Fredmund Malik
Führen - Leisten - Leben.
Wirksames Management für eine neue Zeit
2001, 10. Aufl., ISBN 3-453-19684-8
Zehn Auflagen sprechen bei einer Flut von Literatur zum Thema
Management eine deutliche Sprache. Fredmund Malik, ; Unternehmer,
Managementberater und u. a. Professor in St. Gallen und Wien scheint mit seinem Werk - einer Handlungsanweisung für Manager in nahezu allen
Bereichen - gut anzukommen. Er legt Wert auf die Feststellung, für den Alltag
einer Führungskraft die notwendigen Verhaltensweisen zu vermitteln, um den
beruflichen Erfolg zumindest wahrscheinlich werden zu lassen. Dabei ist sein
schon im Vorwort formulierter Anspruch hoch:
"Für die Kopf- und
Wissensarbeiter ist Management, wie ich es in diesem Buch darstelle, nicht nur
erfolgsentscheidend, es ist existenzentscheidend."
(XIII, Vorwort zur
10. Auflage). Malik reduziert sein Lernprogramm für "wirksame"
Führung auf vier Teile, die seiner Ansicht nach notwendigen Kenntnisse und
Fertigkeiten einer modernen Führungskraft:
Professionalität
Grundsätze wirksamer Führung
Aufgaben wirksamer Führung
Werkzeuge wirksamer Führung
1. Professionalität
Im Gegensatz zu Autoren wie Warren Bennis geht Malik nicht vom
Gedanken der "Leadership" aus, sondern von einem erlernbaren
grundlegenden Instrumentarium, das schlussendlich zur angestrebten wirksamen
Führung hinleitet. Nahezu jeder, der in irgendeiner Weise mit Führung zu tun
hat – vom Chefarzt über den Studienrat bis zum Museumsleiter kann sich von
Malik angesprochen fühlen, da in einer modernen Dienstleistungsgesellschaft
überall Managementbedarf besteht, andererseits aber die potentiellen Manager
nur unvollkommen auf ihren Beruf vorbereitet sind. Malik sucht dabei nicht die
"ideale", sondern ganz praktisch die "wirksame
Führungskraft"(18). Malik, stark von Peter Drucker beeinflusst, geht von
einem konstitutionellen Ansatz aus. Die Kernfrage dafür lautet: "Was ist
richtige Führung?" (45). Management ist hier als ein Beruf zu sehen, der
ebenso gut wieder andere erlernt werden kann. Nicht der ‚geniale’, sondern
der eher pragmatische Manager wird propagiert. Dabei wird der Manager
beruf
durch Aufgaben definiert, als zweites Element kommen spezifische Werkzeuge
hinzu, die zur Erfüllung der Aufgaben eingesetzt werden sollen. Drittes Element
von Berufen sind nach Malik Grundsätze, die man bei der Erfüllung von Aufgabe
einhält. Als viertes und letztes Element kommt die Verantwortung hinzu – der
Autor umschreibt sie mit dem Begriff "Alltagsethik" (60). Während die
ersten drei Elemente erlernbar sind, verhält es sich mit der Verantwortung
anders. Der Verantwortung misst der Autor einen hohen Stellenwert zu, denn: wer
"nicht
zu seiner Verantwortung steht, ist kein Manager, auch dann nicht, wenn er in die
höchsten Positionen der Gesellschaft gelangen sollte – und er wird nie ein
Leader sein können"
(61).
2. Grundsätze wirksamer Führung
Malik geht von sechs Grundsätzen aus:
Resultatorientierung
: "die
Ergebnisse der Arbeit und die Effektivität, mit der sie getan wird, (sollen)
Freude machen und Stolz vermitteln"(87). Daraus ergibt sich die nötige (Selbst-)Motivation
und Sinnerfüllung im Leben.
Einen Beitrag zum Ganzen leisten
:
Erst im Bewusstsein dessen, nicht nur partikular, sondern ganzheitlich zu
denken, stets den gesamten Betriebsorganismus im Blick zu haben, kann sich
eine dauerhafte Motivation entwickeln. Gleichzeitig ist dies auch eine
grundlegende Voraussetzung für unternehmerisches Handeln. Malik hebt darauf
ab, dass gute Manager stets im Auge haben, worin ihr Beitrag für das
Gesamtergebnis bestehen kann. Wichtig ist nicht primär die Position, sondern
die Überlegung, welche Kenntnisse und Fähigkeiten man aus einer Position
heraus beitragen kann.
Konzentration auf Weniges
:
Wesentlich ist dabei, sich auf eine kleine Zahl von sorgfältig ausgewählten
Schwerpunkten zu konzentrieren. Das ermöglicht Erfolg. Der andere Weg, sich
vielen Aufgaben zu widmen, führt letztendlich zur Verzettelung, nichts wird
mehr zu Ende gedacht und fertig gebracht. Dazu gehört ein exaktes Wissen
über Ziele – für sich selbst, aber auch für die Mitarbeiter/innen ( z.B.
durch Zielvereinbarungen).
Stärken nutzen
: Malik betont,
dass es darauf ankommt, bereits vorhandene Stärken zu nutzen, sich nicht auf
die Schwächen zu konzentrieren. Die erste "Pflicht" des Managers
besteht also darin, sich bei einer Person zu überlegen, wo die Stärken
vorhanden sind, was jemand schlicht wirklich gut kann. Dann müssen die
Aufgaben mit den Stärken der jeweiligen Personen zusammengebracht werden. Ein
angenehmer Nebeneffekt stellt sich ein: Motivationsprobleme verschwinden
weitgehend, wenn man diesen Grundsatz beachtet. Die Fixierung auf die Stärken
bedeutet nicht, dass man Schwächen übersehen soll, ganz im Gegenteil ist es
auch wichtig, die Schwächen seiner Mitarbeiter/innen zu kennen – schon
allein deshalb, um ihnen keine falschen Aufgaben zu geben.
Vertrauen
: Elementar für diesen
Grundsatz ist, dass Vertrauen echt sein muss, gespieltes Vertrauen wirkt
geradezu kontraproduktiv. Für den Manager bedeutet das, sich Zeit zu nehmen
für Gespräche, ansprechbar zu sein. Malik fasst seine Forderung nach
Vertrauen folgendermaßen zusammen: "Vertraue jedem, soweit du nur kannst
– und gehe dabei sehr weit, bis an die Grenze." Dies kann aber nach der
Meinung des Autors nur unter bestimmten Bedingungen geschehen (Sicherungen
gegen Vertrauensmissbrauch, Klarheit darüber schaffen, dass
Vertrauensmissbrauch Sanktionen nach sich ziehen wird).
Positiv denken
Die Grundsätze bilden die Basis erfolgreichen
Führungsverhaltens, mehr sind nach Malik nicht nötig. Ohne diese Grundsätze
ist erfolgreiche Führung nicht möglich. Nur durch dauerhafte Beherzigung der
Axiome, die nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern stets im Zusammenhang
und –spiel bedacht werden wollen, lässt sich ein langfristiger Erfolg
erzielen.
3. Aufgaben wirksamer Führung
Fünf Basisaufgaben unterscheidet Malik für die wirksame
Führungskraft:
Für Ziele sorgen
. Es Malik
wichtig, dass überhaupt klare Ziele vorliegen, unbenommen davon, ob sie
vereinbart oder vorgegeben werden. Es kommt darauf an, dass Manager das
Prinzip des Führens mit Zielen verinnerlichen, Malik konkretisiert das auf
das "Führen mit persönlichen Jahreszielen" (176). Die Jahresziele
bestimmen die Grundrichtung, Feinarbeit kann dann zusätzlich erfolgen. Nicht
die Menge der Ziele ist entscheidend, sondern deren Qualität. In den
Jahresablauf gehört die kontinuierliche Prüfung, ob die Ziele, die man sich
vorgenommen hat, immer noch wichtig sind und weiter verfolgt werden müssen.
Malik zitiert dazu Peter Drucker: "Effective executives do first things
first and second things not at all!" (178). Ziele müssen schriftlich
fixiert werden – für jede Person und so präzise wie möglich.
Organisieren
. Mit der
Organisationsaufgabe zielt der Autor nicht in erster Linie auf das
Alltagsgeschäft ab, sondern eher in Bereiche der Reorganisation und
Strukturierung. Hier warnt er vor "Organisitis" um jeden Preis.
Optimal ist es für Malik wenn "gute" Organisation in Verbindung mit
gutem Management auftritt.
Entscheiden
. Entscheidungen zu
treffen gehört zu den typischen Aufgaben für Manager/innen. Als erstes
Kriterium für eine Entscheidung muss geklärt werden, ob das Problem
überhaupt klar ist - nach Maliks Ansicht ist es das allzu oft nicht mit den
daraus resultierenden Fehlentscheidungen. Nicht die "schnellen"
Entscheidungen sind gut, sondern die "richtigen" nach entsprechender
Problemanalyse. Bevor entschieden wird, sollten möglichst alle Alternativen -
von denen es oft mehr gibt als es den ersten Anschein hat - geprüft werden.
Nach der Entscheidung ist es wichtig, auch zu verfolgen, ob die entscheidenden
Dinge auch wirklich umgesetzt werden, davon hat sich die Führungskraft zu
überzeugen - am besten persönlich. Malik bietet für den
Entscheidungsprozess eine genaue Schrittfolge an:
a. "Die präzise Bestimmung des Problems
b. Die Spezifikation der Anforderungen, die die Entscheidung erfüllen muss
c. Das Herausarbeiten der Alternativen
d. Die Analyse der Risiken und Folgen für jede Alternative...
e. Der Entschluss selbst
f. Der Einbau der Realisierung in die Entscheidung
g. Die Etablierung von Feedback: Follow-up und Follow-through"(212)
Kontrollieren
. Kontrolle als
solche stellt der Autor nicht in Frage, wohl aber die Art und Weise der
Kontrolle. Kontrolle ist heute technisch gesehen kein großes Problem,
Informationen stehen jederzeit in Hülle und Fülle zur Verfügung. Für Malik
ist die Lösung klar
: "Das nötige Minimum und nicht das mögliche
Maximum."
(235). Wo es keine messbaren Größen gibt, muss beurteilt
werden, dies von möglichst erfahrenen Managern, die ihre Aufgaben
gewissenhaft erfüllen.
Menschen entwickeln und fördern
.
Menschen entwickeln sich mit ihren Aufgaben. Es gehört also zu den wichtigen
Führungsaufgaben geeignete Aufgaben für die richtigen Leute zu finden,
Aufgaben, an denen sie wachsen können und die der persönlichen Entwicklung
förderlich sind. Dabei ist die Gefahr der Überforderung relativ gering. Wie
müssen solche Aufgaben beschaffen sein? Immer "größer und schwieriger
... als die bisherige Aufgabe" (251). Mit der neuen Aufgabe muss nicht
zwangsläufig eine Einkommensverbesserung einhergehen, die Aufgabe soll durch
sich selbst motivieren. Malik betont, dass die Entwicklung von Menschen von
hierarchischem Aufstieg abgekoppelt sein sollte.
IV. Werkzeuge wirksamer Führung
Malik begreift seine sieben vorgeschlagenen Werkzeuge als
unabdingbar für jede Führungskraft. Häufig haben die Manager/innen kein
Verständnis darüber, was denn ihre "Werkzeuge" zur Bewältigung der
Alltagsarbeit sind, auch wenig Bewusstsein darum, dass zum sinnvollen Gebrauch
eines Werkzeugs auch die ständige Übung damit gehört. Die Aufzählung
erscheint zunächst wenig spektakulär:
Die Sitzung
Der Bericht
Job Design und Assignment Control
Persönliche Arbeitsmethodik
Budget und Budgetierung
Leistungsbeurteilung
Systematische Müllabfuhr
Der Reiz an Maliks Aufzählung liegt darin, dass er die
Werkzeuge sparsam, aber eben wirksam gebraucht sehen will. Das heißt z. B.
Sitzungen
reduzieren und auf das Mindestmaß beschränken - diese dann aber gut vor- und
nachbereitet (u. a. mit Tagesordnung, straffer Sitzungsleitung, Protokoll usw.
vgl. S. 280ff). Energisch wird der Sinn von klarer schriftlicher Kommunikation (
Bericht
,
Protokoll usw.) als Zeitsparmodell betont, da sie im Gegensatz zum Telefonat zum
vorherigen Nachdenken zwingt. Sehr wichtig ist Malik das dritte Werkzeug. Von
der richtigen Gestaltung der Aufgaben und Stellen (
Job design
) hängt der
Erfolg eines Unternehmens ganz wesentlich ab. Interessant sind die Hinweise zur
"Jobgestaltung". Malik warnt vor zu kleinen oder zu großen Jobs,
verweist darauf, dass Jobs zwar wirklich fordern müssen, um Mitarbeiter/innen
auch zufrieden zu stellen, aber nicht so "groß" zugeschnitten werden
dürfen, dass die Person darunter zusammenbricht. Zu der richtigen
Jobbeschreibung muss die Einsatzsteuerung hinzukommen ("Assignment control").
Sie entscheidet letztlich darüber, ob eine Sache effektiv erledigt wird oder
nicht.
Interessant ist Malik Ansatz der systematischen Müllabfuhr.
Er geht von biologischen Systemen aus, die alle von der Zelle bis zum ganzen
Körper über ein systematisches und kontinuierliches Entgiftungs- und
Entsorgungssystem verfügen. Dieses fordert er auch für den Arbeitsalltag ein.
Regelmäßig sollen Führungskräfte überprüfen, was überfällig, überkommen
und überflüssig ist. Davon gilt es sich zu trennen.
Insgesamt sind Maliks Ratschläge für den (Führungs-)Berufsalltag
auch in Schulen und Schulverwaltung gut zu gebrauchen. Seine unprätentiöse
Sprache ist wohltuend. Die gewählten Beispiele sind stets treffend und
überzeugend, auch wenn sie zu häufig aus dem militärischen Bereich gewählt
werden.
Der einzige - übrigens auch von ihm selbst wahrgenommene
Mangel des Buches besteht darin, dass die Bereiche Führen und Leisten
gegenüber dem "Leben" ein zu starkes Gewicht haben, hier wäre eine
deutlichere Akzentuierung in den nächsten Auflagen wünschenswert.