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Rezension

Stephen R. Covey
Die sieben Wege zur Effektivität. Ein Konzept zur Meisterung Ihres beruflichen und privaten Lebens
17. Aufl. 2000


Der Titel klingt ein wenig reißerisch und mystisch zugleich. In der amerikanischen Originalausgabe lautet er „The Seven Habits of Highly Effective People“. Die „Gewohnheiten“ lassen schon eher auf den Alltag schließen, die Zauberzahl „sieben“ ist vielleicht ein wenig dem amerikanischen Geschmack zu verdanken. Mit den „habits“ sind wohl eher Prinzipien gemeint, deren Einhaltung erfolgversprechende Perspektiven eröffnen. Die Übersetzerin versucht mit der Übertragung in „Wege“ den prozessualen Charakter zu betonen. Wenn im Folgenden von 'Wegen' die Rede ist, sollten 'Gewohnheiten' und 'Prinzipien' mitgedacht werden.

Der Autor, Unternehmensberater und Psychologe, verfügt über eine dreißigjährige Berufserfahrung im Geschäftsleben, an der Universität und in der Ehe- und Familientherapie. Aus dieser großen Praxis schöpft er, um seinen Ansatz anschaulich zu entwickeln. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist die Überzeugung, dass fundamentale Prinzipien wie z. B. Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen ausschlaggebend für Erfolg oder Misserfolg sein können.

Aus den Prinzipien entwickelt Covey sieben Wege (oder Gewohnheiten), deren Beachtung für Erfolg sorgen soll. Die ersten drei Wege haben „mit der Beherrschung des eigenen Ich zu tun. Sie führen von der Abhängigkeit zu Unabhängigkeit.“(53)

Die nächsten drei Wege sind eher öffentlichen Dingen wie „Teamarbeit, Kooperation und Kommunikation“ gewidmet. Der siebte Weg dient dann „einer regelmäßigen, ausgewogenen Erneuerung der vier grundlegenden Dimensionen des Lebens“( 53f, physisch, spirituell, mental und sozial/emotional). Covey versucht damit, eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen in seine Theorie miteinzubeziehen.

Die Entwicklung führt von persönlicher Abhängigkeit zur Interdependenz. Jeder Stufe sind jeweils drei „Wege“ zugeordnet:

Von der Abhängigkeit zur Unabhängigkeit

  1. Pro-aktiv sein

  2. Schon am Anfang das Ende im Sinn haben

  3. Das Wichtigste zuerst

Das erfolgreiche Praktizieren der oben genannten Einstellungen führt zur Unabhängigkeit, zum „privaten Sieg“.

Von der Unabhängigkeit zur Interdependenz

  1. Gewinn/Gewinn denken

  2. Erst verstehen, dann verstanden werden

  3. Synergie erzeugen.

Der siebte Weg besteht schließlich darin, die „Säge (zu) schärfen“, sich über Entwicklung der oben genannten menschlichen Dimensionen fit zu halten.

Werden die „Wege“ eingehalten, so resultiert für Covey daraus ein effektives Leben in Beruf und Familie. Effektivität definiert er als Gleichgewicht zwischen der „Produktion der gewünschten Ergebnisse“ (z. B. ein bestimmtes Produkt) und der „Produktions-Kapazität“, der Fähigkeit oder dem Faktor zu produzieren (56), also den Möglichkeiten, die man hat, dieses Produkt herzustellen. Effektiv wird mein Verhalten als Führungskraft dann, wenn ich meine Mitarbeiter/innen zwar fordere, aber nicht ausbeute oder überfordere. Durch die letztgenannte Verhaltensweise würde die Produktionskapazität überstrapaziert und ein Ungleichgewicht die Folge dieser Handlungsweise sein.

Die erste Triade (Weg 1. bis 3. ) erfordert Veränderungen von bisherigen Gewohnheiten und/oder Verhaltensweisen. Pro-aktiv sein bedeutet die Abkehr von reaktiven Verhaltensweisen („ich kann nicht, ich muss heute...“), die Erkenntnis, dass man für grundlegende Änderungen nur bei sich selbst anfangen kann. Eine pro-aktive Lebensweise richtet den Fokus genau darauf aus, was man selbst zur positiven Veränderung einer Situation beitragen kann. Der Umgang mit Fehlern mag dies veranschaulichen:

„Die pro-aktive Art, mit einem Fehler umzugehen, ist die, ihn sofort anzuerkennen, zu korrigieren und aus ihm zu lernen. Das macht buchstäblich aus jedem Fehler einen Erfolg.“ (86).

Der 2. Weg lenkt die Blickrichtung auf das Ende hin, auf das Ergebnis, das angestrebt wird. Schon am Anfang sollte ein klares Verständnis des Zieles vorhanden sein. Bildhaft liest sich das bei Covey so:

„Man kann ganz leicht in eine Aktivitätsfalle geraten, in der Geschäftigkeit des Lebens gefangen sein, härter und härter für die nächste Sprosse auf der Erfolgsleiter arbeiten, nur um dann zu entdecken, dass die ganze Leiter an die falsche Mauer gelehnt ist. Es ist möglich, sehr, sehr beschäftigt, aber nur wenig effektiv zu sein.“ (92)

Diese Phase lenkt den Blick auf die Prinzipien, nach denen man sein Leben sowohl im beruflichen als auch privaten Bereich ausrichten will.

Der 3. Weg ist dem Selbstmanagement gewidmet (vgl. S. 134f). Mit dem ersten Weg entscheidet man sich für ein bestimmtes Vorgehen, mit dem zweiten macht man sich eine Vorstellung darüber und mit dem dritten realisiert man das im tagtäglichen Leben. Die Realisierung dieses Weges mag einen völlig veränderten Arbeitsstil zur Folge haben, nicht mehr das scheinbar „wichtige“ wird zuerst erledigt, sondern die wirklich bedeutsamen Arbeiten.

Covey bedient sich dabei der bekannten Zeit-Management-Matrix:
 

Tätigkeiten Dringend Nicht dringend
Wichtig I II
Nicht wichtig III IV

Die gängige Vorgehensweise besteht darin, Tätigkeiten aus dem I. Quadranten zuerst zu bearbeiten. Faktoren, die Aktivität definieren, sind dann also „dringend“ und „wichtig“. Für Covey sind Tätigkeiten aus diesem Quadranten allerdings nicht so wichtig wie jene aus dem II. Quadranten (z. B. Vorbeugung, Beziehungsarbeit, Planung, neue Möglichkeiten erkennen, Erholung). Er stellt folgende interessante These auf:

„Solange Sie sich auf Quadrant I ausrichten, wird er immer größer, bis er Sie schließlich beherrscht.“

Anders ausgedrückt: die ausschließliche Fixierung auf immer neue Probleme lässt einen am Ende in den Problemen untergehen. Natürlich kann man dringende Probleme nicht einfach negieren, es stellt sich aber die Frage, wieviel Raum man ihnen bei seiner Alltagsarbeit geben will. Bei der Verteilung der täglich zur Verfügung stehenden Arbeitszeit ist jedem ein gewissser Einfluss darauf gegeben, wofür man sie verwenden will. Das gilt im Prinzip für alle Arbeitsbereiche.

Erst der „private Sieg“, die erzielte Unabhängigkeit mit Hilfe der drei beschriebenen Wege, bereitet den Boden für den „öffentlichen Sieg“.

Der öffentliche Sieg ist von der Beachtung der „Paradigmen der Interdependenz“ abhängig. Covey geht dabei vom Bild eines „Beziehungskontos“ aus. Er unterscheidet sechs „Einzahlungen“ auf das Konto:

  1.  Das Individuum verstehen

  1. Auf Kleinigkeiten achten

  2. Verpflichtungen einhalten

  3. Erwartungen klären

  4. Persönliche Integrität zeigen und

  5. Sich bei Abhebungen ehrlich entschuldigen.

Die Paradigmen der Interdependenz müssen bei den folgenden drei Wegen mitbedacht werden.

Der 4. Weg besteht darin, grundsätzlich von einem „Gewinn/Gewinn“-Denken auszugehen. Dies „ist eine Einstellung, bei der Kopf und Herz immer Vorteile für beide Seiten suchen. Gewinn/Gewinn heißt, dass alle Abmachungen oder Lösungen in menschlichen Interaktionen für beide Seiten zuträglich und befriedigend sind.“ (194) Ist ein solches Ergebnis nicht möglich, wird auf das Geschäft verzichtet.

Mit dem 5. Weg – „Erst verstehen, dann verstanden werden“ – wird die Wichtigkeit einer bewussten Kommunikation betont. Der Diagnose eines Sachverhalts gehört die Priorität, nicht dem Rezept. Am Verhalten eines Augenarztes verdeutlicht Covey seine Position:

„Nehmen wir einmal an, Sie hätten Probleme mit den Augen und suchen deswegen einen Augenarzt auf. Nachdem er sich kurz ihre Beschwerden angehört hat, nimmt er seine Brille ab und reicht sie Ihnen.“

Allzu häufig verordnen wir unsere Sichtweise der Dinge ohne genau abzuklären, wo für den anderen die Probleme liegen. Gerade darum ist eine „mitfühlende Kommunikation“ so wichtig.

Mit dem 6. Weg – „Synergie erzeugen“ – ist nach Covey die „höchste Aktivität im Leben“ erreicht. Er definiert Synergie so:

„Einfach gesagt bedeutet Synergie, dass das Ganze größer ist als die Summe seiner Teile.“(248f)

Synergie entsteht bei Teamarbeit, bei Teamausbau, in der „Entwicklung von Einheit und Kreativität mit anderen Menschen“ (258). In dieser Phase ist die stetige Suche nach Alternativen eine Forderung, die es im Umgang mit den Mitarbeitern/Kunden zu beherzigen gilt.

Mit dem 7. Weg weist Covey auf die Bedeutung des Innehaltens hin, sich Zeit zu nehmen, die eingangs erwähnten vier menschlichen Dimensionen zu beachten und zu pflegen. Covey begründet das folgendermaßen:

„Wir sind die Instrumente unserer eigenen Leistung, und um effektiv zu sein, müssen wir erkennen, wie wichtig es ist, uns regelmäßig die Zeit zu nehmen, unsere Säge in allen vier Bereichen [physisch, sozial/emotional, spirituell, mental] zu schärfen.“(265)

Insgesamt sind es vor allem die vielen Beispiele aus Coveys Beraterpraxis, die das Buch interessant machen. Der Autor bedient sich seines Erfahrungsschatzes mit Eleganz und Prägnanz, so dass sich daraus leicht ein Lese- und vielleicht Lebensqualitätsgewinn ziehen lässt.