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Cho­rea Hun­ting­ton (erb­li­cher Veits­tanz)

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

In­fo­blatt

Ge­schicht­li­ches:

1872 be­schrieb der eng­li­sche Arzt Georg HUN­TING­TON eine un­heil­ba­re Ner­ven­krank­heit, die über Jahr­zehn­te hin­weg Mit­glie­der jeder Ge­ne­ra­ti­on einer Fa­mi­lie be­trof­fen hatte und sich unter an­de­rem in tan­z­ar­ti­gen ( cho­rea = griech.: Tanz) Ver­ren­kun­gen der Ex­tre­mi­tä­ten äu­ßer­te.

 

Ur­sa­chen:

Cho­rea Hun­ting­ton be­ruht auf der Mu­ta­ti­on eines Gens (Gen­mu­ta­ti­on) auf dem kur­zen Arm des Chro­mo­soms 4, einem Au­to­som.

 

Ver­er­bungs­sche­ma (Stamm­baum):

Stammbaum

Abb. 7: Stamm­baum einer von Cho­rea Hun­ting­ton be­trof­fe­nen Fa­mi­lie

Bild­quel­le: ZPG Bio­lo­gie

 

Wie aus dem Stamm­baum (Abb. 7) er­sicht­lich wird, über­springt die Krank­heit keine der Ge­ne­ra­tio­nen. Dies ist ein si­che­res Zei­chen für ein do­mi­nant ver­erb­tes Merk­mal. Da das Gen für Cho­rea Hun­ting­ton auf einem Au­to­som liegt, wird der Ver­er­bungs­me­cha­nis­mus als au­to­so­mal-do­mi­nant be­zeich­net. Hier­für spricht auch das Auf­tre­ten der Krank­heit un­ab­hän­gig vom Ge­schlecht. Wich­tig für das Ver­ständ­nis von Stamm­bäu­men ist, dass die Schwe­re der Er­kran­kung (Ex­pres­si­vi­tät) bei ein­zel­nen Er­kran­kun­gen und Er­krank­ten un­ter­schied­lich aus­fal­len und somit auch falsch ge­deu­tet wer­den kann. Die Durch­set­zungs­fä­hig­keit (Pe­ne­tranz), ein Maß für die Wahr­schein­lich­keit, mit der das do­mi­nan­te Allel zur Aus­prä­gung kommt, kann bei un­ter­schied­li­chen Er­kran­kun­gen auch ver­schie­den aus­fal­len. Bei Cho­rea Hun­ting­ton be­trägt sie 100%. Das heißt, alle Trä­ger des mu­tier­ten Gens er­kran­ken frü­her oder spä­ter.

 

Aus­wir­kun­gen:

Die von der Krank­heit Be­trof­fe­nen sind zu­nächst voll­kom­men ge­sund und zei­gen kei­ner­lei Krank­heits­sym­pto­me. Erst mit zu­neh­men­dem Alter (zwi­schen 30 und 60 Jah­ren) kommt es zum Aus­bruch der Krank­heit, die sich in Stö­run­gen der Ge­hirn­funk­ti­on, zu­neh­men­dem Ge­dächt­nis­schwund, un­kon­trol­lier­ba­ren Be­we­gun­gen der Ex­tre­mi­tä­ten und des Ge­sichts (Veits­tanz) und Sprach­stö­run­gen äu­ßert. Die Pa­ti­en­ten wer­den mit zu­neh­men­der Aus­prä­gung der Krank­heit hilf­lo­ser und schließ­lich pfle­ge­be­dürf­tig. Durch­schnitt­lich 15 Jahre nach dem Auf­tre­ten ers­ter Sym­pto­me endet die Krank­heit mit dem Tod. Cho­rea Hun­ting­ton ist des­halb be­son­ders heim­tü­ckisch, weil die Be­trof­fe­nen jah­re­lang frei von Sym­pto­men sind und erst spät ihre Krank­heit be­mer­ken. Dann haben sie al­ler­dings meist schon selbst Kin­der, die mit 50%iger Wahr­schein­lich­keit auch an der Krank­heit er­kran­ken wer­den. Neu­er­dings gibt es einen Test, mit dem mit 100%iger Wahr­schein­lich­keit fest­ge­stellt wer­den kann, ob man Trä­ger des mu­tier­ten Gens ist. Die­ser Test ist be­reits prä­na­tal, d.h. bevor das Kind ge­bo­ren wird, mög­lich. Eine Hoff­nung auf Hei­lung des De­fekts ist damit bis jetzt je­doch nicht ver­bun­den. Damit er­ge­ben sich na­tür­lich viel­fäl­ti­ge ethi­sche Pro­ble­me, z.B. in­wie­weit sich ein Schwan­ger­schafts­ab­bruch recht­fer­ti­gen lässt, oder ob man einem ge­sun­den jun­gen Men­schen er­klärt, dass er spä­ter schwer er­kran­ken und daran ster­ben wird.

 

Sons­ti­ge Krank­hei­ten mit glei­chem Erb­gang:

Von 1500 be­kann­ten mo­no­ge­nen (durch Mu­ta­ti­on eines Gens ver­ur­sacht) Erb­krank­hei­ten wer­den 793 au­to­so­mal-do­mi­nant ver­erbt. Ei­ni­ge der be­kann­tes­ten davon sind:

Polydaktilie

Abb. 8: Po­ly­dak­ty­lie der lin­ken Hand eines Kin­des

Bild­quel­le: Po­lydac­ty­ly 01 Lhand AP.​jpg von en:User:Drg­nu23, sub­se­quent­ly al­te­red by en:user:Gren­delk­han, en:user: Rau­l654, and en:user:So­lip­sist. (Ei­ge­nes Werk) [GFDL oder CC-BY-SA-3.0], via Wi­ki­me­dia Com­mons

 

Mar­fan-Syn­drom (Bin­de­ge­web­s­er­kran­kung, bei der durch ein ein­zi­ges mu­tier­tes Gen viele Merk­ma­le ver­än­dert wer­den → Po­ly­phä­nie.) Beim Mar­fan-Syn­drom ist ein Gen für ein Ei­weiß mu­tiert, wel­ches zu er­höh­ter Elas­ti­zi­tät des Bin­de­ge­we­bes führt. Deut­li­che Sym­pto­me die­ser Er­kran­kung sind z.B. Hoch­wuchs, die Aus­bil­dung einer Trich­ter- oder Kiel­brust und öf­ters auch eine senk­rech­te Über­ent­wick­lung des Kop­fes („Lang­schä­del“). Die Ex­pres­si­vi­tät des Mar­fan-Syn­droms ist va­ria­bel, d.h. die phä­no­ty­pi­sche Aus­prä­gung der Merk­ma­le schwankt. In 20-40% der Fälle tritt das Mar­fan-Syn­drom als Neu­mu­ta­ti­on auf. Einer der pro­mi­nen­tes­ten am Mar­fan-Syn­drom er­krank­ten Per­so­nen war der ame­ri­ka­ni­sche Prä­si­dent Abra­ham Lin­coln.

Wei­te­re Er­kran­kun­gen sind die Kurz­fing­rig­keit (Bra­chy­dak­ty­lie), bei der eine Mu­ta­ti­on zur Ver­kür­zung ein­zel­ner oder meh­re­rer Fin­ger führt, und die Viel­fing­rig­keit (Po­ly­dak­ty­lie, Abb. 8), bei der es zur Aus­bil­dung zu­sätz­li­cher Fin­ger kommt.

Keine Krank­heit, je­doch leicht für dich zu über­prü­fen, ist die eben­falls au­to­so­mal-do­mi­nant ver­erb­te Ver­an­la­gung, ob Urin nach dem Ge­nuss von Spar­gel riecht oder nicht. Frage ein­mal in dei­ner Fa­mi­lie nach, ob das Phä­no­men bei dei­nen El­tern oder Ge­schwis­tern auf­tritt oder nicht.

 

 

 

Lern­zir­kel „Erb­krank­hei­ten“: Her­un­ter­la­den [doc] [1110 KB]

Lern­zir­kel „Erb­krank­hei­ten“: Her­un­ter­la­den [docx] [867 KB]

Lern­zir­kel „Erb­krank­hei­ten“: Her­un­ter­la­den [pdf] [553 KB]

 

 

Wei­ter zu Ar­beits­blatt