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Einführungsvortrag

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.


Meine Damen und Herren,
Lehrer zu sein, ist ein wunderbarer Beruf. Doch so lange ich Lehrer bin, steht die Schule im Kreuzfeuer der Kritik.

  • Firmenchefs klagen über Berufsanfänger, die keinen simplen Brief mehr fehlerfrei schreiben können.
  • Uniprofessoren sind entsetzt über die mathematischen Bildungslücken ihrer Erstsemester.

⇒ Lehrer und Kultusverwaltung schraubten das Lern-Soll immer höher
⇒ Die schulischen Ergebnisse wurden trotzdem nicht besser, eher schlechter

Fazit: Viel Stoff führt offensichtlich nicht zu höherer Bildung

Thomas Städtler (Psychologe, Bildungsforscher: Autor von „Die Bildungs-Hochstapler“, 2010): „Die Schule in Deutschland versuche, ein absurd hochgezüchtetes Ideal von Wissen und Bildung umzusetzen. Sie schafft das aber nur bei einigen wenigen Prozent, und bei einem großen Rest akzeptiert man, dass er im Wesentlichen mit Fleiß Leistungen gewissermaßen vortäuschen kann → Bildung als großer Bluff → Bulimie-Lernen.“

Seine Forderung : „Kürzt die Lehrpläne!“

Stellungnahme: Mit dem Bildungsplan für die Kursstufe 2001 und fortsetzend mit dem Bildungsplan 2004 wurde der Umfang an zu vermittelnden Kompetenzen und Inhalten im Vergleich zu vorher, den Leistungskurs-Zeiten, deutlich gekürzt. Viele Schulcurricula haben da sicherlich noch Anpassungsbedarf.
Da die Liste der Standards aber immer noch relativ umfangreich ist, denkt wohl niemand daran, nur handlungsorientierte Unterrichtsmethoden anwenden zu wollen.

Gerhard Roth (Hirnforscher, Uni Bremen): „Alle Überprüfungen des Wissens, das junge Menschen fünf Jahre nach Schulabschluss noch besitzen, zeigten, dass das Schulsystem einen Wirkungsgrad besitzt, der gegen Null strebt.“
Seine Empfehlung, wie es nachhaltiger ginge : „Neues Wissen entsteht dadurch, dass vorhandenes Wissen neu arrangiert wird. Wenn man die Wissenslücken nicht ausbügelt, kann das Neue nicht hängen bleiben.“ Deshalb lautet das wichtigste Rezept für nachhaltiges Lernen: Wiederholen! Wiederholen! Wiederholen! Lehrer müssen ständig prüfen, was vom Gelehrten noch übrig ist – am Anfang und während der Schulstunde.

Konkrete Maßnahmen wären:

  • Diagnosebogen zu Beginn der Kursstufe
  • Lücken füllen („Einschübe“ oder spezielle Übungen an bestimmten Stellen des Unterrichts, Verweis auf die sogenannten „Rückblick“-Seiten des Lehrbuches), um somit der Heterogenität im Kurs entgegenzuwirken
  • Anknüpfen an das Vorwissen (z.B. Advance Organizer), neu erworbene Kompetenzen müssen von Schülerinnen und Schülern als nutzvoll zur Lösung weiterer Aufgaben im Unterricht erlebt werden (vernetzendes Wissen).
  • Bearbeitung von theoretischen und praktischen Aufgaben, teilweise unter Bereitstellung von gestuften Hilfen - Binnendifferenzierung
  • Einsatz diverser Diagnose- und Fördermöglichkeiten in gewissen Zeitabschnitten

Damit kein Missverständnis aufkommt: Es geht weder um Kuschelpädagogik , noch soll hartes Faktenwissen relativiert werden. All die geforderten Fähigkeiten (vernetztes Lernen für vernetztes Denken, Transfer, fächerübergreifend, aktiv) entwickelt man nur auf einer soliden Wissensgrundlage. Deshalb propagiert auch niemand ernsthaft den Verzicht auf anstrengendes Lernen und stetiges Üben. Im Gegenteil: Diese Wiederholung nur in die Hausaufgaben auszulagern, weil die Unterrichtszeit zu kostbar ist, ist ein sicheres Rezept, um gerade die schwächeren Schüler abzuhängen.

Der Konsens aus der Perspektive der Lernforschung ist daher: Übung, Wiederholung, ständige Nachbereitung, all das gehört auch in den Unterricht. Und braucht …Zeit.

Heinz-Elmar Tenorth (Erziehungswissenschaftler, Uni Berlin): Man muss zwei Arten der Schulbildung unterscheiden:

  • Zum einen die Grundbildung , die möglichst jedem bis zum Ende der Sekundarstufe I   zuteil werden soll und zum anderen
  • die gymnasiale Oberstufe bzw. die Kursstufe , die auf ein Studium vorbereitet

Kommentar: Zwischen beiden Arten der Schulbildung kann im Gymnasium natürlich nicht scharf getrennt werden. Die Grundbildung schließt eine Vorbereitung auf die Kursstufe ein.
Für uns bedeutet das, dass die typischen Merkmale eines kompetenzorientierten Chemieunterrichts in der Sekundarstufe I im Grundsatz genau so, wenn auch manchmal in anderer Ausprägung, in der Kursstufe gelten.

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