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Rezension

Dr. Reinhold Miller
Beziehungsdidaktik, Weinheim und Basel 1997
ISBN 3-407-25185-8


Wie der Buchtitel andeutet, wird die Bedeutung kommunikativer Formen in der Schule hervorgehoben. Eine (teil-) autonome Schule bedarf vermehrter kooperativer Formen und zwischenmenschlicher Beziehungen. Das kollegiale Miteinander, die Teamentwicklung, soll das Einzelkämpfertum und einen nur auf den isolierten Stundenunterricht blickenden ‘Schul-Ist-Stand’ ablösen. Dabei wird eine Akzentverschiebung deutlich, die sich von einer Fach- zu einer Beziehungsdidaktik hin entwickelt.

Der Autor fragt nach dem Sinn und den Aufgaben der Schule, ihrer Qualität und Effektivität. Das Lehren und Lernen und die Kompetenzen der Lehrerinnen und Lehrer werden angesprochen. Ein Exkurs über die Beziehungsdidaktik gibt Auskunft über die Pädagogik des 20. Jahrhunderts und über die Lehreraus- und -fortbildung.

Dr. Miller betont, dass nur der Lernende selbst sein Lernen bestimmen kann, nicht der Lehrer. Daraus leitet er die Konsequenz ab, dass in den Schulen nicht so sehr das Lehren, vielmehr das Lernen im Mittelpunkt stehen müsse. Damit ändert sich die Rolle des Lehrers: vom Lehren zum Lernfördern, vom Eingreifen zum Entfaltenlassen, vom Vorgeben zu Bedingungen schaffen, vom Belehren zum Lernbegleiten und Begegnen, vom lehrerzentrierten zum handlungsorientierten Unterricht.“ Die veränderte Lehrerrolle beinhaltet demnach Selbst-, Sozial-, Fach- und Methodenkompetenz. Der Autor stellt sich dabei die Frage, was angehende Lehrer/innen in ihrer Ausbildung bisher darüber erfahren haben. Zumindest erfährt der Leser einiges aus dieser Lektüre über die Grundzüge der Beziehungsdidaktik, Selbstbetrachtung, Beziehungsklärung und die Grundphänomene in zwischenmenschlichen Beziehungen. In überschaubarer und knapper Form stellt Dr. Miller Modelle des Beziehungslernens in Gruppen dar: Selbsterfahrung, Supervision, Fallbesprechung, Themenzentrierte Interaktion, Transaktionsanalyse, Psychodramaarbeit, Gestaltarbeit, Neurolinguistisches Programmieren, Konstanzer Trainingsmodell, Gesprächstraining, Unterrichtshospitation, Pädagogischer Tag, Zukunftswerkstatt und Team-Kleingruppen-Modell.

Vielleicht trägt dieses Buch mit dazu bei, auf einem nicht zu verordnendem Weg Sinn und Gemeinschaft zu fördern und dadurch die Voraussetzungen zu schaffen, die wegführen von Konkurrenz und hinführen zu mehr Akzeptanz, von Statik zu mehr Dynamik, von Dominanz zu Toleranz, von Desinteresse zu Engagement, von der Passivität zur Aktivität und von der Lustlosigkeit zur Freude (vergl. S. 22).

In seiner Schlussbetrachtung auf Seite 196 steht folgender Spruch (ohne Autorenangabe):

"Es hat alles keinen Sinn,“ sagte der Realist.

"Es muss anders werden“, sagte der Kritiker.

"So könnte es aussehen“, sagte der Visionär.

"So geht´s“, sagte der Pragmatiker -

und begann mit ersten Schritten ...

Jörg Nädelin, Akademiereferent