Naturwissenschaftliche Arbeitsweise
Infobox
Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.
Im Bildungsstandard steht bei den Fachmethoden:
Die Schülerinnen und Schüler können die naturwissenschaftliche Arbeitsweise Hypothese, Vorhersage, Überprüfung im Experiment, Bewertung, ... anwenden und reflektieren
Will man den Unterricht im Sinne der naturwissenschaftliche Arbeitsweise organisieren, so beginnt
die Stunde z.B. mit einer Zielformulierung (... so offen wie möglich und so konkret wie notwendig...).
Die Klasse und der Lehrer führen einen Dialog und formulieren Hypothesen; hierbei lenken
die Schülerinnen und Schüler den Unterricht ... Sackgassen sind zulässig, in dieser Phase gibt es
keine
falschen Hypothesen
, die der Lehrer aussondert, um möglichst schnell sein Unterrichtsziel
zu erreichen. Die diskutierten Hypothesen führen zu Vorhersagen, die im Experiment überprüft
werden können. Die Schülerinnen und Schüler wissen, dass im Experiment ihre Vorhersagen falsifiziert
oder verifiziert werden. Sie wissen, dass im Falle einer Falsifizierung ihrer Vorhersage, die zu
Grunde liegende Hypothese falsch war - UND sie wissen, dass bei einer Verifizierung ihrer Vorhersagen
noch lange kein Beweis vorliegt, dass damit nur das Vertrauen in diese Hypothese gestärkt
wird ...
Experiment und Präsentation
Im Idealfall werden diese Experimente zur Überprüfung der Hypothesen in einer Physiksammlung
vorhanden sein und eventuell in Teamarbeit von den Schülerinnen und Schülern selbstständig ausgeführt
1
- Fehler diskutiert, eine Dokumentation verfasst und die Ergebnisse der Klasse mit mehr
oder weniger
neuen Medien
präsentiert
.
2
Simulatoren
Bei einigen Themenstellungen sind Schulexperimente prinzipiell nicht möglich (z.B. Experimente
der Raumfahrt), finanziell nicht erschwinglich oder gefährlich (z.B. Experimente im Bereich der
Kernphysik). Bei diesen Randbedingungen greifen andere Möglichkeiten - so z.B. könnten die
Schülerinnen und Schüler im
Internet
nach Ergebnissen selbst suchen, Experten befragen
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oder
die Lehrkraft liefert den Abschluss dieser
Arbeitskette
in einem Lehrerreferat - ODER die Schülerinnen
und Schüler greifen zu einem
Simulationsprogramm
.
Rechen-Simulatoren
Bei der Verwendung eines Simulators kann man zwei Varianten unterscheiden. - so genannte
Rechen-Simulatoren
und
Realexperiment-Simulatoren
. Ein
Rechen-Simulator
berechnet seine
Bildschirmausgabe auf der Basis des
Naturgesetzes
, das er darstellen will. Diese Art von Simulator
hat im besten Falle - und der ist leider nicht immer erfüllt - den Charakter einer Veranschaulichung.
Es sollte deutlich werden, dass ein Simulator dieser Art in keinem Fall zur Vertrauensbildung
bezüglich einer Hypothese beitragen kann. Nur die Tatsache, dass ein Verlag viel Geld investiert
hat, um diesen Simulator zu programmieren und der Umstand, dass der Physiklehrer diesen
Simulator für teures Geld erworben hat und im Unterricht einsetzt, führt zu einem gewissen
Vertrauensbeweis - mehr aber auch nicht.
So z.B. kann ein
Rechensimulator
für Einzelphotonenexperimente am Doppelspalt, der die Interferenzmuster
bei verschiedenem Spaltabstand und Einzelspaltgröße berechnet und animiert darstellt,
die komplexen Zusammenhänge verdeutlichen und damit eine methodische Hilfestellung
sein, auch wenn er nicht mehr zeigt, als die Gesetze hergeben, nach denen er programmiert wurde.
Seine Stärke liegt in diesem Fall in der dynamischen Darstellung verbal gebotenen Zusammenhänge
und
statischer Bilder
.
Realexperiment-Simulatoren
Realexperiment-Simulatoren
berechnen ihre Bildschirmausgaben nicht auf der Basis eines
Gesetzes, das sie veranschaulichen wollen, sondern sie bestehen im Prinzip aus einer Sammlung
von Photographien eines Realexperiments, die auf dem Computer nur schnell und bedienungsfreundliche
dargestellt werden. So z.B. liefert ein
Realexperiment-Simulator
für Einzelphotonenexperimente
bei dem oben angesprochenen Doppelspalt eine Reihe von Photographien eines Realexperiments
und hat damit mindestens die Aussagekraft eines Schulbuchs, in dem diese Interferenzmuster
abgebildet sind und kann daher gewisse Aspekte der Verifikation bei Vorhersagen in
der
naturwissenschaftlichen Schlusskette
abdecken. Diese Realexperiment-Simulatoren wirken
zudem - wenn sie gut programmiert sind - motivierend und anschaulich.
Modellbildungssysteme
Im Bildungsstandard steht bei den Fachmethoden:
Die Schülerinnen und Schüler können ein Modell erstellen, mit einer geeigneten Software bearbeiten und die berechneten Ergebnisse reflektieren
Der Bildungsstandard verlangt verpflichtend den Einsatz der sogenannte
Modellbildungssysteme
,
die in der Phase der Hypothesenbildung eine wichtige Rolle spielen können. Wenn die Zielsetzung
des Unterrichts z.B. die Behandlung einer harmonischen Schwingung ist, wird man die Differenzialgleichung
der Mechanik (F = m⋅ds
2
/dt
2
) mit der Rückstellkraft (F = -D⋅s) verbinden und die
resultierende Differenzialgleichung geschlossen lösen. Im Realexperiment stellen die Schülerinnen
und Schüler schnell fest, dass sowohl die Dämpfung als auch die Abhängigkeit der Periode von der
Amplitude in dieser geschlossenen Lösung des
Idealfalls
nicht enthalten ist. Sie können in dieser
Modellbildungssoftware diesen Realfall, den sie mit der Schulmathematik nicht mehr geschlossen
lösen können,
modellieren
, die Parameter am Realexperiment eichen und die Ergebnisse des
Modellbildungssystems
mit dem Realexperiment vergleichen. Die Betonung der Reflexion der Modellierung
und der Passgenauigkeit hat hierbei einen besonderen Stellenwert.
4
Vor allem bei komplexen Problemstellungen haben sich diese Modellbildungssysteme gut bewährt.
5
Zudem kann dieser Einsatzbereich die physikalische Intuition schulen. 6 Vor allem wenn die Modellbildung ein Diagramm liefert, bei dem die Interpretation nicht trivial ist. 7
Auf diese Modellbildungssysteme wird an anderer Stelle noch ausführlich eingegangen
→ siehe Verzeichnis
Modellbildungs-Systeme
Simulations-Modelle
Wenn der zu untersuchende Gegenstand alleine wegen seiner Dimension (Ausmaßes) dem Experiment
nicht mehr zugänglich ist, besteht die Möglichkeit eines Modellexperiments an einer
verkleinerten
Ausführung
. So z.B. kann man die Flugeigenschaften von Flugzeugen, Raketen oder UBooten
in realen Experimenten nur mit hohem finanziellen Aufwand
direkt
untersuchen - wenn
das überhaupt möglich ist. Eine Alternative besteht nun darin, von diesem
großen Objekte
ein
kleines Modell
herzustellen und die Experimente stellvertretend an diesem
kleinen Modell
auszuführen.
Bei diesen
Modell-Experimenten
lautet die erste Frage: Welche Aussagekraft haben die Messergebnisse
in den Modell-Experimenten für das große Modell. Wenn die Messung der Auftriebskraft
am Modell-Experiment z.B. einen Wert von 100 N liefert, welche Auftriebskraft erfährt dann das
Original. Welchen der Maßstabsfaktoren zwischen dem Modell und dem Original spielt hierbei eine
Rolle - der Maßstabsfaktor
Massenverhältnis
- der Maßstabsfaktor
Volumenverhältnis
- der
Maßstabsfaktor
Oberflächenverhältnis
- oder genügt das Längen- und Breitenverhältnis.
Und die zweite Frage spielt ebenfalls eine erhebliche - wie muss ich die Randbedingungen beim Modell gestalten, damit überhaupt signifikante Aussagen auf das Original möglich sind? Spielt z.B. die Luftströmung bei einem Modell-Experiment im Windkanal im Vergleich zur Strömungsgeschwindigkeit beim Original in der Luft eine Rolle?
Dass diese Frage - z.B. bei der Aerodynamik - eine große Rolle spielt, erkennt man an folgenden Schülerfragen:
- Warum können viele der Insekten fliegen?
- Warum kann eine Ameise aus einem Hochhaus fallen, ohne dass ihr etwas passiert?
- Warum kann sich der Staub in der Luft halten und fällt nicht zu Boden?
-
Warum sehen Papierflieger ganz anders aus als
richtige Flieger
? -
Warum verhalten sich Modellflieger anders als
richtige Flieger
?
Trainingsmodelle - Simulatoren
Der Bau eines Modellflugzeuges in einer Projektwoche, im Kernfach NwT, in einer Arbeitsgemeinschaft
oder in einem Seminarkurs ist eine überaus motivierende Unterrichtseinheit, in der Theorie
und Praxis im besten Sinne
Hand in Hand
gehen und die Schülerinnen und Schüler mit Sicherheit
nachhaltig
lernen.
Der kritische Punkt besteht nun darin, dass man ein Modell mit viel Liebe und Engagement gebaut
hat und dieses Modell
in die Luft bringen will
. Das Problem besteht wohl darin, dass man die
Steuerorgane des Flugzeuges und die Fernbedienung
in der Theorie
perfekt verstanden hat -
dass man aber noch keine Flugerfahrung hat.
In der Realität (also im Pilotentraining mit richtigen Flugzeugen) besteht die Möglichkeit, dass der Flugschüler neben einem Pilotenausbilder sitzt und in kleinen ungefährlichen Schritten in die Handhabung des Fluggerätes eingeführt wird.
Eine harmlose und billigere Variante ist die Ausbildung der Flugschüler in einem Flugsimulator. Das
ist ein Gerät, in dem das Cockpit eines Flugzeuges vollständig nachgebaut wird. Die Frontscheibe
des Simulators ist eine Leinwand, auf der dem Flugschüler die Bilder projiziert werden, die er im
realen Flug auch sehen würde. In aufwendigen Simulatoren wird durch Manipulation der Lage der
Kabine im Raum sogar ein echtes
körperliches Fluggefühl
vermittelt.
Im Modellbau bestehen nun ähnliche Möglichkeiten, um den Absturz des Modells im ersten Flugversuch
zu vermeiden. Man recherchiert im Internet, wo der nächste
Modellflugplatz
eines
Modellflugvereins
liegt und nimmt mit diesem Verein Kontakt auf. Nach meinen Erfahrungen sind die
Mitglieder in diesen Vereinen sehr aufgeschlossen, den Nachwuchs beim
Einfliegen
zu helfen. So
z.B. kann man eine Schüler-Fernbedienung an eine Trainer-Fernbedienung per Kabel anschließen.
Damit hat der Trainer in
gefährlichen Flugsituationen
die Möglichkeit hat, das Flugzeug noch
rechtzeitig abzufangen und einen Absturz zu verhindern.
Ähnlich wie bei Großflugzeugen gibt es aber auch schon finanziell billige
Flugsimulatoren
für Modellflugzeuge.
EasyFly 3
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z.B. ist eine Software, mit der man einen
Mini-Flugsimulator
auf einem
Windowscomputer installieren kann und mit dem man die in der Theorie verstandenen Flugmanöver
in der
virtuellen Praxis
einüben kann. Allerdings sollte man deutlich darauf hinweisen, dass es
immer noch ein großer Schritt vom
Flugsimulator
zur
Flugrealität
ist ... das gilt sowohl für den
Modell-Flug-Simulator als auch für die
Profi-Ausbildung
in der Lufthansa. Man kann in einem
Flugsimulator sehr viel trainieren - aber leider nicht alles.
Hausarbeitsbereich
Für die Vor- oder Nachbereitung eines Realexperiments in der Hausarbeit oder für eine kurze anschauliche Demonstration innerhalb einer Präsentation gibt es z.T. Argumente, einen Simulator - Rechen- oder Realexperiment-Simulator - einzusetzen.
Lernsoftware
Es gibt didaktische Ansätze, die den Einsatz einer Physik-Lernsoftware innerhalb der Hausarbeit im
Sinne eines
Vokabeltrainers
befürworten. Wenn diese Software darauf abzielt, physikalische
Fachmethoden zu schulen, wäre das ein positiver Ansatz. Wenn diese Software aber z.B. nur dazu
dient, irgendwelche Naturgesetze, Formeln usw. auswendig zu lernen, gewissermaßen
einzutrichtern
,
hat diese Art von Lernsoftware innerhalb der Physik mit Sicherheit sehr kurze
didaktische
Beine
.
1 |
Naturwissenschaft und Lernen - Die Schülerinnen und Schüler können Beobachtungen und Experimente zum Erkenntnisgewinn nutzen
Physik als Naturbetrachtung unter bestimmten Aspekten - Die Schülerinnen und Schüler unterscheiden zwischen Beobachtung und physikalischer Erklärung. Wissen, dass naturwissenschaftliche Gesetze und Modellvorstellungen Grenzen haben. Wissen, dass dabei zwischen unserer Erfahrungswelt und ihrer physikalischen Beschreibung unterschieden werden muss. |
2 | Naturwissenschaft und Kommunikation - Die Schülerinnen und Schüler können naturwissenschaftliche Sachverhalte beschreiben, veranschaulichen und adressatengerecht präsentieren. |
3 | Naturwissenschaft und Kommunikation - Die Schülerinnen und Schüler können Hilfsmittel und Informationsquellen wie Lexika, Fachzeitschriften, Tabellenwerke, Formelsammlungen, Computerprogramme, Internet ... sachgerecht nutzen. |
4 |
Anwendungsbezug und gesellschaftliche Relevanz der Physik
Die Schülerinnen und Schüler kennen charakteristische Werte der behandelten physikalischen Größen und können sie für sinnvolle physikalische Abschätzungen anwenden. |
5 | Naturwissenschaft und Gesellschaft - Die Schülerinnen und Schüler können in größeren Zusammenhängen denken (z.B. in Kreisläufen), Möglichkeiten und Folgen ihres persönlichen Handelns erkennen und Konsequenzen ziehen (Nachhaltigkeit). |
6 | Physik als ein historisch-dynamischer Prozess - Die Schülerinnen und Schüler erkennen, welche Rolle die Intuition in der Physik spielt. |
7 | Formalisierung und Mathematisierung in der Physik - Die Schülerinnen und Schüler können den funktionalen Zusammenhang zwischen physikalischen Größen graphisch darstellen und Diagramme interpretieren. |
8 | ... siehe z.B. http://www.ikarus-modellbau.de |
Download
Modelle ... u. ... Simulationen: Herunterladen [pdf] [195 KB]