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Kompetenzorientierter Italienischunterricht Sekundarstufe I / Kursstufe

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Kompetenzorientierter Unterricht


Wie funktioniert kompetenzorientiertes Unterrichten?

Ballon Vorworten ist meist das traurige Schicksal beschieden, schnell überblättert und somit nicht gelesen zu werden. Dennoch sind die folgenden wenigen Seiten in der Hoffnung geschrieben worden, den einen oder anderen Leser zu finden. Sie finden hier einige grundsätzliche Überlegungen, die garantieren sollen, dass die beigefügten Materialien richtig verstanden und verwendet werden.

Die beigefügten Materialien verstehen sich nicht als ein konkurrierendes Lehrerhandbuch zum Italienischlehrwerk Appunto . Auch werden keine bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Stundenentwürfe angeboten. Vielmehr soll mit den Materialien beispielhaft aufgezeigt werden, wie kompetenzorientiertes Unterrichten mit den baden-württembergischen Bildungsstandards in Verbindung mit einem konkreten Lehrwerk aussehen kann und wie es sich in seinen Grundzügen vom traditionellen Fremdsprachenunterricht unterscheidet. Die Umsetzung im eigenen Unterricht erfordert natürlich die Berücksichtigung aller äußeren Umstände von der Klassensituation bis zu Vorgaben des Stundenplans.

Da die einzelnen Materialien aus der Feder verschiedener Personen entsprungen sind, zeigt sich in jedem Beispiel auch die ganz individuelle Handschrift jedes Autors. Genauso können auch Sie als Unterrichtende Ihren ganz persönlichen Stil in Ihrem Unterricht einbringen. Gemeinsame Basis für die Unterrichtsbeispiele sind allerdings einige grundlegende didaktische Prinzipien , auf die sich die Arbeitsgruppe verständigt hat. In jedem der Unterrichtsbeispiele wird versucht, möglichst viele dieser Prinzipien umzusetzen und zu verdeutlichen. Eine in Stichworten formulierte Liste der Prinzipien ist als Übersicht an das Vorwort angeschlossen. Auf den Deckblättern zu den Lektionsteilen („Didaktische Einbettung“) werden die Prinzipien genannt, die bei dem Umsetzungsvorschlag im Vordergrund stehen.

Im Folgenden soll kurz erläutert werden, welche Gedanken für uns durch den Perspektivenwechsel zum kompetenzorientierten Unterrichten im Hinblick auf die Arbeit mit dem Lehrbuch leitend waren:

Traditionellerweise war der Fremdsprachenunterricht lehrwerksorientiert, d.h. die Unterrichtsplanung orientierte sich grundsätzlich an den vom ausgewählten Lehrwerk vorgegebenen Lernzielen. Die Unterrichtsplanung folgte sehr eng dem vom Lehrwerk vorgegebenen Aufbau in der Abfolge von Lektionstexten und Übungen.  Idealerweise waren die Lehrbücher so angelegt, dass die von den Lehrplänen für ein Schuljahr vorgeschriebenen Ziele abgedeckt waren. In der Spracherwerbsphase war damit ein Blick in den Lehrplan praktisch überflüssig. In den Lehrplänen waren zwar auch die übergeordneten kommunikativen Kompetenzen notiert, aufgrund ihrer vagen Formulierung konnten sie jedoch gegenüber den in Form von einzelnen grammatikalischen Strukturen gesetzten Lernzielen leicht aus dem Blick geraten.

Der Perspektivenwechsel hin zum kompetenzorientierten Unterrichten besteht nun darin, von den in den Bildungsstandards genannten Kompetenzen auszugehen und dann nach passenden Materialien und Umsetzungsmöglichkeiten zu suchen. Dies bedeutet nun nicht, dass ein Lehrbuch völlig überflüssig geworden ist und jeder Lehrer sich sein eigenes Unterrichtsmaterial zusammenbasteln muss. Der Umgang mit dem Lehrbuch müsste aber, soweit es sich nicht um ein wirklich konsequent kompetenzorientiertes Lehrwerk handelt, ein anderer werden: Das Lehrbuch gibt nicht mehr den genauen Ablauf des Unterrichtes vor, es dient vielmehr nur noch als Materialangebot oder, bildlich gesprochen, als Steinbruch. Nicht jeder Lektionstext und jede Übung muss bearbeitet werden, nicht jede Vokabel muss gelernt werden. Verwendet wird nur das, was für die Entwicklung der jeweiligen Kompetenzen benötigt wird. Umgekehrt müssen eventuell Zusatztexte und Aufgabenstellungen ergänzt werden, weil manche Kompetenzen durch das Lehrbuch nicht abgedeckt sind.

Zur Neuorientierung gehört auch die Schwerpunktverlagerung vom noch sehr stark auf das Erlernen grammatikalischer Strukturen ausgerichteten Unterricht hin zu einem Unterricht, der die kommunikative Kompetenz in den Mittelpunkt rückt. Das Unterrichtsziel besteht also nicht darin, dass ein Schüler beispielsweise die Formen des passato prossimo beherrscht und einen Lückentext mit den korrekten Formen ausfüllen kann. Das kommunikative Ziel besteht vielmehr darin, dass er über vergangene Ereignisse oder eigene Erlebnisse erzählen kann. In diesem Sinne ist jede unserer vorgeschlagenen Unterrichtseinheiten um eine Lernaufgabe herum organisiert: Darunter versteht man offene Aufgaben mit Entscheidungsinstanzen für den Lerner, die zu realen, kommunikativen Aktivitäten auffordern, deren Bearbeitung den Einsatz unterschiedlicher Kompetenzen fordert, die prozessorientierte Arbeit mit einer Produkterstellung und -präsentation verbinden und dem Lerner die Möglichkeit bieten, in freier Form sprachlich zu agieren (Definition nach Leupold). Engere Übungsformen, wie sie auch vom Lehrbuch angeboten werden, sollen schrittweise auf die Bearbeitung der Lernaufgabe vorbereiten. Idealerweise wäre darauf zu achten, dass die SuS solche Aufgabenstellungen und Übungen erhalten, die sich auf ihre Lebenswelt beziehen oder deren Ergebnisse für sie relevant sind ( task-based, meaningful learning ).

Die vorgeschlagenen Lernaufgaben gehen normalerweise von den Lehrbuchtexten aus. Die Lehrbuchtexte dienen als sprachliche Modelle, die den SuS Formulierungen an die Hand geben, die ihre Ausdrucksfähigkeit erweitern. Sie sollten nicht nach einem Standardschema bearbeitet werden. Entscheidend für den Umgang mit den Texten sollte ein ausgewähltes Bündel von Kompetenzen sein, die für die Bewältigung der jeweiligen Lernaufgabe relevant sind.

Indem das Lehrbuch nicht mehr vollständig als Leitfaden des Unterrichts dient, wird es automatisch zu einer Individualisierung auch des zu lernenden Vokabulars kommen. Verstärkt arbeiten die SuS mit Wörterbüchern und erarbeiten sich so einen Wortschatz, der zur Bewältigung der gestellten Lernaufgaben dienlich ist. Um einen für die Klasse allgemein verbindlichen Lernwortschatz zu haben, müssen die von Einzelgruppen erarbeiteten Vokabeln z.B. durch Folienpräsentationen und Vokabellisten zusammengeführt werden.

Die bisher dargestellten Punkte betreffen alle die Planung und Gestaltung des Unterrichts bzw. die didaktische Aufbereitung der Inhalte und mit diesen verbundenen Fertigkeiten, die an die SuS herangetragen werden, den sogenannten Input . Zu einem kompetenzorientierten Unterricht gehört aber die wesentlich die Umorientierung auf das, was von den SuS tatsächlich umgesetzt wird, den Ertrag oder Output . Daher sollen im Folgenden noch ein paar Vorschläge gemacht werden, wie auch der Bereich der Leistungsevaluation kompetenzorientiert gestaltet werden kann.

Ein Instrument, das der Qualitätssicherung dient, ist das Sprachenportfolio . Eine Aufgabe des Portfolios kann darin bestehen, dass die SuS in bestimmten Abständen selbst und zusammen mit einem Lernpartner den Stand ihrer Kompetenzen überprüfen und einschätzen. Dazu dienen für die einzelnen Lektionen von Appunto I entwickelten Selbstevaluationsbögen . Indem die SuS selbst ihren eigenen Lernfortschritt auf den Prüfstand stellen, können Sie erkennen, in welchen Kompetenzen sie noch Übungsbedarf haben, und selbst entsprechende Maßnahmen beschließen. Auf diese Weise wird nicht zuletzt auch die Eigenverantwortlichkeit im Lernprozess gestärkt.

Die notenwirksame Leistungsbewertung wird natürlich weiterhin Aufgabe der Lehrkraft bleiben. Durch die Aufwertung gewisser Kompetenzbereiche in den Bildungsstandards (Hör-/Sehverstehen, Sprechen) verliert der bislang häufig dominierende Anteil der schriftlichen Arbeiten bei der Notengebung an Gewicht gegenüber den während des Unterrichts erbrachten Leistungen ( mündliche oder Unterrichtsnote ). Um gegenüber pauschalen Eindrucksnoten eine größere Durchsichtigkeit bei der Bewertung dieser Leistungen zu erzielen und auch eine genauere Diagnostik zu ermöglichen, wird vorgeschlagen, mit Kompetenzrastern zu arbeiten. Im Materialteil werden für die einzelnen Lektionen von Appunto I beispielhaft solche Raster vorgelegt. Das Raster führt die wichtigsten Kompetenzen einer Lektion auf. Die aufgeführten Kompetenzen sind je nach eigener Schwerpunktsetzung abzuändern. Zu ergänzen sind die Namen der SuS der jeweiligen Klasse. Während des Unterrichts  kann die Lehrkraft stichprobenartig bei einzelnen SuS Notizen zum Niveau einer bestimmten Kompetenz machen. Die Einträge können in Form von traditionellen Noten oder auch in Form der drei Kompetenzstufen C – B – A, ergänzt um die absolut fehlende Kompetenz 0, eingetragen werden. Selbstverständlich ist nicht zu erwarten, dass am Ende einer Unterrichtseinheit sämtliche SuS in sämtlichen Kompetenzen abgeprüft worden sind, aber es wird ein Mosaik entstehen, das nach einiger Zeit und spätestens zum Halbjahres- oder Schuljahresende ein differenziertes Leistungsbild von jeder Schülerin und jedem Schüler erkennen lässt. Die Raster zur Leistungsbewertung haben darüber hinaus auch die Funktion, die Aufmerksamkeit der Lehrkraft stärker auf die SuS zu lenken, die in der Mitarbeit eher zurückhaltend sind und bei der Bildung von Eindrucksnoten häufig unterschätzt werden, nur aus dem Grund, weil sie sich wenig melden, aber nicht weil sie nicht kompetent sein. Stelle ich fest, dass bei einzelnen SuS nach einem bestimmten Zeitraum keine Eintragungen vorliegen, zwingt mich der Leerraum, von diesen SuS verstärkt Leistungen einzufordern und ihre Kompetenz festzustellen.

Vielleicht werden Sie nach der Lektüre unserer Umsetzungsbeispiele entdecken, dass Sie schon immer kompetenzorientiert unterrichtet haben. Dann sehen Sie unsere Vorschläge als Bestätigung Ihres innovativen Unterrichts. Vielleicht haben Sie ja auch schon in Ansätzen die von uns illustrierten Prinzipien umgesetzt. Oder Sie haben ganz traditionell mit solider Lehrbucharbeit gute Ergebnisse erzielt. In jedem Fall möchten wir Sie ermutigen, eingefahrene Routinen in Frage zu stellen und Ihren Unterricht noch einmal neu zu durchdenken. Die vorliegenden Materialien möchten Ihnen dazu als Anregung und Hilfestellung dienen.