­der kom­men noch hinzu. Der enge fi­nan­zi­el­le Rah­men macht sich auch in der Per­so­nal­aus­stat­tung be­merk­bar: die Heim­volks­hoch­schu­le Com­burg lebt vom En­ga­ge­ment der we­ni­gen fes­ten Lehr­kräf­te und der Vor­trags­tä­tig­keit von Do­zen­ten. Bäu­er­le hat eine gute Hand in Per­so­nal­fra­gen. Für die Com­burg sucht er als Lei­ter Dr. Karl Küss­ner aus, auch die­ser stammt aus einer Hand­wer­ker­fa­mi­lie. Im Ge­gen­satz zum Leh­rer Bäu­er­le ist Küss­ner Theo­lo­ge, hat bei Bult­mann in Tü­bin­gen stu­diert und fin­det wäh­rend sei­nes Stu­di­ums her­aus, dass er nicht Pfar­rer son­dern Leh­rer wer­den will. Mit Küss­ner be­ginnt Bäu­er­le ab Ok­to­ber 1926 sein Bil­dungs­werk auf der Com­burg und mit die­sem Mann hat er einen idea­len Part­ner ge­fun­den, der seine re­form­päd­ago­gi­schen Ideen auf­greift und in den päd­ago­gi­schen All­tag um­setzt. Bäu­er­le ist hin und wie­der als Do­zent auf der Com­burg tätig - sein Le­bens­mit­tel­punkt ist in Stutt­gart.

Der große Er­folg des Bil­dungs­an­ge­bots für die Ar­bei­ter wird erst durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten be­en­det. Ab den drei­ßi­ger Jah­ren kommt es immer wie­der und zu­neh­mend zu An­grif­fen auf das Bil­dungs­kon­zept und die Lei­tung der Heim­volk­hoch­schu­le. Die Com­burg wird als kom­mu­nis­ti­sche Ka­der­schmie­de ver­däch­tigt und schließ­lich führt der (fal­sche) Vor­wurf, die Com­burg be­trei­be mar­xis­ti­sche Pro­pa­gan­da dazu, dass der würt­tem­ber­gi­sche Land­tag seine Zu­schüs­se für die Bil­dungs­ar­beit auf der Com­burg streicht. Theo­dor Bäu­er­le schafft es in den Jah­ren von 1931 bis 1932 noch, die An­grif­fe ab­zu­weh­ren, zu­neh­mend fällt ihm das aber immer schwe­rer. Mit der Macht­er­grei­fung 1933 endet auch die Ge­schich­te der re­form­päd­ago­gi­schen Heim­volks­hoch­schu­le. Im März 1934 muss Küss­ner die Com­burg ver­las­sen und einem ver­dien­ten Par­tei­ge­nos­sen sei­nen Platz frei­ma­chen. In den fol­gen­den Jah­ren wird aus der Com­burg eine Bau­hand­wer­ker­schu­le und schließ­lich dient sie als Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­ger.

Die Fort­bil­dungs­aka­de­mie

Schon über 66 Jahre lang übt die Com­burg als Fort­bil­dungs­stät­te einen star­ken Reiz aus - auf Lehr­kräf­te aller Schul­ar­ten. Zur Grün­dungs­zeit der Aka­de­mie Com­burg im Mai 1947 herrsch­te bit­te­re Not in Deutsch­land. Der Hun­ger­win­ter 1946 war kaum be­wäl­tigt, das Bil­dungs­sys­tem in einem de­so­la­ten Zu­stand. Über 95 Pro­zent aller Lehr­kräf­te stan­den wegen einer frü­he­ren Mit­glied­schaft im na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Leh­rer­bund zur Ent­na­zi­fi­zie­rung an. Zwei Jahre nach dem Krieg waren ge­ra­de ein­mal 30 Pro­zent der Volks­schul­lehr­kräf­te dienst­be­reit. Statt or­dent­lich aus­ge­bil­de­ter Lehr­kräf­te gab es so­ge­nann­te "Schul­hel­fer", die in drei- bis vier­wö­chi­gen Lehr­gän­gen oder Nach­mit­tags­ver­an­stal­tun­gen eine Schnell­blei­che für den Ar­beits­all­tag in den Schu­len be­kom­men hat­ten. Das al­ler­dings konn­te den An­for­de­run­gen bei wei­tem nicht ge­nü­gen. Es war also ein Gebot der Stun­de, mög­lichst rasch wie­der ge­eig­ne­tes Lehr­per­so­nal zu fin­den, aus­zu­bil­den und die Schu­len mit Lehr­kräf­ten zu ver­sor­gen.

Auch die Schul­ver­wal­tung exis­tier­te nur in Grund­struk­tu­ren. So war es ein Glücks­fall, dass dem Kult­mi­nis­te­ri­um in Stutt­gart mit Mi­nis­te­ri­al­di­rek­tor Theo­dor Bäu­er­le eine Per­sön­lich­keit vor­stand, die nicht nur in den Augen der Be­sat­zungs­mäch­te als in­te­ger galt, son­dern sich schon vor dem Krieg als päd­ago­gisch of­fe­ner, un­ab­hän­gi­ger Geist be­wie­sen hatte.

Theo­dor Bäu­er­le war Re­form­päd­ago­ge, er hatte sich schon seit den 20er Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts Ge­dan­ken über eine mög­lichst gute und wie er das nann­te "men­schen­ge­mä­ße" Bil­dung ge­macht. Über die Freund­schaft mit Ro­bert Bosch, der teil­wei­se für die Fi­nan­zie­rung sorg­te und Wege eb­ne­te, konn­te er ver­hält­nis­mä­ßig früh viele sei­ner Vor­stel­lun­gen um­set­zen. Bäu­er­le hatte die Not­wen­dig­keit einer wirk­li­chen Volks­bil­dung er­kannt, für ihn ein Mit­tel, den so­zia­lis­ti­schen Be­stre­bun­gen auf eine grund­le­gen­de Ver­än­de­rung der Ge­sell­schaft hin ein bür­ger­li­ches Ge­gen­mo­dell zu prä­sen­tie­ren. So hatte er in Stutt­gart das Volks­hoch­schul­we­sen auf­ge­baut, in Den­ken­dorf und auf der Com­burg die ers­ten Heim­volks­hoch­schu­len mit re­form­päd­ago­gi­schem An­satz in Deutsch­land ge­grün­det. Diese waren aber nach der Macht­er­grei­fung Hit­lers schnell ge­schlos­sen wor­den.

Aus die­ser Zeit kann­te Bäu­er­le das lern­för­dern­de Am­bi­en­te der Groß­com­burg und hatte gleich nach dem Krieg ge­plant, die Heim­volks­hoch­schu­le wie­der auf­le­ben zu las­sen. Das ge­lang nicht. Die Com­burg wurde nach Kriegs­en­de 1945 bei dem knap­pen Wohn­raum­an­ge­bot zu­nächst als Un­ter­brin­gungs­ort für "Dis­pla­ced Per­sons" – vor allem ehe­ma­li­ge Zwangs­ar­bei­ter aus Ost­eu­ro­pa - ge­nutzt. Große Schä­den an der Bau­sub­stanz wegen des Ver­hei­zens von Türen, Ge­län­dern und Ge­bälk waren neben an­de­ren Pro­ble­men eine Folge. So war es ein gro­ßes Glück - nicht nur für die spä­te­re Leh­rer­fort­bil­dung - son­dern auch für die Com­burg selbst, dass es Theo­dor Bäu­er­le am 25. März 1946 ge­lang, die Com­burg von der ame­ri­ka­ni­schen Mi­li­tär­re­gie­rung in die treu­hän­de­ri­sche Ver­wal­tung des Kult­mi­nis­te­ri­ums zu über­füh­ren. Zügig be­gan­nen die ers­ten Kurse, zu­nächst für ehe­ma­li­ge Kriegs­ge­fan­ge­ne.

Doch schon bald wurde die Com­burg zum neuen Zen­trum der Leh­rer­bil­dung. Bäu­er­le hatte die Ame­ri­ka­ner mit sei­nen Plä­nen, zu­nächst staats­bür­ger­li­che Lehr­in­hal­te in die Fort­bil­dung ein­zu­brin­gen, für ein Ree­du­ca­ti­on­pro­gramm ge­win­nen kön­nen. Am 16. Mai 1947 fand auf der Com­burg die fei­er­li­che Er­öff­nung der ers­ten Leh­rer­aka­de­mie in Süd­deutsch­land statt, unter den Re­fe­ren­ten war der spä­te­re Bun­des­prä­si­dent Heuss. Bun­des­weit war diese Grün­dung nach Ham­burg die zwei­te nach dem Zwei­ten Welt­krieg über­haupt. Ein Jahr spä­ter kam mit Calw 1948 ein wei­te­rer Stand­ort für die Leh­rer­fort­bil­dung in Würt­tem­berg-Ho­hen­zol­lern hinzu.

Die Schwer­punk­te des Bil­dungs­an­ge­bo­tes der ers­ten Jahre lagen ein­deu­tig auf dem Ge­biet der staats­bür­ger­li­chen Bil­dung und hat­ten die Ver­mitt­lung de­mo­kra­ti­scher Werte zum Ziel. Die Lehr­gän­ge waren üb­li­cher­wei­se zwei­ge­teilt - der Vor­trags­ar­beit stan­den "Ar­beits­ge­mein­schaf­ten" ge­gen­über, in denen schul­art- oder stu­fen­be­zo­gen Lehr­gangs­in­hal­te in klei­nen Ar­beits­grup­pen dis­ku­tiert wur­den." Ge­fragt war "Wir­ken in­ner­halb der Zeit und in­ner­halb des ge­sell­schaft­li­chen Ge­fü­ges". Damit war auch ein neues Rol­len­ver­ständ­nis für Lehr­kräf­te in­ten­diert, sie soll­ten sich "künf­tig we­ni­ger als be­am­te­te Staats­funk­tio­nä­re ver­ste­hen denn als wahr­haf­te Leh­rer, das heißt: Als Hel­fen­de, An­lei­ten­de, Ab­weh­ren­de, als Män­ner und Frau­en, die sich mehr dem Geist der Wis­sen­schaft, der Hu­ma­ni­tät ver­ant­wort­lich wis­sen als einer Ob­rig­keit" - so for­mu­lier­te der da­ma­li­ge Stu­di­en­lei­ter der Aka­de­mie Dr. Ger­hard Storz das neue bil­dungs­po­li­tit­sche Credo ganz im Sinne Theo­dor Bäu­er­les. Zeit für das Ler­nen wurde als un­ab­ding­bar not­wen­dig er­ach­tet. Kurse dau­er­ten eine Woche, der Mon­tag war in der Regel kurs­frei. Neben den Lehr­kräf­ten und Per­so­nal der Schul­auf­sicht wur­den auch Schul­lei­tun­gen auf der Com­burg fort­ge­bil­det.

Der Ein­fluss des Re­form­päd­ago­gen Bäu­er­le fin­det sich in The­men wie Schul­ent­wick­lung, "Per­sön­lich­keits­bil­der von Ju­gend­li­chen" oder "Grup­pen­ar­beit ja oder nein?" wie­der. Er fin­det sich aber auch in einer Tra­di­ti­on, die es auf der Com­burg schon seit den Heim­volks­hoch­schul­zei­ten gab: kul­tu­rel­le An­ge­bo­te wie Musik, Kunst und Thea­ter ge­hör­ten ganz selbst­ver­ständ­lich zum Fort­bil­dungs­an­ge­bot, sind auch heute noch in der Aka­de­mie fes­ter Be­stand­teil des Rah­men­pro­gramms. Mitt­ler­wei­le haben auf der Com­burg über 1100 Haus­kon­zer­te statt­ge­fun­den. Es gibt bun­des­weit kein Ta­gungs­haus mit einem ähn­lich um­fang­rei­chen Kon­zertan­ge­bot, das auch für die Öf­fent­lich­keit zu­gäng­lich ist.

Die bau­li­che Si­tua­ti­on war schwie­rig. Not­wen­di­ge Re­pa­ra­tu­ren stan­den an, die Se­mi­nar­räu­me waren spär­lich mö­bliert, die Gäste in Mehr­bett­zim­mern un­ter­ge­bracht, für deren Hei­zung sie noch selbst sor­gen muss­ten.

Festsaal

Fest­saal

Wer einen Kurs auf der Com­burg im Win­ter be­such­te, muss­te Bri­ketts mit­brin­gen, mit denen dann die Haus­töch­ter die Öfen ein­heiz­ten. Dafür gab es an­de­ren Ser­vice – die Schu­he konn­ten am Abend vor das Zim­mer ge­stellt wer­den und stan­den am nächs­ten Mor­gen wie­der blank­ge­wie­nert be­reit. Für die Ver­pfle­gung war ein täg­li­cher Kos­ten­bei­trag von DM 1,50 vor­ge­se­hen – da­mals eine nicht un­be­trächt­li­che Summe, die den Fa­mi­li­en­e­tat durch­aus be­las­te­te.

Die The­men wur­den von der Aka­de­mie­lei­tung vor­ge­schla­gen, dem Kult­mi­nis­te­ri­um vor­ge­legt und von dort ge­neh­migt. Nach dem zwei­ten Be­triebs­jahr stell­te das Kult­mi­nis­te­ri­um 1949 fest, dass die "Leh­rer­uni­ver­si­tät" Com­burg bis­her 27 Lehr­gän­ge durch­ge­führt hatte, davon 10 im ers­ten Jahr des Be­ste­hens. Zum Ver­gleich: heute wer­den jähr­lich etwa 260 Se­mi­na­re auf der Com­burg an­ge­bo­ten.

Doch nicht nur für Lehr­kräf­te fan­den Se­mi­na­re statt – auch Ärzte, Ju­ris­ten, Po­li­ti­ker und Kul­tus­be­am­te tag­ten gerne auf der Com­burg. So fin­det sich zum Bei­spiel im Gäs­te­buch der Aka­de­mie im Jahr 1951 der Ein­trag des spä­te­ren Bun­des­kanz­lers Kurt Georg Kie­sin­ger, der an einer Wo­chen­end­ta­gung für Rich­ter und Staats­an­wäl­te in der Bil­dungs­stät­te teil­nahm. Die erste Sit­zung des kul­tur­po­li­ti­schen Aus­schus­ses des Land­tags wurde im No­vem­ber 1951 auf der Com­burg ein­be­ru­fen.

Das Kurs­an­ge­bot der Aka­de­mie war in den ers­ten bei­den Jah­ren stark auf staats­bür­ger­li­che The­men aus­ge­rich­tet, dann kamen schritt­wei­se auch die an­de­ren Fä­cher zum Zuge. Ab 1950 fängt zag­haft die Be­wäl­ti­gung der Er­fah­run­gen aus der Zeit des Na­zi­ter­rors an. Neben den „Grund­la­gen der De­mo­kra­tie“ fin­den sich The­men wie „Frau­en­ar­beit“ und „Volks­kun­de“ im Jah­res­pro­gramm der Leh­rer­aka­de­mie.

Mit dem wach­sen­den Stel­len­wert der Bil­dung - Georg Picht hatte ja 1964 in einer Reihe von Ar­ti­keln in der Zeit­schrift "Christ und Welt" die "Bil­dungs­ka­ta­stro­phe" aus­ge­ru­fen, ver­än­der­te sich Mitte der 60er Jahre des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts die Ziel­rich­tung des Fort­bil­dungs­an­ge­bots. Stand bis­her die per­sön­li­che Wei­ter­bil­dung der Lehr­kräf­te im Zen­trum, rück­te nun auch im Hin­blick auf neue Lehr­plä­ne ab 1969 die Qua­li­fi­zie­rung von Mul­ti­pli­ka­to­rin­nen und Mul­ti­pli­ka­to­ren in den Fokus. Diese soll­ten in den Schu­len oder Spren­geln für die schnel­le Wei­ter­ver­brei­tung neuer In­hal­te sor­gen.

Mitt­ler­wei­le hat sich das Sys­tem der Mul­ti­pli­ka­to­ren­aus­bil­dung im We­sent­li­chen eta­bliert. Auf der Com­burg wer­den heute zum Bei­spiel Schul­lei­te­rin­nen und Schul­lei­ter in ihre neuen Auf­ga­ben ein­ge­führt oder Fach­be­ra­te­rin­nen und Fach­be­ra­ter für Fort­bil­dungs­tä­tig­kei­ten in der Re­gi­on oder zen­tra­len Lehr­kräf­te­fort­bil­dung fit ge­macht. Spe­zi­el­le Fach­fort­bil­dun­gen für die ein­zel­ne Lehr­kraft sind heute eher sel­ten und nur für sehr klei­ne Ziel­grup­pen vor­ge­se­hen. Da­ge­gen gibt es aber heute "Wunsch­kur­se", bei denen ganze Kol­le­gi­en ein spe­zi­el­les Fort­bil­dungs­pro­gramm auf die Be­dürf­nis­se der je­wei­li­gen Schu­le zu­ge­schnit­ten er­hal­ten.

Der Fort­bil­dungs­be­darf stieg mit dem Amts­an­tritt von Kul­tus­mi­nis­ter Roman Her­zog 1978 durch die ge­plan­ten neuen Bil­dungs­plä­ne deut­lich an. Die Lehr­kräf­te muss­ten mit dem neuen Bil­dungs­plan ver­traut ge­macht wer­den, dazu waren wei­te­re er­heb­li­che An­stren­gun­gen nötig. Das konn­te von den bis dahin zwei vor­han­de­nen Aka­de­mi­en nicht ge­leis­tet wer­den. Mit dem Stand­ort Do­nau­eschin­gen wurde ei­ner­seits die Ka­pa­zi­tät er­höht und an­de­rer­seits durch die Än­de­rung der Tak­tung der Lehr­gän­ge das Se­mi­nar­an­ge­bot ver­dop­pelt. Waren bis dato über­wie­gend Wo­chen­kur­se für die Lehr­kräf­te an­ge­bo­ten wor­den, stell­te das Kul­tus­mi­nis­te­ri­um seit 1980 auf zwei­ein­halb­tä­gi­ge Kurse um. Zu­sätz­lich wer­den seit 1980 in den Fe­ri­en eben­falls Lehr­gän­ge durch­ge­führt.

Neue The­men­be­rei­che wur­den für die Schu­len auf der Com­burg kon­zi­piert. So be­schlos­sen zum Bei­spiel im April 1982 Ver­tre­ter aus zehn Län­dern der Eu­ro­päi­schen Ge­mein­schaft auf der Com­burg ein Pro­gramm zur Um­welt­er­zie­hung an Schu­len - ein Thema, das heute noch un­ver­än­dert hoch­ak­tu­ell ist.

Dem frü­her eher ru­hi­gen Leben auf der Klos­ter­an­la­ge stand ein ra­san­ter tech­ni­scher Wan­del ge­gen­über. Durch die im Bil­dungs­plan fest­ge­schrie­be­ne Pro­fi­lie­rung der Schul­ar­ten er­hiel­ten auch ein­zel­ne Schul­fä­cher neue Schwer­punk­te. Im Zuge die­ser Schwer­punkt­set­zung wur­den im ehe­ma­li­gen Kar­tof­fel­kel­ler des Geb­sat­tel­baus 1983 neue Tech­nik­räu­me ein­ge­rich­tet, die vor allem der Wei­ter­bil­dung von Haupt­schul- und Tech­nik­lehr­kräf­ten dien­ten. Heute wird er von den Gäs­ten als ge­müt­li­che Geb­sat­tel­schen­ke zur abend­li­chen Ent­span­nung beim kol­le­gia­len Ge­spräch ge­nutzt.
Im Jahr 1983 – vier Jahre vor dem 40jäh­ri­gen Ju­bi­lä­um der Ein­rich­tung, wurde der erste Com­pu­ter auf der Com­burg in Be­trieb ge­nom­men. Die Ära der

Com­pu­ter­fort­bil­dun­gen be­gann und soll­te sich dann über 25 Jahre fort­set­zen.

Der erste Computer auf der Comburg

Der erste Com­pu­ter auf der Com­burg

Heute wird der größ­te An­teil der Com­pu­ter­schu­lun­gen am Stand­ort Ess­lin­gen durch­ge­führt, die Rech­ner­räu­me ste­hen jetzt im We­sent­li­chen den Kur­sen für er­gän­zen­de Se­mi­nar­an­ge­bo­te oder re­gio­na­le Ver­an­stal­tun­gen zur Ver­fü­gung.

Seit Mai 1997 – dem 50jäh­ri­gen Ju­bi­lä­um der Aka­de­mie - ist der Stand­ort Com­burg für die Qua­li­fi­zie­rung des päd­ago­gi­schen Füh­rungs­per­so­nals zu­stän­dig. Alle Schul­lei­te­rin­nen und Schul­lei­ter Baden-Würt­tem­bergs be­su­chen seit­her im Rah­men ihrer Ein­füh­rungs­fort­bil­dung mehr­fach die Com­burg. Be­rufs­be­glei­ten­de Se­mi­nar­an­ge­bo­te wur­den für die Ziel­grup­pe der Schul­lei­tun­gen - das sind Schul­lei­ter/innen, Stell­ver­tre­tun­gen und Mit­glie­der von Schul­lei­tungs­teams - mit einem mo­du­lar auf­ge­bau­ten Se­mi­nar­ka­non auf der Com­burg neu ent­wi­ckelt und bie­ten für alle Schul­ar­ten ein breit ge­fä­cher­tes Wei­ter­bil­dungs­an­ge­bot, das stark nach­ge­fragt wird. Durch­schnitt­lich neh­men die Schul­lei­tun­gen alle vier Jahre auf der Com­burg an einem Se­mi­nar teil, um sich be­ruf­lich wei­ter zu bil­den und fit zu hal­ten. Neue In­for­ma­ti­ons­tech­no­lo­gi­en wie das In­ter­net for­der­ten eine ent­spre­chen­de Aus­stat­tung der Ta­gungs­räu­me.

In das Jahr 2004 fällt die Über­nah­me des Mu­se­ums­cafés durch die zum 1. Ja­nu­ar neu ge­grün­de­te Lan­des­aka­de­mie für Fort­bil­dung und Per­so­nal­ent­wick­lung an Schu­len, in die die bis­he­ri­ge Staat­li­che Aka­de­mie ein­ging. Seit­her ist der Stand­ort Com­burg auch für kunst­his­to­ri­sche Füh­run­gen in der Groß­com­burg sowie für die Ver­sor­gung der Tou­ris­ten in der Sai­son von April bis Ok­to­ber ge­fragt.

In den letz­ten zwan­zig Jah­ren hat die Bau­ver­wal­tung dan­kens­wer­ter­wei­se sehr hohe An­stren­gun­gen un­ter­nom­men, den Lehr­be­trieb qua­li­ta­tiv zu stär­ken. Durch den Aus­bau der Ta­gungs­räu­me sind op­ti­ma­le Ar­beits­mög­lich­kei­ten ge­schaf­fen wor­den. In einem stil­vol­len Am­bi­en­te ge­nie­ßen die Se­mi­n­ar­gäs­te diese Art der Wert­schät­zung be­son­ders.

Seit dem Be­ste­hen der Aka­de­mie Com­burg haben über 250 000 Lehr­kräf­te die Com­burg be­sucht. Chöre, Fir­men und Ärz­te­grup­pen nut­zen gerne das Ta­gungs­zen­trum in der ehe­ma­li­gen Klos­ter­an­la­ge, freu­en sich an den ge­schmack­voll re­no­vier­ten Räu­men und der be­son­de­ren Ruhe auf der Groß­com­burg, die zu in­ten­si­ver Ta­gungs­ar­beit ein­lädt.

Die Groß­com­burg hat sich seit ihrer Grün­dung im 11. Jahr­hun­dert immer wie­der als Ort der Bil­dung und Kon­tem­pla­ti­on, als Ort mit einer be­son­de­ren Spi­ri­tua­li­tät er­wie­sen. Für die Schul­lei­tun­gen in Baden-Würt­tem­berg ist es ein Glück, dass das ZSL über die Au­ßen­stel­le Com­burg ver­fügt und den päd­ago­gi­schen Füh­rungs­kräf­ten Mög­lich­kei­ten zur Wei­ter­bil­dung bie­ten kann.

Kunst­his­to­ri­sche Schät­ze aus der Ro­ma­nik

Das An­te­pen­di­um zeigt Chris­tus als Wel­ten­rich­ter in­mit­ten sei­ner Apos­tel in der Man­dor­la, die von den vier Evan­ge­lis­ten­sym­bo­len Engel, Adler, Löwe und Stier um­ge­ben ist.

Das Antependium

Das An­te­pen­di­um (C) Rose Hajdu

Der aus ver­gol­de­tem Kup­fer­blech ge­trie­be­ne Al­tar­vor­satz ist be­son­ders durch die Emai­l­ein­le­ge­ar­bei­ten wert­voll - diese waren zur Ent­ste­hungs­zeit aus­ge­spro­chen schwie­rig her­zu­stel­len, da hier kon­stant hohe Tem­pe­ra­tu­ren ohne Schwan­kun­gen be­nö­tigt wer­den. Die Edel­stei­ne sind nicht mehr der ori­gi­na­le Be­satz und wur­den bei den letz­ten Re­stau­rie­run­gen er­gänzt.

Das An­te­pen­di­um kor­re­spon­diert mit dem Rad­leuch­ter, der das himm­li­sche Je­ru­sa­lem sym­bo­li­siert.

 

Der Radleuchter

Der Rad­leuch­ter

Zwölf Türme glie­dern den Leuch­ter. In den Toren der Türme sind Wäch­ter ab­ge­bil­det (Krie­ger, Hei­li­ge, Engel, Bi­schö­fe), da­zwi­schen be­fin­den sich zwölf Me­dail­lons mit Pro­phe­ten­dar­stel­lun­gen.

Der Com­bur­ger Rad­leuch­ter ist be­son­ders wert­voll und der größ­te Leuch­ter der vier deutsch­land­weit er­hal­ten ge­blie­be­nen. Es gibt nur noch drei wei­te­re Ex­em­pla­re aus der Ro­ma­nik in Aa­chen und Hil­des­heim, die al­ler­dings klei­ner im Um­fang sind und mehr Ver­än­de­run­gen bei Re­stau­rie­run­gen ver­kraf­ten muss­ten.

In der mit­tel­al­ter­li­chen Ba­si­li­ka war der an einer ei­ser­nen Kette be­fes­tig­te Rad­leuch­ter wohl die ein­zi­ge "künst­li­che" Licht­quel­le in der Kir­che. Seine 48 Ker­zen wer­den heut­zu­ta­ge nur noch an den kirch­li­chen Fes­ten zu Weih­nach­ten, an Sil­ves­ter und Os­tern ent­zün­det. Im Mit­tel­al­ter hing der Rad­leuch­ter di­rekt über dem Stif­ters­ar­ko­phag. Bei der Re­no­vie­rung der Kir­che im 16. Jahr­hun­dert wurde er ab­ge­nom­men und mit einem brau­nen Öl­an­strich ver­se­hen. Ein Glücks­um­stand für den Rad­leuch­ter - sonst wäre er im Zuge der Sa­ku­lä­ri­sie­rung ver­mut­lich auch wie die üb­ri­gen Al­tär­ge­rät­schaf­ten aus Gold und Sil­ber in den Lud­wigs­bur­ger Schmelz­tie­geln ge­lan­det. So wurde er kaum an­ge­tas­tet und blieb bis Mitte des 19. Jahr­hun­derts weit­ge­hend un­be­hel­ligt in der Kir­che hän­gen - sieht man ein­mal davon ab, dass seine Türme zeit­wei­lig als Nist­platz von Tau­ben miss­braucht wur­den. Erst als die Kette, an der er hing, riss, wurde der Leuch­ter wie­der ent­deckt und ge­lang­te rasch zu kunst­his­to­ri­scher Be­rühmt­heit. Heut­zu­ta­ge ist der Rad­leuch­ter ein Haupt­an­zie­hungs­punkt für die Be­su­cher der alten Klos­ter­an­la­ge.

Von der Ro­ma­nik zum Ro­ko­ko

Torbau

Tor­bau

Turm der Stiftskirche

Turm der Stifts­kir­che

Der Adelmannbau

Der Adel­mann­bau

Vikarienbau

Vi­ka­ri­en­bau

In der ers­ten Blü­te­zeit des Klos­ters ent­stan­den Bau­ten, die auch heute noch be­ste­hen: Der ro­ma­ni­sche Tor­bau, die Türme der Stifts­kir­che St. Ni­ko­laus, der Adel­mann­bau, Vi­ka­ri­en­bau und die Sechs­eck- oder Er­harts­ka­pel­le.

Die bei­den ro­ma­ni­schen Tor­tür­me mit den stau­fi­schen Löwen am Ein­gangs­tor ver­dan­ken ihre heu­ti­ge Exis­tenz dem blo­ßen Um­stand, dass wäh­rend der letz­ten gro­ßen Um­bau­pha­se auf der Com­burg im Ro­ko­ko das Geld nicht aus­reich­te, um den Bau der Neuen De­kanei zu voll­enden - die Schnitt­stel­le zur ge­plan­ten Ver­län­ge­rung ist heute noch gut zu sehen. Eine Voll­endung des Baues hätte den Ab­riss der Alten De­kanei und der ro­ma­ni­schen Tor­tür­me zur Folge ge­habt.

Der ro­ma­ni­sche Tor­bau war die Ein­fahrt zum Klos­ter­be­zirk und wurde im 13. Jahr­hun­dert noch ver­län­gert. Di­rekt hin­ter den bei­den Tor­tür­men wurde im 14. Jahr­hun­dert die Mi­cha­els­ka­pel­le ge­baut, bei der heute die Füh­run­gen durch die Klos­ter­an­la­ge be­gin­nen.

Michaelskapelle

Mi­cha­els­ka­pel­le

Die Ka­pel­le dien­te zur Zeit der Re­nais­sance dem Dekan für die per­sön­li­che An­dacht und konn­te di­rekt von der Alten De­kanei über eine klei­ne Brü­cke er­reicht wer­den.

Der Vi­ka­ri­en­bau ist das Ge­bäu­de auf dem Ge­län­de der Com­burg, das noch weit­ge­hend im ur­sprüng­li­chen Zu­stand er­hal­ten ist. Den­d­ro­chro­no­lo­gisch auf 1090 da­tiert wur­den nur im 16. Jahr­hun­dert im un­te­ren und obe­ren Stock Trenn­wän­de im ehe­ma­li­gen Par­la­to­ri­um (Erd­ge­schoss) und Dor­mi­to­ri­um (ehe­ma­li­ger Schlaf­saal der Mön­che im Ober­ge­schoss) für die Zim­mer der Vi­ka­re ein­ge­zo­gen.

An den Vi­ka­ri­en­bau schließt sich das Mes­ner­haus an, des­sen Un­ter­ge­schoss die Win­ter­sa­kris­tei birgt.

Mesnerhaus

Mes­ner­haus

Die Er­harts­ka­pel­le stellt auch heute noch ein Rät­sel für die his­to­ri­sche Zunft dar. Es gibt viele Deu­tungs­an­sät­ze - aber keine wirk­li­chen Be­wei­se. Wohl um 1230 ent­stan­den, zu­min­dest las­sen Un­ter­su­chun­gen nach der C 14-Me­tho­de dar­auf schlie­ßen, ist nicht klar, wel­ches Pa­tro­zi­ni­um ur­sprüng­lich hier ge­ge­ben war. Er­hart war ein Bi­schof im El­sass - ein Bezug zur Com­burg ist nicht nach­ge­wie­sen. Die Mög­lich­keit der Un­ter­que­rung durch ein Tun­nel ist im Prin­zip nicht nötig. Aus­ge­rich­tet war die­ser Durch­gang auf das frü­he­re Ein­gangs­por­tal der ro­ma­ni­schen Ba­si­li­ka. Die Sechs­eck­ka­pel­le ver­füg­te bis ins 18. Jahr­hun­dert hin­ein über kei­nen stän­di­gen Zu­gang. Nur wenn der Kai­ser auf dem Ge­län­de war, wur­den Holz­trep­pen an den Zen­tral­bau ge­scho­ben, über die er dann be­tre­ten wer­den konn­te.

Erhartskapelle

Er­harts­ka­pel­le

In der Chor­her­ren­zeit wurde die Klos­ter­an­la­ge er­wei­tert - die drei Ku­ri­en des Geb­sat­tel­baus kamen wie der Wam­bold­bau im 16. Jahr­hun­dert dazu , der Rei­schach­bau schließ­lich im 18. Jahr­hun­dert hinzu. Die Namen der Ge­bäu­de stam­men von ihren ehe­ma­li­gen Be­woh­nern bzw. deren Her­kunfts­or­ten. So liegt zum Bei­spiel das Dorf Geb­sat­tel nicht weit von Würz­burg und Adel­manns­fel­den (Adel­mann­bau) in der Nähe von Ell­wan­gen, beide Her­kunfts­or­te Com­bur­ger Chor­her­ren.

Tod­sün­den im Ba­rock

Die sieben Todsünden

Die sie­ben Tod­sün­den

Die Sin­nen­freu­dig­keit des Ba­rock kommt selbst den mensch­li­chen Ver­feh­lungs­mög­lich­kei­ten ge­gen­über recht plas­tisch in der Stifts­kir­che Groß­com­burg zum Aus­druck.

Ein be­son­ders schö­nes Bei­spiel dafür ist die Pre­digt­kan­zel, die um 1713/14 nach einem Ent­wurf und Mo­dell von Bal­tha­sar Es­ter­bau­er auf der Com­burg ent­stan­den ist. Es ist nicht si­cher, ob Es­ter­bau­er selbst an der Kan­zel ge­ar­bei­tet hat, aber er hat auf jeden Fall ge­naue An­ga­ben und ein Mo­dell für die Kan­zel er­ar­bei­tet. Das Auge wird bei der Be­trach­tung über die Kan­zel nach oben schnell auf das zen­tra­le Thema der Kan­zel ge­rich­tet: Die sie­ben Tod­sün­den. Diese wer­den von Chris­tus, der dem an­ti­ken Zeus gleich mit einem Bün­del Blit­zen über dem Schall­de­ckel zu schwe­ben scheint, be­siegt.

Die sie­ben Tod­sün­den hat Pfar­rer Franz Xaver Mayer 1901 so be­schrie­ben: „... Die Träg­heit sitzt auf einem Esel, die Hände be­quem auf den Rü­cken ge­legt ... , der Zorn hält den Dolch in der Rech­ten, zum Stoß aus­ho­lend .... , die Un­keusch­heit sitzt auf einem gei­len Bock ... Die Hoffahrt ... be­schaut sich in einem Spie­gel ... Ein Pfau, das Sinn­bild der Hoffahrt, schlägt ein Rad zu ihren Füßen. Der Neid wird dar­ge­stellt durch einen Hund, der mit den Vor­der­fü­ßen auf den Schoß der Figur steigt, die Un­mä­ßig­keit hält sit­zend ein Schwein auf dem Schoß. Die Hab­sucht end­lich hält den Geld­beu­tel mit der Zahl 600 in der Hand.“ (zi­tiert nach Zahl­ten, Jo­han­nes, in Schraut, Com­burg, S. 47f.). Dem gram­ma­ti­schen Ge­schlecht ent­spre­chend sind alle Tod­sün­den als Frau­en dar­ge­stellt.... Der als Taube dar­ge­stell­te Hei­li­ge Geist auf der Un­ter­sei­te des Schall­de­ckels bringt dann die ent­spre­chen­de Wort­ge­walt für den ba­ro­cken Pre­di­ger her­nie­der.

Li­te­ra­tur

Ar­chiv der Lan­des­aka­de­mie für Fort­bil­dung und Per­so­nal­ent­wick­lung an Schu­len - Stand­ort Com­burg (Gäs­te­buch, Fo­to­al­bum)

Rolf Die­ter Blu­mer / Ines Front­zek, Der Com­bur­ger Hert­wig-Leuch­ter, in: Denk­mal­pfle­ge in Baden-Würt­tem­berg, 4/2012, hg. vom Lan­des­amt für Denk­mal­pfle­ge im Re­gie­rungs­prä­si­di­um Stutt­gart

Han­nah Hien, Das Klos­ter Kom­burg im Mit­tel­al­ter. Mo­nas­ti­sches Leben am Rand der frän­ki­schen Klos­ter­land­schaft, in: Würt­tem­ber­gisch Fran­ken, Bd. 95, hg. vom His­to­ri­schen Ver­ein für Würt­tem­ber­gisch Fran­ken, Schwä­bisch Hall 2011

Rai­ner Jooß, Klos­ter Kom­burg im Mit­tel­al­ter, Sig­ma­rin­gen 19872

Ga­brie­le Klei­ber, Groß- und Klein­com­burg, Ber­lin 1999

An­dre­as Ma­isch/Da­ni­el Stih­ler, Schwä­bisch Hall. Ge­schich­te einer Stadt, Kün­zel­sau 2006

Mi­nis­te­ri­um für Kul­tus und Sport (Hrg.), 1947 bis 1987 - 40 Jahre Staat­li­che Leh­rer­fort­bil­dung Baden-Würt­tem­berg, Stutt­gart 1987

Schmitt, Die­ter; Theo­dor Bäu­er­le (1882-1956). En­ga­ge­ment für Bil­dung in schwie­ri­gen Zei­ten, Schrif­ten­rei­he zur Bosch-Ge­schich­te Band 3, Dit­zin­gen-Hei­mer­din­gen 2005

Eli­sa­beth Schraut (Hrsg), Die Com­burg: Vom Mit­tel­al­ter bis ins 20. Jahr­hun­dert (Ka­ta­lo­ge des Häl­lisch-Frän­ki­schen Mu­se­ums Schwä­bisch Hall; Bd. 3)
Bern­hard Schütz, Klös­ter. Kul­tur­er­be Eu­ro­pas, Mün­chen 2004

Wöl­fing, Willi, Zur Ge­schich­te der amt­li­chen Leh­rer­fort­bil­dung in Baden-Würt­tem­berg nach 1945, Teil I, Leh­rer­fort­bil­dung zwi­schen 1945 und 1977, Frank­furt a. M. 1979

Wei­te­re In­for­ma­tio­nen über die Groß­com­burg und ihre Ge­bäu­de

 

Wei­ter: Gast­ta­gun­gen